Der Freiheitskampf (kurz auch Freiheitskampf) war eine nationalsozialistische Tageszeitung und gleichzeitig amtliche Zeitung der NSDAP im Gau Sachsen. Sie erschien vom 1. August 1930 bis zum 8. Mai 1945 nahezu tĂ€glich, zunĂ€chst im Verlag Der Freiheitskampf GmbH, ab 1. August 1931 im NS-Gauverlag Sachsen GmbH. Herausgeber war seit dem 17. November 1930 der sĂ€chsische Gauleiter der NSDAP, Martin Mutschmann. VerlagsgeschĂ€ftsfĂŒhrer war von 1931 bis 1945 Hans Hornauer.
Im Rahmen mehrerer Forschungsprojekte sind die fast vollstĂ€ndig erhaltenen Ausgaben durch die SĂ€chsische Landesbibliothek â Staats- und UniversitĂ€tsbibliothek Dresden (SLUB) im Umfang von etwa 66.000 Seiten mikroverfilmt und digitalisiert worden. Sie sind seit November 2021 fĂŒr wissenschaftliche Zwecke vollstĂ€ndig ĂŒber das Internet einsehbar.
âDer Freiheitskampfâ war seit 2017 Gegenstand eines vom Freistaat Sachsen geförderten umfassenden Forschungsprojektes am Hannah-Arendt-Institut fĂŒr Totalitarismusforschung (HAIT), was von diesem inzwischen eigenstĂ€ndig fortgefĂŒhrt wird: Mit Hilfe einer orts-, sach- und personenbezogenen Datenbank sollen unter anderem die vielfĂ€ltigen (auch gegenseitigen) AbhĂ€ngigkeiten im NS-Staat (Partei, Behörden, Bevölkerung) anhand dessen eigener und kontrollierter Veröffentlichungen abgebildet werden.
Geschichte Bearbeiten
Umfang Bearbeiten
Die 15 Jahre wĂ€hrende Geschichte der NS-Zeitung fĂŒhrte von einem zunĂ€chst âflugblattĂ€hnlichen Kampfblattâ der NSDAP bis 1933 zu einer bis zu ĂŒber 40 Seiten umfassenden und lokal differenzierten Zeitung. RegelmĂ€Ăig erscheinende regionale Ausgaben gab es fĂŒr die Kreishauptmannschaften Bautzen, Chemnitz, Dresden, Leipzig und Zwickau. DarĂŒber hinaus gab es regelmĂ€Ăig Beilagen. Diese richteten sich an verschiedene Gruppen, z. B. Hitlerjugend, Frauen oder Verwaltungsangestellte, und wurden wiederkehrend eingefĂŒgt. Zudem erschienen wöchentliche Beilagen: âSĂ€chsischer Sonntagâ und âUnser Reichâ. Im spĂ€teren Kriegsverlauf wurde sein Umfang wieder eingeschrĂ€nkt, 1943 wurden die traditionsreichen Dresdner Nachrichten auf ihn verschmolzen. In den letzten Kriegswochen des Zweiten Weltkrieges waren es erneut nur vier oder sogar nur zwei Seiten, wobei ab 16. Februar 1945 auch die Dresdner Zeitung stillschweigend ĂŒbernommen wurde, so dass âDer Freiheitskampfâ bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges die einzige noch erscheinende Tageszeitung in Dresden war.
Inhalte Bearbeiten
âDer Freiheitskampfâ hatte im Verlauf seiner 15-jĂ€hrigen Herausgabe nicht nur VerĂ€nderungen hinsichtlich des Umfangs, sondern auch hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung. WĂ€hrend bis 1933 massive (polemische und hĂ€ufig bösartige) Kritik an regionalen Verwaltungsstrukturen und Persönlichkeiten der sogenannten âSystemzeitâ der Weimarer Republik geĂŒbt wurde, markierten die folgenden Jahre einen deutlichen Wendepunkt in der Berichterstattung der Tageszeitung: Dabei wurde auf die bis dato ausgesprochen aggressive Wortwahl zugunsten einer verhĂ€ltnismĂ€Ăigeren Rhetorik verzichtet â wenngleich aus heutiger Sicht sie unvermindert provokativ blieb. Auf dieser Basis konnte âDer Freiheitskampfâ selbst bĂŒrgerliche Kreise der GroĂstĂ€dte erreichen.
