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Die elementaren Formen des religiosen Lebens Das totemistische System in Australien Les formes elementaires de la vie religieuse Le systeme totemique en Australie ist ein 1912 erschienenes Buch von Emile Durkheim Es befasst sich mit der Frage nach dem Wesen der Religion Mit diesem Werk bildet Durkheim die Grundlage fur eine funktionalistische Betrachtung der Religion indem er als ihr wesentliches Kernelement ihre Funktion zur Stiftung gesellschaftlichen Zusammenhalts und gesellschaftlicher Identitat ausmacht In Anschluss an Durkheim wird von einzelnen Vertretern der Religionssoziologie all das als Religion interpretiert was in verschiedenen Gesellschaften eben derartige Funktionen erfullt Demgegenuber steht ein substantialer Religionsbegriff der Religion an bestimmten inhaltlichen Merkmalen Vorstellungen von Transzendenz Ausbildung von Priesterrollen etc festmacht Inhaltsverzeichnis 1 Entstehungsgeschichte Einflusse 2 Inhalt 3 Kritik 4 Rezeption Nachwirkung 5 Ausgaben 6 Einzelnachweise 7 WeblinksEntstehungsgeschichte Einflusse BearbeitenMit dem Themenkomplex Religion beschaftigte sich Durkheim nicht erst im Rahmen dieses Buches sondern bereits viele Jahre zuvor Bei der Entwicklung seiner soziologischen Theorie im Allgemeinen und religionssoziologischer Ansichten im Speziellen haben im Wesentlichen drei Gelehrte einen grossen Einfluss ausgeubt Zum einen der bretonische Althistoriker Numa Denis Fustel de Coulanges der in seinem Hauptwerk La cite antique 1884 den Ahnenkult als wesentliches Bindeglied der sich um die Familie im weiteren Sinn gruppierenden antiken Gesellschaft hervorhebt Zweitens ist der deutsche Volkerpsychologe Wilhelm Wundt zu nennen den Durkheim auf seiner Studienreise nach Deutschland in Leipzig kennengelernt hatte und dessen neuen Ansatz in der Moralforschung er der frankophonen Welt in einem eigenen wissenschaftlichen Artikel prasentierte La Science Positive de la Morale en Allemagne 1887 Nach Wundts Ansicht ist die Moral fur die Integration des Einzelnen in einen grosseren sozialen Zusammenhang verantwortlich Fur Durkheims Auseinandersetzung mit Religion muss allerdings das Jahr 1895 als entscheidender Wendepunkt in seinem Leben angefuhrt werden wo er auf den dritten bedeutenden Gelehrten stiess William Robertson Smith Durkheim selbst beschreibt die Situation folgendermassen Es war 1887 dass ich Wundt gelesen habe aber es war erst 1895 dass ich ein klares Bewusstsein hatte von der zentralen Rolle von Religion im sozialen Leben Es war in jenem Jahr dass ich zum ersten Mal das Mittel gefunden habe das Studium der Religion soziologisch in Angriff zu nehmen Das war fur mich eine Offenbarung 1895 markiert eine Demarkationslinie in der Entwicklung meines Denkens Grund dafur waren ausschliesslich religionshistorische Studien die ich gerade vorgenommen hatte und besonders die Lekture der Arbeiten von Robertson Smith und seiner Schule 1 Von Robertson Smith der in seinem Buch Lectures on the Religion of the Semites 1898 den Versuch einer Rekonstruktion der Religion dieser Volkerfamilie anstellte ubernahm Durkheim vor allem die Erkenntnis des Unterschieds zwischen einer offentlichen und einer privaten Religion und die totemistische Opfertheorie was den Bereich des Totemismus im Besonderen anbelangt die folgenden vier Hauptgedanken 2 Die primitive Religion ist ein Clankult Dieser Clankult ist totemistisch Der Gott des Clans ist der spiritualisierte Clan selbst Der Totemismus stellt die elementarste und ursprunglichste bekannte Religionsform dar Durkheims Ansatz stellt eine direkte Fortsetzung und Weiterentwicklung der Ansichten von Fustel de Coulanges und