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Unter Finanzausgleich versteht man das in der Finanzverfassung des Grundgesetzes GG geregelte finanzverfassungsrechtliche Ordnungs und Verteilungssystem das die finanziellen Beziehungen in Form von Ausgaben und Einnahmen zwischen den Gebietskorperschaften zum Inhalt hat Insbesondere ist hierunter die Steuerverteilung der Steuereinnahmen vom Bund an die Lander und von diesen an die Gemeinden zu verstehen Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 2 Entscheidungen des BVerfG 3 Ziele 4 Bedeutung fur Bund Lander und Kommunen 5 Geschichtliche Entwicklung der Art 106 GG und Art 107 GG 6 Steuerertragshoheit 7 Arten 8 Vertikaler Finanzausgleich 9 Horizontaler Finanzausgleich 10 Kommunaler Finanzausgleich 10 1 Funktionsweise 10 2 Finanzausgleichsgesetz 11 Verhaltnis zur Europaischen Union 12 Siehe auch 13 Literatur 14 Weblinks 15 EinzelnachweiseEinleitung BearbeitenSteuern spielen in Deutschland fur die Finanzierung der offentlichen Aufgaben eine tragende Rolle Mindestens genauso wichtig wie ihre Erhebung ist daher die Frage ihrer Verteilung In Zeiten von immer grosser werdenden staatlichen Ausgaben stellt die Ausstattung der einzelnen Ebenen mit ausreichend finanziellen Mitteln eine Herausforderung dar Nicht umsonst ist die Frage der Steuerverteilung ein Streitpunkt der bereits funfmal vor dem Bundesverfassungsgericht entschieden Quelle Seer in Tipke Lang Steuerrecht Die Steuerertragshoheit Rdnr 2 64 und im Laufe der Zeit mehrfach angepasst wurde Im foderalen System ist eine klare Verteilung wichtig um die Eigenstandigkeit von Bund Landern und Gemeinden zu gewahrleisten Quelle Badura Staatsrecht Finanzwesen und Haushaltswirtschaft Rdnr 41 Aus diesem Grund ist die Steuerverteilung auch auf Verfassungsebene im Grundgesetz verankert und nicht bloss einfachgesetzlich geregelt Der Fokus liegt hierbei hauptsachlich auf den Artikeln 106 und 107 des Grundgesetzes in welchem die Strukturierung der Zuteilung normiert ist Quelle Wissenschaftliche Hausarbeit an der Steuerakademie Niedersachsen Die Verteilung des Steueraufkommens 2022 auf Basis des Grundgesetzes vom 5 April 2023 von Hanne Berenzen und Laura Ditzel Entscheidungen des BVerfG BearbeitenMinimal und Maximalausgleich wurden verfassungsrechtlich durch Leitlinien des BVerfG auf der Grundlage finanzwissenschaftlicher Gutachten festgelegt Die Entscheidungen gehen detailliert sowohl auf die Mindesterfordernisse als auch die Grenzen des Ausgleichssystems ein und bestimmen konkret wie der Verteilungsprozess verfassungskonform vorzunehmen ist Einerseits darf das Ausgleichssystem nicht dazu fuhren dass der Bund die Erganzungszuweisungen dazu benutzt leistungsschwachen Landern eine uberdurchschnittliche Finanzkraft zu verschaffen 1 Die Solidaritat zwischen den Gliedstaaten im Bundesstaat soll die Unterschiede mindern aber nicht einebnen Nivellierungsverbot 2 Deshalb spricht das Massstabegesetz von der Annaherung der Finanzkraft 6 Wo genau die Grenze liegt bleibt weiterhin offen eine Anhebung der finanzschwachen Lander auf 95 der durchschnittlichen Landerfinanzkraft erschien dem BVerfG jedenfalls vertretbar 3 Andererseits wurden zusatzliche Sanierungsbeitrage an die hochverschuldeten Stadtstaaten Berlin und Bremen verneint dies allerdings nur mit dem Hinweis dass eine Bundeshilfe noch nicht als einzig verbliebene Option zu erkennen und ein bundesstaatlicher Notstand nicht feststellbar sei 4 Ziele BearbeitenDurch den jahrlichen Finanzausgleich soll erreicht werden dass die jeweilige Staatsebene bis hin zur Gemeinde angemessen unter Berucksichtigung ihrer eigenen