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Als Freistudentenschaft auch Freie Studentenschaft Finkenschaft oder Wildenschaft bezeichneten sich die Zusammenschlusse der nichtkorporierten Studenten die sich nach vereinzelten fruheren Ansatzen verstarkt seit den 1890er Jahren unter dem Einfluss der Jugendbewegung an den deutschen Hochschulen verbreiteten Die freistudentische Bewegung gilt nach der Urburschenschaft und dem Progress als dritte Reformbewegung innerhalb der Studentenschaft des 19 Jahrhunderts und zugleich als Wegbereiterin der heutigen studentischen Selbstverwaltung Vorstand der Wildenschaft an der Universitat Zurich 1908 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Soziale Herkunft der Freistudentenschaft 1 2 Wegbereiter der allgemeinen Studentenvertretung 1 3 Selbsthilfe und Toleranzprinzip 1 4 Auflosung nach 1918 2 Bekannte Freistudenten 3 Siehe auch 4 Literatur 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenSeit den Zeiten der Urburschenschaft hatte es wiederholt Bemuhungen gegeben auch diejenigen Studenten die keiner Studentenverbindung angehorten zu einer allgemeinen Interessenvertretung zusammenzuschliessen Vor allem in den 1840er und 1850er Jahren entstanden im Zuge der sogenannten Progressbewegung an vielen Universitaten sogenannte Wildenschaften so z B 1859 in Gottingen Der Name Wildenschaft spater vermehrt auch Finkenschaft ging dabei auf Begriffe aus der traditionellen Burschensprache zuruck in der die Nichtkorporierten spottisch als Wilde Finken Kamele oder Obskuranten bezeichnet wurden 1 Ab etwa 1900 setzte sich dann zunehmend die neutrale Bezeichnung Freistudentenschaft durch Nachdem sich die erwahnten fruhen Zusammenschlusse als kurzlebig erwiesen kam es seit den 1890er Jahren zu einer neuerlichen Grundungswelle z B in Freiburg 1892 Leipzig 1896 Halle und Konigsberg 1898 Berlin und Stuttgart 1899 Nach der Grundung des Dachverbands Deutsche Freie Studentenschaft im Jahre 1900 verbreitete sich die Bewegung in kurzer Zeit an nahezu allen Hochschulen des Reiches Soziale Herkunft der Freistudentenschaft Bearbeiten nbsp Gedenkt der armen Finken F Juttner 1910 Die Herkunftsfamilien der Freistudenten setzten sich zu einem hohen Anteil aus den neuen Mittelschichten zusammen zu denen kaufmannische Angestellte untere Beamtenschichten nichtakademische Lehrer und technische Berufe gerechnet werden Zudem stammten sie aus eher liberalen Elternhausern Von ihnen wurden sie ahnlich wie die Wandervogel zur Rebellion gegen die traditionellen Formen des Studentenlebens ermutigt 2 Die Freistudentenschaft wurde daher oft auch als Klassenkampf Bewegung wahrgenommen 3 Wegbereiter der allgemeinen Studentenvertretung Bearbeiten Obwohl von den etablierten Studentenverbindungen als Verein der Vereinslosen verspottet verstanden sich die Freistudentenschaften ursprunglich nicht als neue Korporation neben anderen sondern erstrebten wie schon die Urburschenschaft und der Studentische Progress stattdessen die Schaffung gesamtstudentischer Vertretungen auf der Basis allgemeiner Wahlen Nach langeren Auseinandersetzungen mit Hochschulbehorden und Korporationen die ihren Alleinvertretungsanspruch bedroht sahen beschrankten sich die Freistudentenschaften schliesslich auf die Interessenvertretung der Nichtkorporierten um auf dieser Basis dann gemeinsam mit den Verbindungen die ersten Allgemeinen Studentenausschusse bilden zu konnen Die Schaffung einer studentischen Vertretung auf gesamtstaatlicher Ebene gelang aber erst nach dem Ersten Weltkrieg in Gestalt der 1919 gegrundeten Deutschen Studentenschaft Selbsthilfe und Toleranzprinzip Bearbeiten Da in den