Die Kritik an regionaler Verwaltungsarbeit wurde nach der MachtĂŒbernahme der Nationalsozialisten zunehmend von Artikeln ĂŒber internationale und nationale Politik abgelöst, wobei AusfĂŒhrungen zu gesamtgesellschaftlichen VerĂ€nderungsstrategien deutlich in den Vordergrund rĂŒckten und so â neben einem umfangreichen Anzeigenteil â ein breites Informationsspektrum boten. Insbesondere an jenen Stellen, wo die nationalsozialistische Ideologie in regionale Machtstrukturen diffundieren sollte, wird das Potential des Regionalblattes deutlich: WĂ€hrend Verbote konkurrierender Presseerzeugnisse unmittelbar nach der MachtĂŒbernahme und die Funktion als Amtsblatt begĂŒnstigend auf die Etablierung des âFreiheitskampfesâ als fĂŒhrende Tageszeitung in Sachsen wirkte, fand zugleich eine sukzessive Erweiterung des Leserkreises ĂŒber die bisherige Zielgruppe der ĂŒberzeugten Nationalsozialisten hinaus statt. Die VerĂ€nderung der Klientel hinterlieĂ deutliche Spuren in der Berichterstattung. Das machte sich auch auflagenseitig bemerkbar, âDer Freiheitskampfâ ĂŒberflĂŒgelte in Dresden schlieĂlich auch die bis dahin auflagenstĂ€rkste Dresdner Tageszeitung, die âDresdner Neueste Nachrichtenâ.
Dabei blieb die Tageszeitung offensichtlich und primĂ€r ein Propagandablatt, dennoch, so das Forschungsprojekt des HAIT, schimmern in der Wortwahl der jeweiligen Artikel tatsĂ€chlich immer wieder öffentlich gefĂŒhrte Kontroversen durch: âDie nationalsozialistische Ideologie war â trotz Verfolgung und Ausschaltung politischer Gegner â nicht widerspruchslos, quasi automatisiert in der Gesamtbevölkerung zu etablieren.â Dabei wurden Kontroversen nicht nur in Hinblick auf ideologische Aspekte deutlich, sondern ebenso anhand anderer staatlicher Eingriffe in das Alltagsgeschehen.
Der Historiker Thomas Widera zeigte in einem Vortrag die Durchsetzung von Rassismus und Antisemitismus am Beispiel von Ausgaben des âFreiheitskampfesâ von 1935 auf:
âWĂ€hrend des FrĂŒhjahrs und Sommers 1935 wurde im Vorfeld des NĂŒrnberger Parteitages der NSDAP im September die rassistische Hetze in der Tagespresse verschĂ€rft, um die antisemitischen Rassengesetze propagandistisch vorzubereiten. Am 24. Mai 1935 (S. 33) war âDer Freiheitskampfâ aus Anlass des Sachsentreffens mit einer 40seitigen Sonderbeilage versehen, die eine klare Kampfansage enthielt: âDer Nationalsozialist ist Antisemitâ. Am 18. Juli veröffentlichten die Nationalsozialisten mit groĂen Schlagzeilen auf der ersten Seite im âFreiheitskampfâ die Namen sogenannter âRasseschĂ€nderâ. Den Beginn des Weges in die Ghettos und Vernichtungslager ebneten die Partikular-Verordnungen lokaler Behörden: âDer Freiheitskampfâ druckte am 21. Juli (S. 21) unter der Ăberschrift âJuden unerwĂŒnscht!â Leserbriefe mit der Aufforderung ab, ein Verbot des Besuches von SchwimmbĂ€dern in Dresden durchzusetzen. Die Dresdner Stadtverwaltung reagierte umgehend und wenige Tage spĂ€ter (24. Juli, S. 3) triumphierte âDer Freiheitskampfâ: âDie stĂ€dtischen BĂ€der endlich judenfrei!â Am 6. August wurden wieder auf der ersten Seite Namen veröffentlicht, diesmal mit den Anschriften der Angeprangerten â ein unmissverstĂ€ndlicher Aufruf zur Gewaltanwendung im sozialen Umfeld. Victor Klemperer notierte bedrĂŒckt in seinem Tagebuch am 11. August 1935: âDie Judenhetze ist so maĂlos geworden, weit schlimmer als beim ersten Boykott, PogromanfĂ€nge gibt es da und dort, und wir rechnen damit, hier nĂ€chstens totgeschlagen zu werden. Nicht durch Nachbarn, aber durch nettoyeurs [frz. SĂ€uberer, der Autor], die man da und dort als âVolksseeleâ einsetzt.ââ
Die Ausrichtung der Wirtschaft auf die Erfordernisse des kĂŒnftigen Krieges, die ideologische Indoktrination der Bevölkerung und der Beginn des Zweiten Weltkrieges fĂŒhrten zu einer weiteren VerĂ€nderung: Neben die ausdrĂŒckliche Kriegsberichterstattung trat eine auf Frauen bezogene VerstĂ€rkung und Ăberformung von PrĂ€missen der nationalsozialistischen Ideologie. âDer Freiheitskampfâ richtete sich explizit an seine Leserinnen und orientierte sich verstĂ€rkt an ihren Interessen.