Steuereinnahmen an den ubrigen Steuereinnahmen beteiligt wird damit sie die ihr zugewiesenen Aufgaben finanzieren und damit erfullen kann Dem horizontalen Ausgleich kommt die Aufgabe zu die Ergebnisse der primaren Steuerverteilung unter den Landern zu korrigieren soweit sie auch unter Berucksichtigung der Eigenstaatlichkeit der Lander aus dem bundesstaatlichen Gedanken der Solidargemeinschaft des bundischen Einstehens fureinander unangemessen erscheinen Das bundische Prinzip ist zugleich Grundlage und Grenze der Hilfeleistungspflichten 5 Ausserdem ist der Finanzausgleich die wesentliche materielle Grundlage dafur dass ein Insolvenzverfahren nach 12 Insolvenzordnung bei Bund Bundeslandern und Gemeinden sowie bei den meisten Anstalten und Korperschaften des offentlichen Rechts unzulassig ist Insolvenzunfahigkeit Damit wird deren Glaubigern das Insolvenz und Repartierungsrisiko ihrer Forderungen abgenommen Das wiederum ist die Grundlage fur den Kommunalkredit der Kreditinstitute Bedeutung fur Bund Lander und Kommunen BearbeitenDie Bundesrepublik Deutschland ist gem Art 20 Abs 1 GG ein Bundesstaat welcher in 16 Bundeslander gegliedert ist Die Finanzverfassung insbesonde re die Ertragsverteilung hat in dieser foderalen Ordnung welche die Aufga ben und Machtteilung zwischen dem Bund als Gesamtstaat und den Landern als Gliedstaaten mit den Kommunen vorsieht eine bedeutende Stellung Quelle Katz Sander Staatsrecht Finanzordnung Rdnr 514 Bund und Landern sind per Grundgesetz Aufgaben zugewiesen fur welche sie gem Art 104a GG mit ausreichend finanziellen Mitteln zur eigenstandigen und eigen verantwortlichen Aufgabenwahrnehmung ausgestattet werden mussen Quel le Badura Staatsrecht Finanzwesen und Haushaltswirtschaft Rdnr 41 Durch diese Ausstattung soll ein gesichertes finanzielles Fundament fur die in Art 109 Abs 1 GG erwahnte selbststandige und unabhangige Haushaltspoli tik von Bund und Landern gewahrleistet werden Quelle Heintzen in Kamme rer Kotzur Kommentar zum GG Art 106 Rdnr 5 Den Kommunen wird uber den Art 28 Abs 2 GG die Selbstverwaltung garantiert Diese Selbstverwal tungsgarantie wird in Art 28 Abs 2 S 3 GG durch eine angesprochene finan zielle Eigenverantwortung nochmals konkretisiert Quelle Seiler in Herde gen Klein Scholz Kommentar zum GG Art 106 Rdnr 2 Aus diesem Grund wird ihnen in Art 106 GG ein eigener Anteil am Steueraufkommen zugewie sen Ungeachtet dessen stellen die Kommunen aber keine dritte Staatsebene dar sondern sind den Landern zugeordnet Quelle Heintzen in Kamme rer Kotzur Kommentar zum GG Art 106 Rdnr 3 Geschichtliche Entwicklung der Art 106 GG und Art 107 GG BearbeitenDie geschichtliche Entwicklung der Finanzverfassung und damit insbesondere die des Art 106 GG findet ihren Ursprung bereits im Kaiserreich im Jahr 1871 Art 107 GG hat keine direkte Vorgangervorschrift ist jedoch eng mit der Entwicklung des Art 106 GG verflochten In der Reichsverfassung 1871 verfugte der Bund lediglich uber die Zolle sowie gemeinschaftliche Verbrauch steuern das heisst die Lander hatten neben der Steuergesetzgebung auch die Ertragshoheit inne Quelle Seiler in Herdegen Klein Scholz Kommentar zum GG Art 106 Rdnr 6 u 8 Mit der Verfassung der Weimarer Republik 1919 und vor allem aufgrund der Kriegsfolgelasten lag die Ertragshoheit fortan beim Bund Quelle Seiler in Herdegen Klein Scholz Kommentar zum GG Art 106 Rdnr 11 Der Bund erhob nun neben dem Zollwesen auch die Reichseinkommensteuer sowie die Verbrauchs und Verkehrssteuern wahrend den Landern und Gemeinden le diglich die kommunalen Realsteuern sowie die ortlichen Verbrauchs und Auf wandsteuern blieben Quelle