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Die Indricotheriidae sind eine ausgestorbene Familie aus der naheren Verwandtschaft der Nashorner Ihre Mitglieder lebten vom Unteren Eozan bis zum Unteren Miozan vor 54 bis 20 Millionen Jahren Hauptsachlich waren die Vertreter in Asien verbreitet einige spatere kamen auch in Sudosteuropa vor Sie gehoren in die nahere Verwandtschaft der Nashorner und stellten mit Paraceratherium das grosste bekannte Landsaugetier der Erdgeschichte IndricotheriidaeLebendrekonstruktion von ParaceratheriumZeitliches AuftretenUnteres Eozan Ypresium bis Unteres Miozan Aquitanium 56 bis 20 44 Mio JahreFundorteAsien West Zentral Sud und Ostasien Europa Sudosteuropa SystematikSaugetiere Mammalia Hohere Saugetiere Eutheria LaurasiatheriaUnpaarhufer Perissodactyla RhinocerotoideaIndricotheriidaeWissenschaftlicher NameIndricotheriidaeBorissiak 1923 Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Systematik 3 Stammesgeschichte 4 EinzelnachweiseMerkmale Bearbeiten nbsp Schadel von ParaceratheriumDie Indricotheriidae Indricotherien umfassen mittelgrosse bis sehr grosse Tiere Vor allem fruhe Vertreter waren relativ klein und erreichten die Grosse heutiger Ponys wie es bei Forstercooperia der Fall war Spatere Vertreter wie Urtinotherium und Paraceratherium dagegen entwickelten riesige Formen so waren einige Vertreter von Paraceratherium mit einer Kopf Rumpf Lange von teils uber 8 m und einem Korpergewicht von rund 15 bis 20 t die bis heute grossten bekannten Landsaugetiere der Erdgeschichte 1 2 Charakteristisch war ihr Korperbau mit einem relativ langen Hals und ebenfalls langen Gliedmassen die jeweils in drei Zehen endeten wobei stammesgeschichtlich altere Formen noch einen zusatzlichen Zeh am Vorderfuss besassen der spater verloren ging Dabei zeigte sich im ganzen Korperbau trotz des teilweise extrem hohen Korpergewichtes kaum Anpassung an eine eher schwerfallige den Elefanten vergleichbare Gangart So besassen die Gliedmassen allgemein recht lange Metapodien vor allem die Vorderbeine gaben weitere Hinweise auf eine Abstammung von relativ guten Laufern da der Oberarmknochen verglichen mit der Speiche eher kurz ausgebildet war was insgesamt einen deutlichen Unterschied zu den nah verwandten Nashornern darstellt 3 Der Schadel war wiederum in Relation zu den Korperproportionen recht klein was ebenfalls im Gegensatz zu den Nashornern mit ihren grossen Kopfen steht Dabei wies dieser eine recht langgestreckte und eher flache Form auf 4 5 Einige leichte knocherne Erhebungen vor allem im Gesichtsbereich dienten als Muskelansatzstellen und sprechen dafur dass die Indricotherien Vertreter eine stark bewegliche Oberlippe hatten die wohl dem kurzen Russel der heutigen Tapire ahnelte 6 Das Gebiss umfasste bei den ursprunglichen Vertretern die vollstandige Bezahnung der modernen Saugetiere bestehend aus drei Schneidezahnen einem Eckzahn vier Pramolaren und drei Molaren je Kieferbogen Stammesgeschichtlich jungere Vertreter reduzierten vor allem ihr vorderes Gebiss so dass einige Arten nur noch einen Schneidezahn je Kieferast besassen Bedeutend ist die jeweils dolchartige Auspragung des zweiten oberen I2 und ersten unteren Schneidezahns I1 die vor allem bei spateren Gattungen deutlich vergrossert waren und so kleinen Stosszahnen ahnelten 7 Die Backenzahne hatten einen bilophodonten also durch zwei querverlaufende Zahnschmelzhocker gepragten Aufbau und wiesen in der Regel niedrige Zahnkronen auf 4 5 Systematik Bearbeiten nbsp Lebendrekonstruktion des fruhen Nashornverwandten ParaceratheriumInnere Systematik der Rhinocerotoidea nach Wang et al 2016 8 Rhinocerotoidea Hyracodontidae Amynodontidae Indricotheriidae Paraceratheriidae Eggysodontidae RhinocerotidaeVorlage Klade Wartung StyleDie Indricotheriidae stellen eine Familie innerhalb der Uberfamilie der Rhinocerotoidea dar Sie gehoren zu den nachsten fossilen Verwandten der heutigen Nashorner 9 Trennendes Merkmal der beiden Familien sind die Auspragungen der oberen und