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Das Geissenklosterle ist ein Abri im Achtal Die Halbhohle liegt sudlich von Weiler einem Ortsteil von Blaubeuren im Alb Donau Kreis in Baden Wurttemberg In ihr wurden bedeutende archaologische Funde des Jungpalaolithikums gemacht darunter die alteste menschliche Darstellung und eines der altestesten erhaltenen Musikinstrumente 2017 wurde sie als Bestandteil der Weltkulturerbestatte Hohlen und Eiszeitkunst der Schwabischen Alb in das UNESCO Welterbe aufgenommen GeissenklosterleHohle Geissenklosterle September 2004 Hohle Geissenklosterle September 2004 Lage Schwabische Alb DeutschlandHohe 584 m u NNGeographischeLage 48 23 54 N 9 46 20 O 48 398333 9 772222 584 Koordinaten 48 23 54 N 9 46 20 OGeissenklosterle Baden Wurttemberg Katasternummer 7624 15Typ Karsthohle Inhaltsverzeichnis 1 Geologie 2 Archaologische Ausgrabungen 3 Archaologische Zeitschichten 3 1 Mittelpalaolithikum 3 2 Aurignacien 3 2 1 Figurliche Kleinkunst 3 2 2 Floten aus Knochen und Elfenbein 3 2 3 Bemalte Steine 3 3 Gravettien 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeologie Bearbeiten nbsp Geissenklosterle im Bruckfelsmassiv Achtal nbsp Blick vom Fussweg hinauf zum Geissenklosterle Die Grabungsflache ist durch ein Gitter geschutzt source source source source source source source source Das GeissenklosterleDas Geissenklosterle ist Teil einer Fundlandschaft im heutigen Blau und Achtal wo sich im Pleistozan am Sudrand der Schwabischen Alb ein tiefes Tal in die Juraformationen gegraben hat Dadurch wurden einige Hohlraume des Karstsystems angeschnitten Viele der so entstandenen Hohlen des Achtals wurden schon von Neandertalern des Mittelpalaolithikums als Lagerplatz genutzt neben dem Geissenklosterle auch in der Brillenhohle und der Grossen Grotte bei Blaubeuren Andere wie der nahe gelegene Hohle Fels weisen mehrfache intensive Besiedlungsphasen durch den anatomisch modernen Menschen Homo sapiens auf Das Geissenklosterle liegt heute etwa 60 m uber der Talsohle Der Eingang ist durch zwei vorspringende Felswande geschutzt Archaologische Ausgrabungen BearbeitenDas Geissenklosterle wurde 1957 vom vierzehnjahrigen Reiner Blumentritt als archaologische Fundstelle entdeckt Der damalige Schuler grub danach mit dem Tubinger Prahistoriker Gustav Riek zunachst in der Brillenhohle im Achtal 1963 fuhrte Riek eine erste Sondage im mittleren Hohlenbereich durch 1973 leitete Eberhard Wagner Archaologe beim Landesdenkmalamt Baden Wurttemberg eine weitere Sondage im Geissenklosterle die den von Riek bereits begonnenen Graben bis zur Felswand weiterfuhrte Zusammen mit Joachim Hahn Universitat Tubingen begann er 1974 die systematische Ausgrabung im Geissenklosterle Diese wurde in zahlreichen Kampagnen bis 1991 unter der Leitung Hahns fortgesetzt Nach dessen Tod wurden die Ausgrabungen in den Jahren 2001 und 2002 durch Nicholas Conard und Hans Peter Uerpmann vom Institut fur Urgeschichte der Universitat Tubingen fortgefuhrt und im Jahre 2002 vorlaufig abgeschlossen 1 Die Grabungen bis 1983 wurden in einer Monographie vorgelegt die vor allem Funde des Aurignacien vorstellte 2 Ein besonderes Augenmerk galt