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Heroische Landschaft ist der heutige Titel eines Gemaldes des Schweizer Dichters Gottfried Keller 1819 1890 Der einundzwanzigjahrige Keller der Landschaftsmaler werden wollte vollendete es wahrend seines Studienaufenthaltes an der Munchner koniglichen Akademie der Kunste im Mai 1842 Das Bild war fast 60 Jahre verschollen wurde nach seiner Wiederentdeckung 1919 von der Gottfried Keller Stiftung erworben und befindet sich heute im Lesesaal der Zentralbibliothek Zurich Kellers Gemalde vertritt nicht die klassische heroische Landschaft sondern stellt eine spate Abwandlung dar Heroische LandschaftGottfried Keller 1842Ol auf Leinwand88 7 118 3 cmZentralbibliothek ZurichVorlage Infobox Gemalde Wartung Museum Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Kommentare und Wertungen 3 Bildtitel und Bedeutung 4 Entstehungsgeschichte und Verbleib 5 Einzelnachweise 6 Literatur 7 WeblinksBeschreibung BearbeitenAus einer weiten Kustenlandschaft ragt ein seltsam trotziges Felsmassiv empor zinnenbewehrt wie eine Burg Sein Fuss mit Heide und sparlichem Buschwerk bekleidet erstreckt sich an einem See und ist in freundliches Sonnenlicht getaucht wahrend seine Krone von schweren Wolkenmassen duster beschattet bleibt Den Vordergrund bilden Felstrummer mit Buschwerk und verwitterten Baumkruppeln Dazwischen folgt ein Weg dem abfallenden Gelande erst im Schatten dann im Licht und verliert sich in niederem Laubwald der bis ans Ufer des Sees oder Meeresarms reicht Jenseits des Gewassers dehnt sich ein Kiefernwald hinter dem die zerrissene Kustenlinie mit Klippen und der ferne Meereshorizont sichtbar werden Am Himmel daruber turmen sich dicht gedrangt machtige Cumuli Eine ferne Wolkenbank erglanzt hellgrau fast weiss Auch die Lichtblicke die auf Heide Weg und See fallen deuten auf Lucken im dunkeln Wolkenzug die sich dem Blick des erdgebundenen Betrachters entziehen Kommentare und Wertungen BearbeitenDer Zurcher Historienmaler Ludwig Vogel 1788 1879 anlasslich der ersten Ausstellung des Bildes 1842 in Zurich zur Mutter des Kunstlers Mit Freuden kann ich Ihnen sagen dass mir das Ganze sehr gut gefallen bis auf die Luft das Gewolk ist viel zu schwer und zu dick es sollte viel leichter und reiner sein Bemerken Sie ihm dieses wenn Sie schreiben Sonst verrat das Bild viel Fassungskraft und Erfindungsgeist Ich kann Ihnen sagen dass ich dieses nicht von ihm erwartet habe Ich habe mich beim Anschauen des Bildes sehr verwundert usw Ich hoffe dass er spater schone Sachen liefern konne 1 Der Wiener Historien und Genremaler Leo Bernhard Eichhorn in einem Gutachten 1920 Als ich dieses Bild Gottfried Kellers zum ersten Mal sah war ich uberrascht von dessen hohen malerischen Qualitaten Nicht nur die grandiose Composition sondern auch die Durchfuhrung erfullten mich mit Staunen Nichts von der braunsaucigen Art jener Zeit feine silbrige graue Tone zu vollendeter Harmonie der Valeurs gestimmt kurz als Malerei an sich ein vorzugliches Werk Hatte G K weiter gemalt er musste als bedeutender Maler seiner Zeit in einer Reihe mit Preller und Rottmann genannt werden 2 Der Schweizer Kunsthistoriker Paul Schaffner in Gottfried Keller als Maler 1923 Mit fruheren und gleichzeitigen Arbeiten verglichen bietet diese Komposition eine Uberraschung Von der Kleinwelt des Idyllikers zu diesem pathetischen Dekorationsstuck ist kaum eine Brucke zu schlagen 3 Der Zurcher Kunsthistoriker Bruno Weber 2005 Kellers Heroische Landschaft ist ein Staunen erregendes Bildnis von Gegensatzen Heroisch und idyllisch zugleich eine Landschaft von erhabenem endgultigem Charakter ernst und hoheitsvoll doch fur ein friedliches Dasein besonnt und beseelt konzipiert