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Hermann Noack 23 Februar 1895 in Hamburg 19 November 1977 in Hamburg war ein deutscher Philosoph der sich in der Zeit des Nationalsozialismus zur Sicherung seiner Karriere dem System angepasst hat Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Schriften 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenNoack stammte aus einer Hamburger Kaufmannsfamilie und begann nach dem Abitur 1914 ein Studium der Architektur an der Technischen Hochschule Stuttgart Als Kriegsfreiwilliger im Ersten Weltkrieg wurde er an der Westfront eingesetzt und zum Leutnant befordert Er nahm an den Schlachten an der Somme und um Arras teil und geriet 1917 in englische Kriegsgefangenschaft Nach seiner Entlassung 1919 begann er 1920 in Hamburg ein Studium der Philosophie Zwei Semester verbrachte er in Freiburg wo er Martin Heidegger und Edmund Husserl horte Seine Dissertation schrieb er bei Ernst Cassirer und Albert Gorland mit Promotion im Jahr 1923 Es folgte die Habilitation im Jahr 1926 Hier forderte Noack in einer Kritik an der geistigen Zersplitterung der Wissenschaften am Historismus und am Relativismus Einheit und Ganzheit in einer Gemeinschaft des Verstehens durch die erst die eigentliche menschliche Existenz zu Tage tritt Im Anschluss war Noack als Privatdozent am Philosophischen Seminar sowie als Lehrer an der Hamburger Volkshochschule und an der Fichte Hochschule 1 tatig In dieser Zeit befasste Noack sich gemeinsam mit Joachim Ritter Siegfried Landshut und Ludwig Landgrebe mit den Pariser Manuskripten von Karl Marx die Landshut im Archiv der SPD entdeckt hatte Im Dezember 1932 wurde er zum nicht beamteten ausserordentlichen Professor ernannt Als Cassirer nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 sein Amt unmittelbar niederlegte ausserte Noack auf einer privaten Abschiedsveranstaltung ebenfalls aus der Universitat ausscheiden zu wollen Daraufhin redeten sowohl Cassirer als auch der ebenfalls anwesende Gorland ihm zu im Dienst zu verbleiben um durch die Philosophie ein Gegengewicht zur Weltanschauung des Nationalsozialismus zu bilden Dabei hatten beide wohl nicht mit der drastischen Wende in der Haltung Noacks gerechnet Tony Cassirer die Witwe von Ernst Cassirer sprach nach dem Krieg davon dass er ebenso wie Ritter umgefallen sei wie ein Zinnsoldat Wenn auch kein ausgesprochener Nazi so sei er doch ein geduldiger Mitlaufer gewesen der in der Zeit des Nationalsozialismus Karriere gemacht habe 2 Bereits im November 1933 trat Noack in die SA ein und unterzeichnete das Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitaten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat In der Folge wurde Noack SA Schulungsleiter und erschien sogar in SA Uniform an der Universitat Weitere Mitgliedschaften in NS Organisationen waren NSDDB NSV NSLB NS Altherrenbund und NS Reichskriegerbund Weiterhin besuchte er SA und Dozenten Lager wurde SA Kameradschaftsfuhrer und stellvertretender Schulungsleiter seiner SA Standarte 3 Im Jahr 1935 wurde Noack von der Fakultat fur die Nachfolge Gorlands auf einem Extraordinariat vorgeschlagen In der Begrundung hiess es er habe sich den neuen Aufgaben der Philosophie im nationalsozialistischen Deutschland mit Ernst und Hingabe zugewandt Dies zeige sich zum Beispiel in seiner Tatigkeit als SA Mitglied als Mitarbeiter in der politischen Fachgemeinschaft der Fakultat und als Lehrgangsleiter an der Gaufuhrerschule Rissen 4 Nach einer Visitation durch einen Referatsleiter des Reichserziehungsministeriums hatte sich dieser fur eine Ernennung Noacks ausgesprochen Neben dem Hamburger Dozentenbund stellte sich jedoch insbesondere Alfred Baeumler einer Berufung entgegen Von Hermann Noack Hamburg liegt das Werk vor Geschichte und System der Philosophie 1928 Das Buch ist in einer Sammlung erschienen die von Ernst Cassirer Albert Gorland und Hermann Noack herausgegeben wurde Methode und Ergebnis des Buches stimmen mit den Tendenzen der von Hermann Cohen gegrundeten Marburger Richtung des Neukantianismus uberein Die Arbeit ist eine reine Arbeit der genannten Schule Sie teilt den sterilen Formalismus der Richtung und die auf den Begriff der Einheit konvergierende Problemstellung Zitiert werden fasst ausschliesslich die judischen Autoren der Marburger Schule Irgendeine Selbstandigkeit oder