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Ilse Focke 4 Februar 1909 in Salzburg 4 Juli 1976 in Innsbruck 1 2 war eine osterreichische Romanistin Aus einer sudetendeutschen protestantischen Familie stammend die der NS Ideologie nahestand half sie in den Jahren 1938 bis 1945 ihrem judischen Freund Emanuel Manek Willner mehrfach der nationalsozialistischen Verfolgung zu entkommen Unter anderem versteckte sie ihn vier Jahre unter Lebensgefahr in ihrer Wohnung an ihrem gemeinsamen Zufluchtsort Zagreb 2020 wurde sie von Yad Vashem dafur als Gerechte unter den Volkern ausgezeichnet 2 Ilse Pollack geb Focke bei einer Bergtour in Tirol ca 1933 Inhaltsverzeichnis 1 Jugend und Ausbildung 2 Rettung von Emanuel Willner 3 Jahre in Zagreb nach dem Krieg 4 Ruckkehr nach Osterreich 5 Nachspiel Der Mann der zweimal starb 6 Anerkennung als Gerechte unter den Volkern 7 Dokumentarfilm 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseJugend und Ausbildung Bearbeiten nbsp Emanuel Willner und Ilse Pollack geb Focke ca 1936Ilse Focke wurde 1909 in Salzburg 3 als Tochter der Alice geb Nickel und des Eisenbahningenieurs Emil Focke geboren Die Familie ubersiedelte 1920 nach Hall in Tirol 4 Ilse besuchte das Madchenrealgymnasium Innsbruck Sillgasse Mit 16 Jahren brach sie dort ihre Ausbildung ab und heiratete 1926 einen Apotheker namens Rudolf Pollack Nach der Geburt ihres Sohnes 1928 und der Scheidung 1930 studierte sie berechtigt durch eine Externistenmatura ab 1933 in Innsbruck und Wien Romanistische Facher In Wien schloss sie sich bald einem judischen Kunstler und Musikerkreis von grossteils aus der Leopoldstadt stammenden Freunden an und begann eine Beziehung mit dem Studenten Emanuel Manek Willner Zur etwa selben Zeit traten ihre beiden Eltern in Hall der NSDAP bei ihr Bruder zudem der SA spater der SS Im Wintersemester 1937 38 beendete Ilse als Ilse Pollack ihre Studien mit dem Absolutorium Rettung von Emanuel Willner BearbeitenNach dem Anschluss Osterreichs an das Deutsche Reich im Marz 1938 veranderte sich das Leben der judischen Bevolkerung Wiens vollig Ilse Pollacks Freund Manek Willner war ein mit seiner Familie 1915 aus dem osterreichischen Kronland Galizien geflohener Wiener mit polnischer Staatsburgerschaft Ihm drohte die Abschiebung aus dem Deutschen Reich nach Polen der er sich im August 1938 mit der Flucht in die Tschechoslowakei entzog Dort lebte er als illegaler Auslander Ilse Pollack besuchte ihn regelmassig und blieb uber gemeinsame Freunde in intensivem Kontakt Um weiter fliehen zu konnen nahm Manek Willner den Namen und die Staatsburgerschaft seines Wiener Jugendfreundes Ernst Bechinsky an dem er zeitlebens ahnlich sah Willner liess sich Ende 1938 in Brunn einen Fremdenpass auf den Namen Arnost Beschinsky ausstellen da er die Schreibweise des Familiennamens nur aus dem Gedachtnis kannte In Begleitung von Ilse Pollack gelangte Manek Willner Ernst Beschinsky kurzzeitig in die Schweiz und floh von dort nach Zagreb weiter hier im noch unabhangigen Jugoslawien suchte sich seine Freundin Ilse umgehend eine Anstellung als Fremdsprachenkorrespondentin der Innsbrucker Gestapo erzahlte sie sie wurde dort eine alte Tante pflegen Ilse Pollack nahm auch ihren Madchennamen Focke wieder an um fur Behorden weniger judisch zu klingen auch wenn ihr geschiedener Ehemann mittlerweile Mitglied der NSDAP war nbsp Familie Focke im Juli 1938 beim 60 Geburtstag von Mutter Alice geb Nickel Ilses Bruder und ihre Schwagerin tragen das NSDAP