www.wikidata.de-de.nina.az
Ein Hofpfalzgraf comes palatinus oder comes palatii oder palatii comes von lateinisch Comes Begleiter Gefahrte und palatinus der im Palast bzw Hofe oder palatii des Palastes bzw Hofs war im Spatmittelalter und der Fruhen Neuzeit ein besonders privilegierter Amtstrager Hofpfalzgrafen spielten besonders nach Ernennung durch Konige und den Kaiser im Rechtswesen des Heiligen Romischen Reichs eine Rolle doch wurden entsprechende Amtstrager auch durch den Papst und den osmanischen Sultan ernannt Der Begriff Pfalzgraf wird zwar in einigen Texten wie ein Synonym von Hofpfalzgraf verwendet Pfalzgrafen hatten aber im Vergleich zu Hofpfalzgrafen deutlich mehr Rechte darunter oft auch die eines Landesherrn entsprechend gab es im Reich zeitgleich jeweils nur wenige Pfalzgrafen aber schliesslich Hunderte von Hofpfalzgrafen Inhaltsverzeichnis 1 Konigliche Hofpfalzgrafen 2 Kaiserliche Hofpfalzgrafen 2 1 Funktion 2 2 Entwicklung 3 Papstliche Hofpfalzgrafen 4 Osmanische Hofpfalzgrafen 5 Literatur 6 EinzelnachweiseKonigliche Hofpfalzgrafen BearbeitenIm frankischen Reich der Merowinger Ende des 6 Jahrhunderts hatte der konigliche Hofpfalzgraf Comes palatii regis vor allem administrative und richterliche Befugnisse Im 7 Jahrhundert ubernahmen die Hausmeier die Verwaltungsaufgaben die Hofpfalzgrafen blieben vor allem Beisitzer und Vertreter des Konigs am Hofgericht Den Verhandlungen wohnte er als Urkundsperson bei Auf sein Referat hin wurden in der Kanzlei die Hofgerichtsurkunden ausgefertigt Nachdem unter den Karolingern eine eigene Hofgerichtsschreiberei eingerichtet worden war wurde diese dem Hofpfalzgrafen unterstellt Alle Eingange gingen durch seine Hand er hielt daruber dem Konig Vortrag In weniger wichtigen Sachen fuhrte er selbst den Vorsitz am Hofgericht Diese Tatigkeit der Hofpfalzgrafen am Hofgericht verschwand in der nachkarolingischen Zeit etwa mit dem Jahre 1014 1 Kaiserliche Hofpfalzgrafen BearbeitenFunktion Bearbeiten Ein kaiserlicher Hofpfalzgraf Comes palatinus Caesareus wurde im Heiligen Romischen Reich durch die Verleihung des sogenannten Palatinats ernannt Dieses stellte ein Privileg zur Ausubung einiger ansonsten dem Kaiser vorbehaltenen Rechte kaiserlicher Reservatrechte dar Dabei wurde je nach dem Umfang der verliehenen Rechte unterschieden in Grosses Palatinat comitiva maior territorial nicht begrenzt auch erblich auch mit der Befugnis Pfalzgrafen mit comitiva minor einzusetzen 2 Kleines Palatinat comitiva minor territorial begrenzt nicht erblich 3 Der Umfang der exekutiven und judikativen Rechte des Hofpfalzgrafen wurde in der Ernennungsurkunde der Comitiv lateinisch comitiva die manchmal uber 30 Seiten lange Aufzahlungen enthielt 1 jeweils eigens festgelegt Zu den Reservatrechten welche die romisch deutschen Kaiser durch die Hofpfalzgrafen ausuben liessen gehorten beispielsweise die Erteilung von Gnadenakten so die Verleihung von Adels und Wappenbriefen akademischer Wurden Bullendoktoren Bullenmagister 4 und der Dichterkrone die Ernennung von Notaren jus creandi notarios gewisse Falle der freiwilligen Gerichtsbarkeit so die Legitimation unehelicher Kinder Volljahrigkeitserklarung Adoptionsbestatigung Beglaubigung von TestamentenDie Ernennung zum Hofpfalzgrafen war auch wirtschaftlich von Interesse weil fur die Durchfuhrung der genannten obrigkeitlichen Amtshandlungen Gebuhren erhoben werden konnten Entwicklung Bearbeiten Das Hofpfalzgrafenamt als Staatsamt ist im frankischen Reich der Merowinger Ende des 6 Jahrhunderts entstanden 1 die endgultige Ausformung der Hofpfalzgrafenwurde im Heiligen Romischen Reich uber mehrere Zwischenstufen geht zuruck auf Kaiser Karl IV der vor allem an die Funktionen der Hofpfalzgrafen im Hofgericht anknupfte Die Hofpfalzgrafen wurden vom Kaiser fur die einzelnen Territorien ernannt Vor allem Landesherren wie beispielsweise Fursten und Herzoge erhielten das Grosse