unteren Schneidezahne Wahrend die Indricotheriidae jeweils ein dolchartig geformtes Schneidezahnpaar in der oberen und unteren Zahnreihe aufweisen besitzen die Nashorner ein solches nur im Unterkiefer wahrend die oberen meisselartig geformt sind sogenannte Meissel Stosszahn Bildung 10 Zur weiteren naheren Verwandtschaft innerhalb der Rhinocerotoidea gehoren die ebenfalls ausgestorbenen Familien der Amynodontidae der Eggysodontidae und der Hyracodontidae 8 Den Namen Indricotheriidae fuhrte der russisch sowjetische Palaontologe Alexej Alexejewitsch Borissiak 1872 1944 im Jahr 1923 ein zunachst unter der Bezeichnung Indricotheriinae als Unterfamilie der Nashorner 11 im Jahr 1939 hob er sie dann auf Familienniveau Die ebenfalls 1923 vom US amerikanischen Geologen Henry Fairfield Osborn 1857 1935 vorgeschlagenen Bezeichnungen Baluchitheriinae bzw Paraceratheriinae waren zwar eine Zeit lang in Gebrauch sind aber ungultig 12 Dabei bezog sich die Bezeichnung Indric nach Borissiak auf ein Fabelwesen aus dem Buch der Tauben russisch Golubinaya kniga ein Werk der slawischen Volksliteratur dessen Anfange bis ins 13 Jahrhundert zuruckreichen und in dem Indric als der Vater der Tiere bezeichnet wird M Pavlova wiederum fuhrt Indric etymologisch auf den Namen Heinrich zuruck und verortet dessen Ursprung in Bohmen 13 Ursprunglich wurden die Indricotheriidae von den meisten Fachleuten als Mitglied der Nashorner angesehen 11 12 die bereits genannten Unterschiede veranlassten Leonard Radinsky 1966 bzw 1967 dazu diese Unterfamilie den Hyracodontidae zuzuweisen 14 was mehrheitlich begrusst wurde 15 Einige Forscher sehen dies aber kritisch und verweisen auf die Ausbildung einer vierten Zehe am Vorderfuss bei stammesgeschichtlich alteren Indricotherien Vertretern was als ein Hinweis auf eine Stellung innerhalb der Nashorner anzusehen ware 16 Da dieses Merkmal aber bei zahlreichen basalen Nashornartigen Rhinocerotoidea vorkommt wird dies meist abgelehnt 3 Innere Gliederung der Indricotherien hier aufgeteilt auf zwei eigenstandige Gruppen nach Bai et al 2020 17 Rhinocerotoidea Hyracodontidae Forstercooperiidae Pappaceras Gobioceras Forstercooperia Amynodontidae Eggysodontidae Indricotheriidae Juxia Urtinotherium Paraceratherium RhinocerotidaeVorlage Klade Wartung StyleInnere Gliederung der Indricotherien nach Wang et al 2016 8 Indricotheriidae Pappaceras Forstercooperia Juxia Urtinotherium ParaceratheriumVorlage Klade Wartung StyleZahlreiche Gattungen wurden innerhalb der Familie beschrieben allgemein anerkannt sind heute sechs Gobioceras Bai Meng Zhang Gong amp Wang 2020 17 Pappaceras Wood 1963 18 Forstercooperia Wood 1938 19 Juxia Chow amp Chiu 1964 5 Urtinotherium Chow amp Chiu 1963 20 Paraceratherium Forster Cooper 1911 21 Teilweise werden die angegebenen Gattungen in zwei Unterfamilien aufgeteilt Demnach gehoren Gobioceras Pappaceras und Forstercooperia zu den Forstercooperiinae Juxia Urtinotherium und Paraceratherium zu den Indricotheriinae Paraceratheriinae 8 Erstere geht auf Miklos Kretzoi aus dem Jahr 1940 zuruck wurde von ihm aber als Familie eingefuhrt und 1963 von Horace Elmer Wood auf Unterfamilienniveau verschoben 19 Letztere stammt wie die Familienbezeichnung von Borissiak Eine Studie aus dem Jahr 2020 sieht beide Gruppen auf Familienniveau getrennt Grund dafur ist dass die Indricotheriidae in diesem Sinne phylogenetisch die Schwestergruppe der Nashorner formen Die Forstercooperiidae wurden aber durch die Einbeziehung des sehr archaischen Gobioceras eine weitaus basalere Stellung einnehmen wodurch die Gesamtgruppe keine in sich geschlossene Einheit mehr bildet 17 Vor allem das riesenhafte Paraceratherium wurde in der forschungsgeschichtlichen Vergangenheit unterschiedlich und vielfaltig benannt Die ursprunglich beschriebene Gattung Baluchitherium 1913 i e S Baluchitherium grangeri Osborn 1923 wurde 1959 von Vera Gromova in ihrer Generaluberarbeitung der Indricotherien als Synonym von Indricotherium 1915 erkannt In der gleichen Studie wies