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Als homerische Frage andere Schreibweise Homerische Frage bezeichnet man in der klassischen Philologie im engeren Sinn die Frage ob die Ilias und die Odyssee das Werk eines einzelnen Dichters oder mehrerer Dichter sind Im weiteren Sinn geht es um die Frage nach der Entstehung dieser beiden Epen und damit genau genommen um mehrere Fragen War Homer eine geschichtliche oder eine fingierte Person Stammen die Epen von einem einzigen Autor oder von verschiedenen Sind die Werke jeweils vom Autor ersonnen worden oder gehen sie auf mundliche Uberlieferung zuruck und sind spater niedergeschrieben worden Entstanden die schriftlichen Werke jeweils aus einem Guss oder haben sie erst nach und nach ihre endgultige Gestalt angenommen Inhaltsverzeichnis 1 Heutiger Stand der Forschung 2 Die homerische Frage in der alten Philologie 3 Die Forschung seit Friedrich August Wolf 1759 1824 3 1 Analyse 3 2 Unitarismus 3 3 Neoanalyse und Oral Poetry Forschung 4 Literatur 5 EinzelnachweiseHeutiger Stand der Forschung BearbeitenDie heute akzeptierte Antwort auf die homerische Frage lasst sich folgendermassen zusammenfassen Die Tradition des mundlichen Improvisierens von Dichtung in der festen Form von Hexametern siehe Milman Parry entstand ca 1550 v Chr Der beliebte Sagenstoff der Troja Geschichte existierte bereits 700 v Chr Homer ein begabter Einzelganger nutzt die seit ca 800 v Chr existierende Schrift zur Stoffstrukturierung und schafft so eine oder bei Annahme einer Verfasseridentitat zwei individuell geformte Gestaltung en von Ausschnitten des vorhandenen Sagenstoffes die Retardation der Eroberung Trojas in einer 51 Tage Erzahlung unter dem Schwerpunkt Zorn des Achilleus Ilias die gegluckte Heimkehr des Troja Kampfers Odysseus in einer 40 Tage Erzahlung Odyssee Beide Epen waren so Produkte der Ubergangszeit zwischen Mundlichkeit und Schriftlichkeit Beide Werke wurden unter Verwendung der Schrift konzipiert und festgehalten aber bis zur abgeschlossenen Verschriftlichung der griechischen Uberlieferung weiterhin mundlich durch Rhapsoden weiterverbreitet Diese Hypothesen sind jedoch unvollstandig belegt Die Datierung der mundlichen Dichtung auf 1550 v Chr beruht auf der ungesicherten Theorie einer indogermanischen epischen Tradition 1 naturgemass gibt es aus dieser Zeit keine Aufzeichnungen Gewisse Vokabeln Wendungen und metrische Besonderheiten des Textes deuten auf ein wesentlich alteres Sprachstadium dies lasst sich durch die Annahme einer indogermanischen dichterischen Tradition erklaren 2 In der indogermanischen Sprachwissenschaft hat Homer deswegen eine sehr grosse Bedeutung Die homerische Frage in der alten Philologie BearbeitenDie Homer Philologie der Antike erreichte im 3 und 2 Jahrhundert v Chr ihre Blutezeit Die Bibliothek von Alexandria bildete das Zentrum der ersten Debatten Die Homer Erklarer Zenodotos von Ephesos der eine Einteilung der Epen in 24 Bucher vorgenommen hatte sein Schuler Aristophanes von Byzanz und Aristarchos von Samothrake fuhrten philologische Diskussionen um die Authentizitat von Einzelversen und Verspartien was zur Streichung einiger Textpartien fuhrte jedoch zweifelte keiner von ihnen daran dass beide Epen von einem Autor verfasst worden waren Die Verfasserschaft eines Autors wurde erstmals im 2 Jahrhundert v Chr von der radikalen Schule der Chorizonten der Zerteilenden der die Grammatiker Xenon und Hellanikos von Alexandria angehorten abgelehnt und mit