Freistudentenschaften anders als in den zumeist elitaren Verbindungen nicht selten auch Studierende kleinburgerlicher Herkunft aktiv waren entwickelten sie bereits vor dem Ersten Weltkrieg verschiedene Formen der Selbsthilfe fur bedurftige Kommilitonen Leihbuchereien verbilligte Einkaufsladen Arbeitsvermittlungen Mensen die spater von den verfassten Studentenschaften bzw den Studentenwerken weitergefuhrt wurden Ausserdem trat die Freistudentenbewegung fur eine zeitgemasse Reform des Studiums Studium Generale als Erganzung zum Fachstudium ein und verschrieb sich der sozialen Offnung der Hochschule etwa durch Einrichtung sogenannter Arbeiterbildungskurse In allgemeinpolitischen Fragen verpflichtete sie sich anfangs zu strikter Neutralitat weil sie sich zum einen eben bereits als Vorform der zu schaffenden allgemeinen Studentenvertretung fuhlte und zum andern auch die geistige Mobilmachung einiger Korporationen v a Burschenschaften und VDSt ablehnte Die Freie Studentenschaft nimmt in religiosen und parteipolitischen Angelegenheiten unter keinen Umstanden Stellung heisst es etwa in ihren Weimarer Richtlinien aus dem Jahr 1913 Auflosung nach 1918 Bearbeiten Nach dem Ersten Weltkrieg verlor die Freistudentenschaft als eigenstandige Bewegung schnell an Bedeutung zumal sie mit der flachendeckenden Errichtung verfasster Studentenschaften ab 1920 ihr Hauptziel erreicht hatte So widmeten sich viele Freistudenten nunmehr der praktischen Sozialarbeit in den neu entstandenen Studentenwerken oder engagierten sich in den Hochschulgruppen der politischen Parteien Der vaterlandisch gesinnte Flugel der Freistudentenschaft ging dagegen zum grossten Teil in volkisch nationalistischen Gruppierungen Jungdeutscher Orden Deutsche Gildenschaft Deutscher Hochschulring auf Bekannte Freistudenten BearbeitenWalter Benjamin Walter A Berendsohn Arnold Bergstraesser Immanuel Birnbaum Rudolf Carnap Eugen Diederichs Alfred Doblin Fritz Elsas Ludwig Feuchtwanger Wilhelm Flitner Hans Freyer Adolf Grimme Romano Guardini Ernst Heilmann Karl Korsch Carl Landauer Susanne Leonhard Kurt Lewin Helmuth Plessner Gustav Radbruch Bernhard Reichenbach Hans Reichenbach Alexander Rustow Alexander Schwab Paul Ssymank Otto Suhr Arnold ZweigSiehe auch BearbeitenStudierendenschaft Geschichte Geschichte der Studentenverbindungen Deutsche Studentenschaft 1919 1945 Literatur BearbeitenFelix Behrend Hrsg Der freistudentische Ideenkreis Programmatische Erklarungen Munchen 1907 Sigrid Bias Engels Zwischen Wandervogel und Wissenschaft Zur Geschichte von Jugendbewegung und Studentenschaft 1896 1920 Koln 1988 ISBN 3 87920 198 6 Konrad Jarausch Deutsche Studenten 1800 1970 Frankfurt Main 1984 ISBN 3 518 11258 9 hier vor allem S 94 103 als kompakter Uberblick Friedrich Schulze Paul Ssymank Das deutsche Studententum von den altesten Zeiten bis zur Gegenwart 4 Aufl Munchen 1932 Nachdruck 1991 ISBN 3 923621 90 6 Hans Ulrich Wipf Studentische Politik und Kulturreform Geschichte der Freistudenten Bewegung 1896 1918 Schwalbach Ts 2005 ISBN 3 89974 154 4 Rezension von Peter Dudek in Das Parlament 37 2005 Memento vom 23 August 2007 im Internet Archive Einzelnachweise Bearbeiten Georg Heer Geschichte der Deutschen Burschenschaft Dritter Band Die Zeit des Progresses von 1833 bis 1859 Heidelberg 1929 S 26 Hans Ulrich Wipf Studentische Politik und Kulturreform Geschichte der Freistudenten Bewegung 1896 1918 Schwalbach Ts 2005 S 226 Hans Ulrich Wipf Studentische Politik und Kulturreform Geschichte der Freistudenten Bewegung 1896 1918 Schwalbach Ts 2005 S 31ff Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Freistudentenschaft amp oldid 213845459