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Die Evangelische Kirche in Ebsdorf in der Gemeinde Ebsdorfergrund im Landkreis Marburg Biedenkopf Hessen ist eine im Kern romanische Kirche aus der Zeit um 1200 die mehrfach umgebaut wurde Aus spatgotischer Zeit stammen der dreiseitige Ostschluss und der charakteristische Turmhelm mit seinen vier Wichhauschen Die aus geschichtlichen stadtebaulichen und kunstlerischen Grunden denkmalgeschutzte Wehrkirche ist das alteste Gebaude des Ortes und pragt dessen Bild 1 Kirche in Ebsdorf von SudenBlick von Sudosten Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Architektur 3 Ausstattung 4 Orgel 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie Kirche in Ebsdorf wurde um 1200 mit niedrigem Turm und einem niedrigen eingewolbten Schiff in zwei Bauabschnitten errichtet Sie muss einen Vorgangerbau gehabt haben da Ebsdorf bereits im Jahr 1151 als Mutterkirche mit mehreren Geistlichen nachweisbar ist als die Filialgemeinde Beltershausen abgetrennt wurde 2 Der Ausbau in eine wehrhafte Anlage erfolgte um 1250 Der Turm wurde erhoht die romanischen Rundbogen vermauert und in das zweite Geschoss ein Kreuzrippengewolbe eingezogen Nur der Bogen an der Ostseite wurde spater wieder freigelegt Als Abschluss erhielt der Turm eine offene Wehrplatte mit Zinnen und Wasserspeiern 3 Am Ende des 15 Jahrhunderts wurde der Ostschluss im Stil der Spatgotik erneuert und um einen hoheren Chor erweitert Die ursprunglich offene Wehrplatte war zinnenbewehrt erhielt in spatgotischer Zeit aber ihren Turmhelm mit vier Wichhauschen der im 17 Jahrhundert erneuert wurde 3 Im spaten Mittelalter bildete der Ort einen Sendbezirk der zum Dekanat Amoneburg von St Stephan im Bistum Mainz gehorte 4 Mit Einfuhrung der Reformation wechselte der Ort ab 1527 unter Pfarrer Conrad Schneider der bis 1537 in Ebsdorf wirkte zum evangelischen Bekenntnis und wurde der Landgraf Patron Hachborn war seit 1528 nach Ebsdorf eingepfarrt 1577 gehorten die Orte Leidenhofen Ilschhausen Heskem Dreihausen Rossberg und Bortshausen zum Kirchspiel Ebsdorf Im Jahr 1609 schloss sich die Kirchengemeinde dem reformierten Glauben an und wurde 1624 wieder lutherisch vgl Konfessionsverhaltnisse in der Landgrafschaft Hessen Kassel 2 Wahrend des Dreissigjahrigen Kriegs erlitten Kirche und Ausstattung Schaden worauf eine Bauinschrift hinweist CHRISTE TVVM VERBVM TVA GLORIA CHRISTE RECREATOR COMPVLIT AD AEDES SIC RENOVARE POTUERAS Christus durch dein Wort und deinen Ruhm hast du es Christus du Auferstandener vermocht anzutreiben das Gotteshaus zu erneuern 5 Nach einem Entwurf des Maurermeisters Christian Schoen erfolgte 1743 bis 1745 ein Umbau in eine barocke Saalkirche Die Kirche wurde auf dieselbe Hohe wie der Chor aufgestockt und unter einem gemeinsamen Dach vereint 6 An den Langseiten wurden grossere Fenster eingebrochen und mit dem Sudportal ein neuer Eingang geschaffen Die alten Gewolbe im Schiff und der Chorbogen wurden ausgebrochen und aus dem Bauschutt der Fussboden um 1 50 Meter erhoht Schoen liess eine Holztonne einziehen und zweigeschossige Emporen einbauen Eine umfassende Renovierung fand im Jahr 1900 unter dem Architekten August Dauber statt In den Jahren 1919 1920 erfolgte der Anbau einer Sakristei an der Nordseite des Chors 1 Dabei fand das ehemalige gotische Aussenportal Verwendung In Chor und Sakristei wurde ein Gips Gewolbe eingezogen 1977 1978 folgte eine Renovierung der Kirche in mehreren Bauabschnitten Im Jahr 1977 wurden die spatgotischen Bleiglasfenster repariert und die Bleisprossen verstarkt Die neugotischen Netzgewolbe in Chor und Sakristei wurden wieder entfernt und die barocke Bemalung der Decken Emporen und Saulen freigelegt 7 Durch die Entfernung der Chorstufe wurde das Niveau zum Schiff angeglichen und der