Parteiabzeichen Ilses nationalsozialistische Familie war strikt gegen die Beziehung mit dem judischen Fluchtling Manek Willner Ernst Beschinsky brach aber zu keinem Zeitpunkt mit ihr Ihr Sohn wuchs in Hall in Tirol bei den Grosseltern auf Ilse Focke wechselte zwischen Zagreb und Hall unter den misstrauischen Augen der Gestapo die ihr Anfang 1941 schliesslich kein Visum fur Jugoslawien mehr ausstellte Manek Willner Ernst Beschinsky lebte zu dieser Zeit im heute bosnischen Derventa in der fur auslandische judische Fluchtlinge in Jugoslawien verpflichtenden offenen Internierung Nachdem im April 1941 die deutsche Wehrmacht in Jugoslawien einmarschiert war und in Zagreb der Marionettenstaat der Ustascha gegrundet worden war ging Ilse Focke dauerhaft nach Zagreb Sie mietete eine Wohnung in der Nemciceva Ulica Nr 6 und nahm ihren Lebensgefahrten der mittlerweile von der Deportation in das kroatische KZ Jasenovac spater in das KZ Auschwitz bedroht war illegal bei sich auf In einem Schreiben an Tiroler Behorden aus dem Jahr 1954 schilderte Manek Willner Ernst Beschinsky diese Zeit so Nach der Besetzung Jugoslawiens durch die Deutschen wurde ich interniert es gelang mir aber aus dem Lager zu fliehen und hielt mich dann bis Kriegsende in standiger Lebensgefahr schwebend versteckt Wahrend dieser Zeit lebte ich von der Unterstutzung durch meine damalige Braut jetzige Frau die nach Agram gekommen war und dort als Arierin eine Anstellung als deutsche Korrespondentin finden konnte 5 Jahre in Zagreb nach dem Krieg BearbeitenNach der Befreiung Jugoslawiens blieben Ilse Focke und Manek Willner Ernst Beschinsky in Zagreb Im Fruhjahr 1946 liess sich Manek Willner eine Geburtsurkunde fur Ernst Bechinsky das s fehlt im Original korrekterweise ausstellen Mit dieser Urkunde konnten die beiden 28 Juni 1946 in Zagreb heiraten Ilse Focke hiess nun bis an ihr Lebensende Ilse Beschinsky Der andere Trager des Namens Ernst Bechinsky lebte seit 1930 in Palastina und wurde 1948 Staatsburger Israels Uber gemeinsame Freunde war er im Bilde uber seine verdoppelte Identitat sprach aber mit niemandem in seiner Familie daruber Ilse Beschinskys Familie in Osterreich wurde nach 1945 entnazifiziert Ihr Bruder Erich Focke wurde fristlos aus der Tiroler Handelskammer entlassen und da er seine Mitgliedschaft in der SS verschwiegen hatte mehr als ein Jahr im Kriegsgefangenenlager Oradour 6 bei Schwaz in der franzosischen Besatzungszone interniert Ihr Vater Emil nun bereits 70 jahrig musste mehrere Monate auf Baustellen bei Reparationsdiensten ehemaliger NSDAP Mitglieder arbeiten Im Sommer 1948 wurden Ernst und einen Tag spater Ilse Beschinsky in Zagreb verhaftet Im Prozess wurden ihnen die laut ihrer Rechtfertigung versehentliche Beherbergung der Gattin des SS Fuhrers Gunther Herrmann als Spionage ausgelegt In Verbindung mit unerwunschten Bemerkungen uber die Effizienz des Tito Regimes und mehreren Ubertretungen der jugoslawischen Wirtschaftsordnung wurde Manek Willner Ernst Beschinsky zu 30 Monaten Ilse Beschinsky zu sechs Monaten Haft verurteilt Ruckkehr nach Osterreich BearbeitenNach ihrer Haftstrafe musste Ilse Beschinsky Jugoslawien verlassen sie wohnte wieder in Hall in Tirol bei ihrer Familie schrieb Briefe und sendete Lebensmittel Hilfspakete nach Stara Gradiska an ihren Ehemann Manek Willner Ernst Beschinsky Dieser machte um seine Haftstrafe zu verkurzen im Marz 1950 Alija und kehrte im Herbst 1950 nach Europa zuruck Die darauffolgenden 15 Jahre lebte Manek