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Herbert Linden 14 September 1899 in Konstanz 27 April 1945 in Berlin war ein deutscher Mediziner Oberregierungsrat Ministerialrat und ab 1942 Ministerialdirigent im Reichsministerium des Innern und einer der wesentlichen Organisatoren der NS Krankenmorde in Heil und Pflegeanstalten Herbert Linden war federfuhrend in die Planung und Durchfuhrung der industriellen Massenvernichtung involviert So verlieh er der geheimen Mordadministration als den Heil und Pflegeanstalten weisungsbefugter Anstaltsreferent exekutive Durchschlagskraft Parallel fungierte Linden mit Werner Heyde spater Paul Nitsche als Obergutachter der Mord Administration Zentraldienststelle T4 Kurz nach dem Euthanasie Stopp vom 24 August 1941 wurde Linden zum Reichsbeauftragten Heil und Pflegeanstalten ernannt und avancierte damit gleichsam zum Chef der deutschen Anstaltspsychiatrie Herbert Linden von dem keine bekannte Abbildung existiert zahlt mit Viktor Brack und Paul Nitsche zu den fuhrenden Kopfen der NS Euthanasie Aktion Er entzog sich einer Gerichtsverhandlung 1945 durch Suizid Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Ausbildung 2 Planung und Durchfuhrung der NS Anstaltsmorde 3 Reichsbeauftragter Heil und Pflegeanstalten amp Chef der deutschen Psychiatrie 4 T4 Reinhardt Netzwerk und Suizid 5 Entfernung der Grabplatte und Auflassung des Grabes 6 Schriften 7 Literatur 8 AnmerkungenHerkunft und Ausbildung BearbeitenLinden wurde 1899 in Konstanz geboren und legte 1917 das Abitur ab Anschliessend wurde er zum Militardienst eingezogen wo er als Musketier in verschiedenen Armee Regimentern diente Vom 16 Oktober bis zum 1 November 1918 nahm Linden an der Abwehrschlacht in der Champagne und an der Maas teil wofur er am 5 November 1918 das Eiserne Kreuz II Klasse erhielt 1 Am 2 Marz 1919 wurde Linden aus der Armee entlassen und nahm anschliessend ein Medizinstudium auf Am 17 Dezember 1923 promovierte er zum Dr med am 17 Januar 1925 erhielt er seine Approbation als Arzt Am 23 November 1925 trat Linden in die NSDAP Mitgliedsnummer 23 958 ein 2 Linden war von 1925 bis 1928 Assistenzarzt dann Assistent am Hygieneinstitut und ab 1929 Assistent am Institut fur ansteckende Krankheiten Heidelberg 3 Ab dem 1 April 1931 war er als wissenschaftlicher Angestellter im Reichsgesundheitsamt in Berlin tatig ehe er am 1 November 1933 zunachst als Hilfsarbeiter fur den Referentendienst ins Reichsministerium des Inneren wechselte Hier erhielt er am 1 Dezember 1933 eine feste Stellung und konnte im Sommer 1934 zum Oberregierungsrat und Referenten fur das Irrenwesen in der Abteilung IV Gesundheitswesen und Volkspflege avancieren 4 Seine direkten Vorgesetzten waren Arthur Julius Gutt spater Fritz Cropp sowie ab 1939 Gesundheitsstaatssekretar Leonardo Conti Linden war vielfach fur die nationalsozialistische Rassenhygiene engagiert So kommentierte er die Nurnberger Rassegesetze und war im Sachverstandigenbeirat fur Bevolkerungs und Rassenpolitik des Innenministeriums tatig Ausserdem bereitete Linden federfuhrend die auch nach damaligen Gesetzen illegale Zwangssterilisierung farbiger Besatzungskinder vor und gehorte 1936 bis 1937 dem Reichsausschuss zum Schutze des deutschen Blutes an 5 Den Rassekundler Robert Ritter unterstutzte Linden im September 1937 bei der Finanzierung seiner rassenbiologischen Zigeunerforschung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft wobei Ritters Forschungen durch wissenschaftliche Feindbildproduktion massgeblich den Genozid an den Roma und Sinti Porajmos vorbereiteten 6 Auf einem nach 1935 im Reichsministerium des Innern gehaltenen Vortrag zum Thema Zwangssterilisation erlauterte Linden Dass die Anwendung im