Robertson Smith dar beide vertraten bereits eine strukturelle Theorie der Entstehung der Religion aus der elementaren Gesellschaft Durkheim wollte daruber hinaus noch den Prozess der Entstehung darlegen Schon im ersten Band der L Annee Sociologique erschienen im Jahr 1898 richtete Durkheim einen gesonderten Abschnitt fur den Bereich Religionssoziologie ein und veroffentlichte in den ersten beiden Banden dieser Zeitschrift eine Reihe von Artikeln zu diesem Thema darunter im zweiten Band 1899 unter dem Titel De la definition des phenomenes religieux einen ersten Ansatz einer Definition von Religion praziser gesagt von religiosen Tatsachen faits religieux eines Begriffs der analog zu den faits socieux gebildet ist des Weiteren sei auf zwei kleinere Arbeiten uber den Totemismus verwiesen La prohibition de l inceste 1898 und Sur le totemisme 1902 die als Vorstudien zu seinem religionssoziologischen Hauptwerk angesehen werden konnen Bis zur letzten Ausgabe der Zeitschrift 1913 blieb der Abschnitt uber Religion der umfangreichste und wichtigste Das grosse Interesse an der Religion ist auf den ersten Blick verbluffend wenn man bedenkt dass es sich bei Durkheim um einen Vertreter des Laizismus handelt in diesem Punkt ist er mit Max Weber zu vergleichen Durkheim wollte nachweisen dass Religion jeglicher Transzendenz entbehrt und vielmehr auf einer rationalen Basis begrundet ist die die Sozialstruktur einer Gesellschaft darstellt aus diesem Grund entwickelt sich die Religion auch aus der Gesellschaft Mit diesem Ansatz wird Durkheim auch zu einem Pionier der Wissenssoziologie da die Religion hier als Ursprung und Stutze der gesellschaftlichen Wissensstrukturen gesehen wird Somit ist es wenig verwunderlich dass Durkheims Theorie auch einer der wesentlichen Einflussfaktoren fur die wissenssoziologischen Uberlegungen von Peter L Berger und Thomas Luckmann wurde welche in ihrem Buch Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit ausfuhrlich dargelegt werden Inhalt Bearbeiten Eine detaillierte Darlegung des Inhalts erfolgt nur bei den wissenschaftsgeschichtlich relevanten methodisch theoretischen Passagen des ersten Buches alle Zitate aus Die elementaren Formen des religiosen Lebens in diesem Abschnitt beziehen sich auf die 1 Auflage des Buches und werden nur mit Angabe der Seitenzahl ausgewiesen Einleitung Objekt der Untersuchung S 17 42 Erstes Buch Einleitende Fragen S 43 140 Zweites Buch Die elementaren Glaubensvorstellungen S 141 401 Drittes Buch Die wichtigsten Ritualhaltungen S 403 555 Zusammenfassung S 555 597 Nach De la division du travail social 1893 und Le suicide 1897 bildet Les formes elementaires de la vie religieuse 1912 das dritte grosse Buch das Durkheim verfasste Es ist mit Sicherheit das bedeutendste und einflussreichste Das umfangreiche knapp 600 Seiten umfassende Werk ist in drei Bucher unterteilt In der vorausgehenden Einleitung wird zunachst das Objekt der Untersuchung umrissen Durkheim formuliert zwei Ziele seines Buches Der Hauptzweck liegt in der Analyse der elementaren Formen des religiosen Lebens mittels Studium der primitivsten und einfachsten Religion die heute als ethnische Religionen bezeichnet werden Das zweite Ziel besteht in der Darstellung der Entstehung von Grundbegriffen des Denkens und der Kategorien warum sie religiosen und somit auch sozialen Ursprungs sind und wie sich daraus schliesslich eine Erkenntnistheorie ableiten lasst Im ersten Buch betitelt mit Einleitende Fragen legt Durkheim zunachst notwendige theoretische Grundlagen dar und erortert sie Das erste Kapitel bietet eine Definition des religiosen Phanomens und der Religion allgemein denn dies sei notwendig um die primitivste