Seiler in Herdegen Klein Scholz Kommentar zum GG Art 106 Rdnr 13 Die Frage eines Ausgleichs wurde erstmals auf geworfen jedoch nicht auf Verfassungsebene sondern einfachgesetzlich ge regelt Quelle Seiler in Herdegen Klein Scholz Kommentar zum GG Art 107 Rdnr 10 u 11 Um die Abhangigkeit einer Staatsebene zu vermeiden wies der Parlamentari sche Rat 1948 1949 sowohl dem Bund als auch den Landern einen eigenen Anteil am Steueraufkommen zu Quelle Heintzen in Kammerer Kotzur Kommentar zum GG Art 106 Rdnr 11 In der Urfassung des Art 106 GG standen dem Bund in Absatz 1 die indirekten Steuern sowie die Umsatzsteuer zu Der Absatz 2 wies den Landern die direkten Steuern allen voran die Ein kommens und Korperschaftsteuer zu an welchen der Bund jedoch anteilig beteiligt war Quelle Seiler in Herdegen Klein Scholz Kommentar zum GG Art 106 Rdnr 25 Die Absatze 3 und 4 befassten sich mit dem Ausgleich zwischen den Landern wobei gerade der Absatz 4 als Vorgangervorschrift des heutigen Art 107 GG gesehen werden kann Quelle Seiler in Herde gen Klein Scholz Kommentar zum GG Art 107 Rdnr 20 Die Urfassung des Art 107 GG war lediglich eine Ubergangsvorschrift des Art 106 GG Quelle Seiler in Herdegen Klein Scholz Kommentar zum GG Art 107 Rdnr 22 Die befristeten Urfassungen verloren mit dem Finanzverfassungsgesetz von 1955 ihre vorubergehende Funktion Neben nun nummerierten Katalogen in den Absatzen 1 und 2 des Art 106 GG benannten die neuen Absatze 3 bis 5 die vorher den Landern zustehende Einkommens und Korperschaftsteuer nun als Gemeinschaftssteuern Der ehemalige Art 106 Abs 4 GG wurde durch den neuen Art 107 GG ersetzt Quelle Seiler in Herde gen Klein Scholz Kommentar zum GG Art 106 Rdnr 26 Dieser befasste sich erstmals auf Verfassungsebene mit dem Landerfinanzausgleich und den Bundeserganzungszuweisungen Quelle Seiler in Herdegen Klein Scholz Kommentar zum GG Art 107 Rdnr 24 u 25 Durch den im Jahr 1956 neu gestalteten Absatz 6 des Art 106 GG wurden den Kommunen die bislang den Landern zustehenden Realsteuern sowie ein vom Landeranteil weiterzureichender Anteil an der Einkommens und Korper schaftsteuer ubertragen Quelle Seiler in Herdegen Klein Scholz Kommentar zum GG Art 106 Rdnr 27 Weitere umfassende Anderungen ergaben sich durch das Finanzreformgesetz in 1969 Die vorher nur dem Bund zustehende Umsatzsteuer wurde zur Ge meinschaftssteuer und damit dem Absatz 3 des Art 106 GG zugeordnet Zu dem wurden die Kommunen nochmals gestarkt da ihnen von nun an auch ein bundesgesetzlicher Anteil an der Einkommensteuer Art 106 Abs 5 GG und die Verbrauchs und Aufwandsteuern Art 106 Abs 6 GG zugewiesen wur den Durch die Anderungen des Art 106 GG wurde auch der Art 107 GG an gepasst Im ersten Absatz des Art 107 wurden die Regelmassstabe fur die Einkommens und Korperschaftsteuer ortliches Aufkommen und fur die Um satzsteuer zweigeteilter Massstab festgeschrieben gleichzeitig im Absatz 2 die unterschiedliche Finanzkraft der Lander unterstrichen Quelle Seiler in Herdegen Klein Scholz Kommentar zum GG Art 107 Rdnr 28 Fortan wurde der Art 106 GG in 1995 1997 und letztmals in 2009 mit der Ubernahme der Kfz Steuern durch den Bund und dem damit eingefuhrten Art 106b GG Quelle Seiler in Herdegen Klein Scholz Kommentar zum GG Art 106 Rdnr 31 zur Kompensation geandert Quelle Heintzen in Kamme rer Kotzur Kommentar zum GG Art 106 Rdnr 13 Der Landerfinanzaus gleich in Art 107 GG wurde 2017 im Rahmen der Verfassungsanderung um fassend mit Wirkung fur 2020 in die heutige Fassung geandert Quelle Seiler in Herdegen Klein Scholz Kommentar zum GG Art 107 Rdnr 32 Das Bundesverfassungsgericht urteilte bereits funf