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Der Gangesgavial auch Gharial oder Echter Gavial Gavialis gangeticus ist der einzige heute noch lebende rezente Vertreter der Gattung Gavialis innerhalb der Krokodile Crocodylia Die heute nur noch in Nepal und im Norden Indiens lebenden Populationen sind stark bedroht critically endangered und daher auf der Roten Liste gefahrdeter Arten der Weltnaturschutzunion IUCN aufgefuhrt 1 GangesgavialGangesgavial Gavialis gangeticus Systematikohne Rang Sauropsidaohne Rang ArchosauriaOrdnung Krokodile Crocodylia Familie Gaviale Gavialidae Gattung Echte GavialeArt GangesgavialWissenschaftlicher Name der GattungGavialisOppel 1811Wissenschaftlicher Name der ArtGavialis gangeticus Gmelin 1789 Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Verbreitung und Habitat 3 Lebensweise 4 Systematik und Fossilbericht 5 Bedrohung 6 Schutz 7 Sonstiges 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseMerkmale Bearbeiten nbsp Mannlicher Gangesgavial gut zu erkennen die Verdickung am Schnauzenende Gaviale konnen bis zu sechs Meter lang werden aber solch grosse Individuen sind heute nicht mehr bekannt Charakteristisch fur die Art ist ihre lange schmale Schnauze die mit fortschreitendem Alter dicker und im Verhaltnis zum Korper kurzer wird Bei ausgewachsenen mannlichen Tieren wachst eine knollenformige Verdickung auf der Schnauzenspitze die Ghara genannt wird nach dem indischen Wort fur Topf Die mannlichen Tiere schnauben durch die darunter liegenden Nasenlocher ein Zischen aus das durch diese Verdickung modifiziert und verstarkt wird Der resultierende Laut kann an einem ruhigen Tag knapp einen Kilometer weit gehort werden Aufgrund dieser Ghara sind Gaviale die einzigen Krokodile die sichtbar sexuell dimorph sind 2 Eine Vielzahl von schmalen Zahnen stehen im Ober und Unterkiefer versetzt zueinander und greifen bei geschlossenem Maul ineinander Die Farbung der Tiere variiert von einem hellen olivgrun bis zu einem hellbraun der Rucken und der Schwanz sind mit dunkleren Banden und Flecken gezeichnet Die Beine sind sehr schmal und eher schwach gebaut dafur jedoch mit grossen Schwimmhauten besonders an den Hinterbeinen bestuckt Das Hauptmerkmal der fossilen und rezenten Gaviale der Gattung Gavialis ist die Konfiguration der Knochen im vorderen Bereich des Schadels Dabei steht anders als bei den anderen Krokodilen das Nasenbein Nasalia nicht mit dem Pramaxillare in Kontakt Bei den anderen fossilen Gavialgattungen tritt dieses Merkmal hingegen mit Ausnahme von Hesperogavialis nicht auf 3 4 Verbreitung und Habitat Bearbeiten nbsp Ehemaliges Verbreitungsgebiet nbsp Verbreitungsgebiet im Jahr 2019Einst lebten Gangesgaviale in allen grossen Flussen des nordlichen indischen Subkontinents vom Indus in Pakistan uber die Tiefebene des Ganges bis hin zum Irrawaddy in Myanmar Heute kommen sie jedoch nur noch in 2 ihres fruheren Verbreitungsgebietes vor in Indien gibt es kleine Populationen in den Flussen der Schutzgebiete von National Chambal Sanctuary Katarniaghat Sanctuary Son River Sanctuary und im Monsunwald Biom von Mahanadi im Satkosia Gorge Sanctuary in Orissa wo sie sich aber offenbar nicht vermehren 5 in Nepal gibt es kleine Populationen die sich langsam in den Nebenflussen des Ganges erholen wie in den Flusssystemen des Narayani Rapti im Chitwan Nationalpark und des Karnali Babai im Bardia Nationalpark 6 7 Am Indus am Brahmaputra in Bhutan und Bangladesch sowie am Irrawaddy in Myanmar sind sie ausgestorben 2 Das Verbreitungsgebiet des Gangesgavials uberlappt mit dem des Sumpfkrokodils Crocodylus palustris Im Delta des Irrawaddy uberlappte es mit dem des Salzwasserkrokodils Crocodylus porosus Wahrend Sumpfkrokodile auch in stehenden Gewassern wie Altarmen und Teichen vorkommen sind Gangesgaviale offenbar besser an die tiefen und schnell fliessenden Flusse angepasst die dem Himalaya entspringen 8 Zum Sonnenbaden bevorzugen sie grosse Sandbanke ohne Vegetation und vermeiden grasbewachsene und felsige Ufer 9 10 Lebensweise BearbeitenVon allen rezenten Krokodilen sind Gangesgaviale am starksten an den Lebensraum Wasser gebunden Ihre Beine sind schwach und fur die Fortbewegung an Land kaum geeignet Dagegen kommen sie durch Einsatz ihres kraftigen