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Dieser Artikel behandelt den Beschuss britischer Fischer durch die russische Flotte und die daraus resultierende politische Krise Fur die Seeschlacht im Ersten Weltkrieg siehe Gefecht auf der Doggerbank Der Doggerbank Zwischenfall ist der auch als Zwischenfall von Hull russisch Gullskij incident englisch Dogger Bank incident oder Russian Outrage bezeichnete Beschuss britischer Fischerboote vor der Doggerbank durch die russische Ostseeflotte in der Nacht vom 21 auf den 22 Oktober 1904 Die russischen Kriegsschiffe waren auf dem Weg in den Fernen Osten wo sie in den Russisch Japanischen Krieg eingreifen sollten Lage der Doggerbank in der NordseeAufgrund ungewisser Meldungen uber die Anwesenheit japanischer Torpedoboote und der allgemeinen Nervositat der russischen Seeleute wurden etwa 30 unbeteiligte Fischerboote von den Russen angegriffen Tausende von Seemeilen von den feindlichen Gewassern entfernt Der Zwischenfall weitete sich zu einem Konflikt aus der Europa fur einige Tage an den Rand eines britisch russischen Krieges brachte Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Die Ereignisse 2 1 Die Nacht vom 21 auf den 22 Oktober 1904 2 2 Die Untersuchung des Vorfalls 2 3 Der Einfluss des Doggerbank Zwischenfalles auf die europaische Politik 3 Nachgeschichte 3 1 Ursachenforschung 3 2 Das Fisherman s Memorial 4 Anmerkungen 5 Literatur 6 WeblinksVorgeschichte Bearbeiten nbsp Admiral Sinowi Petrowitsch RoschestwenskiDer grosste Teil der russischen Ostseeflotte war als Zweites Pazifisches Geschwader am 15 Oktober 1904 von Libau im heutigen Lettland aus in See gestochen Die Flotte unter dem Kommando des Admirals Sinowi Petrowitsch Roschestwenski sollte in den Fernen Osten verlegt werden um das in Port Arthur heute Lushunkou China von den Japanern eingeschlossene Erste Pazifische Geschwader zu entsetzen Bereits am Abend des 16 Oktober wurden die Schiffe in Alarmbereitschaft versetzt da scheinbar japanische Torpedoboote gesichtet worden waren Angeblich waren diese erst kurz zuvor in Grossbritannien gebaut worden Am 20 Oktober gingen die russischen Schiffe bei Skagen vor Anker um Kohlen fur die Weiterreise aufzunehmen Dort traf man auf den Frachter Bakan Bakan dessen Kapitan Admiral Roschestwenski ebenfalls von vier in der Nordsee gesichteten Torpedobooten berichtete Die Nachricht verbreitete sich sofort unter den Offizieren und Matrosen der russischen Schiffe und versetzte die wenig kampferprobten Mannschaften in Angst Roschestwenski teilte das Geschwader zum Schutz in sechs Gruppen ein die einzeln und im Abstand mehrerer Stunden ihren Liegeplatz verliessen Auf den Schiffen wurde Alarm gegeben und die Kampfbereitschaft hergestellt Luken und Turen wurden verschlossen und die Decks der Schiffe von uberflussigen Holzaufbauten geraumt Die Geschutze wurden geladen und samtliche Signallichter geloscht Die Geschutzfuhrer hatten den Befehl die Geschutze auf jedes Schiff zu richten das nicht seine Flagge zeigen wollte Fur den Fall dass ein Schiff vom Geschwader getrennt wurde wurde die Landzunge von Dungeness als Sammelpunkt vereinbart Die Nacht auf den 21 Oktober und der folgende Tag verliefen ohne weitere Vorkommnisse Am Abend hatte die Flotte das Gebiet der Doggerbank erreicht und befand sich auf gleicher Hohe mit der britischen Stadt Hull Die Ereignisse BearbeitenDie Nacht vom 21 auf den 22 Oktober 1904 Bearbeiten Zur vierten der ausgelaufenen Gruppen gehorte neben dem Panzerkreuzer Dimitri Donskoi Dmitrij Donskoj Flaggschiff des Admirals Oskar Adolfowitsch Enkwist und dem Panzerdeckkreuzer Aurora Avrora das Trossschiff Kamtschatka Kamchatka Dieses hatte jedoch aufgrund eines Maschinenschadens das Tempo von zehn Knoten nicht halten konnen und war weit zuruckgefallen Der Mond blieb in dieser Nacht fast vollstandig hinter Wolken und Nebelschwaden so dass