Der sich weiter ausweitende Luftkrieg ĂŒber Deutschland, die ersten Luftangriffe auf Dresden 1944 und Anfang 1945 und auch besorgte Ăberlegungen hinsichtlich des Luftschutzes in Dresden fĂŒhrten allerdings auch zu folgendem Zitat in âDer Freiheitskampfâ:
âWas wĂŒrde die Kölnerin wohl heute zur Lage der Dresdnerin sagen? âșRegâ dich nicht auf, liebe Dresdnerin! Betonbunker, Panzersperren und Sprenglöcher an allen BrĂŒcken haben wir schon im Frieden kennengelernt. Die SchutzmaĂnahmen haben uns am Rhein stets sehr beruhigt und es uns ermöglicht, in Sicherheit vorm Feinde zu leben. Deshalb, liebe Dresdnerin, gewöhnâ Dich an alles, was MĂ€nner fĂŒr dich tun. Vaterlandsliebe fĂ€ngt im starken Herzen an. LaĂ es dir nicht von Schwarzhörern, Angsthasen und GerĂŒchtemachern schwach schwĂ€tzen.âčâ
Genau diese Ausgabe des Freiheitskampfes vom 14. Februar 1945 allerdings, in der ein beschwichtigender Artikel erscheinen sollte, aus dem dieses Zitat entnommen wurde, ist (und konnte) nicht ausgeliefert worden: In der der Auslieferung vorhergehenden Nacht vom 13. zum 14. Februar 1945 war das historische Dresden im Feuersturm untergegangen. Gerade auf Grund völlig unzureichender LuftschutzmaĂnahmen verloren in dieser Nacht mehrere Tausend Dresdner ihr Leben.
ZĂ€sur nach den Luftangriffen auf Dresden am 13.â15. Februar 1945 Bearbeiten
Nach dem 16. Februar ging allerdings âDer Freiheitskampfâ bei weiterer Reduktion seiner Druckseiten (wie in seinen Anfangsjahren) erneut zur (extremen) Propaganda ĂŒber, in dem er beispielsweise offen zur Denunziation und, wie in seinen Anfangsjahren, zur körperlichen Vernichtung nunmehr aller (inneren) Gegner des NS-Regimes (vorrangig bezeichnet als âSchwĂ€tzerâ, âDefĂ€tistenâ und âDeserteureâ) aufforderte. So in der Ausgabe am 19. Februar 1945: âKeine GefĂ€hrdung unserer Kampfkraft. Feiglinge und EigennĂŒtzige kommen vor Standgerichte ⊠Jeder Wehr- oder Arbeitspflichtige, der sich nicht meldet, sollte als Deserteur behandelt werden ⊠Hier muss jeder mithelfen. Es gilt feindliche Agenten und FahnenflĂŒchtige zu fassenâ. Am 16. April 1945 wurde Dresden zur Festung erklĂ€rt und noch am 2. Mai 1945 (Adolf Hitler und Joseph Goebbels hatten bereits Suizid begangen) schrieb âDer Freiheitskampfâ: âDie schlimmsten Feinde sind die SchwĂ€tzer und GerĂŒchtemacher unter uns. FaĂt sie, wehrt Euch gegen diese Lumpen. Habt den Mut und die Zivilcourage, diese VolksverrĂ€ter â ganz gleich, welchen Rang oder welche Stellung sie bekleiden â zu melden, damit sie unschĂ€dlich gemacht werden können.â
Letztmals erschien âDer Freiheitskampfâ am 8. Mai 1945. Auf der Titelseite erschien ein Aufruf von Gauleiter Martin Mutschmann, die Teilkapitulationen in Reims und in Norditalien zu ignorieren und weiterzukĂ€mpfen. Soweit in der zerstörten Stadt das Blatt noch Abonnenten erreichte: Am 7. Mai 1945 abends war die Rote Armee in den Norden Dresdens vorgedrungen, setzte in der Nacht zum 8. Mai 1945 ĂŒber die Elbe und besetzte Dresdens Altstadt am 8. Mai 1945 gegen 11.00 Uhr.