dabei der Schichtgenese innerhalb der Hohle Es konnten innerhalb des Aurignacien sechs Fundhorizonte innerhalb des Gravettien sieben Fundhorizonte unterschieden werden Sie reprasentieren jedoch keine Nutzungsphasen sondern entstanden durch naturliche Prozesse Archaologische Zeitschichten BearbeitenFolgende stratigraphische Abfolge wurde festgestellt in der Auflistung vom alteren zum jungeren Mittelpalaolithikum AH IV VI vor 300 000 200 000 bis 40 000 Jahren Aurignacien AH II AH III vor 40 000 bis 31 000 Jahren Gravettien AH Ic Ip vor 30 500 bis 22 000 Jahren Magdalenien AH Io 18 000 12 000 v Chr Mesolithikum AH In 9 600 4 500 v Chr Eisenzeit Mittelalter Mittelpalaolithikum Bearbeiten In den letzten Grabungsjahren von 2000 bis 2002 wurden die basalen Schichten des Mittelpalaolithikums untersucht Es konnten drei archaologische Horizonte unterschieden werden AH IV bis VI die den geologischen Schichten GH 18 20 entsprechen Zwischen dem untersten Aurignacien Horizont und den Schichten des Mittelpalaolithikums gab es eine weitgehend fundleere Schicht GH 17 die durch Glimmer und grobklastischen Kalkschutt charakterisiert ist 3 Holzkohlen weisen auf die Nutzung von Feuer hin doch fehlen ausgepragte Brandschichten Aurignacien Bearbeiten Nachweisbar ist ein Aufenthalt kleiner Gruppen von Menschen wahrend der letzten Wurmeiszeit ungefahr zwischen 43 000 und 32 000 Jahren vor heute Das Herstellen von Steinwerkzeugen das Verarbeiten von Knochen Geweih und Elfenbein zu Gebrauchs Schmuck oder Kunstgegenstanden oder das Behandeln von Tierhauten in der Hohle wurden nachgewiesen Eventuell wurden einige der Gegenstande hier nicht nur hergestellt und benutzt sondern auch deponiert Reste von Brandstellen weisen darauf hin dass die mit Knochen geschurten Feuer nicht nur zur Nahrungszubereitung sondern auch zur Erwarmung als Lichtquelle sowie als Schutz und Arbeitshilfsmittel gedient haben Die Rohmaterialversorgung mit Jaspis Hornstein erfolgte wohl vorrangig aus der Umgebung gebanderter Jaspis verweist allerdings auf Verbindungen der Bewohner in den bayerischen Raum Figurliche Kleinkunst Bearbeiten Weltweite Bedeutung erlangte das Geissenklosterle durch die Schnitzereien aus Mammutelfenbein die zu den altesten figurlichen Darstellungen der Menschheit gehoren ebenso wie die Funde aus dem nahe gelegenen Hohlefels und der Vogelherdhohle im Lonetal nbsp Adorant 40 000 Jahre altBesonders bemerkenswert ist das Halbrelief einer mannlichen Person mit erhobenen Armen der offenbar eine rituelle Handlung ausfuhrt Adorant Der Betende 4 nbsp MammutDas vollplastische Mammut konnte aus 40 Fragmenten zusammengesetzt werden sechs weitere Bruchstucke vom Kopf Oberschenkel und der Flanke lassen sich nicht mehr anpassen Trotz langsverlaufender Bruchstruktur lasst sich die Anmut und Genauigkeit der Darstellung ablesen Reste von Rotel konnten von einer Verzierung mit roter Farbe stammen Die Mammutfigur ist in der Schausammlung im Alten Schloss von Stuttgart ausgestellt nbsp HohlenbarDer aufrecht stehende Hohlenbar vom Geissenklosterle ebenfalls prasentiert im Landesmuseum Wurttemberg Floten aus Knochen und Elfenbein Bearbeiten nbsp Nachbildung der