die Sichtverhaltnisse schlecht waren Der Kapitan des Schiffes hielt das in der Dunkelheit passierende schwedische Schiff Aldebaran fur ein japanisches Torpedoboot und funkte gegen 20 45 Uhr an das Flaggschiff Knjas Suworow Knyaz Suvorov er wurde angegriffen Dem Geschwader wurde daraufhin gegen 21 Uhr signalisiert Torpedobootangriff von achtern zu erwarten Zwischen dem Werkstattschiff und der Knjas Suworow entspann sich in der Zwischenzeit folgender Funkverkehr Kamtschatka Werde von Torpedobooten verfolgt Knjas Suworow Ihr werdet verfolgt Wie viele Boote und aus welcher Richtung Kamtschatka Der Angriff erfolgt von allen Seiten Knjas Suworow Wie viele Boote Teilt Einzelheiten mit Kamtschatka Es sind etwa acht Torpedoboote Knjas Suworow Sind sie nahe Kamtschatka Sie sind auf eine Kabellange und naher herangekommen Knjas Suworow Wurden Torpedos abgeschossen Kamtschatka Das war nicht festzustellen Knjas Suworow Welchen Kurs steuert ihr jetzt Kamtschatka Sudost 70 Grad mit 12 Knoten Erbitten Position des Geschwaders Knjas Suworow Verfolgen euch Torpedoboote Ihr musst zunachst die Gefahrenzone verlassen den Kurs andern dann eure Lange und Breite melden worauf euch der Kurs angegeben wird Kamtschatka Wir furchten uns Angaben zu machen 1 Gegen 23 Uhr fragte das Flaggschiff abermals per Funk nach ob Torpedoboote gesichtet wurden Nach etwa 20 Minuten meldete das Trossschiff dass nun keine Boote mehr zu sehen seien Der Admiral und sein Stab begegneten den Funkspruchen mit Skepsis war es doch unwahrscheinlich dass die Japaner ein unwichtiges Werkstattschiff als erstes Angriffsziel ausgewahlt hatten Zur selben Zeit passierte Admiral von Folkersahms 2 Division die einige Stunden vor Admiral Roschestwenskis 1 Division ihren Liegeplatz verlassen hatte die Doggerbank Von Folkersahm erkannte die britischen Fischerboote und wechselte daraufhin seinen Kurs um die Fischerflottille nordlich zu passieren Er unterliess es jedoch Admiral Roschestwenski uber die gesichteten Fischerboote zu unterrichten Gegen 00 55 Uhr entdeckten die zur Wache eingeteilten Offiziere der 1 Division an Backbord die britischen Schiffe Ein Fischerboot schoss kurz darauf eine grune Rakete ab mit der sie den anderen Booten das Signal Uber Steuerbordhalsen legen signalisieren wollte Die russischen Signalgasten deuteten das Signal jedoch falsch Die russischen Linienschiffe richteten daraufhin ihre Scheinwerfer auf die Fischerboote die auch als solche identifiziert wurden Im Lichtkegel der Scheinwerfer tauchte aber fur einen kurzen Augenblick ein weiteres Boot auf das an den Schattenriss eines Torpedobootes erinnerte und in voller Fahrt auf die russischen Kriegsschiffe zuhielt Auf dem Flaggschiff wurde Alarm gegeben Der Admiral konnte das vermeintliche Torpedoboot jedoch nicht langer erkennen Die Suchscheinwerfer streiften erneut die britischen Trawler Ein Geschutzfuhrer auf der Knjas Suworow eroffnete dann ohne Befehl auf eigene Faust das Feuer auf die Fischerboote Dies wurde von einigen Offizieren auf den anderen Schiffen als Erlaubnis zum Feuern auf die gesichteten Boote verstanden Daraufhin eroffnete die gesamte erste Division das Feuer auf die britischen Fischer Ein Trawler wurde sofort manovrierunfahig geschossen und trieb auf das Schlachtschiff Imperator Alexander III Imperator Aleksandr III zu Admiral Roschestwenski befahl umgehend das Feuer einzustellen nbsp Die Aurora wurde wahrend des Vorfalls von russischen Schiffen beschossenNur einen kurzen Augenblick spater wurde backbord erneut ein vermeintliches Torpedoboot gesichtet Der Admiral gab nun Befehl auf jedes verdachtige Schiff in dieser Richtung zu feuern Als sich die beiden Kreuzer Dimitri Donskoi und Aurora aus dieser Richtung naherten und das Flaggschiff mit ihren Suchscheinwerfern erfassten wurden auch diese Schiffe fur japanische Kriegsschiffe gehalten und sofort beschossen Die Aurora