Mal 1952 1986 1992 1999 und 2006 uber den Finanzausgleich wobei insbesondere die letzten beiden Urteile den Anstoss fur die Verfassungsanderung in 2017 darstellen Quelle Seer in Tipke Lang Steuerrecht Die Steuerertragshoheit Rdnr 2 64 Zusammenfassend lasst sich festhalten dass sich die Ertragshoheit im Laufe der Zeit gewandelt hat Nachdem sie im Kaiserreich bei den Landern und an schliessend in der Weimarer Republik beim Bund lag entwickelte sich nach dem 2 Weltkrieg bis heute eine zunehmende Aufteilung zwischen dem Bund und den Landern mit Einbeziehung der Kommunen Quelle Wissenschaftliche Hausarbeit an der Steuerakademie Niedersachsen Die Verteilung des Steu eraufkommens 2022 auf Basis des Grundgesetzes vom 5 April 2023 von Hanne Berenzen und Laura Ditzel Steuerertragshoheit BearbeitenDie Steuerertragshoheit wird in Art 106 GG geregelt und befasst sich mit der Verteilung des Steueraufkommens In Deutschland wird das Aufkommen der verschiedenen Steuerarten in einem Mischsystem aus Verbund und Trenn system verteilt Quelle Henneke in Hofmann Henneke Kommentar zum GG Art 106 Rdnr 26 Das Trennsystem weist das Aufkommen von festgelegten Steuerarten ausschliesslich dem Bund Art 106 Abs 1 GG oder den Landern Art 106 Abs 2 GG zu Quelle Heintzen in Kammerer Kotzur Kommentar zum GG Art 106 Rdnr 7 Beim Verbundsystem werden hingegen bestimmte Steuerarten die sogenannten Gemeinschaftssteuern dem Bund und den Landern und Gemeinden nach einem Verteilungsschlussel gemeinsam zuge ordnet Quelle Badura Staatsrecht Finanzwesen und Haushaltswirtschaft Rdnr 50 Bei diesen Gemeinschaftssteuern handelt es sich um die ertrag reichsten Steuern die Einkommen Umsatz und Korperschaftsteuer welche in Art 106 Abs 3 und Abs 4 GG normiert sind Quelle Heintzen in Kamme rer Kotzur Kommentar zum GG Art 106 Rdnr 7 Wie wichtig gerade das Verbundsystem fur das foderale System ist zeigen die verschiedenen Anteile am Steueraufkommen Im Jahr 2021 hatten die Gemeinschaftssteuern in Deutschland einen Anteil in Hohe von 82 3 Prozent wohingegen der Anteil der Bundessteuern 12 9 Prozent und Landessteuern 4 2 Prozent nur lediglich 17 1 Prozent von den Steuereinnahmen betrugen 6 Das fur die Ertragsverteilung hauptsachlich nur Steuern angewandt werden liegt daran dass diese gem 3 Abs 1 AO ohne Gegenleistung erhoben wer den Gebuhren und Beitrage stellen zwar auch offentliche Abgaben dar kom men jedoch durch ihre Gegenleistungsabhangigkeit nicht fur eine Finanzkom pensation der einzelnen Staatsebenen in Betracht Quelle Heintzen in Kam merer Kotzur Kommentar zum GG Art 105 Rdnr 6 Arten BearbeitenDabei wird unterschieden zwischen dem primaren und sekundaren sowie dem horizontalen und vertikalen Finanzausgleich Beim primaren Ausgleich werden die zu transferierenden Steuerertrage durch Gesetz zugewiesen wobei genau geregelt wird wer welchen Steueranteil erhalt Der sekundare Finanzausgleich regelt sodann die Steuerumverteilung nach bestimmten Schlusseln um Harten des primaren Ausgleichs zu vermeiden Der horizontale Finanzausgleich betrifft den Ausgleich mehrerer gleichgeordneter Einheiten untereinander Land Land wahrend der vertikale zwischen uber und untergeordneten Gebietskorperschaften stattfindet Bund Land Land Gemeinden Dieses Verteilungssystem ist im GG fur die einzelnen Arten des Finanzausgleichs wiederzufinden Art vertikaler Finanzausgleich horizontaler Finanzausgleichprimarer Finanzausgleich Art 106 Abs 3 4 GG Art 107 Abs 1 GGsekundarer Finanzausgleich Art 107 Abs 2 Satz 3 GG Art 107 Abs 2 Satz 1 2 GGHieraus ergeben sich folgende systematische Kombinationen Der primare vertikale Finanzausgleich legt die