Aristarchos der die gegensatzliche Meinung vertrat zum Teil polemisch diskutiert Spater kam es zu einer kritischen Betrachtung der Ursprunglichkeit der Struktur der beiden Epen eine Theorie besagte der athenische Tyrann Peisistratos habe die Bucher Homers nach eigenem Ermessen geordnet Im 1 Jahrhundert n Chr diente die homerische Frage dem judischen Historiker Flavius Josephus als argumentative Waffe In seiner Schrift Uber die Ursprunglichkeit des Judentums an den alexandrinischen Grammatiker und Homer Experten Apion formulierte er die Griechen hatten viel spater als die Juden lesen und schreiben gelernt denn nicht einmal das alteste griechische Schriftdenkmal Homer habe seine Dichtung so sagt man schriftlich hinterlassen sondern aus dem Gedachtnis wiedergegeben und deswegen enthalte sie so viele Ungereimtheiten 3 Danach ruhte die Homer Philologie bis sie um die Mitte des 14 Jahrhunderts durch Francesco Petrarca aufgegriffen wurde der Homer dem Abendland bekannt machte Die neuzeitliche Problembehandlung ist von einem starkeren geschichtlichen Sinn fur die Dichtung Homers gekennzeichnet Sie warf die Frage nach der genauen zeitlichen Einordnung Homers und den Bedingungen auf denen seine Dichtung unterlag Unter diesem Aspekt wurden die Diskussionen der Antike vor allem 1685 vom hollandischen Historiker Johannes Perizonius wieder aufgegriffen So lautete seine Theorie Homer habe mundlich einzelne Lieder gedichtet die spater aufgeschrieben wurden und in Athen auf Veranlassung von Peisistratos zu Ilias und Odyssee zusammengefugt worden seien Als weniger serios werden die 1715 veroffentlichten Theorien des Francois Hedelin angesehen der die Existenz eines Menschen Homeros bestritt und die Epen als zusammengewurfelte Fragmente von Tragodien und buntscheckigen Strassenliedern von Bettlern und Gauklern bezeichnete 4 Die Forschung seit Friedrich August Wolf 1759 1824 BearbeitenDiese dilettantischen Ausfuhrungen brachten den Halleschen Professor Friedrich August Wolf beinahe davon ab seine ahnliche Theorie die er unter anderem auf die Bemerkung von Josephus stutzte Homer habe nichts Schriftliches hinterlassen weiterzuentwickeln Bestarkt durch andere renommierte Kritiker brachte er 1795 dennoch seine Prolegomena ad Homerum heraus die die neuzeitliche Homer Forschung einleiteten Analyse Bearbeiten Friedrich August Wolf gab 1795 den ersten Band einer Gesamtausgabe der homerischen Epen heraus In der lateinischen Vorrede bemuhte er sich die Uberlieferung der Epentexte nachzuzeichnen Dazu analysierte Wolf alle antiken und zeitgenossischen Homer Debatten systematisierte sie und bildete ein Hypothesengebaude aus bereits bekannten Einzelteilen der Entstehungstheorien das methodisch und so neuartig war dass seine Prolegomena als die Grundlegung der Philologie als Wissenschaft gelten Die Grundlage von Wolfs Theorie war die Schriftlosigkeit der fruhen Jahrhunderte Da Homer in einer Zeit gelebt habe die noch keine Textfixierung durch Schrift sondern nur mundliche Wiedergabe gekannt habe konne er nur die Grundlinie bzw gewisse tragende Hauptteile der Handlung erdacht haben 5 Rhapsoden hatten diese vorhandene Grundstruktur mundlich weitergegeben und das sich auch im Wortlaut andernde Werk dabei standig im Sinne des Grundplans verandert bis Peisistratos es im 6 Jahrhundert v Chr in Athen durch Niederschrift habe fixieren und ein Ganzes machen lassen die sog Peisistratidische Redaktion der Epen Wolf ging also davon aus dass die Ilias und die Odyssee die