Chefredakteure (âHauptschriftleiterâ) Bearbeiten
Erster verantwortlicher Schriftleiter war 1930 Heinrich Bennecke, der zuvor bereits die Schriftleitung des SĂ€chsischen Beobachters innehatte, einer Wochenzeitung aus dem Kampfverlag von Gregor und Otto Strasser. Danach war vom 1. November 1930 bis zum 11. Dezember 1931 Arno Franke Hauptschriftleiter des Freiheitskampfes. Nach erbitterten innerparteilichen Querelen trat er im FrĂŒhjahr 1932 öffentlichkeitswirksam aus der NSDAP aus und veröffentlichte kurz vor der Reichstagswahl vom 31. Juli 1932 unter dem Titel Das Doppelgesicht der NSDAP eine scharfe Abrechnung mit seiner ehemaligen Partei.
Ihm folgte als Hauptschriftleiter bis 1945 Kurt Hoffmeister, der nach Angaben von Walter Weidauer engster Vertrauter von Gauleiter Martin Mutschmann war. Hoffmeister gelang es, so Weidauer, sich nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in die Westzonen abzusetzen, und er soll nach seinen Angaben in den spĂ€ten 1940er und 1950er Jahren maĂgebliche Positionen, u. a. als âverantwortlicher Schriftleiter fĂŒr den politischen Teil des âWiesbadener Kurierââ innegehabt haben.
Forschungsprojekt des âHannah-Arendt-Instituts fĂŒr Totalitarismusforschungâ Bearbeiten
ZunĂ€chst ab 2017 im Rahmen eines Verbundprojektes, das von der SĂ€chsischen Akademie der Wissenschaften unter dem Titel Virtuelle Archive fĂŒr die geisteswissenschaftliche Forschung koordiniert wurde, und das am 31. Januar 2020 endete, brachte sich das âHannah-Arendt-Institut fĂŒr Totalitarismusforschung e. V.â (HAIT) mit seinem Projekt ein.
Ausgangspunkte Bearbeiten
Ein Ausgangspunkt war, dass der Zeitungsbestand der erhaltenen Ausgaben des âFreiheitskampfesâ durch die SĂ€chsische Landes- und UniversitĂ€tsbibliothek (SLUB) mit dem im Stadtarchiv Dresden und dessen erhaltene Ausgaben im Rahmen anderer Forschungsprojekte bereits in den 1990er Jahren zusammengefĂŒhrt wurde und dieser Bestand als Mikroverfilmung archiviert vorlag. Zwischenzeitlich hatte das Digitalisierungszentrum der SLUB begonnen, die Mikrofilme zur Langzeitarchivierung zu digitalisieren und die Bilddaten im hochauflösenden, druckfĂ€higen und verlustfreien TIFF-Bildformat gespeichert. Diese Digitalisate bildeten einerseits die Grundlage fĂŒr das HAIT-Projekt. Mehrere noch existierende LĂŒcken im Zeitungsbestand konnten andererseits durch Recherchen in regionalen Archiven weitgehend geschlossen werden. Auf diese Weise stehen die fast 15 Jahre andauernden nahezu tĂ€glichen Ausgaben des âFreiheitskampfesâ fast lĂŒckenlos zur VerfĂŒgung.
Ein weiterer Ausgangspunkt war, dass einerseits durch gezielte Aktenvernichtung und andererseits die Kriegsereignisse im FrĂŒhjahr 1945 ein GroĂteil der Informationen zur Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) in Sachsen unwiderruflich verloren gegangen war. Dadurch sind erhebliche Informationsverluste entstanden, fĂŒr die es zwischen 1945 und 1990 keine oder bestenfalls lokale Versuche gab, diese zu schlieĂen: Dies war auch ideologisch nicht erwĂŒnscht. Und schlieĂlich vollzog sich in Sachsen schon vor 1933 in kĂŒrzester Zeit eine Wandlung von einer Hochburg der Sozialdemokratie bereits im Kaiserreich (Rotes Königreich) zu einem der aktivsten und ehrgeizigsten Gaue im nationalsozialistischen Deutschland. Diese Entwicklung ist ebenso befremdlich wie interessant und wirft gleich mehrere Forschungsfragen auf. Die Inhalte des âFreiheitskampfesâ spiegeln dabei auĂerdem Machtstrukturen und Alltagsgeschehen wider und geben tiefergehende Einblicke in gesamtgesellschaftliche Interaktionen, die weit ĂŒber stereotype Erwartungen an ein Propaganda-Blatt hinausgehen. Der âFreiheitskampfâ bietet demnach reichhaltiges Potential fĂŒr eine systematische ErschlieĂung.
