www.wikidata.de-de.nina.az
Helmut Berve 22 Januar 1896 in Breslau 6 April 1979 in Hechendorf am Pilsensee war ein deutscher Althistoriker dessen Werk von bis heute bedeutenden Forschungsleistungen ebenso gepragt ist wie von seiner nationalsozialistischen Weltanschauung Er lehrte an der Universitat Leipzig 1927 1943 der Ludwig Maximilians Universitat Munchen 1943 1945 und 1949 1954 sowie der Universitat Erlangen 1954 1962 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Schriften Auswahl 3 Literatur 4 Weblinks 5 AnmerkungenLeben BearbeitenHelmut Berve als Sohn des westfalischen Bankiers Emil Berve in Breslau geboren machte 1914 am Elisabet Gymnasium seiner Heimatstadt Abitur und reiste anschliessend nach Italien Als Freiwilliger trat er dem IV Husarenregiment bei und leistete bis 1916 Kriegsdienst Nach seiner Entlassung aus Krankheitsgrunden studierte er ab 1916 Geschichte Klassische Philologie Klassische Archaologie und Kunstgeschichte an der Universitat Breslau unter anderem bei Conrad Cichorius Walter Otto und Ernst Kornemann Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wechselte er an die Universitaten Marburg und Freiburg im Breisgau im Sommersemester 1921 schliesslich an die Universitat Munchen wo er noch im Juli 1921 bei Walter Otto zum Dr phil promoviert wurde Nach einem Semester an der Universitat zu Berlin kehrte Berve nach Munchen zuruck und habilitierte sich dort 1924 mit einer Studie uber prosopographische Untersuchungen zum Hellenismus Zwei Jahre spater publizierte er sein auf der Habilitationsschrift aufbauendes zweibandiges Werk Das Alexanderreich auf prosopographischer Grundlage Wahrend er im ersten Band unterschiedliche Aspekte der Herrschaft Alexanders des Grossen untersuchte erweiterte er im zweiten Band die prosopographischen Studien auf alle Personen im Umfeld des makedonischen Konigs Das Werk gilt heute noch als ein unverzichtbares Grundlagenwerk 1927 folgte Berve einem Ruf auf den Lehrstuhl fur Geschichte an die Universitat Leipzig wo Franz Hampl Alfred Heuss Wilhelm Hoffmann Hans Rudolph und Hans Schaefer zu seinen Studenten zahlten und sich bei ihm habilitierten Berve lehnte die Universalgeschichte im Stil Eduard Meyers ab und befurwortete stattdessen personliche Einfuhlung in bedeutende Personlichkeiten intuitive Schau sowie Volks und Stammesgeschichte 1 Zum 1 Mai 1933 trat Berve der NSDAP bei Mitgliedsnummer 2 993 157 2 Noch im selben Jahr wurde er zum Dekan der Philosophischen Fakultat in Leipzig berufen Im November 1933 unterzeichnete er das Bekenntnis der deutschen Professoren zu Adolf Hitler 3 Von 1940 bis 1943 fungierte er als Rektor der Universitat Leipzig Gemeinsam mit Joseph Vogt leitete er ausserdem den altertumswissenschaftlichen Kriegseinsatz wofur sie unter anderem die Sammelbande Das neue Bild der Antike und Rom und Karthago herausgaben Seit 1934 war Berve Mitherausgeber der Zeitschrift Hermes 1943 nahm Berve einen Ruf nach Munchen als Nachfolger seines verstorbenen Lehrers Walter Otto an Seine Berufung war aber einige Zeit zwischen der Universitat und dem NS Dozentenbund umstritten Insbesondere Reichsdozentenfuhrer Walther Schultze setzte sich fur die seiner Ansicht nach wissenschaftlich und weltanschaulich geeigneteren Fritz Schachermeyr und Franz Miltner ein Stefan Rebenich konstatiert dass Berve zwar dem Amt Rosenberg als politisch unzuverlassig galt und Gegner im Munchner Dozentenbund hatte aber in Heinrich Harmjanz einen einflussreichen Gonner im Reichsministerium fur Wissenschaft Erziehung und Volksbildung der seine Berufung schliesslich durchsetzte Berve sei von der Rivalitat unterschiedlicher Institutionen im nationalsozialistischen Wissenschaftsbetrieb betroffen gewesen habe aber auch erfolgreich die traditionelle Autonomie der Hochschule gegen parteipolitische Infiltration verteidigt 4 Am 6 Februar 1943 heiratete er in zweiter Ehe seine Schulerin Anna Elisabeth Glauning 1910 1987 die 1936 bei ihm promoviert hatte 5 Zwischen 1933 und 1945 propagierte Berve in zahlreichen Schriften die Einbindung der Altertumswissenschaften in das nationalsozialistische Weltbild In seiner Forschung idealisierte