wurde von mehreren Geschossen getroffen und leicht beschadigt Der Schiffspriester des Kreuzers verlor durch eine detonierende Granate einen Arm und verstarb einige Tage spater Ein als Geschutzfuhrer tatiger Offizier wurde leicht verletzt Nach einigen Minuten wurde der Irrtum erkannt und die Offiziere entfernten teils unter Androhung von Gewalt die vollig uberreizten Geschutzfuhrer von ihren Waffen Die Uhren zeigten 01 05 Uhr Der Beschuss hatte nicht langer als 10 Minuten gedauert In dieser Zeit hatten die russischen Schiffe insgesamt siebzehn 152 mm Geschosse und etwa 500 Schuss der leichten Geschutze abgefeuert Daneben wurden etwa 1800 Schuss aus den Maschinengewehren verschossen In diesem Augenblick meldete die Kamtschatka die sich immer noch hinter der ersten Division befand dass erneut zwei Boote ohne die vorgeschriebenen Positionslichter gesichtet wurden Beim Beschuss wurde der britische Trawler Crane versenkt Zwei britische Seeleute der Kapitan der Crane George Henry Smith und das Crew Mitglied William Richard Legget wurden von Granatsplittern getotet Als auf den anderen Booten der bevorstehende Untergang der Crane bemerkt wurde bestiegen einige Fischer des Trawlers Gull ein Rettungsboot um die Verletzten zu retten Der Maat Charles Beer der leitende Ingenieur Harry Smirk und der Bootsmann Edwin Costello retteten die Verwundeten und bargen William Leggets Leiche Beer Smirk und Costello sowie die uberlebenden Besatzungsmitglieder der Crane wurden spater mit der Albert Medal fur die Lebensrettung auf See ausgezeichnet Auf den restlichen funf beschadigten Booten darunter den Trawlern Moulmein und Mino wurden insgesamt sechs Fischer verwundet einer davon so schwer dass er im Mai 1905 an den Folgen verstarb Gegen 01 30 Uhr hatte die Kamtschatka zum Flaggschiff aufgeschlossen Die vermeintlichen Torpedoboote wurden vorerst nicht gesichtet Der Admiral war jedoch sicher dass sich mindestens ein feindliches Torpedoboot in der Nahe aufhalten musse Er ordnete daher die sofortige Weiterfahrt an ohne sich um die britischen Fischerboote zu kummern oder eventuelle Schiffbruchige zu retten In seinem Bericht an den Zaren schrieb der Admiral spater Da das Verhalten der Fischtrawler verdachtig erschien und da ich nicht sicher war dass alle am Angriff beteiligten Torpedoboote ausgeschaltet worden waren uberliess ich die Verletzten der Versorgung durch ihre Kameraden Constantine Pleshakov The Tsar s Last Armada The Epic Voyage to the Battle of Tsushima Basic Books New York 2003 S 97 Die Untersuchung des Vorfalls Bearbeiten Der Zwischenfall fuhrte zu einem schweren diplomatischen Konflikt zwischen Russland und Grossbritannien Das Verhaltnis beider Staaten war bereits seit Beginn des Krieges vorbelastet da Grossbritannien seit 1902 formal ein Verbundeter Japans war Der britische Konig Eduard VII zeigte sich entrustet uber das Vorgehen Roschestwenskis Der russische Botschafter in London Graf Benckendorff wurde bei seiner Ruckkehr von einer Reise aufs Festland von einer wutenden und johlenden Menge am Bahnhof London Victoria empfangen und musste von der Polizei vor dem Mob beschutzt werden 2 Die russische Flotte wurde in der Weltpresse als Piraten und Barbaren bezeichnet Vor allem die britische Boulevardpresse sparte nicht mit Hame und Spott Admiral Roschestwenski erhielt von den britischen Journalisten den wenig schmeichelhaften Spitznamen Mad Dog tollwutiger Hund Der Evening Standard forderte Zar Nikolaus II auf die Flotte unverzuglich zuruckzurufen Die russische Regierung wollte zwar um jeden Preis einen weiteren Krieg vermeiden empfand die britischen Forderungen jedoch als dreist und unangemessen Der Zar wies seine Minister an den Streit auf dem diplomatischen Wege zu regeln Gleichzeitig sprach er Admiral Roschestwenski in einem Telegramm vom 29 Oktober weiterhin sein Vertrauen aus Die britische Offentlichkeit