Palatinat Hofpfalzgrafen mit Kleinem Palatinat ubernahmen hingegen zunehmend die Rolle lokaler Amtstrager vergleichbar in etwa heutigen Beamten Ab dem Ende des 15 Jahrhunderts wurde die Hofpfalzgrafenwurde dignitas comitiva immer haufiger verliehen gleichzeitig erhohte sich der Anteil jener Hofpfalzgrafen mit Kleinem Palatinat die eine universitare Ausbildung als Juristen nicht vorweisen konnten 5 So wurde die Comitiva minor auch Domherren 6 Rektoren Dekanen und ganzen Fakultaten 7 Burgermeistern und ganzen Stadtraten wie dem Bremer 8 und Leipziger verliehen Anfangs bedurfte es zur Verleihung des Kleinen Palatinats der Empfehlung beispielsweise durch Fursten oder Inhaber des Grossen Palatinats Spater konnten die Interessenten selbst um die Verleihung des Kleinen Palatinats ersuchen und zahlten bei Erfolg eine Gebuhr Schliesslich konnte das Kleine Palatinat gegen Bezahlung erworben werden Es kam zu umfangreichem wirtschaftlichem Missbrauch der Privilegien so war besonders das Recht zum Ernennen von Magistern Doktoren doctores bullati Notaren Stadtschreibern und Sekretaren recht eintraglich zumal wenn es auch Personen betraf die zwar keine ausreichende Ausbildung besassen aber hohe Gebuhren an den ernennenden Hofpfalzgrafen zahlten Der Giessener Professor Wilhelm Friedrich Hezel beispielsweise geriet wegen seiner freizugigen Vergabe akademischer Titel als Hofpfalzgraf in einen heftigen Konflikt mit seinen Kollegen Die Verleihung der Privilegien im Namen des Kaisers wurde aber auch durch die zunehmend vom Kaiser selbstandig werdenden Landesherrn als Eingriff in ihre Rechte empfunden die Ausubung der Privilegien daher argwohnisch kontrolliert 5 Einige Landesherren vor allem Kurfursten versagten schliesslich den Amtshandlungen der Hofpfalzgrafen grundsatzlich die Anerkennung so zeitweise in Brandenburg Der Konig in Preussen untersagte um 1700 den kaiserlichen Hofpfalzgrafen in seinem Herrschaftsbereich das Ernennen von Notaren und Legitimieren Unehelicher So erhielt der dem preussischen Staat durchaus treu gesinnte Justus Henning Bohmer Hofpfalzgraf in Halle wegen einer Legitimation 1716 einen Verweis Der Konig in Preussen machte auch der Universitat Halle in der Ausubung ihrer Hofpfalzgrafenrechte Auflagen 9 Auch mussten Legitimationen durch Hofpfalzgrafen trotz des kaiserlichen Privilegs vorher durch den jeweiligen Konig genehmigt werden oder wurden kurzerhand durch ihn nachvollzogen Angesehene Gelehrte verschwiegen wegen des Missbrauchs durch Dritte ihren Besitz der Wurde 1 In seiner Blutezeit trug das Hofpfalzgrafen Privileg Wesenszuge des Beamtentums Mit zunehmender Ausbildung einer von Beamten getragenen staatlichen Verwaltung verlor das Amt schliesslich an Bedeutung Mit der Auflosung des Heiligen Romischen Reichs 1806 erlosch die Funktion Papstliche Hofpfalzgrafen BearbeitenHofpfalzgrafen wurden nicht nur durch den romisch deutschen Kaiser ernannt sondern auch durch den Papst Ein papstlicher Hofpfalzgraf Comes palatinus Lateranus manchmal findet sich auch die Bezeichnung Graf des Lateranensischen Palastes verfugte uber vergleichbare Rechte wie ein kaiserlicher Hofpfalzgraf Diese papstlichen Amtstrager wurden entweder direkt vom Bischof von Rom oder einen in seinem Namen handelnden papstlichen Legaten ernannt Beispielsweise ernannte Papst Leo X 1514 alle kurialen Kanzeleischreiber zu Comites aulae Lateranensis und verlieh ihnen die Rechte von Hofpfalzgrafen nbsp Orden vom Goldenen SpornAuch die Auszeichnung mit dem papstlichen Orden vom Goldenen Sporn war traditionell mit der Ernennung zum papstlichen Hofpfalzgrafen verbunden Ein Beispiel dafur ist der brandenburgische Hofbaumeister Christian Eltester 1671 1700 der fur seine Arbeiten am papstlichen Palazzo Montecitorio 1694 mit dem Orden vom Goldenen Sporn ausgezeichnet wurde Johann Georg von Toggenburg 1765 1847 wurde 1796 von Papst Pius VI zum Ritter vom Goldenen Sporn und Grafen