gemeinsamen Schopfungen vieler Dichter seien und setzte den Anfangsstoss fur die Entfaltung der homerischen Frage im engeren Sinne Johann Wolfgang Goethe schildert uns die Wirkung dieser Hypothese zu jener Zeit in den Tag und Jahresheften 1821 so Die gebildete Menschheit war im Tiefsten aufgeregt und wenn sie schon die Grunde des hochst bedeutenden Gegners nicht zu entkraftigen vermochte so konnte sie doch den alten Sinn und Trieb sich hier nur eine Quelle zu denken woher soviel Kostliches entsprungen nicht ganz bei sich ausloschen Hier zeigt sich Goethes Skepsis wahrend er in einem Brief an Wolf 26 Dezember 1796 dessen Thesen zugestimmt hatte Eine satirische Stellungnahme Goethes begegnet in dem Xenion Der Wolfsche Homer Sieben Stadte zankten sich drum ihn geboren zu haben Nun da der Wolf ihn zerriss nehme sich jede ihr Stuck Wolfs Theorien die inzwischen widerlegt sind 1871 wurde die Schriftlichkeit der fruhen Griechen durch den Fund der Dipylon Kanne von etwa 740 v Chr bewiesen gaben der darauf folgenden analytischen Homerphilologie den Anstoss die Ur Epen also die ursprunglichen Passagen aus den uns uberlieferten Texten durch sprachlich stilistische und strukturell begrundete Analyse herauszufiltern So zerlegte der Philologe Karl Lachmann die Ilias in 10 14 Einzellieder der Analytiker Adolf Kirchhoff meinte in der Odyssee zwei ursprunglich selbststandige von einem Bearbeiter stumperhaft zusammengesetzte Gedichte zu erkennen Die Analyse die zu dem Zeitpunkt bereits im standigen Streit mit der Sichtweise eines einheitlichen Textes stand erreichte 1916 mit Ulrich von Wilamowitz Moellendorff ihren Hohepunkt Wilamowitz Hauptanliegen war es die schichtweise vollzogene Zufugung von Textteilen zum originalen Kern zu rekonstruieren er spricht von vier Bearbeitern und somit die Ur Ilias aus dem uns vorliegenden Epos herauszulosen In Homer sah er einen Dichter der Ilias der um 750 v Chr mehrere bereits vorhandene Einzelgedichte aus dem Stoffkreis der Trojasage unter dem ubergreifenden Gedanken vom Zorn des Achilles kompiliert hatte Diese homerische Ur Ilias sei spater in vier Bearbeitungsphasen durch verschiedene Dichter verandert worden Wilamowitz stellt also die dichterische Einheit der Epen in die Mitte nachdem sie fruher wie bei Lachmann an den Schluss oder wie bei Wolf an den Beginn der Textentwicklung gesetzt worden war Der Dichtername Homer sei spater auch auf die aus mehreren Urfassungen und Erweiterungen bestehende Odyssee ubertragen worden Diese These ist in dieser Konkretheit schwer nachzuweisen jedoch lasst sich aufgrund sprachlicher stilistischer und kultureller Uberlegungen sagen dass die Odyssee ungefahr eine oder gar zwei Generationen umfassende Zeitspanne etwa 50 Jahre spater als die Ilias verfasst worden sein muss Ihre Sprache zeigt jungere Formen leichteren Fluss in ihr ist der Gebrauch von Gleichnissen gegenuber der Ilias stark eingeschrankt im ungefahren Verhaltnis 3 2 1 auch ist der Stil nicht mehr wie in der Ilias in machtig heroischen Spharen angesetzt sondern in die Sphare eines alltaglicheren Lebens gesenkt Fortgefuhrt wurde die Analyse ab 1947 von Willy Theiler und 1952 von Peter Von der Muhll der von zwei verschieden alten Verfassern der Ilias ausgeht von denen der altere Von der Muhll nennt hier Homer die Ur Fassung verfasst der jungere aber im 6 Jahrhundert v Chr das Vorhandene uberarbeitet und erweitert habe Zur Fortwirkung des Ansatzes siehe Lonnrots Auffassung des finnischen Kalevala Unitarismus