forderte ein Eingreifen der Home Fleet und erwartete weiterhin dass der russische Admiral vor Gericht gestellt wurde Besonders stark wurde Roschestwenski dafur kritisiert dass er die Fischer ihrem Schicksal uberliess und keine Rettungsboote aussandte Die uberlebenden Fischer gaben dann auch zu Protokoll dass sich ein Torpedoboot bis zum Tagesanbruch in der Nahe der Fischerboote aufgehalten hatte ohne diesen Hilfe zu leisten Da Danemark und die Niederlande umgehend erklarten keine Boote auf See zu haben zweifelte kein Berichterstatter daran dass es sich um ein russisches Boot gehandelt haben musse Die Russen erklarten hingegen spater dass das gesichtete Boot zweifellos ein beschadigtes japanisches Torpedoboot gewesen sein musse Diese Erklarung wurde vom britischen Premierminister Arthur Balfour in einer Rede vom 28 Oktober als reines Fantasiegebilde pure fancy 3 scharf zuruckgewiesen nicht zuletzt weil die Basis eines solchen Bootes in der Nordsee nicht unentdeckt bleiben wurde Es konnte nie abschliessend geklart werden unter welcher Flagge das fragliche Schiff fuhr Die britische Marine verfolgte derweil die russische Flotte und schloss sie in Vigo Spanien ein Admiral Roschestwenski erfuhr erst vom russischen Generalkonsul von den politischen Folgen des Zwischenfalls Den Russen wurde derweil vom dortigen Hafenkommandanten die Bekohlung und der Landgang untersagt Die britische Flotte uberwachte das russische Geschwader auf Schritt und Tritt Roschestwenskis Flotte konnte nunmehr auch in neutralen Hafen nur unter grossen Schwierigkeiten ankern und die Kohle laden Russland musste eine Untersuchung des Vorfalls zulassen bevor die Schiffe weiterfahren durften Roschestwenski entsandte von Vigo aus Kapitan Nikolai Klado und zwei weitere Zeugen des Vorfalls nach St Petersburg bevor die Flotte am 1 November nach Tanger auslaufen konnte Die britische Marine verfolgte das Geschwader jedoch weiterhin Die Untersuchung des Vorfalls fand vor einem internationalen Schiedsgericht in Paris statt dem eine Kommission von funf Admiralen aus den USA Frankreich Osterreich Ungarn Grossbritannien und Russland vorsass Die von Admiral Roschestwenski entsandten Zeugen bestanden darauf dass feindliche Torpedoboote vor Ort waren Sie beschrieben detailliert Aufbauten und die Zahl der Schornsteine Die japanische Regierung bestritt auf Anfrage erwartungsgemass dass sich jemals eines ihrer Kriegsschiffe in der Nordsee befunden habe Am 25 Februar 1905 stellte die Kommission mehrheitlich ein Fehlverhalten der russischen Flotte fest Die von Roschestwenski getroffenen Massnahmen zum Schutz seines Geschwaders wurden jedoch gebilligt Die Mehrheit der Kommission erachtete diese Befehle fur angemessen mit Rucksicht auf den Kriegszustand und besonders unter vorliegenden Umstanden die der Geschwaderchef mit vollem Recht als sehr beunruhigend ansehen musste zumal er keine Mittel hatte um die Genauigkeit der Nachrichten zu prufen die ihm von russischen Agenten zugegangen waren 4 Da er jedoch den Befehl zur Eroffnung des Feuers gegeben hatte wurde ihm auch die Verantwortung fur die daraus entstandenen Folgen angelastet Unklar blieb jedoch die Frage wem in welchem Masse die Schuld an den Ereignissen angelastet werden konne Die Mehrheit der Kommission erklarte dass es nicht gelungen sei festzustellen auf welche Objekte die Schiffe gefeuert hatten Die Kommission stimmte darin uberein dass die Fahrzeuge der Fischerflotte keinerlei feindliche Handlung begangen hatten Die Mehrzahl der Kommission war der Ansicht dass die Eroffnung des Feuers durch Admiral Roschestwenski nicht gerechtfertigt gewesen sei da keine Torpedoboote zwischen den Fischerbooten oder irgendwo in der Nahe gewesen seien 4 Der russische Abgesandte Admiral Dubassow konnte sich dieser letzten Formulierung nicht anschliessen Er blieb bei seiner Behauptung dass feindlich gesinnte Torpedoboote