Flote 1Siehe auch Aurignacien Floten aus Knochen und Elfenbein und Knochenflote Im Geissenklosterle wurde eine 12 6 cm lange Schwanenknochenflote Flote 1 aus dem Radius eines Singschwans im Jahre 1990 gefunden Flote 1 5 Ausserdem wurde von Hahn und Munzel eine zweite sehr fragmentarische Vogelknochen Flote Flote 2 vorgelegt Beide Exemplare stammen aus dem Archaologischen Horizont II Oberes Aurignacien und zeigen sorgfaltig angelegte Kerben und flach geschnittene Grifflocher die eine eindeutige Interpretation der Funde als Floten ermoglichen Spater wurde eine weitere Flote Flote 3 aus dem Geissenklosterle identifiziert die aus zwei ausgehohlten Mammutelfenbeinspanen hergestellt und dann zusammengeklebt wurde 6 Wie die beiden Vogelknochenfloten wurde auch diese aus dem oberen Aurignacien Schichtkomplex AH II geborgen Ein Teil der Flote 3 war von Hahn bereits 1988 als mit einer Kerbreihe verziertes Elfenbeinstabfragment veroffentlicht worden konnte aber wegen fehlender Teile noch nicht als Flote identifiziert werden 7 Neuere Forschungsergebnisse ergaben fur diese Floten ein Alter von etwa 42 000 bis 43 000 Jahren was sie damit zu den zweitaltesten bekannten Musikinstrumenten nach der Flote von Divje babe macht 8 9 Flote 2 sowie Flote 3 sind im Urgeschichtlichen Museum Blaubeuren zu sehen Bemalte Steine Bearbeiten Neben den figurlichen Kleinkunstwerken gibt es in Aurignacien Schichten des Geissenklosterles mehrere Steine mit Farbauftragen In seiner Bedeutung als Kleinkunstwerk ragt ein dreifarbig schwarz rot und gelb bemaltes Kalksteinstuck aus der Aurignacien Schicht IIb heraus 10 Die roten Farbauftrage bestehen aus Hamatit die gelben aus Limonit Gelbe Ockerstucke wurden in denselben Schichten auch als mineralische Uberreste gefunden so dass die Verbindung zu den regelmassigen Pigmentauftragen gesichert ist Der bemalte Stein ist mit einem Alter von circa 35000 Jahren der Alteste aus der Region Zusammen mit funf weiteren bemalten Steinen die aus dem Hohlen Fels stammen ist er im Urgeschichtlichen Museum Blaubeuren ausgestellt Gravettien Bearbeiten Mehrere Feuerstellen wurden gefunden eine grosse im nordlichen geschutzten Bereich eine kleine im sudlichen offenen Hohlenbereich Die Nutzung erfolgte wohl im Fruhjahr Siehe auch BearbeitenUrgeschichte Baden Wurttembergs Hohlen der altesten EiszeitkunstLiteratur BearbeitenHans Binder Herbert Jantschke Hohlenfuhrer Schwabische Alb Hohlen Quellen Wasserfalle 7 vollig neu bearbeitete Auflage DRW Verlag Leinfelden Echterdingen 2003 ISBN 3 87181 485 7 S 212 213 Thomas Higham Laura Basell Roger Jacobi et al Testing models for the beginnings of the Aurignacian and the advent of figurative art and music The radiocarbon chronology of Geissenklosterle In Journal of Human Evolution Band 62 Nr 6 2012 S 664 676 doi 10 1016 j jhevol 2012 03 003 Luc Moreau Geissenklosterle Das Gravettien der Schwabischen Alb im europaischen Kontext Kerns Tubingen 2009 ISBN 978 3 935751 11 7 Eberhard Wagner Eiszeitjager im Blaubeurener Tal Fuhrer zu arch Denkm Bad Wurtt Band 6 Theiss Stuttgart 1979 ISBN 3 8062 0225 7 Urgeschichte in Oberschwaben und der mittleren Schwabischen Alb Zum Stand neuerer