Einzelfalle einmal hart sein kann wird niemand der sich mit der Durchfuhrung des Gesetzes befasste bestreiten Trotzdem ist aber die zielbewusste Durchfuhrung notwendig 7 In seinem 1938 verfassten Artikel Deutsche Bevolkerungspolitik lieferte Linden eine Bestandsaufnahme der bisherigen nationalsozialistischen Rassenpolitik und forderte programmatisch deren Ausweitung 8 Planung und Durchfuhrung der NS Anstaltsmorde BearbeitenBereits im Juni 1935 nahm Linden als Anstaltsreferent an einer Sitzung der Erbbiologischen Kommission des Deutschen Gemeindetages vertreten durch Wilhelm Stemmler der eine fur die Planung von Euthanasie Massnahmen bedeutende Untersuchung von Kosten medizinischer Einrichtungen durchfuhrte 9 teil die u a auch Paul Nitsche und Rassenbiologe Ernst Rudin besuchten und die um das Thema der erbbiologischen Bestandsaufnahme der psychisch Kranken Erfassung kreiste 10 Ausserdem fuhrte Linden als Berliner Anstaltsreferent diverse Inspektionsreisen durch auf denen er wichtige Kontakte zu spateren T4 Oberen wie etwa des Heidelberger Ordinarius fur Psychiatrie Carl Schneider knupfte 11 Ab Februar 1939 war Linden massgeblich in die Planung der Kindereuthanasie einbezogen 12 spatestens ab Ende Juli 1939 war Linden auch an der Vorbereitung der Erwachseneneuthanasie Aktion T4 beteiligt 13 Bei der Auswahl der Totungsanstalt Grafeneck spielte der aus Baden stammende Linden eine Schlusselrolle indem er Grafeneck auf Vorschlag Eugen Stahles mit Viktor Brack inspizierte Kurz darauf wurde Schloss Grafeneck fur die T4 Administration konfisziert 14 Linden war im Januar 1940 bei der Probevergasung in Brandenburg anwesend 15 Fur den Ablauf der damals beginnenden Krankenmorde entscheidend waren die von Linden vorbereiteten und von seinem Vorgesetzten Leonardo Conti versandten Meldebogen zur genauen Erfassung der Kranken zwecks spaterer Ermordung die unter dem RMdI Briefkopf versandt wurden um ihnen amtliches Gewicht zu verleihen 16 Die von den Anstaltsarzten ausgefullten Meldebogen wurden an teilweise von Linden ernannte T4 Gutachter weitergeleitet die nun nach Aktenlage uber Leben und Tod entschieden 17 In Zweifelsfallen fungierte Linden mit dem Medizinischen Leiter T4 zunachst Werner Heyde dann Paul Nitsche als Obergutachter und hatte damit zumindest theoretisch das letzte Wort uber jede einzelne Totung 18 Laut Hartheimer Statistik wurden in den sechs Totungsanstalten Grafeneck Sonnenstein Brandenburg Bernburg Linz und Hadamar 70 273 Menschen ermordet Eine Wiener Krankenschwester die 1940 zu Linden vordrang um gegen die Massenmorde zu protestieren formulierte Herr Dr Linden ein kleiner unscheinbarer Mann war sichtlich uberrascht als ich bei ihm eintrat Ungeheuer liebenswurdig erzahlte er mir von schon verbrachten Zeiten in Wien 19 Auf die Einlassung Linden moge die todlichen Injektionen doch wenigstens vor Ort verabreichen lassen antwortete dieser Aber aber die Leute kriegen doch keine Injektionen das geschieht doch im Grossen 20 Reichsbeauftragter Heil und Pflegeanstalten amp Chef der deutschen Psychiatrie BearbeitenAm 24 August 1941 wurde die Aktion T4 in ihrer bisherigen Form eingestellt 21 Kurz nach dem nur fur Hadamar und Sonnenstein geltenden Stopp in den anderen Anstalten wurden nun KZ Haftlinge ermordet siehe Aktion 14f13 wurde Linden zum Reichsbeauftragten fur die Heil und Pflegeanstalten erhoben Damit war Linden nun auch nominal Chef der deutschen Anstaltspsychiatrie wobei lokalen Anstaltsdezernenten wie etwa Fritz Bernotat aber weiterhin Bedeutung zukam und die Psychiatrischen Universitatskliniken ihre Autonomie behielten Als Reichsbeauftragter Heil und Pflegeanstalten koordinierte Linden gemeinsam mit der Zentraldienststelle T4 die Verwendung des durch