hallenartige Charakter wie im Barock wiederhergestellt Das gotische Taufbecken auf dem Friedhof fand wieder seinen Aufstellungsort in der Kirche und wurde mit einem Gitter und einer Taufschale versehen Der Fussboden wurde mit Sandsteinplatten neu belegt Die Fenster im Schiff erhielten Antikglas mit Sechseckscheiben wie in der Barockzeit 5 Nachdem die politische Gemeinde und das Land Hessen jahrhundertelang die landesherrschaftliche Verantwortung fur den Bau und Erhalt der Kirchengebaude je zur Halfte ubernommen hatten kaufte sich die Gemeinde in den Jahren 2004 2013 von der Baulast frei Seit 2014 tragt nun die Evangelische Kirche von Kurhessen Waldeck die Verantwortung fur die Gebaude 8 Im Rahmen einer Renovierung im Jahr 2018 wurden Risse im Mauerwerk verfullt das Dachgebalk saniert das Dach neu verschiefert und die Kirchendecke gereinigt Die Sanierung der Aussenmauern soll in einem weiteren Bauabschnitt im Jahr 2019 folgen 9 Architektur Bearbeiten nbsp Nordostseite der Kirche nbsp Marienglocke von 1489Die ungefahr geostete Kirche ist leicht erhoht an reprasentativer Stelle im Ortszentrum errichtet 3 Turm und Schiff sind weiss verputzt nur die Gewande das Traufgesims des Schiffes und die Eckquaderung aus rotem Sandstein an Schiff Chor und Sakristei sind ausgespart Das Gebaude wird von einem Wehrkirchhof mit hohen Ringmauern aus unverputztem Bruchsteinmauerwerk umgeben in die zwei Sandstein Portale mit geradem Sturz eingelassen sind Die Zangenmauern der ursprunglichen Tore sind noch erhalten 3 Der massiv aufgemauerte ungegliederte Wehrturm im Sudwesten steht im Mauerverband mit dem Schiff Der Mauervorsprung im Westen wird durch die Annahme von zwei Bauphasen gedeutet 5 Das Untergeschoss mit Kreuzgratgewolbe und das mittlere Geschoss stammen aus romanischer Zeit Nur nach Osten ist die rundbogige Schalloffnung wieder freigelegt an den anderen Seiten sind die romanischen Offnungen vermauert Das fruhgotische Wehrgeschoss wurde im 15 Jahrhundert umgebaut Seitdem bedeckt ein verschieferter oktogonaler Spitzhelm der von Turmknauf Kreuz und Wetterhahn bekront wird den Turmschaft Dem Spitzhelm sind auf den Ecken vier polygonale Wichhauschen aufgesetzt die je zwei rundbogige Offnungen und einen kleinen oktogonalen Spitzhelm haben dem eine Kugelspitze aufgesetzt ist Die Glockenstube beherbergt ein Dreiergelaut Neben einer Glocke von 1968 Giesser Glocken und Kunstgiesserei Rincker in Sinn Ton fis1 und einer in dis1 erklingenden Gussstahlglocke die Buderus nach dem Ersten Weltkrieg gegossen hat ist eine mittelalterliche Marienglocke von 1489 erhalten die den Schlagton gis1 hat Das dreikreisige Pilgerzeichen zeigt im unteren Teil eine Pieta und im oberen Kreis die Rockzeigung nach Aachener Ritus Das Schiff stammt im Kern aus der Zeit um 1200 worauf im Westen der beiden Langseiten die vermauerten romanischen Rundbogenportale hinweisen Das alte Sudportal ist mit schuppenartigen Ornamentbandern verziert 1 Der Innenraum wird im Suden durch drei und im Norden durch zwei schlanke Stichbogenfenster mit Gewanden belichtet die in den 1740er Jahren eingebrochen wurden und dem Schiff seinen barocken Charakter verleihen Das mittlere Sudfenster reicht nicht so weit wie die beiden flankierenden Fenster hinab da hier das hochrechteckige Sudportal eingelassen ist Das Portal hat ein profiliertes Gewande uber wurfelformigen Basen Auch die Westseite hat ein hochrechteckiges Portal Der dreiseitige Ostschluss weist dieselbe Breite wie das Schiff auf und war vor der Aufstockung des Schiffs deutlich hoher als dieses Der Chor wird durch vier spitzbogige Masswerkfenster belichtet das Ostfenster ist dreibahnig und wird nordlich von einem zweibahnigen und sudlich von zwei zweibahnigen Fenstern flankiert deren Bogenfelder unterschiedlich gestaltet sind