Willner ebenfalls in der Wohnung der Eltern seiner Frau 1965 ubersiedelten Ernst und Ilse Beschinsky nach Innsbruck nbsp Emanuel Manek Willner und Ilse Focke hier bereits Ernst und Ilse BeschinskyErnst Beschinsky wurde 1976 Prasident der Israelitischen Kultusgemeinde Innsbruck im selben Jahr verstarb Ilse Beschinsky geb Focke an einem Herzstillstand Sie wurde in Hall in Tirol im Familiengrab bestattet Ernst Beschinsky blieb Prasident der Kultusgemeinde starb 1987 in Innsbruck und wurde unter diesem seinem falschen Namen auf dem judischen Teil des Innsbrucker Westfriedhofes beerdigt Der ursprungliche Trager des Namens Ernst Bechinsky war bereits 1969 in Israel verstorben Nachspiel Der Mann der zweimal starb BearbeitenAm 25 April 2010 starb in London Edith Bechinsky eine kinderlose Nichte des echten Ernst Bechinsky Im Zuge der Erbenausforschung wurden die beiden Trager dieses Namens vom Wiener Genealogen Herbert Gruber gefunden Weder die Familie in Israel noch die lebenden Verwandten in Tirol oder die Mitglieder der Israelitischen Kultusgemeinde fur Tirol und Vorarlberg wussten von der Verdoppelung der Identitat Ein Enkel des rechtmassigen Namenstragers der israelische Filmemacher Yair Lev interessierte sich fur die Story und drehte parallel zur Erforschung der wahren Geschichte einen Dokumentarfilm der in ORF und BR im Fruhjahr 2018 als Der Mann der zweimal starb ausgestrahlt wurde Anerkennung als Gerechte unter den Volkern BearbeitenDer Film von Yair Lev gewann eine Reihe von Festivalpreisen 7 und war im Jahr 2018 einer der erfolgreichsten israelischen Filme im Kino Dies steigerte die Bekanntheit der Rettungsgeschichte und die Bewunderung fur Ilse Focke Nach einer genauen Prufung gewahrte die Kommission in Yad Vashem am 15 Janner 2020 Ilse Focke die Anerkennung als Gerechte unter den Volkern 2 Dokumentarfilm BearbeitenDer Mann der zweimal starbLiteratur BearbeitenNiko Hofinger Maneks Listen Roman Limbus Innsbruck 2018 ISBN 978 3 99039 120 4 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Ilse Focke Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Ilse Henriette Stefanie Emilie Focke In Hohenems Genealogie Judische Familiengeschichte in Vorarlberg und Tirol Jewish Museum Hohenems Ilse Pollack Ilse Focke 1909 1976 The Yad Vashem Righteous Among the Nations Database Einzelnachweise Bearbeiten Ilse Henriette Stefanie Emilie Focke In Hohenems Genealogie Judische Familiengeschichte in Vorarlberg und Tirol Jewish Museum Hohenems abgerufen am 5 Mai 2021 a b c Ilse Pollack Ilse Focke 1909 1976 The Yad Vashem Righteous Among the Nations Database abgerufen am 28 Oktober 2021 Geburten Ausweis In Salzburger Chronik fur Stadt und Land 12 Februar 1909 S 5 Sp 1 online bei ANNO Vorlage ANNO Wartung sch Aus Salzburg Oberosterreich und Tirol Personalveranderungen bei der Staatsbahn In Salzburger Volksblatt 3 August 1920 S 4 Sp 2 online bei ANNO Vorlage ANNO Wartung svb Tiroler Landesarchiv Opferfursorgeakt T 387 1954 Siehe das 1944 durch die Waffen SS verubte Massaker von Oradour Der Mann der zweimal starb bei IMDb PersonendatenNAME Focke IlseALTERNATIVNAMEN Focke Ilse Henriette Stefanie Emilie vollstandiger Geburtsname Pollack Ilse Ehename erste Ehe Beschinsky Ilse Ehename zweite Ehe Deckname KURZBESCHREIBUNG osterreichische Romanistin und Gerechte unter den VolkernGEBURTSDATUM 4 Februar 1909GEBURTSORT SalzburgSTERBEDATUM 4 Juli 1976STERBEORT Innsbruck Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ilse Focke amp oldid 239615827