Bearbeiten Der Unitarismus war und ist in der Homerforschung in der Minderheit es dominiert auch in der Neuzeit die Meinung dass die Ilias Homer zum Verfasser habe die Odyssee jedoch von einem anderen eventuell jungeren Dichter geschrieben worden sei Dem trat 1933 Felix Jacoby entgegen indem er auf gemeinsame Kompositionselemente in beiden Gedichten verwies 1938 wurde die unitaristische Herangehensweise von Wolfgang Schadewaldt der von einem Grundautor fur die Epen ausging in seinen Ilias Studien fortgesetzt Schadewaldt argumentierte vor allem mit Beobachtungen stilistischer Art wie der gleichen Benutzung von Mitteln des epischen Erzahlens die in beiden Epen gleichermassen verwendeten Kunstgriffe wie Retardation also die Verlangsamung des Handlungsverlaufs die Technik der Steigerung das Streben nach Verklammerung der Ruckgriff und die Vorausdeutung sind nur einige seiner Argumente und verwies auf Szenenentsprechungen in den beiden Epen Zwar geht Schadewaldt von einem am Beginn stehenden Autor beider Werke aus vertritt jedoch bei der Entstehungstheorie der Epen nicht die Meinung nur Homer sei an ihr beteiligt seine Theorie deckt sich diesbezuglich in weiten Teilen mit der Von der Muhlls auch er geht von zwei verschieden alten Dichtern aus Schadewaldt steht also in der Mitte zwischen Unitarismus und Neoanalyse Neoanalyse und Oral Poetry Forschung Bearbeiten Mit dem Begriff der Neoanalyse bezeichnet man eine Forschungsrichtung in der Homer Philologie die zwar wie die Analyse nicht ausschliesst dass vorhomerische Dichtung bezuglich der Motivationen Handlungsablaufe und Geschehensverknupfungen einen Einfluss auf Homer gehabt habe jedoch nicht davon ausgeht Homer habe Stucke alterer Dichtungen unverandert in seine Werke ubernommen Wo die Analytiker eine stumperhafte Aneinanderreihung von prahomerischen Epen sahen sah die Neoanalyse nun also die Hand eines Dichters der die traditionelle Mythologie Folklore und Epen fur seine eigenen asthetischen Anspruche adaptierte Als Begrunder der Neoanalyse kann Dietrich Mulder gelten als ein bedeutender Nachfolger Ioannis Kakridis mit seinen Homerischen Untersuchungen Die so genannte Oral Poetry Forschung ist vielfaltig ausgepragt und konzentriert sich auf die Untersuchung der sprachlichen Aspekte der Homerforschung Ihre Entwicklung begann bereits im 19 Jahrhundert parallel zu und unbeachtet von der Analytiker Unitarier Debatte mit dem Leipziger Professor Gottfried Hermann der 1840 als erster die Mundlichkeit der Ependiktion aus ihrer Textstruktur ableitete was Wolf lediglich theoretisch gemacht hatte wofur er oft kritisiert wurde die Fullselfunktion der Epitheta ornantia schmuckende Beiworter erkannte und die Improvisationstechnik der Aoidoi mit der daraus folgenden Sprachform wie beispielsweise der Formelhaftigkeit beschrieb Die von Hermann aufgestellte Mundlichkeitstheorie setzte sich in den Studien des Amerikaners Milman Parry fort der den Begriff der Oral Poetry pragte Parry untersuchte in seiner 1928 auf Franzosisch verfassten Dissertation L Epithete traditionelle dans Homere in der er an vorangegangene Formelforscher anknupfte explizit das durch den Verszwang hervorgerufene Phanomen der Epitheta ornantia Er ging davon aus dass die homerische Diktion offensichtlich anderen Gesetzen als spatere Dichtung habe folgen mussen und stellte daraufhin wie Hermann die Formelhaftigkeit der Dichtung fest Aus einer exakten Statistik der Epitheton Nomen Verbindungen und ihrer gegenseitigen