Sondierungsprojekt ab 2009 Bearbeiten
Idee des HAIT war demzufolge, ob es möglich ist, die forschungsseitig empfindlichen LĂŒcken durch den Aufbau einer (oder mehrerer) Forschungsdatenbank(en) unter Nutzung des 66.000 Seiten umfassenden Bestandes des âFreiheitskampfesâ zu schlieĂen: Ob teilweise, weitgehend oder vollstĂ€ndig, musste dabei zunĂ€chst offen bleiben. Das HAIT konnte zunĂ€chst methodisch 2009 ein Sondierungsprojekt unter Leitung von Thomas Widera starten, welches bereits das Ziel hatte, eine Datenbank zu schaffen, die eine ErschlieĂung dieses auĂerordentlich umfangreichen Bestandes des âFreiheitskampfesâ zur Geschichte des Nationalsozialismus erleichtern sollte. Dabei sollte ĂŒber die Digitalisierung hinaus ein an inhaltlichen Kriterien orientierter Zugang realisiert werden. Als âSondierungsprojektâ war allerdings nur die Machbarkeit an sich zu prĂŒfen, die Methodik als solches konnte nur angearbeitet werden.
Da zu Beginn des Projektes eine fehlerfrei funktionierende Volltexterkennung des ĂŒberwiegend in Frakturschrift gedruckten âFreiheitskampfesâ noch nicht zur VerfĂŒgung stand und der Gesamtbestand inhaltlich nicht vollumfĂ€nglich ĂŒberblickt werden konnte, orientierte sich die ErschlieĂung zunĂ€chst an institutsinternen Forschungsinteressen. Aus diesem qualitativen Ansatz wurden insgesamt sechs ĂŒbergeordnete Kategorien (Themen) abgeleitet und im Laufe der ErschlieĂung zunehmend ausdifferenziert. Im Projektverlauf wurde deutlich, dass diese Zeitung nicht nur wertvolle Informationen ĂŒber das Tagesgeschehen an sich, sondern auch ĂŒber Personen enthĂ€lt. Dabei wurden Personen zunĂ€chst grundsĂ€tzlich namentlich erfasst, doch legte die Informationsdichte ĂŒber verschiedene FunktionstrĂ€ger eine Erweiterung des Projektes um eine zusĂ€tzliche Personendatenbank nahe.
Ergebnis war, dass eine Datenbank als ein computergestĂŒtztes Findmittel entstand, die eine gezielte Open-Acess-Suche nach Daten und Ereignissen zur regionalen Geschichte des Nationalsozialismus in dem rund 66.000 Blatt umfassenden Zeitungsbestand und den Zugriff auf ausgewĂ€hlte Texte durch Verlinkung mit den Digitalisaten gestattet. Die inhaltliche ErschlieĂung der Tageszeitung und die VerknĂŒpfung der aggregierten Daten mit anderen DatenbestĂ€nden erweiterte historische Untersuchungen zum Nationalsozialismus in Sachsen um das Wissen ĂŒber Struktur und Organisation diktatorischer Herrschaft. Sie zeigen die Akteure bei der AusprĂ€gung und Ausgestaltung der NS-Herrschaft im jeweiligen sozialen Umfeld. Die Personendatenbank wurde ebenfalls âprogressivâ angelegt: Vorrangig werden hier personenbezogene Angaben (Name, Vorname, Geburtstag und -ort etc.) aus den verschiedenen BeitrĂ€gen gesammelt, darĂŒber hinaus Parteizugehörigkeit und -funktionen, z. T. sogar verwandtschaftliche ZusammenhĂ€nge. Anhand der Daten lassen sich Karrieren von bislang unbekannten oder unzureichend untersuchten regionalen ParteifunktionĂ€ren detailliert nachzeichnen.