Berve zum Beispiel die Kriegergemeinschaft Spartas und scheute auch vor rassistischen Ansatzen und der Betrachtung des Herrentums des antiken Adels nicht zuruck Besonders deutlich wurde seine Nahe zum nationalsozialistischen Weltbild in seinen Betrachtungen zur vermeintlichen Verschmelzungspolitik Alexanders des Grossen 6 Infolge seiner politischen Vergangenheit als nationalsozialistischer Aktivist wurde er nach Ende des Zweiten Weltkriegs im Dezember 1945 durch die amerikanische Militarregierung aus dem Hochschuldienst entlassen 7 In der Sowjetischen Besatzungszone wurden Berves Schriften Thukydides 1938 und Imperium Romanum 1943 auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt 8 Berve ist ein besonders prominentes Beispiel fur die zahlreichen aufgrund ihrer Rolle wahrend der NS Zeit hochbelasteten Wissenschaftler die ihre Karriere nach 1945 mehr oder weniger ungehindert fortsetzen konnten ohne sich je eindeutig von ihrer Vergangenheit distanziert zu haben Im Marz 1948 wurde Berve in einem Spruchkammerverfahren als Aktivist und belastet eingestuft erreichte aber im Juli des Jahres in einem Revisionsverfahren seine Einstufung als Mitlaufer Er wurde im Februar 1949 wieder in die Bayerische Akademie der Wissenschaften aufgenommen und erhielt im Mai 1949 seine Venia legendi zuruck Da sein fruherer Lehrstuhl inzwischen mit Alexander Schenk Graf von Stauffenberg besetzt war wurde Berve zum ausserplanmassigen Professor ernannt und lehrte in den folgenden Jahren in Munchen sowie an der Philosophisch Theologischen Hochschule in Regensburg 1954 erhielt Berve abermals einen Ruf als Professor fur Alte Geschichte an die Universitat Erlangen wo unter anderem Peter Robert Franke Franz Kiechle Edmund Buchner Eckart Olshausen und Michael Worrle bei ihm studierten Noch 1950 1951 publizierte er in zweiter nur geringfugig revidierter Auflage seine von der Rassenideologie gepragte Griechische Geschichte Erstausgabe 1931 1933 Das war kein Hinderungsgrund ihn zum Vorsitzenden der Kommission fur Alte Geschichte und Epigraphik des Deutschen Archaologischen Instituts zu machen der wohl einflussreichsten Forschungsinstitution der Alten Geschichte in Deutschland uberhaupt Dieses Amt bekleidete er von 1960 bis 1967 Die hohe wissenschaftliche Qualitat gerade seiner jungeren Arbeiten wurde auch von Kritikern anerkannt Berve erhielt daher ungeachtet seiner allgemein bekannten NS Vergangenheit zahlreiche akademische Ehrungen war Ehrendoktor der Universitat Athen ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz Obwohl besonders seine fruheren Arbeiten heute aufgrund seiner Sympathie fur den Nationalsozialismus sehr kritisch gesehen werden enthalten sie doch zugleich auch wichtige noch immer gultige Erkenntnisse und sein 1967 veroffentlichtes zweibandiges Handbuch zur Tyrannis bei den Griechen gilt ebenso wie Das Alexanderreich auf prosopographischer Grundlage nach wie vor vielen als grundlegendes Standardwerk zu diesem Thema Schriften Auswahl BearbeitenDas Alexanderreich auf prosopographischer Grundlage 2 Bande Bd 1 Darstellung Bd 2 Prosopographie Beck Munchen 1926 Griechische Geschichte Geschichte der fuhrenden Volker Bd 4 5 ZDB ID 974414 9 2 Bande Bd 1 Von den Anfangen bis Perikles Bd 2 Von Perikles bis zur politischen Auflosung Herder Freiburg Breisgau 1931 1933 mehrere Auflagen Kaiser Augustus Insel Bucherei Bd 444 Insel Verlag Leipzig 1934 Sparta Meyers kleine Handbucher Bd 7 ZDB ID 991000 1 Bibliographisches Institut Leipzig 1937 Miltiades Studien zur Geschichte des Mannes und seiner Zeit Hermes Einzelschriften 2 Weidmann Berlin 1937 Thukydides Auf dem Wege zum nationalpolitischen Gymnasium Heft 5 ZDB ID 1008974 3 Diesterweg Frankfurt am Main 1938 Imperium Romanum Schriftenreihe der Deutsch Italienischen Gesellschaft Leipzig Nr 1 Koehler amp Amelang Leipzig 1942 Dion Abhandlungen der geistes und sozialwissenschaftlichen Klasse der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz Jahrgang 1956 Nr 10 Steiner Wiesbaden 1957 Gestaltende Krafte der Antike Aufsatze zur griechischen und romischen Geschichte Beck Munchen 1949 2 Auflage ebenda 1966 Die Tyrannis bei