Beziehung im Vers stellte er sein Gesetz der epischen Okonomie auf Fur ein und dieselbe Person oder Sache werden in dieser Diktion zwar mehrere metrisch und semantisch unterschiedliche Epitheton Nomen Verbindungen verwendet aber offensichtlich zur Gedachtnisentlastung nur so viele dass fur eine bestimmte Versstelle immer nur eine zur Verfugung steht obgleich beliebig viele metrisch gleichwertige aber semantisch anderslautende gebildet werden konnten Parry argumentierte weiterhin fur eine derartige Technik und ein solch reiches Formel Repertoire seien Generationen ihrer Entwicklung notwendig daher sei es klar dass diese epische Diktion einer vorhandenen Tradition unterliege Aus der so hergeleiteten Traditionalitat folgerte er den dahinterstehenden Druck mundlichen Improvisationszwangs eines Vortragenden vor dem erwartungsvollen Publikum und zog als Zusatzbestatigung noch die unter den Guslaren lebende serbo kroatische Volksepik patriarchalischer Gesellschaften in Montenegro heran Verbildlicht konnte man sagen der Sanger hat im Gegensatz zum niederschreibenden Dichter wahrend des Vortrags keine Zeit uber das nachste Wort nachzudenken Veranderungen vorzunehmen oder das Vorhandene noch einmal zu uberlesen Die Formeln die in einem Vers leicht an die richtige Stelle fallen wurden sind schwer zu erfinden Da der Gesang spontan entsteht kann der Sanger also nicht alle Phrasen nacheinander kritisch uberprufen Um die Geschichte zu erzahlen wahlt er bereits vorhandene Ausdrucke aus einer Sammlung von Wort Gruppen epische Diktion die er beispielsweise bei anderen Sangern gehort und sich gemerkt hat Jede solcher vorgefertigter Phrasen druckt einen bestimmten Gedanken in so beschaffenen Worten aus dass sie in die vorgegebene Verslange passt Parry sagt aus dass wenn eine Analyse der Erzahlstruktur Widerspruche und Unlogisches an den Tag bringe dies nicht auf die Fehler eines einzelnen Verfassers zuruckzufuhren sei sondern auf die Ungereimtheiten bei der unvollstandigen Kombination von Auszugen aus mehreren Quellen also auf eine Verfasserpluralitat Gleichzeitig konne das Werk ebenso und hier ist der neoanalytische Gedanke zu erkennen eine Komposition eines Autors sein der vom traditionellen System Gebrauch genommen habe Parrys Theorien wurden von seinem Schuler Albert B Lord weitergefuhrt Auf Milman Parry folgte nach dem Zweiten Weltkrieg eine Zeit der Rezeption und des Ausbaus seiner Theorien In den 1980ern setzten die ersten wirklichen Fortschritte uber Parrys Theorien hinaus ein Unter anderem zeigten sprachwissenschaftliche Forschungen dass die Traditionalitat der epischen Sprache wesentlich weiter zuruckreicht als es Parry vermutet hatte namlich ins 16 Jahrhundert v Chr 1987 gelang es Edzard Visser Parrys Theorien von ihrer Beschrankung auf die Epitheta zu losen und den gesamten Prozess der Versgenerierung bei der Improvisation im Hexameter nachzuvollziehen Der Sanger formt den Hexameter nicht wie Parry annahm durch das Zusammenfuhren von Text Bausteinen sondern in einer in jedem Vers von neuem vorgehender Setzung von Determinanten bestimmenden Elementen mit einer jeweiligen optionalen Erganzung durch eine Variable austauschbares Element und fullt die noch vorhandenen Freiraume des Verses durch freie Erganzungen Dabei kann er Formelbausteine verwenden aber auch ohne sie vollstandig neue Satze generieren Seit den 1970er Jahren fuhrt die Regensburger Schule rund um Ernst Heitsch computergestutzte Untersuchungen zur fruhgriechischen