Datenbankaufbau ab 2017, Freigabe der Digitalisate ab 2021 Bearbeiten
Ab 2017 wurde dies prĂ€zisiert und ĂŒber eine institutsinterne Nutzung hinaus erweitert: Bei der Verschlagwortung und Personenzuordnung wird nunmehr auf die Gemeinsame Normdatei sowie bei der Ortsidentifikation auf das Historische Ortsverzeichnis von Sachsen zurĂŒckgegriffen. Die Datenbank enthĂ€lt ĂŒberdies neben feststehenden Informationen wie der Datumsangabe und der ArtikelĂŒberschrift ergĂ€nzende Hinweise zum Inhalt des jeweiligen Artikels. Anders als bei der konkreten Suche nach PressebeitrĂ€gen zu bestimmten Ereignissen ermöglicht die Datenbank auch die systematische Abfrage gemÀà der thematischen Zuordnung in die Kategorienstruktur und somit eine analytische Perspektive auf historische ZusammenhĂ€nge. FĂŒr die öffentliche Suche sind die JahrgĂ€nge 1930â1938 freigeschaltet. (Stand September 2023)
Seit November 2021 sind die Digitalisate der einzelnen Ausgaben im Internet komplett einsehbar (bis dahin nur mit Zugangsberechtigung im Lesesaal), die entsprechenden Links sind dem Blogeintrag (siehe Einzelnachweis) zu entnehmen.
In Zusammenarbeit mit der SLUB arbeitet man derzeit an weiteren digitalen Optionen: In der Perspektive soll das HAIT-Projekt in Kooperation mit der SLUB durch eine Volltextsuche im Gesamtbestand der Tageszeitung âDer Freiheitskampfâ ergĂ€nzt werden. Sobald die Texterkennung realisiert ist, kann das bislang qualitativ angelegte Projekt um diese quantitative Dimension erweitert und so das geschichtswissenschaftliche Analysespektrum aufgefĂ€chert und interdisziplinĂ€r geöffnet werden.
Literatur Bearbeiten
- Markus Fischer: Neue Perspektiven auf die sĂ€chsische NS-Presse. Das NSDAP-Organ âDer Freiheitskampfâ als historische Quelle. In: Neues Archiv fĂŒr sĂ€chsische Geschichte, 84 (2013), S. 275â294.
- Christoph Hanzig, Michael ThoĂ: »Rotmord« vor Gericht â politisch motivierte Tötungsdelikte in Sachsen im Spiegel der NS-Tageszeitung »Der Freiheitskampf« von 1931 bis 1936. In: Gerhard Lindemann, Mike Schmeitzner (Hrsg.): ... da schlagen wir zu. Politische Gewalt in Sachsen 1930â1935 (= Berichte und Studien Nr. 78 des Hannah-Arendt-Instituts fĂŒr Totalitarismusforschung). V & R unipress, Göttingen 2020, ISBN 978-3-8471-0934-1, S. 193â230.
- Christoph Hanzig, Martin KĂ€seberg und Michael ThoĂ: Das Datenbankprojekt des Hannah-Arendt-Instituts fĂŒr Totalitarismusforschung zur sĂ€chsischen NS-Tageszeitung »Der Freiheitskampf«. In: Denkströme. Journal der SĂ€chsischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 22 (2020), S. 101â108.
- Ralf KrĂŒger: Presse unter Druck. Differenzierte Berichterstattung trotz nationalsozialistischer PresselenkungsmaĂnahmen. Die liberalen Dresdner Neueste Nachrichten und das NSDAP-Organ Der Freiheitskampf im Vergleich. In: Reiner Pommerin (Hrsg.): Dresden unterm Hakenkreuz. (= Dresdner historische Studien, Band 3), Köln/Weimar/Wien 1998, ISBN 3-412-11197-X, S. 43â66.
- Josephine Templer: Rezeption von politischer Gewalt und ihrer Funktion in der sĂ€chsischen Presse zwischen 1930 und 1933. »Der Freiheitskampf« und die »Arbeiterstimme« im Vergleich. In: Gerhard Lindemann, Mike Schmeitzner (Hrsg.): ... da schlagen wir zu. Politische Gewalt in Sachsen 1930â1935 (= Berichte und Studien Nr. 78 des Hannah-Arendt-Instituts fĂŒr Totalitarismusforschung). V & R unipress, Göttingen 2020, ISBN 978-3-8471-0934-1, S. 21â52.