hohen seitlich abgeflachten Ruderschwanzes im Wasser schnell voran und sind in dieser Umgebung ausgesprochen mobil Sie schleppen sich lediglich aus dem Wasser um sich auf trockenliegenden Sandbanken zu sonnen Nester fur ihre Gelege zu bauen und Eier zu legen 11 Gangesgaviale ernahren sich vorwiegend von Fisch Ihre Schnauze Rostrum ist wie eine lange Fischreuse ausgebildet Einige ausgewachsene Individuen sind aber in der Narayani beim Erbeuten von Wildenten beobachtet worden Dort erfolgt im Fruhjahr von Ende Marz bis Mitte April die Eiablage Hierfur graben die Weibchen auf den Sandbanken Nester wobei sich mehrere Weibchen eine Sandbank teilen Ein Weibchen legt im Schnitt 35 Eier 12 Angriffe auf Menschen sind bislang nicht glaubhaft beschrieben worden Funde von menschlichen Gebrauchsgegenstanden oder Schmuck in ihren Magen werden haufig als Indizien dafur genutzt dass sie Menschen anfallen oder die zum Begrabnis den Flussen ubergebenen Leichen fressen Wahrscheinlich nehmen sie die Gegenstande aber gemeinsam mit anderen harten Materialien als Magensteine sekundar auf Systematik und Fossilbericht BearbeitenDer Gangesgavial Gavialis gangeticus ist das Typustaxon der Familie Gavialidae und gilt traditionell als einzige uberlebende Art dieser Familie Der in Malaysia und im Westen Indonesiens beheimatete Sundagavial Tomistoma schlegelii wird traditionell nicht als enger Verwandter des Gangesgavials betrachtet sondern zu den Echten Krokodilen Crocodylidae gestellt und daher auch als Falscher Gavial bezeichnet 13 Die Ergebnisse molekulargenetischer Untersuchungen der Stammesgeschichte der Krokodile sprechen jedoch dafur dass der Sundagavial enger mit dem Gangesgavial verwandt ist als mit allen anderen rezenten Krokodilen und daher ebenfalls zu den Gavialiden gehort 14 15 Die Gavialidae sind eine der drei rezenten Familien der Krokodile Crocodylia Innerhalb der Krokodile galten sie traditionell als eher entfernt sowohl mit Echten Krokodilen Crocodylidae als auch mit Alligatoren und Kaimanen Alligatoridae verwandt Aber auch hier liefern Analysen die auf molekularen Daten fussen andere Ergebnisse Demnach sind die Gavialiden naher mit den Crocodyliden als mit den Alligatoriden verwandt 15 Fossilfunde von Gavialiden gibt es ab dem Miozan aus Nord und Sudamerika Afrika und Asien Hierzu gehoren unter anderem die Arten der Gattung Rhamphosuchus aus dem Pliozan Indiens Folgende fossile Arten der Gattung Gavialis sind bekannt nach Velez Juarbe Brochu amp Santos 2007 16 Brochu amp Storrs 2012 17 amp Martin amp Kollegen 18 Gattung Gavialis Oppel 1811 Gavialis bengawanicus Dubois 1908 Gavialis lewisi Lull 1944 Gavialis browni Mook 1932 Gavialis breviceps Pilgrim 1912 Gavialis curvirostris Lydekker 1886 Gavialis hysudricus Lydekker 1886 Gavialis pachyrhynchus Lydekker 1886 Gavialis leptodus Cautley amp Falconer 1836Bedrohung BearbeitenNach Angaben der IUCN geht der Bestand der Gangesgaviale seit 1946 drastisch zuruck Nach vorsichtigen Schatzungen schrumpfte die Gesamtpopulation in nur 60 Jahren in einem Zeitraum von drei Generationen um 96 bis 98 von wahrscheinlich 5 000 bis 10 000 Tieren in den 1940ern auf weniger als 200 Von geschatzten 436 Tieren im Jahr 1997 waren im Jahr 2006 nur noch 182 Tiere ubrig was einem Ruckgang der Population um 58 in nur neun Jahren entspricht 1 Die Ursachen fur den drastischen Ruckgang der Individuenzahlen sind vielfaltig Sie wurden wegen ihrer Haut bejagt ihre Korperteile wurden zu naturmedizinischen Praparaten verarbeitet und ihre Gelege wurden geplundert weil die Eier als Delikatesse galten Auch Fischer stellten ihnen nach und toteten sie da sie die Grossreptilien als Konkurrenten um Speisefische betrachteten Heute wird die Jagd nicht mehr als eine wesentliche Bedrohung angesehen Hingegen fuhrten die Anlage von Staudammen Bewasserungskanalen damit zusammenhangende Trockenlegungen und Verschlammung aber auch die Anderung und Begradigung von Flusslaufen kunstliche Eindeichung und extensive Landwirtschaft verbunden mit Nutztierhaltung in Flussnahe zu einem exzessiven und irreversiblen Verlust ihrer naturlichen Lebensraume Alleine im Flussgebiet des Chambal sind bis zur Jahrtausendwende 276 Bewasserungsprojekte dokumentiert Diese Bedrohung nimmt weiter zu und geht