Originalitat ist nicht zu erkennen Dass Werk muss als ergebnisloses Produkt einer durch die Ereignisse uberholten einstmals sich uber Gebuhr an den Universitaten sich ausbreitenden Denkrichtung restlos abgelehnt werden 5 Auf das neue Buch Noacks Symbol und Existenz der Wissenschaft 1936 hatte Baeumler keinen Bezug genommen Diese Grundlegung einer philosophischen Wissenschaftslehre war nun ganz im nationalsozialistischen Sinne formuliert Statt die Neukantianer zitierte Noack nun Houston Stewart Chamberlain Lagarde Krieck Baumler oder Frank insb 220 227 Die konkrete Idee des naturverwachsenen rassischen Menschen sei starker als das rationalistische Idol der abstrakten Menschheit 213 221 Aus der Gemeinschaft des Verstehens wurde die Volksgemeinschaft der die Wissenschaft zu dienen habe Aufgabe der Wissenschaft ist die Erziehung eines neuen akademischen Menschentyps und die Errichtung einer politischen Universitat 2 Im Jahr 1937 kam es schliesslich doch zur Berufung Noacks der damit zum ersten Mal eine Stelle mit einem gesicherten auskommlichen Einkommen innehatte 1938 wurde er nach Aufhebung der Aufnahmesperre ruckwirkend zum 1 Mai 1937 Mitglied der NSDAP Noack wurde zu Beginn des Zweiten Weltkrieges als Hauptmann zur Wehrmacht eingezogen und sowohl an der Westfront als auch an der Ostfront eingesetzt Hier hielt er unter anderem Vortrage uber das deutsche Geschichtsbewusstsein oder die national sozialistische Weltanschauung Ab 1942 war er Angehoriger des Sonderkommandos Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg ERR und war von Juni 1942 bis Juli 1943 in Paris eingesetzt Zu den Aufgaben des EER gehorte die Beschlagnahme von Kunst und Kulturgutern 6 Anfang 1944 war Noack in Pless und in Ratibor fur das ERR tatig wo gezielt aus judischem und staatlichem Besitz stammende Bucher zu Bibliotheken zusammengestellt wurden Noacks Aufgaben lagen vermutlich vor allem auf den Gebieten der Auswertung der geraubten Bucher und Archivalien oder in der Sammlung von Arbeitsmaterialien uber weltanschauliche Gegner die aus dem Raubgut fur die nationalsozialistische Kulturpropaganda zusammengestellt wurden 7 Im August 1944 wurde er auf Bewirken des Amtes Rosenberg unabkommlich gestellt und nahm seine Lehrtatigkeit im Wintersemester 1944 45 wieder auf Zugleich war er weiterhin fur das Amt tatig und arbeitete in einer von dem Historiker Erwin Holzle koordinierten Arbeitsgemeinschaft zur Erforschung der bolschewistischen Weltgefahr Vortragsthemen waren Ursachen und Grundlagen des britischen Imperialismus oder Begriff und Funktion der Praxis im historischen Materialismus nbsp Grabstatte auf dem Friedhof BlankeneseNach Kriegsende wurde Noack aus dem Hochschuldienst entlassen Er sei als Aktivist in einer so auffallend eindeutigen und konsequenten Weise fur den Nationalsozialismus eingetreten dass er nicht mehr weiter beschaftigt werden konne 8 Hier half auch nicht die positive Begutachtung durch Albert Gorland In seinem Entnazifizierungsverfahren wurde er zunachst in Kategorie IV Mitlaufer eingestuft konnte 1949 50 dann eine Neueinstufung in Kategorie V erreichen die eine Wiedereinstellung ermoglicht hatte Nachdem ihm der Weg an die Universitat versperrt war konnte er 1952 eine Anstellung als Studienleiter an der Evangelischen Akademie von Kurhessen und Waldeck Guntershausen und spater Evangelischen Akademie von Kurhessen und Waldeck Hofgeismar finden 1956 erhielt er schliesslich die Moglichkeit als Emeritus und entpflichteter ausserordentlicher Professor Vorlesungen zu halten Philosophisch arbeitete Noack nach dem Krieg vorwiegend im Bereich der Philosophiegeschichte Noack war Mitherausgeber des Evangelischen Kirchenlexikons 9 Er verstarb 82 jahrig in seiner Geburtsstadt und wurde auf dem dortigen Friedhof Blankenese beigesetzt Schriften BearbeitenAuswahl Die systematische und methodische Bedeutung des Stilbegriffs Phil Diss Ms Hamburg 1923 Vom Wesen des Stils In Die Akademie Heft 2 S 117 182 Heft 4 S 63 114 Geschichte und System der Philosophie Untersuchungen uber die Begrundbarkeit ihrer Einheit im kritisch idealistischen Begriff der Systematik selbst Hamburg 1928 Ludwig Klages als Anklager des Geistes In Zeitwende Band 11 1934 35 S 193 204 Das Schicksal des deutschen Idealismus als Problem der deutschen Gegenwart In Neue Jahrbucher fur Wissenschaft und Jugendbildung