Im Inneren werden die Chorfenster durch die verbliebenen Reste der Dienste gegliedert Dreiviertelsaulen auf denen ursprunglich das Steingewolbe ruhte Die Glasmalereien sind noch original aus gotischer Zeit erhalten 5 Ausstattung Bearbeiten nbsp Gotisches Taufbecken nbsp Blick auf die Orgelempore nbsp Kanzel des 17 Jahrhunderts nbsp Altar mit Kruzifixus des 17 JahrhundertsDer Innenraum von Schiff und Chor wird seit dem Umbau 1745 von einer holzernen Voutendecke abgeschlossen die einen blauen Sternenhimmel mit Wolken zeigt Im Chor sind uber den Stumpfen der Dienste und zwischen den Fenstern sechs bauzeitliche Engel 15 Jahrhundert gemalt die von floralem Rankenwerk und Schmetterlingen umgeben sind Drei von ihnen stehen fur die Evangelisten Matthaus Markus und Lukas 5 Oberhalb des Ostfensters ist der untere Teil einer gotischen Darstellung des Pantokrators zu sehen der von der Holzdecke geschnitten wird Im Schiff ist eine dreiseitig umlaufende Empore von 1745 eingebaut die auf achteckigen Holzpfosten mit Bugen und Quaderbemalung ruht Ihre Brustung hat schlichte kassettierte Fullungen deren Bemalung mit einer Holzmaserung in den 1970er Jahren wiederhergestellt wurde An den Langseiten werden die Saulen zur oberen Empore fortgefuhrt die von der Westempore zuganglich sind Im Gegensatz zur unteren hat die obere Brustung durchbrochenes Gitterwerk Die Westempore dient als Aufstellungsort fur die Orgel Der Fussboden im Chor ist mit den alten Sandsteinplatten belegt das Schiff erhielt neue Platten 5 Der massiv aufgemauerte Blockaltar ist um eine Stufe erhoht Er tragt Quaderbemalung und hat eine uberstehende Mensaplatte uber Schrage Das holzerne Altarkreuz mit Kruzifix des Dreinageltypus geht auf die zweite Halfte des 17 Jahrhunderts zuruck 7 In derselben Zeit schuf ein Ebsdorfer Schreiner den reich verzierten Schalldeckel der Kanzel mit durchbrochenem Schnitzwerk und Volutenkrone Der polygonale holzerne Kanzelkorb entstand hingegen im Stil der Neugotik 7 Den Zugang zur hochsitzenden Kanzel in der Nordwand ermoglicht ein Durchbruch von der Sakristei aus Das grosse gotische Taufbecken 1 15 Meter Durchmesser steht seit 1978 wieder in der Kirche Am Westportal steht ein holzerner Opferstock der aus dem Fuss der alten Kanzel gebildet wurde Aus gotischer Zeit stammen die beiden Sakramentsnischen in der ostlichen Chorwand Die linke Nische diente zur Aufbewahrung der Monstranz und die rechte als Piscina 5 In den Nischen des Schiffs sind zahlreiche Grabplatten aus rotem Sandstein aufgestellt 10 darunter ein Grabstein fur Schultheiss Peter Arnsberg 1624 und weitere Familiengrabsteine des 18 Jahrhunderts In der Sudwand des Altarraums ist die sogenannte Ebsdorfer Platte vermauert die wohl vom Beginn des 12 Jahrhunderts datiert und vermutlich fur den Stifter der Ebsdorfer Kirche gehauen wurde Sie ist das obere Bruchstuck einer mittelalterlichen Grabplatte aus Buntsandstein 0 93 Meter hoch 0 725 Meter breit und 0 23 Meter dick die ursprunglich 1 90 Meter hoch war Sie tragt ein lateinisches Kreuz als Bestandteil eines Vortragekreuzes mit seitlich spriessenden floralen Ornamenten das an die Tradition vom grunenden Kreuzstamm als Baum des Lebens anknupft Alle vier Quadranten werden durch kreisformige Ornamente ausgefullt 11 Orgel Bearbeiten nbsp Historischer Orgelprospekt von 1788Der Orgelbauer Johann Dietrich Schroder aus Marburg baute 1737 in Ebsdorf eine neue Orgel Er ist nur noch 1734 in Sterzhausen mit einem weiteren Orgelneubau bezeugt In den Jahren 1785 bis 1788 ersetzten die Marburger Orgelbauer Philipp Christoph und Georg Friedrich Kuster das Instrument Hinter dem spatbarocken Prospekt der seitlich erweitert wurde baute Peter Dickel 1867 1868 ein neues Werk mit 19 Registern auf zwei Manualen und Pedal 12 Im Jahr 1972 baute Wolfgang