Sprache durch Die Wissenschaftler hatten zunachst damit begonnen die einmalig auftauchenden Wiederholungen statistisch auszuwerten Sie haben dabei festgestellt dass sich neben der schon bekannten Beschrankung auf wenige Themen wie Opfer Mahl See und Wagenfahrt Botengang Bad Versammlung und Rustung 6 die Wiederholungen sehr ungleichmassig uber den Ilias Text verteilen Sie widersprechen damit den Schlussfolgerungen der Oral Poetry Forschung dass die homerischen Werke vollstandig durch Formeln erklart werden konnten Die Methodik hinter den Untersuchungen der Regensburger Schule wurde von manchen Forschern beanstandet die Ergebnisse wurden in der Wissenschaft jedoch grosstenteils nicht weiter beachtet 7 Literatur BearbeitenWichtige Aufsatze enthalten in Joachim Latacz Hrsg Homer Tradition und Neuerung Wege der Forschung Bd 463 Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1979 ISBN 3 534 06833 5 Ian Morris Barry Powell Hrsg A New Companion to Homer Mnemosyne Supplementum 163 Brill Leiden u a 1997 ISBN 90 04 09989 1 Robert Fowler Hrsg The Cambridge Companion to Homer Cambridge University Press Cambridge u a 2004 ISBN 0 521 81302 6 Darstellung Adam Parry Hrsg The Making of Homeric Verse The Collected Papers of Milman Parry Clarendon Press Oxford 1971 ISBN 0 19 814181 5 Alfred Heubeck Die homerische Frage Ein Bericht uber die Forschung der letzten Jahrzehnte Ertrage der Forschung Bd 27 Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1974 ISBN 3 534 03864 9 Joachim Latacz Formelhaftigkeit und Mundlichkeit In Joachim Latacz Hrsg Homers Ilias Gesamtkommentar Auf der Grundlage der Ausgabe von Ameis Hentze Cauer 1868 1913 Prolegomena de Gruyter Berlin u a 2000 ISBN 3 598 74300 9 S 39 59 Dimitris G Michalopoulos The Homeric Question Revisited An Essay on the History of the Ancient Greeks Academica Press Washington DC London 2022 ISBN 978 168 05370 0 0 Zur Geschichte der homerischen Frage Friedrich August Wolf Prolegomena zu Homer Universal Bibliothek 4984 86 Mit einem Vorwort uber die Homerische Frage und die wissenschaftlichen Ergebnisse der Ausgrabungen in Troja und Leukas Ithaka Ins Deutsche ubertragen von Hermann Muchau Reclam Leipzig 1908 Friedrich August Wolf Prolegomena to Homer 1795 Princeton University Press Princeton NJ 1988 ISBN 0 691 10247 3 Einzelnachweise Bearbeiten Vgl etwa Ivo Hajnal Der epische Hexameter im Rahmen der Homer Troia Debatte In Christoph Ulf Hrsg Der neue Streit um Troia Eine Bilanz Beck Munchen 2003 ISBN 3 406 50998 3 S 217 231 Cf Martin L West The rise of the Greek epic In The Journal of Hellenic Studies Bd 108 1988 S 151 172 doi 10 2307 632637 Flavius Josephus Contra Apionem I 12 Friedrich August Wolf Prolegomena zu Homer 1908 Kap 26 Anm 84 Friedrich August Wolf Prolegomena zu Homer 1908 Kap 26 Daraus scheint also notwendig zu folgen dass die Gestalt so grosser und kontinuierlich fortlaufender Werke von keinem Dichter im Geist entworfen und dann ausgearbeitet werden konnte ohne ein kunstgerechtes Hilfsmittel fur das Gedachtnis Walter Diehl Die wortlichen Beziehungen zwischen Ilias und Odyssee Greifswald 1938 S 12 Norbert Blossner The state of the Homeric question In Matthias Fritz Tomoki Kitazumi Marina Veksina Hrsg Maiores philologae pontes Festschrift fur Michael Meier Brugger zum 70 Geburtstag Beech Stave Press Ann Arbor New York 2020 S 13 45 ISBN 978 0 9895142 8 6Normdaten Sachbegriff GND 4160551 2 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Homerische Frage amp oldid 237539577