einher mit dem Ruckgang weiterer in diesen Biotopen ansassigen Arten wie Gangesdelfin Platanista gangetica Gangeshai Glyphis gangeticus Sumpfkrokodil Crocodylus palustris Hilsa Hilsa illisha dem Nationalfisch von Bangladesch sowie vielen anderen Arten von Fischen und Wasservogeln 1 Schutz Bearbeiten nbsp Gavial in einem Zoo in FloridaSeit 2007 ist die Art als vom Aussterben bedroht in der Roten Liste gefahrdeter Arten der IUCN aufgefuhrt und im Rahmen des Washingtoner Artenschutzubereinkommens im Anhang I geschutzt In Indien und Nepal laufen Schutzprogramme die das Uberleben des Gangesgavials in seinem naturlichen Lebensraum zum Ziel haben Im indischen National Chambal Sanctuary in Uttar Pradesh und im Gharial Breeding Centre in Nepal s Chitwan Nationalpark werden Eier ausgebrutet und Gaviale bis zu einem durchschnittlichen Alter von zwei bis drei Jahren aufgezogen Wenn sie eine Lange von etwa einem Meter erreicht haben werden sie in geschutzte Gebiete ausgesetzt Aber bisher sind durch dieses Programm noch nirgends uberlebensfahige Populationen wieder aufgebaut worden 1 Sonstiges BearbeitenDas Foto eines 14 jahrigen Inders von einem Gangesgavial Weibchen mit mehreren Jungtieren auf seinem Kopf mit dem Titel Mother s little headful Dt etwa Mutters kleine Kopfbedeckung gewann den Preis Young Wildlife Photographer of the Year 2013 dt Junger Natur Fotograf des Jahres 2013 des BBC Wildlife Magazine 19 Literatur BearbeitenCharles A Ross Hrsg Krokodile und Alligatoren Entwicklung Biologie und Verbreitung Orbis Verlag Niedernhausen 2002 L Trutnau Krokodile Alligatoren Kaimane Echte Krokodile und Gaviale Neue Brehm Bucherei Band 593 Westarp Wissenschaften Magdeburg 1994 L Trutnau R Sommerlad Krokodile Biologie und Haltung Edition Chimaira Frankfurt am Main 2006 Joachim Brock Krokodile Ein Leben mit Panzerechsen Natur und Tier Verlag Munster 1998 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Gavialis gangeticus Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Gavialis gangeticus In The Reptile Database Save Your Logo Initiative unterstutzt Conservation of Gharial in NepalEinzelnachweise Bearbeiten a b c d Gavialis gangeticus in der Roten Liste gefahrdeter Arten der IUCN 2013 Eingestellt von B C Choudhury L A K Singh R J Rao D Basu R K Sharma S A Hussain H V Andrews N Whitaker R Whitaker J Lenin T Maskey A Cadi S M A Rashid A A Choudhury B Dahal U Win Ko Ko J Thorbjarnarson J P Ross 2007 Abgerufen am 5 Juni 2014 a b R Whitaker Members of the Gharial Multi Task Force Madras Crocodile Bank The Gharial Going Extinct Again Iguana Bd 14 Nr 1 2007 S 24 33 PDF Memento vom 11 Januar 2012 im Internet Archive C A Brochu A D Rincon A gavialoid crocodylian from the lower Miocene of Venezuela In M R Sanchez Villagra J A Clack D J Batten Hrsg Fossils of the Miocene Castillo Formation Venezuela contributions on neotropical palaeontology Special Papers in Palaeontology Nr 71 2004 S 61 79 W Langston Z Gasparini Crocodilians Gryposuchus and the South American gavials In R F Kay R H Madden R L Cifelli J J and Flynn Hrsg Vertebrate paleontology in the neotropics Smithsonian Institution Press Washington DC 1997 S 113 154 H R Bustard Movement of wild Gharial Gavialis gangeticus Gmelin in the River Mahanadi Orissa India In British Journal of Herpetology Bd 6 1983 S 287 291 T M Maskey H F Percival Status and Conservation of Gharial in Nepal Vorgestellt beim 12 Arbeitstreffen der Crocodile Specialist Group Thailand 1994 P Priol Gharial field study report Ein dem Department of National Parks and Wildlife Conservation Kathmandu Nepal vorgelegter Bericht 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Vertebrate Paleontology Band 32 Jahrgang Nr 3 2012 S 587 doi 10 1080 02724634 2012 652324 J E Martin E Buffetaut W Naksri K Lauprasert J Claude Gavialis from the Pleistocene of Thailand and Its Relevance for Drainage Connections from India to Java In PLoS ONE Band 7 Jahrgang Nr 9 2012 S e44541 doi 10 1371 journal pone 0044541 Wildlife Photographer of the Year 2013 Die Gewinner des weltbesten Naturbildwettbewerbs Fotostrecke auf Spiegel Online 16 Oktober 2013 Bild 2 Memento vom 17 Oktober 2013 im Internet Archive Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gangesgavial amp oldid 237785335