und einfachste Religion herauszufinden S 45 Die Argumentation erfolgt in mehreren Etappen Zunachst werden zwei herkommliche Ansatze prasentiert I Die Religion definiert als das Ubernaturliche und Mysteriose II Die Religion definiert hinsichtlich einer Gottesidee im Anschluss aber sogleich widerlegt ad I Der Begriff des Ubernaturlichen ist erst jungeren Ursprungs und hat nichts Primitives an sich S 49 ad II Es gibt auch Religionen ohne Gotter Danach macht sich Durkheim im folgenden Abschnitt III auf die Suche nach einer positiven Definition Es scheint ihm zielfuhrender Religion nicht in ihrer Gesamtheit als System sondern zunachst die Elementarphanomene zu definieren Religiose Phanomene lassen sich in zwei Kategorien aufteilen Glaubensuberzeugungen und Riten wobei erstere Meinungen letztere Handlungsweisen darstellen Da sich Riten auf bestimmte Ziele beziehen die in den Glaubensuberzeugungen gefunden werden ist es notwendig den Glauben vor dem Ritus zu bestimmen Vorausgesetzt wird eine Aufteilung der Welt in zwei Bereiche profan und heilig Durkheim definiert die eingefuhrten Begriffe zusammenfassend wie folgt S 67 Heilige Dinge was die Verbote schutzen und isolieren Profane Dinge worauf sich diese Verbote beziehen und die von den heiligen Dingen Abstand halten mussen Religiose Uberzeugungen Vorstellungen die die Natur der heiligen Dinge und die Beziehungen ausdrucken die sie untereinander oder mit profanen Dingen halten Riten Verhaltensregeln die dem Menschen vorschreiben wie er sich den heiligen Dingen gegenuber zu benehmen hat Als vorlaufige Definition fur Religion ergibt sich aus den dargelegten Gedankengangen somit die Summe der Uberzeugungen und der entsprechenden Riten Dieser Vorschlag beinhaltet jedoch das Problem dass es sich in gleicher Weise auch auf die Magie anwenden lasst Die Losung des Problems ergibt sich durch Einbeziehung des Begriffs der Kirche Eine Gesellschaft deren Mitglieder vereint sind weil sie sich die heilige Welt und ihre Beziehungen mit der profanen Welt auf die gleiche Weise vorstellen und diese Vorstellungen in gleiche Praktiken ubersetzten S 71 denn wahrend namlich jede Religion eine Kirche besitzt gibt es in der Magie zwischen den Individuen und dem Magier keine dauerhaften Beziehungen Durkheim kommt somit am Ende zu folgender Definition Eine Religion ist ein solidarisches System von Uberzeugungen und Praktiken die sich auf heilige d h abgesonderte und verbotene Dinge Uberzeugungen und Praktiken beziehen die in einer und derselben moralischen Gemeinschaft die man Kirche nennt alle vereinen die ihr angehoren S 75 Mit Hilfe dieser Definition macht sich Durkheim nun an die Untersuchung der elementaren Religion und pruft zunachst in den folgenden beiden Kapiteln 2 und 3 ob die beiden damals wichtigsten Konzeptionen der Elementarreligion der Animismus und der Naturismus Naturmythologie den aufgestellten Kriterien standhalten Der Animismus zu dessen Hauptvertreter Edward B Tylor und Herbert Spencer zahlen ist ein Geisterglaube der von einer beseelten Natur ausgeht der Naturismus Naturmythologie von Friedrich Max Muller begrundet postuliert eine Verehrung verklarter Naturkrafte durch den Menschen Beide Thesen untersucht Durkheim detailliert um sie schliesslich zu widerlegen weil sie seiner Meinung nach den Gegenstand auflosen Religionen hingegen konnen keine Illusionen sein denn dann ware die Religionswissenschaft auch keine Wissenschaft weil sich diese Disziplin dadurch auszeichnet dass sie sich auf eine gegebene Wirklichkeit bezieht Fur Durkheim stellt alleine die Gesellschaft eine durch sich selbst geheiligte Wirklichkeit dar und deshalb ist der Totemismus fur ihn die einfachste Religion