den Griechen 2 Bande Bd 1 Darstellung Bd 2 Anmerkungen Beck Munchen 1967 Literatur BearbeitenKarl Christ Helmut Berve 1896 1979 In Karl Christ Neue Profile der Alten Geschichte Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1990 ISBN 3 534 10289 4 S 125 187 Karl Christ Klios Wandlungen Die deutsche Althistorie vom Neuhumanismus bis zur Gegenwart C H Beck Munchen 2006 ISBN 3 406 54181 X S 59 65 Linda Marie Gunther Helmut Berve Professor in Munchen 6 3 1943 12 12 1945 In Jakob Seibert Hrsg 100 Jahre Alte Geschichte an der Ludwig Maximilians Universitat Munchen 1901 2001 Duncker und Humblot Berlin 2002 ISBN 3 428 10875 2 S 69 105 Jula Kerschensteiner Die Chronik des Seminars fur Klassische Philologie der Universitat Munchen in den Kriegsjahren 1941 1945 In Eikasmos Band 4 1993 S 71 74 Stefan Rebenich Alte Geschichte in Demokratie und Diktatur Der Fall Helmut Berve In Chiron Band 31 2001 S 457 496 online Jasmin Welte Helmut Berve und die Alte Geschichte Eine deutsche Biographie Antike nach der Antike Band 3 Schwabe Basel Berlin 2023 ISBN 978 3 7965 4850 5 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Helmut Berve im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Helmut Berve im Professorenkatalog der Universitat Leipzig Nachlass in der Bayerischen StaatsbibliothekAnmerkungen Bearbeiten Stefan Rebenich Alte Geschichte in Demokratie und Diktatur Der Fall Helmut Berve In Chiron 31 2001 S 466 online Bundesarchiv R 9361 IX KARTEI 2731528 Stefan Rebenich Alte Geschichte in Demokratie und Diktatur Der Fall Helmut Berve In Chiron 31 2001 S 470 Stefan Rebenich Alte Geschichte in Demokratie und Diktatur Der Fall Helmut Berve In Chiron 31 2001 S 480 482 Stefan Rebenich Alte Geschichte in Demokratie und Diktatur Der Fall Helmut Berve In Chiron 31 2001 S 477 Anm 107 Helmut Berve Die Verschmelzungspolitik Alexanders des Grossen In Klio 31 1938 S 135 168 Jakob Seibert Vom Seminar zum Seminar In Derselbe Hrsg 100 Jahre Alte Geschichte an der Ludwig Maximilians Universitat Munchen 1901 2001 Ludovico Maximilianea Forschungen und Quellen Band 19 Duncker amp Humblot Berlin 2002 ISBN 3 428 10875 2 S 23 39 hier S 24 http www polunbi de bibliothek 1946 nslit b htmlInhaber der Lehrstuhle und Professuren fur Alte Geschichte an der Universitat Leipzig Lehrstuhl Erste Professur Ludwig Lange 1871 1885 Curt Wachsmuth 1886 1905 Ulrich Wilcken 1906 1912 Karl Julius Beloch 1912 1913 Johannes Kromayer 1913 1927 Helmut Berve 1927 1943 Wilhelm Schubart 1946 1952 Rigobert Gunther 1965 1992 Charlotte Schubert 1993 2021 Honorarprofessor fur Papyrologie Reinhold Scholl seit 1993 Professor fur Antike Bildungsgeschichte Ernst Bux 1948 1951 Ausserordentliche Ausserplanmassige Professuren Victor Gardthausen 1877 1921 Eduard Meyer 1885 Conrad Cichorius 1895 1900 Otto Theodor Schulz 1920 1954 Gottfried Hartel 1976 1990 Inhaber der Lehrstuhle fur Alte Geschichte an der Ludwig Maximilians Universitat Erster Lehrstuhl Robert Pohlmann 1901 1914 Ulrich Wilcken 1915 1917 Walter Otto 1918 1941 Helmut Berve 1943 1945 Alexander Schenk Graf von Stauffenberg 1948 1964 Hermann Bengtson 1966 1977 Hatto H Schmitt 1978 1998 Martin Zimmermann seit 2002 Zweiter Lehrstuhl Siegfried Lauffer 1963 1979 Christian Meier 1981 1997 Jens Uwe Krause seit 1998 Inhaber der Professuren fur Alte Geschichte an der Universitat Erlangen Lehrstuhl Robert von Pohlmann 1884 1901 Walther Judeich 1901 1907 Adolf Schulten 1907 1935 Wilhelm Ensslin 1936 1943 Johannes Straub 1948 1953 Helmut Berve 1954 1962 Friedrich Vittinghoff 1962 1966 Robert Werner 1968 1989 Andreas Mehl 1989 1992 Ralf Urban 1995 2009 Hans Ulrich Wiemer seit 2010 Professur Gerhard Wirth 1969 1978 Hans Klees 1978 1993 Peter Hogemann 1993 2006 Andreas Luther 2006 2008 Boris Dreyer seit 2010 Normdaten Person GND 118942298 lobid OGND AKS LCCN no2003127687 VIAF 109538664 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Berve HelmutKURZBESCHREIBUNG deutscher AlthistorikerGEBURTSDATUM 22 Januar 1896GEBURTSORT BreslauSTERBEDATUM 6 April 1979STERBEORT Hechendorf am Pilsensee Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Helmut Berve amp oldid 236887672