vor Ort waren Der Vorfall blieb letztlich unaufgeklart Eine von allen Beteiligten akzeptierte Entscheidung ist nie erfolgt Noch bevor die russische Flotte in der Seeschlacht bei Tsushima nahezu vollstandig vernichtet wurde bezahlte die russische Regierung am 9 Marz 1905 insgesamt 65 000 zur Entschadigung der Fischer vor allem um einen drohenden Kriegseintritt Grossbritanniens zu verhindern Grossbritannien nahm der russischen Regierung gleichwohl das Versprechen ab dass die Russen auf dem Weg in den Fernen Osten den britisch japanischen Konterbandehandel nicht behinderten Fur die russische Flotte jedoch ergaben sich durch die britische Einflussnahme auf der Weiterreise auch weiterhin erhebliche Probleme bei der Bekohlung ihrer Schiffe und beim Ankern in neutralen Hafen Der Ruf Admiral Roschestwenskis war durch den Zwischenfall bereits vor der vernichtenden Niederlage in der Seeschlacht bei Tsushima weitgehend ruiniert Der Einfluss des Doggerbank Zwischenfalles auf die europaische Politik Bearbeiten nbsp Kaiser Wilhelm II suchte im Zuge des Doggerbank Zwischenfalls die Annaherung an Russland Die britische Offentlichkeit hatte einen unverzuglichen Kriegseintritt auf Seiten der Japaner erwartet Das aber lag nicht im Sinne der britischen Regierung die Gefahr in einen Krieg weltweiten Ausmasses zu geraten war zu hoch So hatte eine Kriegserklarung an Russland mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit einen Kriegseintritt Frankreichs gegen Grossbritannien nach sich gezogen Die zwischen Grossbritannien und Frankreich bestehende Entente Cordiale beinhaltete kein militarisches Abkommen sondern hatte lediglich der Verringerung der gegenseitigen Kriegsgefahr gedient Die Franzosisch Russische Allianz bezog sich zwar ausdrucklich gegen das Deutsche Reich ware aber bei einem Stillhalten Frankreichs gegenuber Grossbritannien zerbrochen 5 Als Folge davon hatte Russland hochstwahrscheinlich ein Bundnis mit Deutschland geschlossen Kaiser Wilhelm II umwarb Russland bereits heftig 6 Am 27 Oktober sandte er dem Zaren ein Telegramm und nur wenige Tage danach reiste Wilhelm II nach Russland und regte in St Petersburg die Schaffung eines so genannten Kontinentalblocks gegen das britisch japanische Bundnis an Fur alle Falle liess die Fuhrung des deutschen Ostasiengeschwaders die Befestigungswerke des ostchinesischen Marinestutzpunkts Tsingtao ausbauen Das japanische Aussenministerium liess offen verlauten dass japanische Kriegsschiffe nicht zogern wurden deutsche Transportschiffe zu versenken wenn diese im Kriegsgebiet uber dessen Ausdehnung es keine einheitliche Definition gab die Russen mit Kohle beliefern sollten Der Kaiser liess derweil anfragen ob die Russen ihre Linienschiffe kunftig auf deutschen Werften bauen lassen wollten Die Vorverhandlungen zwischen beiden Staaten fuhrten bereits im November des Jahres zum Austausch von Vertragsentwurfen Mit einem Bundnis zwischen Deutschland und Russland ware jedoch fur Frankreich nicht nur die Ruckgewinnung Elsass Lothringens utopisch geworden sondern daruber hinaus die franzosische Sicherheit gefahrdet gewesen Bei einem Krieg der Blocke Russland Frankreich gegen Grossbritannien Japan aber hatte Deutschland aussen vor gestanden oder ware auf der Seite des ersteren in den Krieg eingetreten Im ersteren Fall ware das Deutsche Reich der lachende Dritte gewesen der zweite war gleichbedeutend mit einem deutsch russischen Abkommen Zudem konnte Frankreich keinen Krieg gegen Grossbritannien riskieren weil Russland in Ostasien kampfte und mit dem Abzug des 2 Pazifischen Geschwaders keine grosseren Seestreitkrafte mehr im europaischen Raum zu Verfugung standen Frankreich hatte also allein gegen die Royal Navy antreten mussen Aus allen diesen Grunden war Frankreich an einer schnellen Beilegung der Krise interessiert und versuchte die Briten zu besanftigen 7 Dies gelang da