schlechthin Im abschliessenden 4 Kapitel des ersten Buches gibt er einen knappen historischen Uberblick uber die Geschichte dieses Systems und fuhrt methodische Uberlegungen zur regionalen Auswahl jener Gruppe an die beispielgebend fur ein allen Gesellschaften gemeinsames Phanomen ist und im Hauptteil im Zentrum der Betrachtungen steht Durkheim geht es nicht darum eine Vielzahl von religiosen Erscheinungsformen zu untersuchen sondern er mochte das Religiose anhand der Beschreibung eines Einzelfalls darstellen der als Prototyp fungiert Der Ansatz dass der Totemismus die elementarste Religionsform darstellt impliziert dass sich alle anderen Formen daraus entwickelt haben Alle bisherigen Arbeiten zum Totemismus beschaftigten sich intensiv mit Totemismus in nordamerikanischen Gesellschaften doch stellen diese nach Meinung Durkheims nicht das ideale Forschungsfeld dar denn sie haben die rein totemistische Phase bereits uberschritten S 131 Totemismus findet sich allerdings auch in Australien Neue Entdeckungen von Walter Baldwin Spencer und Francis James Gillen The Native Tribes of Central Australia 1899 The Northern Tribes of Central Australia 1904 und deren umfangreiche Publikationen erganzt durch die teilweise abweichenden Standpunkte des Missionars Carl Strehlow sowie des Anthropologen Moritz von Leonhardi ermoglichen nun erstmals einen umfassenden Einblick in das Funktionieren einer totemistischen Religion und deshalb wird diese Region Durkheims Hauptbeobachtungsfeld Trotz der Fokussierung auf diesen Kontinent sollte jedoch die Lage in Nordamerika nicht vollig aus den Augen verloren werden Ein derart angestellter Vergleich sei seiner Meinung nach durchaus legitim weil sich in beiden Gebieten die zentralen Elemente der Sozialstruktur namlich die Clanorganisation gleichen Nach diesem einleitenden Abschnitt der etwa ein Viertel des Werks ausmacht folgt nun eine umfangreiche Darstellung der Religion des australischen Totemismus angelegt in zwei Teilen deren erster die elementaren Glaubensvorstellungen 2 Buch darstellt Am Beginn dabei steht die Definition und Beschreibung der Begriffe Clan und Totem Kapitel 1 bis 4 dann folgt eine Auseinandersetzung mit Theorien die den Totemismus aus einer noch fruheren Religionsform ableiten gefolgt von deren Widerlegung Kapitel 5 Im Anschluss daran wird das Totemprinzip Mana dargelegt Kapitel 6 und 7 worauf mit der Analyse der Seelenvorstellung Kapitel 8 ein Hohepunkt des Werks anschliesst Das 9 Kapitel schliesslich ist dem Geister und Gottesbegriff gewidmet Das Totem in der Regel symbolisiert durch ein Tier oder eine Pflanze reprasentiert die Versammlung Durch die Verehrung die ihm zuteilwird verwandelt er die einzelnen Individuen zu einer moralischen Gemeinschaft und schweisst sie zusammen Unter dem Totemprinzip versteht Durkheim die Vorstellung einer unpersonlichen Macht bezeichnet mit dem aus dem Melanesischen ubernommenen Begriff Mana die in einem jeden Individuum als Seele prasent ist es mit dem Sakralen verbindet und somit den Anfang religiosen Denkens ausmacht Der Totemismus erfullt somit die zwei wichtigen von Durkheim geforderten Funktionen von Religion die Verkorperung der Gesellschaft die Totems sind ein Symbol des Clans sie sind der Gott des Clans und das Totemprinzip kann somit nichts anderes sein als der Clan selbst S 284 und die Entstehung von Erkenntniskategorien Weil die Menschen in Gruppen eingeteilt waren konnten sie die Dinge gruppieren S 202 Nach den Glaubensvorstellungen folgt als zweiter Teil der Studie im dritten Buch eine Darstellung der rituellen Praktiken Er unterscheidet die negativen Kapitel 1 und 2 die positiven Kapitel 3 und 4 und Suhneriten Kapitel 5 Zu