als Wohnstatte ubermenschlicher Wesen oder im Sinne von Goethes Definition fur ein Menschengeschlecht von wenigen Bedurfnissen und von grossen Gesinnungen 4 Bildtitel und Bedeutung BearbeitenIm Katalog der Zurcher Kunstausstellung vom Juni 1842 fur die das Bild gemalt und auf der es erstmals offentlich gezeigt wurde figurierte es schlicht als Landschaftliche Komposition 5 Mit Komposition war nicht mehr aber auch nicht weniger gesagt als dass das Bild nicht nach der Natur gemalt kein Abbild einer realen Landschaft sondern ein Produkt der kunstlerischen Phantasie war somit eine Idealisierung darstellte nbsp Elegischer Naturbetrachter Vedute von Ossian s Hall Dunkeld Schottland 1800 nbsp Elegischer Naturbetrachter Illustration zu Rousseaus Julie oder Die neue Heloise 1840 Nach seiner Wiederentdeckung wurde Kellers Bild als Ossianische Landschaft bekannt 6 Dieser Typus der urzeitlich wilden schwermutig gestimmten Ideallandschaft geht auf ein literarisches Vorbild zuruck die Dichtungen des Schotten James Macpherson die dieser 1760 als Ubersetzungen aus dem Galischen ausgab und dem Iren Ossian einem Barden aus vorchristlicher Zeit zuschrieb Ossians Klagen uber den Untergang der alten Heldengeschlechter und seine Schilderung der trauernden Natur passten zum Weltschmerz der beginnenden Romantik und nahrten die Phantasie von mehreren Generationen europaischer Dichter Maler Musiker und Altertumsforscher so auch die Goethes und seiner Figuren im Roman Die Leiden des jungen Werther Heinrich Lee Hauptfigur von Kellers autobiographischem Roman Der grune Heinrich malt ossianische oder nordisch mythologische Wusteneien zwischen deren Felsenmalern und knorrigen Eichenhainen man die Meereslinie am Horizonte sah dustere Haidebilder mit ungeheuren Wolkenzugen in welchen ein einsames Hunengrab ragte 7 Die Bezeichnung ossianisch fur Kellers Ausstellungsbild und malerisches Hauptwerk lag somit nahe obwohl der Begriff in der endgultigen Fassung des Romans nicht mehr vorkommt Diese erschien 1879 80 zu einer Zeit als die Begeisterung langst abgeflaut war und der Name Ossian nicht mehr die alten Assoziationen weckte Er wurde im Realismus zum Symbole schwarmerischer Jugendattituden 8 Der Maler Keller ungeubt im Figurenzeichnen verzichtete in seinem Bild auf Staffage Es fehlen die mythologischen oder biblischen Bewohner der klassischen heroischen Landschaft ebenso die einsamen heldenhaft oder elegisch posierenden Naturbetrachter der Romantik Umso dringlicher ladt die menschenleere Landschaft den Bildbetrachter ein sich in ihr anzusiedeln und seine Bedurfnisse und Gesinnungen entsprechend zu andern Der von Bruno Weber 1979 vorgeschlagene Bildtitel Heroische Landschaft blieb haften und ist seither gebrauchlich Entstehungsgeschichte und Verbleib Bearbeiten nbsp Entwurf Heroische Landschaft 1841 schwarze Kreide und Pinsel auf Papier 60 80 cm Zentralbibliothek Zurich nbsp Der Berg Tabor Stahlstich 16 8 10 cm von E Grunewald in Meyer s Universum von 1836 Eine erste kleinformatige Vorstudie in Bleistift findet sich in einem von Kellers Skizzenbuchern Danach fuhrte Keller einen Entwurf in schwarzer Kreide Sepia und Deckweiss aus der sich vom Olgemalde nur in wenigen Details unterscheidet 9 Nach Bruno Weber hat sich Keller beim Entwurf der Landschaft von einem 1836 in Meyer s Universum erschienenen Stahlstich des heiligen Berges Tabor inspirieren lassen 10 Im Herbst 1841 anderthalb Jahre nach seiner Ankunft in Munchen begann Keller mit der Ausfuhrung in Ol Das fertige Gemalde sandte er im folgenden Mai hoffnungsvoll nach seiner Heimatstadt Zurich auf die dortige alljahrliche Kunstausstellung Es traf verspatet ein und wurde wegen der Fahrlassigkeit der Ausstellungsleitung zunachst