der britischen Regierung bewusst war dass das Empire einem Krieg gegen Frankreich in Europa Afrika und Indochina sowie gegen Russland in Afghanistan schwelender britisch russischer Konflikt um die Vorherrschaft in Zentralasien als The Great Game bekannt nicht gewachsen gewesen ware Deutschland hatte wahrenddessen in aller Ruhe seine Rustung zur See vervollstandigen konnen oder ware in den Krieg eingetreten und hatte die britische Lage noch verschlimmert In Europa hatte eine verbundete deutsch franzosische Flotte die Royal Navy in Bedrangnis gebracht und in Afrika und Asien hatten sich zusatzliche Kriegsschauplatze gegen deutsche Schutztruppen und Geschwader ergeben 8 Der britische Aussenminister Henry Petty FitzMaurice 5 Marquess of Lansdowne bemuhte sich daher um Schadensbegrenzung und wollte den Konflikt friedlich beilegen nbsp Theophile DelcasseSo konnte der franzosische Aussenminister Theophile Delcasse die Briten zur Beilegung der Krise bewegen Mit diesem Ergebnis wiederum war es ihm moglich die laufenden Vorbesprechungen fur Verhandlungen um ein deutsch russisches Bundnis zu stoppen Er verlangte dass sich der Zar schnellstmoglich fur den Fehltritt seines Admirals entschuldigen moge Nur auf diesem Wege sei ein militarischer Konflikt noch zu verhindern Die Russen wollten ebenfalls keinen Krieg mit Grossbritannien Der Krieg in Ostasien fuhrte bereits zu Missmut unter der russischen Bevolkerung und hatte nun noch einen Konflikt um Afghanistan nach sich gezogen Zudem ware das 2 Pazifische Geschwader verloren gewesen Deswegen nahm der Zar die Vermittlung Frankreichs dankbar an 9 Reichskanzler Bernhard von Bulow sah hingegen in Delcasse einen Gegner und verstand es nicht das russisch franzosische Bundnis fur seine Ziele zu nutzen Da Russland gegen den Willen der deutschen Regierung auf einen Einbezug Frankreichs in das Vertragswerk bestand scheiterten die deutsch russischen Verhandlungen nach wenigen Wochen Zusatzliches Konfliktpotential erhielt die Krise durch die Bekohlung der russischen Flotte durch deutsche Frachtschiffe der Hamburg Amerika Linie Die Kohlelieferungen wurden sowohl von Japan als auch Grossbritannien als Bruch der deutschen Neutralitat verstanden Die deutsche Regierung versuchte sich dadurch aus der Affare zu ziehen dass die deutschen Kohleschiffe von Russland aufgekauft werden sollten um sie mit russischen Matrosen zu bemannen Der Marinehauptstab in St Petersburg wies dieses Ansinnen jedoch zuruck und drang auf die weitere Erfullung des Vertrages durch die deutschen Lieferanten Wahrend Deutschland zunehmend an Ansehen bei allen Beteiligten verlor erreichte Delcasse eine Annaherung der Briten an Frankreich und Russland Fur das Deutsche Reich ergaben sich daraus Konsequenzen die sich fatal auswirken sollten Die gemeinsame Beilegung der Doggerbank Krise beschleunigte eine Verstandigung zwischen den drei Grossmachten die 1907 in der Triple Entente befestigt wurde 10 Das Deutsche Reich sah sich umzingelt worin das Schlagwort der Einkreisung Deutschlands seinen Ursprung hat Die Isolierung Deutschlands fuhrte zu Nervositat und Kopflosigkeit die sich in den endlosen Diskussionen um die Vor und Nachteile eines Bundnisses mit Russland oder den USA spiegeln Gleichzeitig versuchte man das Blatt noch zu wenden und Frankreich zu zwingen ein deutsch russisches Bundnis zu akzeptieren indem man die Marokkokrise von 1905 forcierte 11 Dabei erlebte das Deutsche Reich nicht nur eine schwere diplomatische Niederlage sondern liess bei den anderen europaischen Machten auch das Gefuhl entstehen Deutschland versuche sie gegeneinander auszuspielen und in den Krieg zu treiben 12 Eine Grundlage des kommenden Ersten Weltkrieges war damit gelegt siehe auch Kriegsziele im Ersten Weltkrieg Die russisch britischen Beziehungen normalisierten sich nach dem Urteilsspruch am 25 Februar 1905 in den nachsten Monaten