den negativen Riten zahlen vor allem Verbote positive Riten sind Gemeinschaftsriten Der Zweck aller Riten liegt in der Aufrechterhaltung der Gemeinschaft der Starkung des Gefuhls der Zusammengehorigkeit der Gruppe und zur Bewahrung des Glaubens Durkheims Beweisfuhrung ist damit zu Ende die umfangreichen Beschreibungen haben gezeigt dass sich trotz der Einfachheit des Systems dies entspricht allerdings nicht der Realitat Durkheim ist in diesem Punkt einem Irrtum aufgesessen vgl dazu den folgenden Abschnitt 2 3 3 Kritik alle grossen Ideen und alle hauptsachlichen Ritualhaltungen die Einteilung der Dinge in heilige und profane den Begriff der Seele des Geistes der mythischen Personlichkeiten der nationalen und sogar der ubernationalen Gottheit S 556 etc wiederfinden Durkheim geht nun einen Schritt weiter und behauptet dass die erzielten Ergebnisse nicht nur auf den Totemismus allein beschrankt sind sondern fur die Religion im Allgemeinen vorausgesetzt werden konnen Einem moglichen Kritikpunkt namlich der Beschrankung auf eine einzige Religion begegnet er mit dem Argument dass ein Beweis allgemeingultig ist wenn ein Gesetz durch ein richtig durchgefuhrtes Experiment bewiesen worden ist S 556 Kritik BearbeitenSchon zu Lebzeiten befand sich Durkheim im Kreuzfeuer der Kritik in der Mitte zwischen zwei Polen Auf der einen Seite stand die Gruppe der Glaubigen sowohl Katholiken als auch Protestanten die ihn beschuldigten Religion bloss auf eine soziale Komponente zu beschranken und die Existenz eines Gottes zu leugnen Bei aller Konzentration auf das Soziale wurden individuelle und spirituelle Bereiche vollig ausser Acht gelassen werden Beispielhaft sei hier nur auf die Kritik von Gaston Richard L Atheisme dogmatique en sociologie religieuse 1923 Durkheims ehemaligen Mitarbeiter verwiesen der aufgrund zunehmender Auseinandersetzungen die Gruppe rund um die L Annee Sociologique verliess Auf der anderen Seite befanden sich extreme Rationalisten die davon uberzeugt waren dass Religion uberhaupt eine Illusion eine Ideologie im marxistischen Sinn oder bestenfalls in der Gesellschaft nur eine sekundare Rolle spielt wie etwa Gustave Belot der der Ansicht war dass Religion sich aus der Ethik entwickelt habe Eine Reihe von namhaften Gelehrten hat sich in der Folgezeit mit Durkheims Werk Die elementaren Formen des religiosen Lebens auseinandergesetzt und kritisch dazu Stellung genommen Darunter zahlen etwa Alexander Aleksandrovich Goldenweiser Early Civilisation 1922 Wilhelm Schmidt Der Ursprung der Gottesidee 1930 Alfred Kroeber Edward E Evans Pritchard Theories of Primitive Religion 1965 oder etwas spater der deutsche Religionsethnologe Josef Franz Thiel Religionsethnologie 1984 Schmidt 1930 579ff fragt sich warum Durkheim sich gerade zu der Zeit so sehr auf die religiose Natur des Totemismus versteife als die meisten Forscher bereits seine angebliche Verbindung mit Religion zuruckweisen Des Weiteren kritisiert Schmidt Durkheims Fokussierung auf den australischen Totemismus wahrend doch seine globale Verbreitung und Vielfaltigkeit schon hinlanglich bekannt waren Ausserdem seien gerade die Aranda in Zentralaustralien keinesfalls die von Durkheim postulierte Urform sondern wurden die jungste Bevolkerungsschicht darstellen wie Schmidt selbst durch eingehende Analyse der Sprachen festgestellt hat vgl Die Gliederung der australischen Sprachen und ihre Beziehungen zu der soziologischen Gliederung der australischen Stamme 1919 Bei der altesten Schicht allerdings zu der etwa die Kurnai im Sudosten des Kontinents zahlen wurde man gar keinen Totemismus vorfinden Evans Pritchard 1981 105ff macht in seiner Kritik vor allem auf Mangel und