die Morde frei gewordenen Anstaltsraums und war parallel an den generellen Planungen fur eine neue Psychiatrie beteiligt 22 Ausserdem war Linden federfuhrend in die Wiederaufnahme der Morde in der Vernichtungsanstalt Hadamar nun allerdings durch todliche Injektionen involviert die im August 1942 erfolgte 23 Historiker Peter Sandner formuliert Zweifellos war Linden eine Schlusselfigur bei der Organisation der Euthanasie ja fur die Zeit 1942 bis 1944 wird man sogar sagen konnen die Schlusselfigur 24 Noch am 2 Juni 1944 schrieb Linden an den T4 Juristen Dietrich Allers Seitens der Anstaltsarzte muss alles getan werden um eine Verringerung des Bestandes an Geisteskranken zu erreichen 25 T4 Reinhardt Netzwerk und Suizid BearbeitenIm Bericht des SS Offiziers Kurt Gerstein wird erwahnt dass sich ein Ministerialrat Dr Herbert Lindner im August 1942 im Vernichtungslager Belzec aufhielt 26 In welcher Verbindung Linden zur Aktion Reinhardt stand ist nicht bekannt die aktuelle geschichtswissenschaftliche Forschung geht aber von der Formation eines T4 Reinhardt Netzwerkes und damit einer fluiden prosopographischen Verflechtung zwischen der Mordadministration T4 und den historischen Akteuren des Holocaust aus Die Grunde nach der Euthanasie auch beim Massenmord an den Juden mitzuarbeiten sind vielfaltig Die Motive lassen sich zwar fur das Taterkollektiv insgesamt eruieren fur die einzelnen T4 Reinhardt Manner jedoch nicht 27 Von Juli 1942 bis 1944 oder 1945 war Linden ehrenamtlicher Beisitzer am Volksgerichtshof und verubte hier aller Wahrscheinlichkeit nach zahllose Justizverbrechen Linden nahm sich am 27 April 1945 in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs in Berlin das Leben 28 Entfernung der Grabplatte und Auflassung des Grabes BearbeitenIm September 2014 wurde bekannt dass Herbert Linden 1946 ein staatliches Opfergrab auf dem Waldfriedhof Berlin Zehlendorf zuerkannt worden war wodurch er nach dem Gesetz uber die Erhaltung der Graber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft ein dauerndes Ruherecht mit einhergehendem Opferstatus genoss Zwei Heimatforscher auf den Missstand aufmerksam geworden forderten vom zustandigen Berliner Bausenator Michael Muller umgehend die Auflassung des Grabes was dessen Verwaltung jedoch ablehnte 29 Kurz darauf entschloss sich die ebenfalls zustandige Bezirksstadtratin Christa Markl Vieto Bezirk Steglitz Zehlendorf die Pflege des Linden Grabes einstellen zu lassen wogegen der Berliner Senat beim Bezirk scharf protestierte 30 Schliesslich liess Markl Vieto das angebliche Opfergrab des NS Taters Herbert Linden auf eigene Verantwortung entfernen 31 Schriften Bearbeitenmit Wilhelm Franke Deutsche Ehegesetzgebung Gesetz zum Schutze der Erbgesundheit des deutschen Volkes vom 18 Oktober 1938 Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre v 15 Sept 1935 Reichsburgergesetz v 15 Sept 1935 nebst Verordnungen Anhang Textausgabe Bertelsmann Bielefeld 1935 erlauterte Textausgabe um 1936 erlauterte Textausgabe 2 Auflage 1937 mit Arthur Julius Gutt und Franz Massfeller Blutschutz und Ehegesundheitsgesetz Lehmanns Munchen 1936 Deutsche Bevolkerungspolitik die Grundlage unserer rassischen Zukunft Volk und Wissen Bd 12 Stenger Erfurt 1938 Literatur BearbeitenGotz Aly Hrsg Aktion T4 1939 1945 Die Euthanasie Zentrale in der Tiergartenstrasse 4 Edition Hentrich Berlin 1989 ISBN 3 926175 43 5 Gotz Aly Die Belasteten Euthanasie 1939 1945 Eine Gesellschaftsgeschichte S Fischer Frankfurt am Main 2013 ISBN 978 3 10 000429 1 Sara Berger Experten der Vernichtung Das T4 Reinhardt Netzwerk in den Lagern Belzec Sobibor und Treblinka Hamburger Edition Hamburg 2013 ISBN 978 3 86854 268 4 Henry Friedlander Der Weg zum NS Genozid