schrittweise 1907 trat Russland schliesslich der Entente bei die dadurch zum Dreierbundnis wurde Nachgeschichte BearbeitenUrsachenforschung Bearbeiten Der russische Stabsoffizier an Bord von Roschestwenskis Flaggschiff Kapitan 2 Ranges Wladimir Semjonow versuchte spater zu beweisen dass sich tatsachlich japanische Torpedoboote auf der Doggerbank befunden haben mussen Semjonow der die Seeschlacht bei Tsushima uberlebt hatte war mit dem Admiral in japanische Kriegsgefangenschaft geraten Er wurde von den Japanern in einem Militarlazarett in Sasebo untergebracht Dort so behauptet es Semjonow in seinem 1907 erstmals veroffentlichten Buch Vergeltung Rasplata habe er ein Gesprach mit einem japanischen Offizier gefuhrt der ihm gegenuber gestand zur Zeit des Doggerbank Zwischenfalls mit seinem Schiff in der Nordsee gewesen zu sein Auf die Frage ob der Japaner am Zwischenfall beteiligt gewesen sei hatte dieser ausweichend geantwortet Semjonow wollte damit vermutlich die Ausserungen des Admirals Roschestwenskis belegen Dieser behauptete bis an sein Lebensende es mussten tatsachlich japanische Torpedoboote vor Ort gewesen sein Der britische Seekriegshistoriker Fred T Jane verwies auf ein weiteres Faktum Das Vorgehen war unter den gegebenen Voraussetzungen zumindest militarisch sinnvoll In seinem 1906 erschienenen Werk Heresies of Sea Power billigt er ausdrucklich die Vorgehensweise Admiral Roschestwenskis Ob die Russen auf ihre eigenen Schiffe gefeuert haben oder nicht ist vollkommen gleichgultig Die Hauptsache bleibt dass sie sich angegriffen fuhlten und sofort Feuer eroffneten ohne Rucksicht darauf zu nehmen dass irgendjemand der in der Nahe war verletzt werden konnte Dies war eine absolut einwandfreie Handlung vom seemannisch militarischen Standpunkt aus Feuern auf alles was verdachtig ist das ist die einzig mogliche Order fur jede Flotte die der Gefahr eines Torpedobootangriffes gegenuberzustehen glaubt Abwarten bis man Gewissheit hat hiesse sich freiwillig der Vernichtung auszusetzen Ebenso wurde ein Admiral der glaubt dass er angegriffen worden ist etwas Schlimmeres als einen Irrtum begehen wenn er warten wollte um etwaigen unschuldig Getroffenen Hilfe zu leisten Fred T Jane Heresies of Sea Power Longmans Green amp Co 1906 S 201 Erst 1935 wurde in einer russischen Marinezeitschrift eine Studie des Autors Nikolai Wassiljewitsch Nowikow 1909 1971 veroffentlicht der detaillierte Hintergrunde zu den Ursachen des Doggerbank Zwischenfalls erforscht hatte Laut Nowikow hatte das russische Marineministerium aus Angst vor japanischen Angriffen auf das Geschwader wahrend dessen langer Reise einen Spion mit der Beschaffung von Informationen uber geplante Aktionen der japanischen Marine beauftragt Dazu war einem Mann namens Abram Gekkelman einem unter dem Pseudonym Arkadi Michailowitsch Garting tatigen Auslandsagenten der zaristischen Ochrana mit zwielichtigem Ruf ein Kredit in Hohe von 150 000 Rubel nach anderen Quellen sogar bis zu 500 000 Rubel bewilligt worden Dieser liess sich unter dem Decknamen Arnold in Kopenhagen nieder und baute von dort ein europaweites Netzwerk aus Spionen auf Vermutlich um seine hohen Ausgaben zu rechtfertigen berichtete Gekkelman standig uber verdachtige Schiffsbewegungen in der Nordsee Diese kontinuierlich verbreiteten Falschmeldungen durften erheblich zur Nervositat der russischen Marinefuhrung und des Geschwaderchefs beigetragen haben Das Fisherman s Memorial Bearbeiten nbsp Fisherman s MemorialIm Jahre 1906 enthullte man in Hull an der Ecke Boulevard und Hessle Road das Fisherman s Memorial 13 das an den Tod der drei britischen Seeleute erinnert Die ca 5 40 m hohe Statue zeigt den getoteten Fischer George Henry Smith und tragt folgende Inschrift 14 Erected by public subscription to the memory of George Henry Smith skipper and William Richard Legget third hand of the ill fated trawler