Ungereimtheiten im ethnographischen Beweismaterial aufmerksam die starre Dichotomie von Heiligem und Privatem sei nicht aufrecht zu halten vielmehr seien beide Spharen miteinander verbunden und konnten nicht getrennt werden die fur die Untersuchung relevanten Gruppen konnten keine Clans sondern mussten bands oder tribes sein Evans Pritchard verweist an diesem Punkt auf das herrschende Chaos bei der Terminologie fur politische Gruppierungen australischer ethnischer Gruppen der australische Totemismus stelle eine untypische spezialisierte Form dar und man konne deshalb nicht auf einen Totemismus im Allgemeinen schliessen die getroffene Auswahl sei zu selektiv Durkheims Erklarung von unterschiedlich entwickelten Formen des Totemismus halte nicht stand die Annahme der australische Totemismus stelle eine Urform dar sei willkurlich Durkheims Annahme dass der Totemismus im Wesentlichen eine Religion der Clans sei sei nicht haltbar denn es gibt Volker die Clans aber keine Totems und andere die Totems aber keine Clans haben Thiel 1984 39 aussert sich im Wesentlichen zu drei Kernthesen in Durkheims Theorie Erstens werde die Gesellschaft genauer gesagt der Verwandtschaftsbund uber alles gestellt auf Kosten des Individuums das vollig vernachlassigt wird und dem beispielsweise ausserhalb des Sippenverbandes keine personliche religiose Erfahrung zugestanden wird obwohl Durkheim doch als Paradebeispiel eines Schreibtischgelehrten gilt niemals Feldforschungen vor Ort betrieben hat und uber keinerlei personliche Erfahrungen verfugen konnte was sich tatsachlich im Leben der einzelnen ethnischen Gruppen abspielt Zweitens entbehren zahlreiche Erklarungen Durkheims etwa fur den Ursprung des Religiosen eines Beweises und verbleiben blosse Behauptungen Drittens ist Durkheims Theorie zu sehr von der Existenz des Totemismus abhangig gemacht Bereits Sigmund Freud weist in seiner Kritik darauf hin dass es zwar durchaus viele Volker auf der Welt gibt die keinen Totemismus besitzen oder besessen haben dennoch aber uber Religion und Vorstellungen einer absoluten Macht verfugen Auf der anderen Seite existieren wiederum zahlreiche andere Volker wo Totemismus eine reine soziale Rolle spielt und mit Religion nichts zu tun hat Rezeption Nachwirkung BearbeitenTrotz aller Kritik die in den meisten Fallen durchaus berechtigt ist wirken Durkheims Vorstellungen in ganz Europa bis in die USA und unterschiedlichsten methodischen Richtungen weiter Zwei Richtungen lassen sich unterscheiden eine im frankophonen Bereich im weitesten Sinn strukturalistisch die uber Marcel Mauss und Arnold van Gennep zu Claude Levi Strauss und Louis Dumont bis hin zu Maurice Godelier fuhrt die zweite im anglophonen Bereich funktionalistisch strukturfunktionalistisch symbolistisch uber Bronislaw Malinowski Alfred Radcliffe Brown und Talcott Parsons uber Edward E Evans Pritchard bis hin zur Manchester School Victor Turner Ausgaben BearbeitenEmile Durkheim Les formes elementaires de la vie religieuse Le systeme totemique en Australie PUF Paris 2008 ISBN 978 2 1 3056751 6 Emile Durkheim Die elementaren Formen des religiosen Lebens Les formes elementaires de la vie religieuse Neuaufl Verlag der Weltreligionen Frankfurt M 2007 ISBN 978 3 458 72002 7 Einzelnachweise Bearbeiten Zitiert nach Kippenberg 1997 106f zu einer genauen Analyse der Beziehungen von Durkheim zu Wundt und Robertson Smith vgl ibd Vgl Evans Pritchard 1981 95Weblinks BearbeitenDD Digital Durkheim Franziska Voss Zwischen Theologie und Soziologie Zur theologischen Rezeption von Emile Durkheims Formes elementaires Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Die elementaren Formen des religiosen Lebens amp oldid 232670863