nicht gezeigt Kellers Mutter entdeckte es in einer Rumpelkammer und setzte sich dafur ein dass es von dort in die Ausstellungsraume befordert wurde Ausser Ludwig Vogel ausserten sich noch andere Ausstellungsbesucher lobend uber das Werk des noch vollig unbekannten jungen Mannes Doch niemand kam auf den Gedanken es zu kaufen zumal der Zettel mit dem von Keller angesetzten Preis 15 Louisdor zu spat aufgefunden wurde Von Zurich reiste das Bild im selben Sommer weiter auf Gemaldeausstellungen in Basel und Bern fand aber auch dort keinen Kaufer Im Spatherbst kehrte es mit ruiniertem Rahmen nach Munchen zuruck einen Tag vor Kellers Abreise in die Heimat Es war lumpenmassig eingepackt es nimmt mich wunder dass sich die hochmutigen und vornehmen Herrn Kunstgonner in der Schweiz nicht schamen einen jungen Kerl und armen Teufel so um seine Sache zu bringen 11 Keller den die Armut gezwungen hatte seinen Munchner Aufenthalt abzubrechen und der dort einen Grossteil seines kunstlerischen Besitzes zum Trodler hatte tragen mussen liess das Bild bei seinem Hauswirt zuruck dem er noch Miete schuldig war und verhandelte es von Zurich aus um weniger als die Halfte des angesetzten Preises an einen Unbekannten Nur die Kreidezeichnung verblieb in seinem Besitz und gelangte mit dem Keller Nachlass in die Zentralbibliothek Zurich Das Olgemalde das nach seinem Zustand bei der Wiederauffindung zu schliessen durch kunstverstandige Hande gegangen war wurde 1919 in Wien von privater Seite zum Verkauf angeboten Von dort ging es 1920 fur den Kaufpreis von 10 000 Schweizerfranken in den Besitz der Gottfried Keller Stiftung uber Einzelnachweise Bearbeiten Brief von Elisabeth Keller an ihren Sohn vom 8 Juli 1842 In Carl Helbling Hrsg Gottfried Keller Gesammelte Briefe 4 Bande Bern 1950 Bd 1 S 81 f Zitiert nach Bruno Weber Gottfried Kellers Heroische Landschaft Das Gemalde und seine Geschichte S 145 f S 120 Gottfried Kellers Heroische Landschaft S 140 Weber zitiert die Definition der heroischen Landschaft aus Goethes Schrift Kunstlerische Behandlung landschaftlicher Gegenstande von 1831 Vgl Jakob Baechtold Gottfried Kellers Leben Seine Briefe und Tagebucher 3 Bande Wilhelm Hertz Berlin 1894 1897 Bd 1 S 179 Anm So betitelt von Paul Schaffner S 112 128 Der grune Heinrich erste Fassung 1853 1855 dritter Band viertes Kapitel Keller Homepage von Walter Morgenthaler Wolf Gerhard Schmidt Homer des Nordens und Mutter der Romantik James Macphersons Ossian und seine Rezeption in der deutschsprachigen Literatur Berlin und New York 2003 Bd 1 S 8 So wachst auf dem Gipfel des Felsmassivs eine Zwillingsfohre und auf der Heideflache an seinem Fuss stehen zwei Menhire S 140 Keller an seine Mutter Brief vom 21 November 1842 Helbling Bd 1 S 86 Literatur BearbeitenPaul Schaffner Gottfried Keller als Maler J G Cotta Nachfolger Stuttgart und Berlin 1923 Bruno Weber Gottfried Kellers Heroische Landschaft Das Gemalde und seine Geschichte In Gruner Heinrich Lebenslaufe zwischen Scheitern und Erfolg Johann Gottfried Steffan und die Schweizer Maler in Munchen 1840 1890 Hrsg von Adrian Scherrer Stafa 2005 S 134 46 ISBN 3 85717 163 4 Katalog der gleichnamigen Ausstellung von 2005 in Pfaffikon und Wadenswil CH Weblinks BearbeitenHeroische Landschaft in Sikart Galerie und Verzeichnis der Gemalde Gottfried Keller Nachlass in der Zentralbibliothek ZurichWerke von Gottfried Keller RomaneDer grune Heinrich Martin SalanderNovellenzyklenDie Leute von Seldwyla Teil IPankraz der Schmoller Romeo und Julia auf dem Dorfe Frau Regel Amrain und ihr Jungster Die drei gerechten Kammmacher Spiegel das KatzchenDie Leute von Seldwyla Teil IIKleider machen Leute Der 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