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Klassifikation nach ICD 10F50 2 Bulimia nervosaF50 3 atypische Bulimia nervosaF50 4 Essattacken bei anderen psychischen StorungenF50 5 Erbrechen bei anderen psychischen StorungenICD 10 online WHO Version 2019 Die Bulimie oder Bulimia nervosa auch Ess Brechsucht und Bulimarexie genannt 1 ist eine unter anderem durch ubersteigerten Appetit und ubermassige Nahrungsaufnahme gekennzeichnete Erkrankung und gehort zusammen mit der Magersucht der Binge Eating Storung und der Esssucht zu den Essstorungen Bulimie stammt uber neulateinisch bulimia 2 von altgriechisch boylimia boulimia Heisshunger wortlich Ochsenhunger oder Stierhunger aus boῦs Ochse Stier Kuh Rind und limos Hunger und bezeichnet allein streng gesehen lediglich das Symptom des Heisshungers und wird dann auch als Hyperorexie aus altgriech ὑper hyper uber und ὄre3is orexis Appetit bezeichnet Inhaltsverzeichnis 1 Epidemiologie 2 Merkmale und Symptome 3 Ursachen 3 1 Klassische Konditionierung 3 2 Operante Konditionierung 4 Definitionen 4 1 Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders DSM 5 4 2 Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme ICD 10 5 Therapie 6 Einordnung der Bulimie im Feld der Essstorungen 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseEpidemiologie BearbeitenVon der Bulimia nervosa sind uberwiegend zu 90 95 Frauen betroffen Bei jungen Frauen in der Adoleszenz und im jungen Erwachsenenalter liegt die Pravalenz bei 1 3 Berufsgruppen bei denen geringes Korpergewicht fur das Ausuben des Berufs verlangt oder vorteilhaft ist zum Beispiel Fotomodell Tanzer Skispringer sind fur diese Krankheit besonders anfallig Merkmale und Symptome BearbeitenBulimie Betroffene sind meist normalgewichtig konnen aber auch unter oder ubergewichtig sein Ein typisches Merkmal sind Essanfalle nach denen sogenannte gegenregulatorische Massnahmen ergriffen werden um eine Gewichtszunahme zu vermeiden Hierzu zahlen selbstinduziertes Erbrechen Hungern extreme Diaten exzessiver Sport der Missbrauch von Laxantien Abfuhrmitteln und Brechmitteln Die Essanfalle treten unterschiedlich haufig auf wobei die Haufigkeit auch im Storungsverlauf variieren kann zwischen zwei Essanfallen konnen mehrere Tage liegen das Essen und anschliessendes Erbrechen konnen auch mehrmals taglich erfolgen Als Ausloser fur Essanfalle gelten insbesondere emotionale Faktoren psychischer Stress Unzufriedenheit mit der eigenen Person oder starke Gefuhle von Verlassenheit Spater wird Heisshunger uber das Energiedefizit das durch die gegenregulatorischen Massnahmen wie Hungern und Erbrechen entsteht mit ausgelost und weiter verstarkt Wahrend der Essanfalle haben die Betroffenen das Gefuhl die Kontrolle uber sich selbst und uber die Nahrungsmengen die sie zu sich nehmen zu verlieren Die Essanfalle konnen aber auch geplant stattfinden Die Bulimia nervosa beginnt oft in einem wenig hoheren Alter als die mit ihr als Gegensatz verknupfte Anorexia nervosa etwa mit 17 oder 18 Jahren In der Vorgeschichte der Betroffenen kann eine Magersucht bestehen Der Ubergang kann zu einem Zeitpunkt stattfinden wenn bezogen auf das Gewicht und Essverhalten eine Remission der Symptome der Magersucht erzielt wurde und die betreffende Person demnach wieder begonnen hat mehr oder regelmassiger zu essen Die Betroffenen leiden meistens unter einer gestorten Selbstwahrnehmung und oder einer Korperschemastorung Dysmorphophobie Die Betroffenen empfinden sich haufig bereits bei Normalgewicht als zu dick Kennzeichnend ist die ubergrosse Angst vor einer Gewichtszunahme selbst bei kleineren Gewichtsschwankungen Zu den haufigsten psychiatrischen Komorbiditaten und sozialen Problemen zahlen Missbrauch von Alkohol Drogen Medikamenten Nikotin autoaggressives Verhalten 3 Impulssteuerungsschwache 3 unkontrolliertes Mode und Konsumverhalten ubertriebenes Geldausgeben sogenannte Frustkaufe Kaufsucht und Ladendiebstahle extreme Verhaltensweisen wie soziale Isolation oder Uberanpassung an eine Gruppe oder Familie Leistungszwang Karrieredrang jung dynamisch und erfolgreich mangelhafte soziale Kompetenzen 3 Depressionen Minderwertigkeitsgefuhle Unzufriedenheit mit der eigenen Person oder uber die eigene Geschlechtsrolle zum Beispiel die Ablehnung der Weiblichkeit und Sexualitat allgemein Panikattacken Angststorungen und Zwangsstorungen 3 AD H S 3 nbsp Ausgepragte Zahndefekte im Unterkiefer durch Magensaure Der Oberkiefer wurde bereits durch Zahnkronen restauriert Infolge einer