von Lateran ernannt 10 Die Praxis wurde 1815 eingeschrankt und 1841 unter Papst Gregor XVI aufgehoben Ein Hofpfalzgraf der sowohl die kaiserliche und die papstliche Ernennung besass war Comes palatinus imperiali et papali auctoritate Hofpfalzgraf aufgrund kaiserlicher und papstlicher Ermachtigung Osmanische Hofpfalzgrafen BearbeitenAls Nachfolger der byzantinischen Kaiser verlieh nach der Eroberung Konstantinopels 1453 auch der osmanische Sultan den Titel eines Hofpfalzgrafen So wurde Giovanni Bellini 1430 1516 nicht nur 1469 von Kaiser Friedrich III 1415 1493 sondern auch 1481 von Sultan Mehmet II 1432 1481 zum comes palatinus ernannt Literatur BearbeitenJurgen Arndt Hofpfalzgrafen Register 3 Bande Degener Neustadt an d Aisch 1964 1988 Bd 1 2 ohne ISBN Bd 3 ISBN 3 7686 3046 3 Erwin Schmidt Die Hofpfalzgrafenwurde an der hessen darmstadtischen Universitat Marburg Giessen Berichte und Arbeiten aus der Universitatsbibliothek und dem Universitatsarchiv Giessen 23 1973 Universitatsbibliothek Giessen Giessen 1973 Digitalisat Einzelnachweise Bearbeiten a b c d Erwin Schmidt Die Hofpfalzgrafenwurde an der hessen darmstadtischen Universitat Marburg Giessen Hrsg Universitatsbibliothek Giessen Sonderdruck 1973 aus Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins 57 1972 pdf 96 S 4 9 MB beispielsweise das grose Comitiv Diplom das Kaiser Joseph I 1710 dem Fursten Ludwig Friedrich von Schwarzburg Rudolstadt vergeben hatte als Anhang S 1 44 nach dem II Abschnitt in Heinrich Elias Gottfried Schwaben Summarischer Unterricht von Hofpfalzgrafen und Notarien nebst einer Richter Advocaten u Notarien Bibliothek Frankfurt und Leipzig 1787 beispielsweise das Palatinatdiplom welches Furst Ludwig Gunther zu Schwarzburg 1778 dem Hofrat und Doktor der Philosophie Wilhelm Friedrich Hezel verliehen hatte S 103 114 des II Abschnitts in Heinrich Elias Gottfried Schwaben Summarischer Unterricht von Hofpfalzgrafen und Notarien nebst einer Richter Advocaten u Notarien Bibliothek Frankfurt und Leipzig 1787 Hilde de Ridder Symoens Walter Ruegg Hrsg Universities in Early Modern Europe 1500 1800 Band 2 Seite 183 in A History of the University in Europe Cambridge University Press 2003 ISBN 978 0 521 54114 5 SN 9780521541145 a b Jurgen Arndt Hofpfalzgrafen Register Hrsg Herold Verein fur Heraldik Genealogie und verwandte Wissenschaften zu Berlin Neustadt an der Aisch u Gottingen Arbeitsgemeinschaft der Verlage Degener amp Co 1964 1988 Bd 1 2 ohne ISBN Bd 3 ISBN 3 7686 3046 3 Verleihung des Titels und der Befugnisse eines kaiserlichen Hofpfalzgrafen an Nikolaus von Troilo durch Kaiser Friedrich II Prag 7 Juni 1628 S 65 69 in Rainer Bendel Josef Nolte Hrsg Befreite Erinnerung Band 26 von Beitrage zu Theologie Kirche und Gesellschaft im 20 Jahrhundert LIT Verlag Munster 2017 SN 978 3 6431 3126 3 Abdruck der comitiv welche weiland ihro kays majestat Herr Ferdinand der II dem jedesmal decano der loblichen juristenfacultat zu Marburg allergnadigst ertheilet und nunmehr ihro Churfurstl durchleuchtigkeit zu Bayern als zeitiger hochster Reichsfurseher gnadigst erneuert haben Philipp Casimir Muller Universitatsdruckerei Marburg 1745 Johann Philip Cassel Historische Nachrichten von der Regiments Verfassung und dem Rath der kayserl freien Reichsstadt Bremen samt dem Jahrbuch der Burgermeister und Rathsherren aus ungedruckten Urkunden gesammlet mit Anmerkungen und einem Anhang von Dokumenten ans Licht gestellet Bremen Joh Henr Cramer 1768 Andreas Wolfgang Wiedemann Preussische Justizreformen und die Entwicklung zum Anwaltsnotariat in Altpreussen 1700 1849 Schriftenreihe der Deutschen Notarrechtlichen Vereinigung Band 17 Otto Schmidt Verlag Koln 2003 ISBN 3 504 65118 0 S 41 ff Josef Braunwalder Friedrich Graf Toggenburg Wattwil 1996 S 105 ff Digitalisat Normdaten Sachbegriff GND 4160418 0 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hofpfalzgraf amp oldid 224879375