Ertragszuweisung Bund Lander fest wahrend im primaren horizontalen Finanzausgleich eine grundsatzliche Aufteilung der Landessteuern zuzuglich Landeranteil an der Einkommen und Korperschaftsteuer unter den Landern erfolgt Beim sekundaren vertikalen Ausgleich kann der Bund auf die finanzschwachen Lander Bundes Erganzungszuweisungen verteilen wahrend der sekundare horizontale Finanzausgleich nach der primaren vertikalen Ertragszuweisung eine begrenzte Steuerumverteilung unter den Landern zum Ausgleich der unterschiedlichen Finanzkraft der Lander vorsieht Neben diesem aktiven Finanzausgleich gibt es noch einen passiven Finanzausgleich der aus der Verteilung der offentlichen Aufgaben auf die einzelnen Aufgabentrager besteht 7 Mit offentlichen Aufgaben sind nach dem Urteil des BVerfG vom Dezember 1974 die Aufgaben gemeint an deren Erfullung ein gesteigertes Interesse der Gemeinschaft besteht die aber so geartet sind dass sie weder im Wege privater Initiative wirksam wahrgenommen werden konnen noch zu den im engeren Sinn staatlichen Aufgaben zahlen die der Staat selbst durch seine Behorden wahrnehmen muss 8 Im foderalen System werden nicht samtliche offentliche Aufgaben durch den Bund erledigt sondern dieser lasst beispielsweise im Rahmen der Auftragsverwaltung offentliche Verwaltungsaufgaben durch untergeordnete Trager der offentlichen Verwaltung wahrnehmen Durch diese Delegation verschiebt er jedoch auch die Kosten fur die Wahrnehmung der Aufgaben auf diese untergeordneten Trager Im Rahmen des Konnexitatsprinzips tragt der die Aufgaben wahrnehmende Bereich auch die Kosten auf deren Erstattung durch den delegierenden Bereich er einen Anspruch hat Art 104a Abs 2 GG Hieraus folgt letztlich der aktive Finanzausgleich Vertikaler Finanzausgleich BearbeitenDer primare vertikale Finanzausgleich legt fest welche Steuern bzw Anteile an den Steuereinnahmen Bund und Landern zustehen Beim sekundaren vertikalen Ausgleich kann der Bund an die finanzschwachen Lander Bundes Erganzungszuweisungen verteilen Horizontaler Finanzausgleich BearbeitenDem horizontalen Ausgleich kommt die Aufgabe zu die Ergebnisse der primaren Steuerverteilung unter den Landern zu korrigieren soweit sie auch unter Berucksichtigung der Eigenstaatlichkeit der Lander aus dem bundesstaatlichen Gedanken der Solidargemeinschaft des bundischen Einstehens fureinander unangemessen erscheinen Das bundische Prinzip ist zugleich Grundlage und Grenze der Hilfeleistungspflichten 9 Ausserdem ist der Finanzausgleich die wesentliche materielle Grundlage dafur dass ein Insolvenzverfahren nach 12 Insolvenzordnung bei Bund Bundeslandern und Gemeinden sowie bei den meisten Anstalten und Korperschaften des offentlichen Rechts unzulassig ist Insolvenzunfahigkeit Damit wird deren Glaubigern das Insolvenz und Repartierungsrisiko ihrer Forderungen abgenommen Das wiederum ist die Grundlage fur den Kommunalkredit der Kreditinstitute Der sekundare horizontale Finanzausgleich regelt die Steuerumverteilung unter den Landern zum Ausgleich der unterschiedlichen Finanzkraft der Lander Kommunaler Finanzausgleich BearbeitenDer kommunale Finanzausgleich sichert in Deutschland den Gemeinden und Gemeindeverbanden entsprechend Art 28 Abs 2 Grundgesetz die finanziellen Grundlagen ihrer Selbstverwaltung Dazu regeln die Lander in jeweils eigenen Landesgesetzen die Verteilung von Landesmitteln an die Kommunen und die Umverteilung von Mitteln zwischen den Kommunen Die Ausgestaltung des kommunalen Finanzausgleichs unterscheidet sich zwischen den Landern sehr stark Nach Art 106 Abs 7 GG mussen die Lander einen prozentualen Anteil der ihnen zustehenden