CRANE who lost their lives in the North Sea by the action of the Russian Baltic Fleet October 22 1904 and Walter Whelpton skipper of the trawler MINO who died through shock May 1905 Errichtet durch Spenden im Gedenken an George Henry Smith Kapitan und William Richard Legget drittes Besatzungsmitglied vom Trawler CRANE die ihre Leben in der Nordsee durch die Handlungen der russischen Ostseeflotte am 22 Oktober 1904 verloren und Walter Whelpton Kapitan des Trawlers MINO der im Mai 1905 durch Schock starb Anmerkungen Bearbeiten Alexej Silytsch Nowikow Priboj Tsushima Berlin 1954 S 75 1 Auflage The New York Times October 25 1904 LONDON MOB ATTACKS RUSSIAN AMBASSADOR Hoots Count Benckendorff and Tries to Smash Carriage POLICE GUARD EMBASSY The Count Sends Long Cipher Message to St Petersburg Memento des Originals vom 8 Dezember 2015 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot query nytimes com Arthur Balfour Leader s speech Southampton 1904 bei britishpoliticalspeech org abgerufen am 1 Oktober 2014 a b International Commissions of Inquiry Incident in the North Sea The Dogger Bank Case bei worldcourts com abgerufen am 1 Oktober 2014 Werner Stingl Der Ferne Osten in der deutschen Politik 1978 S 492 Barbara Vogel Deutsche Russlandpolitik 1973 S 204f Barbara Vogel Deutsche Russlandpolitik 1973 S 214ff George Monger The end of isolation Barbara Vogel Deutsche Russlandpolitik 1973 S 214f Barbara Vogel Deutsche Russlandpolitik 1973 S 216 Barbara Vogel Deutsche Russlandpolitik 1973 S 216ff George Monger The end of isolation 1963 S 27ff Foto des Denkmals Memento vom 23 Januar 2013 im Webarchiv archive today Fotografie der InschriftLiteratur BearbeitenImanuel Geiss Der lange Weg in die Katastrophe Die Vorgeschichte des Ersten Weltkrieges 1815 1914 Piper 943 Piper Munchen u a 1990 ISBN 3 492 10943 8 George Monger The end of isolation British foreign policy 1900 1907 Nelson London u a 1963 A S Nowikow Priboi Tsushima Militarverlag der DDR Berlin 1986 ISBN 3 327 00251 7 Constantine Pleshakov The Tsar s last armada The epic voyage to the battle of Tsushima Basic Books New York NY 2002 ISBN 0 465 05792 6 Jurgen W Schmidt Der russische militarische Nachrichtendienst wahrend des russisch japanischen Krieges 1904 05 in der Mandschurei und zur See In Bochumer Jahrbuch zur Ostasienforschung Band 25 2001 ISSN 0170 0006 S 111 129 Wladimir Ssemenow Rassplata Kriegstagebuch uber die Blockade von Port Arthur und die Ausreise der Flotte unter Rojestwenski Mittler und Sohn Berlin 1908 Werner Stingl Der Ferne Osten in der Deutschen Politik vor dem Ersten Weltkrieg 1902 1914 Band 2 Haag u Herchen Frankfurt am Main 1978 ISBN 3 88129 087 7 The Historical Section of the Committee of the Imperial Defense Hrsg Official History Naval and Military of the Russo Japanese War Vol 3 London 1920 Frank Thiess Tsushima Der Roman eines Seekrieges Zsolnay Berlin u a 1936 Auch Rowohlt Taschenbuch Verlag Reinbek bei Hamburg 1987 ISBN 3 499 15938 4 Barbara Vogel Deutsche Russlandpolitik Das Scheitern der deutschen Weltpolitik unter Bulow 1900 1906 Studien zur modernen Geschichte 11 Bertelsmann Dusseldorf 1973 ISBN 3 571 09051 9 Zugleich Hamburg Univ Diss 1973 Walter Wood North Sea Fishers And Fighters K Paul Trench Trubner amp Co London 1911 Chapter XXII The Russian Outrage Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Doggerbank Zwischenfall Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Beschreibung des Zwischenfalls sowie Ubersicht der Entschadigungsforderungen und Zahlungen Memento vom 11 August 2006 im Internet Archive englisch Bericht der internationalen Kommission vom 26 Februar 1905 englisch Ausstellung im Hull Maritime Museum uber den Russian Outrage von 1904 englisch nbsp Dieser Artikel wurde am 31 Mai 2006 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen 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