Weblinks Bearbeiten
- EinfĂŒhrung in die Forschungsdatenbank am HAIT.
- Der Freiheitskampf vom 16. Februar 1945.
Einzelnachweise Bearbeiten
- Impressum der ersten Ausgabe vom 1. August 1930, S. 5.
- â Markus Fischer: Neue Perspektiven auf die sĂ€chsische NS-Presse. Das NSDAP-Organ âDer Freiheitskampfâ als historische Quelle. In: Neues Archiv fĂŒr sĂ€chsische Geschichte, Band 84 (2013), S. 275â294, hier S. 285.
- Markus Fischer: Neue Perspektiven auf die sĂ€chsische NS-Presse. Das NSDAP-Organ âDer Freiheitskampfâ als historische Quelle. In: Neues Archiv fĂŒr sĂ€chsische Geschichte, Band 84 (2013), S. 275â294, hier S. 283 (FuĂnote 33).
- â Martin Munke: NS-Geschichte digital erforschen: Tageszeitung "Der Freiheitskampf" jetzt online verfĂŒgbar, SLUBlog vom 4. November 2021, abgerufen am 16. Januar 2023.
- â Christiane Steigel, Manja Pressler: EinfĂŒhrung in die Nutzung der Datenbank auf hait.tu-dresden.de, abgerufen am 1. April 2020.
- Martin Munke, Matti Stöhr, Thomas Widera: âDer Freiheitskampfâ â Digitisation and Indexing of a National Socialist Daily In: SĂ€chsische Landesbibliothek â Staats- und UniversitĂ€tsbibliothek Dresden (Hrsg.): Relying on News Media. Long Term Preservation and Perspectives for Our Collective Memory. IFLA News Media Section Satellite conference 2017, August 16th-18th, 2017, at SĂ€chsische Landesbibliothek â Staats- und UniversitĂ€tsbibliothek Dresden. Online (PDF, deutsch), S. 12. Abgerufen am 15. Februar 2021.
- Götz Bergander: Dresden im Luftkrieg â Vorgeschichte â Zerstörung â Folgen. 2., ĂŒberarb. und erw. Auflage, Böhlau, Kön 1994, ISBN 3-412-10193-1, S. 138.
- Zitiert nach: Walter Weidauer: Inferno Dresden. 4., durchgesehene und erweiterte Auflage, Dietz, Berlin 1965, S. 177, 180.
- Wolfgang Welkerling: Dresden und die Besatzungsmacht â Impressionen zur Zeitgeschichte nach 1945. In: Dresdner Geschichtsverein (Hrsg.): RuĂland und Sachsen in der Geschichte (= Dresdner Hefte â BeitrĂ€ge zur Kulturgeschichte. Nr. 74, 2/2003). Dresden 2003, ISBN 3-910055-67-2, S. 92â97, hier S. 92.
- Andreas Peschel (Hrsg.): Die SA in Sachsen vor der âMachtĂŒbernahmeâ. Nachgelassenes von Heinrich Bennecke (1902â1972). Sax, Beucha/Markkleeberg 2012, ISBN 978-3-86729-092-0, S. 45â46, 48.
- Markus Fischer: Neue Perspektiven auf die sĂ€chsische NS-Presse. Das NSDAP-Organ âDer Freiheitskampfâ als historische Quelle. In: Neues Archiv fĂŒr sĂ€chsische Geschichte, Band 84 (2013), S. 275â294, hier S. 283 und 285.
- Clemens Vollnhals: Der gespaltene Freistaat: Der Aufstieg der NSDAP in Sachsen. In: ders. (Hrsg.): Sachsen in der NS-Zeit. Gustav Kiepenheuer Verlag, Leipzig 2002, S. 9â40, hier S. 39.
- Institut fĂŒr Zeitungswissenschaft an der UniversitĂ€t Berlin (Hrsg.): Handbuch der deutschen Tagespresse. Armanen-Verlag, Leipzig 1944 (7. Aufl.), S. 185.
- Walter Weidauer: Inferno Dresden. 4., durchgesehene und erweiterte Auflage, Dietz, Berlin 1965, S. 181. Mit Hinweis, dass auf seine âMordhetzeâ (Weidauer) hin er âmehrere Hunderte Mordeâ auf dem Gewissen habe.
- Projekt âVirtuelle Archive fĂŒr die geisteswissenschaftliche Forschungâ auf saw-leipzig.de, abgerufen am 1. April 2020.