Gemeinschaftsteuern an die Kommunen weiterleiten Die Hohe dieses Anteils wird durch Landesgesetz festgelegt Bezweckt ist die kommunale Ebene an den Steuereinnahmen von Bund und Landern zu beteiligen und damit die kommunale Aufgabenerfullung zu ermoglichen Der kommunale Finanzausgleich verfolgt ahnlich dem Landerfinanzausgleich das Ziel einerseits den Ausgleich zwischen dem Land und seinen Kommunen sicherzustellen vertikaler Finanzausgleich und andererseits den Ausgleich zwischen unterschiedlich finanzstarken Kommunen horizontaler Finanzausgleich Beim vertikalen Finanzausgleich ist die unterschiedliche Finanzkraft der einzelnen Kommunen zu berucksichtigen Beispiel wegbrechende eigene Einnahmen z B Gewerbesteuer sollen durch den Finanzausgleich kompensiert werden um die Erfullung kommunaler Aufgaben weiter gewahrleisten zu konnen Die Stadte Gemeinden und Kreise in Deutschland erwirtschafteten 2017 und 2018 historische Uberschusse wahrend die Kassenkredite schrumpften Dennoch nahmen die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen starken und schwachen Kommunen immer grossere Ausmasse an 10 Funktionsweise Bearbeiten Der kommunale Finanzausgleich KFA beruht auf einem Landesgesetz das je nach Bundesland Finanzausgleichsgesetz oder Gemeindefinanzierungsgesetz heisst es wird vom Land in der Regel gemeinsam mit dem Landeshaushalt verabschiedet Der KFA wird in mehreren Schritten entwickelt Zunachst wird die Gesamtsumme der fur den KFA bereitgestellten Mittel errechnet Verbundmasse die Bezeichnung ergibt sich aus dem Begriff Steuerverbund der durch den Finanzausgleich zwischen Land und Gemeinden hergestellt wird Sie ergibt sich als prozentualer Anteil der Landeseinnahmen an den Gemeinschaftssteuern teils auch an bestimmten Landessteuern oder am Landerfinanzausgleich Verbundquote In vielen Bundeslandern wird dieser Betrag zunachst in feste Teilbetrage aufgeteilt es werden also getrennte Verbundmassen fur kreisangehorige Gemeinden kreisfreie Stadte und Landkreise gebildet Als nachstes wird fur jede Kommune die Steuerkraftsumme festgestellt Sie ergibt sich aus den Steuereinnahmen pro Kopf Dabei werden Steuern fur die ein Hebesatz gilt Grund und Gewerbesteuer auf einen fiktiven einheitlichen Hebesatz sog Referenzsteuersatz normiert Dieser Steuerkraft wird ein Finanzbedarf pro Kopf gegenubergestellt In den meisten Flachenlandern Ausnahme Bayern Mecklenburg Vorpommern werden die Gemeinden dabei in Grossenklassen eingeteilt bei grosseren Gemeinden wird die Einwohnerzahl mit einem Faktor Hauptansatzfaktor rechnerisch erhoht Einwohnerveredelung Damit wird der Tatsache Rechnung getragen dass grossere Gemeinden uberproportional hohere Infrastrukturkosten haben und Leistungen auch fur das Umland bereitstellen Der Finanzbedarf wird so festgesetzt dass bei den folgenden Schritten die Verbundmasse verbraucht wird In manchen Bundeslandern werden fur bestimmte kommunale Aufgaben z B Schulerbeforderung Kultur Sonderbedarfe hinzugerechnet Nebenansatze Bei Landkreisen geht oft auch die Flache in die Bedarfsermittlung ein Fur jede Kommune kann jetzt die Differenz zwischen Finanzkraft und Finanzbedarf errechnet werden Bei den meisten Kommunen ist der Finanzbedarf hoher als die Steuerkraft so dass ihnen ein Ausgleich zusteht Sind beide Betrage gleich oder ist die Finanzkraft hoher so erhalt die Gemeinde keinen Ausgleich abundante Gemeinde muss jedoch in den meisten Bundeslandern auch nichts abgeben so dass es in diesen Landern keinen horizontalen Finanzausgleich unter den Kommunen gibt Brandenburg und Schleswig Holstein sehen hingegen zusatzlich eine Finanzausgleichsumlage