Bottner die heutige zweimanualige Orgel mit 17 Registern unter Einbeziehung des historischen Prospekts von 1788 Wegen der Kirchenrenovierung wurde das Instrument erst 1976 aufgestellt Die Disposition lautet wie folgt 13 I Hauptwerk C g3Prinzipal 8 Gedackt 8 Oktave 4 Koppelflote 4 Quinte 2 2 3 Nachthorn 2 Mixtur IV V 1 1 3 II Unterwerk C g3Rohrflote 8 Gedackt 4 Prinzipal 2 Terz 1 3 5 Nasat 1 1 3 Scharff III 1 Tremulant Pedal C f1Subbass 16 Prinzipalbass 8 Gemshorn 4 Fagott 16 Koppeln II I I P II PLiteratur BearbeitenFriedrich Karl Azzola Die sogenannte Ebsdorfer Platte Das Bruchstuck einer Kreuzplatte des spaten Hochmittelalters In Zeitschrift des Vereins fur hessische Geschichte und Landeskunde Bd 112 2007 S 31 49 online PDF Georg Dehio Handbuch der Deutschen Kunstdenkmaler Hessen I Regierungsbezirke Giessen und Kassel Bearbeitet von Folkhard Cremer Tobias Michael Wolf und anderen Deutscher Kunstverlag Munchen u a 2008 ISBN 978 3 422 03092 3 S 188 189 Felicitas Janson Romanische Kirchenbauten im Rhein Main Gebiet und in Oberhessen Ein Beitrag zur oberrheinischen Baukunst Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte Bd 97 Selbstverlag der Hessischen Historischen Kommission Darmstadt und der Historischen Kommission fur Hessen Darmstadt 1994 ISBN 3 88443 186 2 S 83 84 Der Turm ein Sternenhimmel und die Falken Kirche in Ebsdorf Heimat und Verschonerungsverein Ebsdorfergrund Ebsdorf 2013 Landesamt fur Denkmalpflege Hessen Hrsg Helmuth K Stoffers Red Landkreis Marburg Biedenkopf II Gemeinden Ebsdorfergrund Fronhausen Lohra und Weimar Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland Kulturdenkmaler in Hessen Theiss Darmstadt 2017 ISBN 978 3 8062 3550 0 S 153 154 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Wehrkirche Ebsdorf Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Kirche auf der Webprasenz der Kirchengemeinde Ebsdorf auf ebsdorfergrund de Ebsdorf Historisches Ortslexikon fur Hessen In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Hessisches Institut fur Landesgeschichte abgerufen am 19 November 2018 Einzelnachweise Bearbeiten a b c Landesamt fur Denkmalpflege Hessen Landkreis Marburg Biedenkopf II 2017 S 153 a b Ebsdorf Historisches Ortslexikon fur Hessen In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Hessisches Institut fur Landesgeschichte abgerufen am 19 November 2018 a b c d Dehio Handbuch der Deutschen Kunstdenkmaler Hessen I 2008 S 188 Wilhelm Classen Die kirchliche Organisation Althessens im Mittelalter Schriften des Instituts fur geschichtliche Landeskunde von Hessen und Nassau Bd 8 N G Elwert sche Verlagsbuchhandlung Marburg 1929 S 99 100 a b c d e f g Kirche auf der Webprasenz der Kirchengemeinde abgerufen am 19 November 2018 Janson Romanische Kirchenbauten im Rhein Main Gebiet und in Oberhessen 1994 S 83 a b c Landesamt fur Denkmalpflege Hessen Landkreis Marburg Biedenkopf II 2017 S 154 Oberhessische Presse Marburg vom 5 Januar 2014 Kirche hinkt mit Investitionen hinterher abgerufen am 19 November 2018 Webprasenz der Kirchengemeinde Berichte zur Kirche abgerufen am 29 November 2018 Janson Romanische Kirchenbauten im Rhein Main Gebiet und in Oberhessen 1994 S 84 Azzola Die sogenannte Ebsdorfer Platte 2007 S 31 37 Die Datierung von Werner Meyer Barkhausen um 1000 die in der Literatur oft ubernommen wird beruht demnach auf unzureichender Sachkenntnis der Deutung der einzelnen Elemente der Kreuzplatte Peter Brusius Dieter Schneider Die Orgelbauerfamilie Dickel Marburg 2013 S 66 67 Organindex Orgel in Ebsdorf abgerufen am 19 November 2018 50 732647 8 812928 209 Koordinaten 50 43 57 53 N 8 48 46 54 O Normdaten Geografikum GND 1034109634 lobid OGND AKS VIAF 300061041 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Evangelische Kirche Ebsdorf amp oldid 236537061