die Forscherin Aralotherium 1939 dem 1911 beschriebenen Paraceratherium zu inklusive des kleineren Baluchitherium osborni Forster Cooper 1913 22 Das 1973 entdeckte Dzungariotherium und Indricotherium wiederum wurden 1989 in einer weiteren Uberarbeitung ebenfalls als Synonyme von Paraceratherium aufgefasst Dabei sieht die Studie die in der Wissenschaft teilweise stark diskutierten Grossenunterschiede vom riesigen Indricotherium zum kleineren Paraceratherium aber auch die hohere Anzahl von Schneidezahnen bei Indricotherium und Dzungariotherium sowie die deutlichen morphologischen Zahn und Gebissunterschiede als innerartlichen Geschlechtsdimorphismus der einzelnen Paraceratherium Arten an 23 was allerdings haufig abgelehnt wird 24 25 Ebenso setzte die Studie das eher kleinwuchsige 1963 beschriebene Pappaceras mit Forstercooperia gleich 23 Insgesamt verblieben nach dieser bisher letztmaligen Gesamtbearbeitung vier Gattungen in der Familie Allerdings gilt Pappaceras seit dem Jahr 2016 wieder als eigenstandig so dass die Familie nun einschliesslich des 2020 benannten Gobioceras sechs Gattungen enthalt 8 Probleme bestehen daruber hinaus bei der Stellung des relativ kleinen 1955 von L Gabunia beschriebenen Benaratherium welches im Oligozan lebte und bisher nur wenige Fossilienreste umfasste Diese Gattung wurde in der Uberarbeitung 1989 als schwer zuordenbar eingestuft eventuell kame eine nahere Verwandtschaft mit Urtinotherium in Frage 23 neuere Funde aus der Mongolei konnten jedoch moglicherweise zur weiteren Klarung des taxonomischen Status verhelfen 26 Fossilfunde aus der Shagala Formation des Oberen Eozans von Belutschistan in Pakistan erhielten im Jahr 2013 die Bezeichnung Pakitherium welches einen sehr grossen Vertreter der Indricotherien reprasentiert Dessen wissenschaftliche Anerkennung ist aber unklar 27 Stammesgeschichte BearbeitenDer bisher alteste bekannte Vertreter der Indricotherien stammt mit Gobioceras aus der Arshanto Formation im Erlian Becken der Inneren Mongolei 17 Die Funde einzelne Zahne und Kieferfragmente weisen ein Alter von knapp 54 Millionen Jahren auf und gehoren damit dem Unteren Eozan an Wenig junger sind die Reste von Pappaceras und Forstercooperia aus dem ausgehenden Unteren und dem Mittleren Eozan die in der gleichen Region aufgedeckt wurden 19 8 Ursprunglich wurde angenommen diese Gattung sei mit Forstercooperia grandis auch in Nordamerika heimisch gewesen 28 spatere Untersuchungen verwiesen diese Art jedoch der neu beschriebenen Gattung Uintaceras mit nicht geklartem Familienrang zu so dass die Entwicklung der Indricotheriidae auf Eurasien beschrankt bleibt 6 Die weiteste Verbreitung bis in das sudostliche Europa erreichten die Indricotherien im Oligozan Ihr letztes Auftreten hatten sie im fruhen Miozan 29 Einzelnachweise Bearbeiten Mikael Fortelius und John Kappelmann The largest land mammal ever imagined Zoological Journal of the Linnean Society 107 1993 S 85 101 Shijie Li Qigao Jiangzuo und Tao Deng Body mass of the giant rhinos Paraceratheriinae Mammalia and its tendency in evolution Historical Biology 2022 doi 10 1080 08912963 2022 2095908 a b Donald R Prothero Claude Guerin und Earl Manning The history of Rhinocerotoidea In Donald R Prothero und R M Schoch Hrsg The evolution of the Perissodactyls New York London Oxford University Press 1989 S 321 340 a b Walter Granger und William K Gregory Further notes on the gigantic extinct rhinoceros Baluchitherium from the Oligocene of Mongolia Bulletin of the American Museum of Natural History 72 1936 S 1 73 a b c Chow Minchen und Chiu Chan Siang An eocene giant rhinoceros Vertebrata Palasiatica 1964 8 1964 S 264 268 a b Luke T Holbrook und Spencer George Lucas A new genus of rhinocerotoid from the Eocene of Utah and the status of North American Forstercooperia Journal of Vertebrate Paleontology 17 2 1997 S 384 396 Demberelyin Dashzeveg A new Hyracodontid Perissodactyla Rhinocerotoidea from the Ergilin Dzo formation Oligocene Quarry 1 in Dzamyn Ude Eastern