der erheblich leistungsfahigen abundanten Gemeinden vor die teilweise dem jeweiligen Land Kreis zufliesst und teilweise in die Verbundmasse fur das Folgejahr eingeht Dieser Bedarf wird zu einem bestimmten Anteil je nach Bundesland zwischen 55 und 90 in Bayern 50 fur Landkreise ausgeglichen Die so errechneten Betrage erreichen die Gemeinden als Schlusselzuweisungen weil sie nach dem genannten Schlussel berechnet werden Diese Mittel sind da sie aus Landessteuern und der Finanzausgleichsumlage stammen ebenso wie die kommunalen Steuereinnahmen frei verwendbar und nicht zweckgebunden In vielen Bundeslandern wird ein Teil der Verbundmasse vorab abgezweigt und nach anderen Kriterien verteilt Dazu gehoren auch die Zweckzuweisungen die meist fur Investitionen bestimmt sind In einigen Bundeslandern wird ein kleiner Teil der Verbundmasse fur solche Gemeinden reserviert die sich in einer Haushaltsnotlage befinden z B mehrere Jahre nacheinander den Haushalt nicht ausgleichen konnten Diese Mittel werden auf Antrag als sogenannte Fehlbetragszuweisungen oder Sonder Bedarfszuweisungen vergeben Die genannten Zuweisungsarten Schlussel Zweck und Bedarfszuweisungen bilden gemeinsam den kommunalen Finanzausgleich Die im Detail unterschiedlichen Regelungen erschweren den Vergleich zwischen den Bundeslandern sehr So existieren z B in Schleswig Holstein Gemeindesonderschlusselzuweisungen die neben die ublichen Schlusselzuweisungen treten Hinzu kommt dass jedes Land auch ausserhalb des KFA Mittel an die Gemeinden zahlt beispielsweise im Rahmen von Forderprogrammen Finanzausgleichsgesetz Bearbeiten Das Finanzausgleichsgesetz regelt die Ausgleichsanspruche und die Ausgleichsverbindlichkeiten im Detail Die Leitlinien des GG wurden durch drei Urteile des BVerfG konkretisiert Es forderte zunachst dass durch ein Massstabe und ein Finanzausgleichsgesetz die allgemein gehaltenen Bestimmungen des GG festgelegt werden mussen wobei dem Massstabegesetz Vorrang zukomme 11 Zweck des Massstabegesetzes ist die Rationalisierung und Entpolitisierung des Finanzausgleichs Die Urteile gehen sowohl auf die Mindesterfordernisse als auch die Grenzen des Ausgleichssystems ein und bestimmen wie der Verteilungsprozess verfassungskonform vorzunehmen ist Einerseits darf das Ausgleichssystem nicht dazu fuhren dass der Bund die Erganzungszuweisungen dazu benutzt leistungsschwachen Landern eine uberdurchschnittliche Finanzkraft zu verschaffen 12 Die Solidaritat zwischen den Gliedstaaten im Bundesstaat soll die Unterschiede mindern aber nicht einebnen Nivellierungsverbot 13 Deshalb spricht das Massstabegesetz von der Annaherung der Finanzkraft 6 Wo genau die Grenze liegt bleibt weiterhin offen eine Anhebung der finanzschwachen Lander auf 95 der durchschnittlichen Landerfinanzkraft erschien aber dem BVerfG jedenfalls vertretbar 14 Andererseits wurden zwar zusatzliche Sanierungsbeitrage an die hochverschuldeten Stadtstaaten Berlin und Bremen verneint dies jedoch nur mit dem Hinweis dass eine Bundeshilfe noch nicht als einzig verbliebene Option zu erkennen und ein bundesstaatlicher Notstand nicht feststellbar sei 15 Verhaltnis zur Europaischen Union BearbeitenDie Europaische Union EU finanziert sich zu einem grossen Teil namlich zu 90 aus Eigenmitteln Zu diesen Mitteln zahlen unter anderem die traditionellen Eigenmittel also beispielsweise Zolle und Zuckerabgaben Circa 10 dieser Mittel werden durch die sogenannten Mehrwertsteuer Eigenmittel vereinnahmt Dabei wird ein gewisser Prozentsatz der Umsatzsteuereinnahmen der Mitgliedstaaten an die Union gezahlt Quelle Europaisches Parlament Die Einnahmen der Europaischen