Untersuchungen der Steinzeit Archaologie Arch Inform Bad Wurtt Band 17 Stuttgart 1991 ISBN 3 927714 09 7 Michael Zick Die ersten Kunstler In Abenteuer Archaologie Nr 1 Spektrum Heidelberg 2006 S 28ff ISSN 1612 9954 Joachim Hahn Eine auragnicienzeitliche Menschendarstellung aus dem Geissenklosterle bei Blaubeuren Alb Donau Kreis In Denkmalpflege in Baden Wurttemberg 9 Jg Heft 2 1980 S 56ff PDF Georg Hiller Stefanie Kolbl Hrsg Welt Kult Ur Sprung Jan Thorbecke Verlag Ulm 2016 ISBN 978 3 7995 1168 1 zur Eiszeitkunst der Alb deutsch und englisch Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Geissenklosterle Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Das Geissenklosterle0 www urgeschichte uni tuebingen de Memento Geissenklosterle Urgeschichtliches Museum Blaubeuren Datenauswertebogen und Karte im Steckbrief des flachenhaften Naturdenkmals im Schutzgebietsverzeichnis der Landesanstalt fur Umwelt Baden Wurttemberg Geissenklosterle Geotop SteckbriefEinzelnachweise Bearbeiten Nicolas Conard Maria Malina Abschliessende Ausgrabungen im Geissenklosterle bei Blaubeuren Alb Donau Kreis In Archaologische Ausgrabungen in Baden Wurttemberg 2002 Theiss Stuttgart 2003 S 17 21 ISSN 0724 8954 Joachim Hahn Die Geissenklosterle Hohle im Achtal bei Blaubeuren Fundhorizontbildung und Besiedlung im Mittelpalaolithikum und im Aurignacien Forschungen und Berichte zur Vor und Fruhgeschichte in Baden Wurttemberg Band 26 Theiss Stuttgart 1988 ISBN 3 8062 0794 1 N J Conard M Malina Neue Ausgrabungen in den untersten Schichten des Aurignacien und des Mittelpalaolithikums im Geissenklosterle bei Blaubeuren In Archaologische Ausgrabungen in Baden Wurttemberg 2001 Theiss Stuttgart 2002 S 16 21 Adorant Show Caves Joachim Hahn Susanne Munzel Knochenfloten aus dem Aurignacien des Geissenklosterle bei Blaubeuren Alb Donau Kreis In Fundberichte aus Baden Wurttemberg Band 20 1995 S 1 12 Nicholas J Conard Maria Malina Susanne C Munzel Friedrich Seeberger Eine Mammutelfenbeinflote aus dem Aurignacien des Geissenklosterle In Archaolog Korrespondenzblatt 34 2004 S 447 ff Joachim Hahn Die Geissenklosterle Hohle im Achtal bei Blaubeuren I Fundhorizontbildung und Besiedlung im Mittelpalaolithikum und im Aurignacien In Forsch u Ber z Vor und Fruhgesch in Baden Wurttemberg Band 26 Stuttgart 1988 Alteste Kunst noch alter Pressemitteilung der Uni Tubingen 25 Mai 2012 idw online vom 24 Mai 2012 Alteste Kunst noch alter Earliest music instruments found Webseiten der BBC abgerufen 25 Mai 2012 Wissenschaftliche Originalveroffentlichung Thomas Higham Laura Basell Roger Jacobic Rachel Wood Christopher Bronk Ramsey Nicholas J Conard Testing models for the beginnings of the Aurignacian and the advent of figurative art and music The radiocarbon chronology of Geissenklosterle In Journal of Human Evolution 8 Mai 2012 doi 10 1016 j jhevol 2012 03 003 englisch online abgerufen am 25 Mai 2012 kostenpflichtiger Inhalt Harald Floss u a Lascaux auf der Alb Hinweise auf Hohlenkunst im deutschen Sudwesten In Eiszeit Kunst und Kultur Thorbecke 2009 ISBN 978 3 7995 0833 9 S 303 306 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Geissenklosterle amp oldid 233426639