Gobi Desert Mongolia American Museum Novitates 3178 1996 S 1 12 a b c d e f Haibing Wang Bin Bai Jin Meng Yuanqing Wang Earliest known unequivocal rhinocerotoid sheds new light on the origin of Giant Rhinos and phylogeny of early rhinocerotoids In Scientific Reports 6 2016 S 39607 doi 10 1038 srep39607 Donald R Prothero und Robert M Schoch Classification of the Perissodactyla In Donald R Prothero und Robert M Schoch Hrsg The evolution of perissodactyls New York and London Clarendon Press und Oxford University Press 1989 S 530 537 Leonard B Radinsky The families of the Rhinocerotoidea Mammalia Perissodactyla Journal of Mammalogy 47 4 1966 S 631 639 a b Aleksej Alekseevich Borisyak O rode Indricotherium n g sem Rhinocerotidae Zapiski Rossijskoj Akademik Nauk 35 8 1923 S 1 128 a b Henry Fairfield Osborn Baluchitherium grangeri a giant hornless rhinoceros from Mongolia American Museum Novitates 78 1923 S 1 15 M V Pavlova Indricotherium transouralicum n sp provenent du district de Tourgay Bulletin de la Societe des Naturalistes de Moscou Section Geologique 31 1922 S 95 116 Leonard B Radinsky The families of the Rhinocerotoidea Mammalia Perissodactyla Journal of Mammalogy 47 4 1966 S 631 639 Donald R Prothero Earl Manning und C Bruce Hanson The phylogeny of the rhinocerotoidea Mammalia Perissodactyla Zoological Journal of the Linnean Society 87 1986 S 341 366 Kurt Heissig The rhinocerotidae In Donald R Prothero und R M Schoch Hrsg The evolution of perissodactyls New York London Oxford University Press 1989 S 399 417 a b c d Bin Bai Jin Meng Chi Zhang Yan Zin Gong und Yuan Qing Wang The origin of Rhinocerotoidea and the phylogeny of Ceratomorpha Mammalia Perissodactyla Communications Biology 3 2020 S 509 doi 10 1038 s42003 020 01205 8 Horace Elmer Wood A primitive rhinoceros from the late eocene of Mongolia American Museum Novitates 2146 1963 S 1 12 a b c Horace Elmer Wood Cooperia totadentata a remarkable rhinoceros from the eocene of Mongolia American Museum Novitates 1012 1938 S 1 22 Chow Minchen und Chiu Chan Siang New genus of giant rhinoceros from oligocene of inner Mongolia Vertebrata Palasiatica 1963 9 1963 S 230 239 Clive Forster Cooper Paraceratherium bugtiense a new Genus of Rhinocerotidae from the Bugti Hills of Baluchistan preliminary notice The Annals and Magazine of Natural History 8 1911 S 711 716 Vera Gromova Gigantskie nosorogi Akademiya Nauk SSSR 71 Moskau 1959 a b c Spencer George Lucas und Jay C Sobus The systematics of Indricotheres In Donald R Prothero und R Schoch Hrsg The evolution of Perissodactyls New York Oxford University Press 1989 S 358 378 Ye Jie Meng Jin und Wu Wen Discovery of Paraceratherium in the northern Junggar Basin of Xinjiang Vertebrata Palasiatica 41 3 2003 S 220 229 Pierre Olivier Antoine Levent Karadenizli Gercek Sarac und Sevket Sen A giant rhinocerotoid Mammalia Perissodactyla from the late Oligocene of north central Anatolia Turkey Zoological Journal of the Linnean Society 152 3 2008 S 581 592 Kurt Heissig Rhinocerotidae Perissodactyla Mammalia In Gudrun Daxner Hock Hrsg Oligocene Miocene Vertebrates from the Valley of Lakes Central Mongolia Morphology phylogenetic and stratigraphic implications Annalen des Naturhistorischen Museums zu Wien 108 A 2007 S 233 269 M S Malkani M S I Dhanotr A Latif und H M Saeed New remains of Basilosauridae the giant basal whale and baluchithere the giant rhinoceros from Balochistan Province Pakistan Sindh University Research Journal Science Series 45 A 1 2013 S 177 188 Leonard B Radinsky A review of the Rhinocerotoid Family Hyracodontidae Perissodactyla Bulletin of the American Museum of Natural History 136 1 1967 S 1 47 Spencer George Lucas Bolat U Bayshashov Lyubov A Tyut kova Ayzhan K Dzhamangaraeva und Bolat Zh Aubekerov Mammalian biochronology of the Paleogene Neogene boundary at Aktau Mountain Eastern Kazakhstan Palaontologische Zeitschrift 71 3 4 1997 S 305 314 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Indricotheriidae amp oldid 224765936