NJWJk Band 11 1935 S 1 14 Symbol und Existenz der Wissenschaft Untersuchungen zur Grundlegung einer philosophischen Wissenschaftslehre Halle 1936 Rosenberg und die Zukunftsaufgabe der deutschen Philosophie In Hansische Hochschulzeitung HHZ 19 1937 38 Heft 10 S 1 8 Das geschichtliche Wachsen des europaischen Gesamtbewusstseins In Auswartige Politik Monatshefte des Deutschen Instituts fur Aussenpolitische Forschung Berlin und des Hamburger Institut fur Auswartige Politik Band 11 1944 S 277 287 Sprache und Offenbarung Gutersloh 1960 Die Philosophie Westeuropas im 20 Jahrhundert 1962 4 Aufl Darmstadt 1976 Deutsche Geisteswelt 2 Bande Hanau 1986 Band 1 1953 Allgemeine Einfuhrung in die Philosophie Probleme ihrer gegenwartigen Auslegung 1972 4 Aufl 1991 Literatur BearbeitenErnst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945 2 Auflage Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 2007 ISBN 978 3 596 16048 8 Josef Meran Die Lehrer am philosophischen Seminar der Hamburger Universitat wahrend der Zeit des Nationalsozialismus in Eckart Krause Ludwig Huber Holger Fischer Hrsg Hochschulalltag im Dritten Reich Die Hamburger Universitat 1933 1945 Teil II Philosophische Fakultat Rechts und Staatswissenschaftliche Fakultat Reimer Berlin Hamburg 1991 459 482 ISBN 3 496 00867 9 Jens Thiel Akademische Zinnsoldaten Karrieren deutscher Geisteswissenschaftler zwischen Beruf und Berufung 1933 1945 in Rudiger Vom Bruch Uta Gerhardt Aleksandra Pawliczek Hrsg Kontinuitaten und Diskontinuitaten in der Wissenschaftsgeschichte des 20 Jahrhunderts Steiner Stuttgart 2006 167 194 ISBN 978 3 515089654 Jens Thiel Von argerlichen Ausserlichkeiten und innerlichem Unberuhrtsein Hermann Noack im Dritten Reich in Hans Jorg Sandkuhler Hrsg Philosophie im Nationalsozialismus Meiner Hamburg 2009 253 269 ISBN 978 3 7873 1937 4 Christian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich Akademie Berlin 2002 ISBN 978 3 050036472 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Hermann Noack im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten Eine volkisch konservativ orientierte Einrichtung zur Erwachsenenbildung ahnlich einer Heimvolkshochschule Josef Olbrich Horst Siebert Geschichte der Erwachsenenbildung in Deutschland VS Verlag Wiesbaden 2001 169 siehe auch Emil Engelhardt Die Fichte Hochschule in Hamburg Aufbau Verwaltung und Arbeit 1917 bis 1919 Deutsches Volkstum Hamburg 1919 Toni Cassirer Mein Leben mit Ernst Cassirer Meiner Hamburg 2004 204 205 Jens Thiel Von argerlichen Ausserlichkeiten und innerlichem Unberuhrtsein Hermann Noack im Dritten Reich in Hans Jorg Sandkuhler Hrsg Philosophie im Nationalsozialismus Meiner Hamburg 2009 253 269 256 Christian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich Akademie Berlin 2002 681 Alfred Baumler an den Gutachter des Reichserziehungsministeriums Mattiat vom 4 April 1936 zitiert nach Christian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus Akademie Berlin 2002 682 Ein Beispiel fur die Aktivitaten des ERR ist der Bericht uber die Tatigkeit des Einsatzstabes der Dienststelle des Reichsleiters Rosenberg in den westlichen besetzten Gebieten und den Niederlanden Arbeitsgruppe Niederlande aus dem Jahr 1940 in Leon Poliakov Josef Wulf Das Dritte Reich und seine Denker Arand Berlin 1959 156 158 Jens Thiel Von argerlichen Ausserlichkeiten und innerlichem Unberuhrtsein Hermann Noack im Dritten Reich in Hans Jorg Sandkuhler Hrsg Philosophie im Nationalsozialismus Meiner Hamburg 2009 253 269 260 Gutachten des Senats der Universitat Hamburg in Sachen Professor Hermann Noack undatiert 1949 StA HH Dozenten und Personalakten IV 1192 Bd 3 zitiert nach Jens Thiel Von argerlichen Ausserlichkeiten und innerlichem Unberuhrtsein Hermann Noack im Dritten Reich in Hans Jorg Sandkuhler Hrsg Philosophie im Nationalsozialismus Meiner Hamburg 2009 253 269 263 Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Frankfurt am Main 2007 S 437 Normdaten Person GND 11703455X lobid OGND AKS LCCN nr90003717 VIAF 47529584 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Noack HermannKURZBESCHREIBUNG deutscher PhilosophGEBURTSDATUM 23 Februar 1895GEBURTSORT HamburgSTERBEDATUM 19 November 1977STERBEORT Hamburg Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hermann Noack 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