Von der Euthanasie zur Endlosung Berlin Verlag Berlin 1997 ISBN 3 8270 0265 6 Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945 Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 2005 ISBN 3 596 16048 0 Peter Sandner Verwaltung des Krankenmordes Der Bezirksverband Nassau im Nationalsozialismus Historische Schriftenreihe des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen Hochschulschriften Band 2 Psychosozial Giessen 2003 ISBN 3 89806 320 8 Anmerkungen Bearbeiten Bundesarchiv BArch R86 409 Bd 347 Restakte Linden Siehe Friedlander Weg S 90 490 Sandner 735 Die NSDAP Mitgliedsnr bei Klaus Dorner Hrsg Der Nurnberger Arzteprozess 1946 47 Wortprotokolle Anklage und Verteidigungsmaterial Quellen zum Umfeld Munchen 1999 Beiband S 118 f Sandner 735 Bundesarchiv BArch R86 409 Bd 347 Restakte Linden Friedlander Weg S 393 f Friedlander Weg S 399 f BArch R 96 I 7 Herbert Linden Deutsche Bevolkerungspolitik die Grundlage unserer rassischen Zukunft In Volk und Wissen Bd 12 Erfurt 1938 Paul Weindling Mustergau Thuringen Rassenhygiene zwischen Ideologie und Machtpolitik In Medizin und Gesundheitspolitik in der NS Zeit Hrsg von Norbert Frei R Oldenbourg Munchen 1991 Schriftenreihe der Vierteljahrshefte fur Zeitgeschichte Sondernummer ISBN 3 486 64534 X S 81 97 hier S 91 Sandner 248 Sandner 311 313 Klee 79 Heyde Anklage S 98 f Sandner 398 Henry Friedlander Der Weg zum NS Genozid Von der Euthanasie zur Endlosung Berlin 1997 ISBN 3 8270 0265 6 S 154 Sandner 373 und 386 Falls sich wie im Fall der Landesheilanstalt Weilmunster einer der Anstaltsdirektoren weigerte die Bogen auszufullen ubte Linden bedeutenden Druck aus um die Informationen zu erlangen Sandner 390 391 Sandner 375 Sandner 395 Ausserdem empfing Linden die zustandigen Landesmedizinalbeamten aus den Regionen um ihnen im Namen des Reichsministeriums des Innern d ie Erstinformation uber die bevorstehenden Krankentotungen zu ubermitteln Sandner 385 Zitiert nach Gotz Aly Hrsg Aktion T4 1939 1945 Die Euthanasie Zentrale in der Tiergartenstrasse 4 Berlin 1989 71 Zitiert nach Gotz Aly Hrsg Aktion T4 1939 1945 Die Euthanasie Zentrale in der Tiergartenstrasse 4 Berlin 1989 71 Sandner 505 Sandner 516 ff Sandner 609 Sandner 627 Linden an Allers 2 Juni 1944 BArch R96 3 RAG Viktor Brack erlauterte in seinem Prozess Linden sei immer dabei bei diesen ganzen Sachen gewesen Sandner 627 http www ns archiv de verfolgung gerstein gerstein bericht php lt Historiker Christopher R Browning beschreibt den Gerstein Report in einer Quellenkritik als unquestionably problematic da teilweise ubertrieben aber in seinen zentralen Aussagen Bezeugung von Morden in Belzec als zutreffend und korrekt Archivierte Kopie Memento des Originals vom 2 Oktober 2014 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot hdot org 10 Juli 2014 Sara Berger Experten der Vernichtung Das T4 Reinhardt Netzwerk in den Lagern Belzec Sobibor und Treblinka Hamburg 2013 395 Standesamt Berlin Zehlendorf Sterbeurkunde 977 vom 11 Mai 1945 Siehe Henry Friedlander S 90 Andreas Kopietz Viel Ehre fur einen Massenmorder in Berlin In Berliner Zeitung 2 September 2014 Andreas Kopietz Senat will NS Grab weiter pflegen In Berliner Zeitung 5 September 2014 Andreas Kopietz Nun soll Gras uber das Massenmordergrab wachsen Kommentar In Berliner Zeitung 12 September 2014Normdaten Person GND 1225890241 lobid OGND AKS VIAF 32384263 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Linden HerbertKURZBESCHREIBUNG deutscher Mediziner Obergutachter der Aktion T4 Reichsbeauftragter fur Pflege und HeilanstaltenGEBURTSDATUM 14 September 1899GEBURTSORT KonstanzSTERBEDATUM 27 April 1945STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Herbert Linden amp oldid 234108609