Union Mit dem Eigenmittelbeschluss 1970 wurde ein Anteil von 1 aber maximal 1 4 der Umsatzsteuereinnahmen festgelegt den jeder Mitgliedstaat an die EU zahlen musste Heute muss Deutschland nur noch 0 15 Abgaben leisten Der Prozentanteil ist von der sogenannten Mehrwertsteuer Eigenmittelbemessungsgrundlage zu leisten fur die zum Zwecke der Einheitlichkeit 1977 eine Richtlinie erlassen wurde Diese Richtlinie enthalt unter anderem detaillierte Angaben uber Steuerbarkeit Steuerpflichtigkeit und den Vorsteuerabzug Sie liess den Mitgliedstaaten wenig Spielraum fur individuelle Anpassungen denn Ziel war eine unionsweite Harmonisierung der Mehrwertsteuer Abgaben Bezuglich der Hohe der Steuersatze fur die Umsatzsteuer haben die Mitgliedstaaten immer noch Raum fur eigene Festlegungen die sich allerdings an einem von der Mehrwertsteuersystemrichtlinie vorgegebenen Rahmen orientieren mussen Quelle Stadie in Rau Durrwachter UStG 197 Lieferung 01 2022 Einfuhrung zum Umsatzsteuergesetz Rn 556 560 2017 ergab sich ein Aufkommen durch die Mehrwertsteuer Eigenmittel in Hohe von rund 17 Mrd Euro was circa 12 2 der Gesamteinnahmen der EU ausmachte Ein massiver Ruckgang ist im Vergleich zum Jahr 1988 zu erkennen in dem die Mehrwertsteuer Eigenmittel noch 60 der Einnahmen ausmachten Das ist mit der inzwischen eingefuhrten Mehrwertsteuer Bemessungsgrundlage zu begrunden die eine Senkung des Abgabensatzes fur die Mitgliedstaaten zur Folge hatte Quelle Europaische Kommission Mehrwertsteuer Eigenmittel Anhand konkreter Zahlen ist festzustellen dass die Union 2019 17 774 Mrd Euro durch die Mehrwertsteuer Eigenmittel eingenommen hat 2020 17 344 Mrd Euro und 2021 17 967 Mrd Euro Quelle Official Journal oft the European Union Jahreshaushaltsplan der Union fur das Haushaltsjahr 2021 Kapitel 1 3 Seite 48 des PDF Dokuments Siehe auch BearbeitenSteuerverteilung Abgabenteilung SteuerkraftLiteratur BearbeitenModel Creifelds Staatsburger Taschenbuch 32 Auflage ISBN 3 406 55264 1 Junkernheinrich Hrsg Sonderbedarfe im bundesstaatlichen Finanzausgleich Forum Offentliche Finanzen Bd 7 Berlin 2005 ISBN 3 929342 67 7 Henckel Sonderlasten im bundesstaatlichen Finanzausgleich Arbeitspapier Nr 56 Schriftenreihe Finanzwissenschaftz Betriebswirtschaftliche Steuerlehre Wirtschaftsprufung und Controlling Trier 2002 ISBN 3 925851 84 4 Soyka Rebeggiani Uberprufung und Weiterentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in Niedersachsen Hannover 2011 https www landtag niedersachsen de Drucksachen Drucksachen 16 5000 4501 5000 16 4506 pdf Weblinks BearbeitenKFA in Baden Wurttemberg KFA in Bayern PDF Datei 456 kB KFA in Brandenburg KFA in Hessen KFA in Mecklenburg Vorpommern Memento vom 27 November 2009 im Internet Archive KFA in Niedersachsen KFA in Nordrhein Westfalen KFA in Rheinland Pfalz KFA im Saarland KFA in Sachsen KFA in Sachsen Anhalt KFA in Schleswig Holstein KFA in ThuringenEinzelnachweise Bearbeiten BVerfGE 72 330 404 aus 1986 BVerfGE 101 158 221 aus 1999 BVerfGE 101 158 221 BVerfGE 101 158 160 BVerfGE 72 330 384 386 f Bundesministerium fur Finanzen Monatsbericht Januar 2022 Seite 18 PDF Theo Keller Finanzausgleich I in Handworterbuch der Sozialwissenschaften Band 3 1961 S 542 BVerfGE 38 281 299 BVerfGE 72 330 384 386 f Bertelsmann Stiftung Hrsg Kommunaler Finanzreport 2019 Gutersloh 2019 doi 10 11586 2019045 bertelsmann stiftung de PDF abgerufen am 4 September 2019 BVerfGE 101 158 215 aus 1999 BVerfGE 72 330 404 aus 1986 BVerfGE 101 158 221 aus 1999 BVerfGE 101 158 221 BVerfGE 101 158 160Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Finanzausgleich Deutschland amp oldid 234204565