Bulimie kann es zu einer Reihe von organischen Schaden kommen Das erhohte Magensaureangebot im Mund schadigt bei lang anhaltender Symptomatik die Zahne v a Erosionen des Zahnschmelzes und Verlust der Zahnhartsubstanz sowie die Speicheldrusen Anschwellung Entzundung was zu einer Erhohung des Enzyms Amylase fuhrt Eine Bulimie kann dann akut lebensgefahrlich werden wenn durch das wiederholte Erbrechen oder den Laxantienmissbrauch eine massive Storung des Elektrolyt Haushaltes v a Kaliummangel entsteht die zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstorungen und Nierenschaden fuhren kann Weitere gravierende Folgen im Langzeitverlauf sind Pankreatitis und gastrointestinale Storungen z B akute atonische Magenerweiterungen Magenruptur Entzundungen oder Ruptur der Speiserohre Bei 10 30 der Betroffenen findet sich trockene Haut vermutlich in Zusammenhang mit einem gestorten Schilddrusenhormonhaushalt und bei ca 50 morphologische Veranderungen des Gehirns Pseudoatrophie 4 Zu den haufigen allgemeinen Symptomen zahlen Kopf Nacken und Ruckenschmerzen sowie Menstruationsbeschwerden bei Frauen und Madchen 3 Das langfristige Risiko eine Osteoporose zu entwickeln ist bei Bulimiepatientinnen im Gegensatz zur Anorexia nervosa vermutlich nicht erhoht 5 Betroffene die an einer Bulimie leiden versuchen meist ihre Krankheit zu verbergen Oft wird sie erst mehrere Jahre nachdem sie begonnen hat erkannt eingestanden und behandelt Die Prognose ist von der Dauer der Erkrankung abhangig Ursachen BearbeitenDie Ursachen der Bulimie ahneln denen der Magersucht Nicht selten geht der Bulimie eine anorektische Phase voraus oder wechselt sich mit Phasen der Magersucht ab Grunde fur das Erbrechen sind vor allem die Angst vor einer moglichen Gewichtszunahme sowie Scham uber den eigenen Kontrollverlust das eigene Versagen Die Nahrungsmenge kann im Magen auch ein unangenehmes Vollegefuhl und Schmerzen verursachen sodass das anschliessende Erbrechen erleichternd wirkt Klassische Konditionierung Bearbeiten Jansen 1994 6 1998 geht davon aus dass durch klassische Konditionierung vormals neutrale Sinnesreize reflexartig korperliche Reaktionen auslosen wie Speichelfluss Insulinausschuttung Mobilisierung freier Fettsauren oder Erregung auslosen konnen die normalerweise nur mit der Nahrungsaufnahme verbunden sind 7 Es wird angenommen dass durch diese konditionierte Reaktion ein Verlangen zu essen ausgelost werden kann Der konditionierte Stimulus konne ebenso ein externer beispielsweise Fernsehen sein wie ein interner beispielsweise Langeweile 6 Die Neigung mit Verlangen auf entsprechende Hinweisreize zu reagieren wird Cue Reagibilitat genannt 8 Dieser Hypothese folgend kann man versuchen uber eine Konfrontationstherapie mit Reaktionsverhinderung cue exposure Nahrungsmittelexposition diese reflexartige Reaktion wieder zu loschen 7 Operante Konditionierung Bearbeiten Ausloser konnte beispielsweise sein dass jemand nicht uber die ausreichenden sozialen Kompetenzen verfugt um den eigenen Arger in Konfliktsituationen auszudrucken Wenn auf das Essen und Erbrechen relativ zeitnah kontingent eine Reduktion der emotionalen Spannung erfolgt wird dieses Verhalten verstarkt 9 Definitionen BearbeitenDiagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders DSM 5 Bearbeiten Kriterien des DSM 5 American Psychiatric Association fur Bulimia Nervosa Wiederkehrende Episoden von Essanfallen Ein Essanfall ist durch die folgenden beiden Merkmale charakterisiert Verzehr einer grossen Nahrungsmenge in einem bestimmten Zeitraum z B 2 Stunden die erheblich grosser ist als die Menge die die meisten Menschen unter vergleichbaren Bedingungen essen wurden Gefuhl wahrend der Episode die Kontrolle uber das Essverhalten zu verlieren Wiederholte Anwendung von unangemessenen kompensatorischen Massnahmen um einer Gewichtszunahme entgegenzusteuern z B Fasten Erbrechen Missbrauch von Abfuhr oder Entwasserungsmitteln exzessive Bewegung Essanfalle und unangemessene kompensatorischen Massnahmen treten im Schnitt mindestens einmal wochentlich fur drei Monate auf Die Selbstwahrnehmung ist unangemessen stark durch die Figur und das Gewicht beeinflusst Die Storung tritt nicht ausschliesslich wahrend Episoden einer Anorexia Nervosa auf in dem Fall handelt es sich um Anorexia Nervosa bulimischer Typ Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme ICD 10 Bearbeiten Kriterien des ICD 10 F 50 2 Bulimia Nervosa Andauernde Beschaftigung mit Essen unwiderstehliche Gier nach Nahrungsmitteln Essattacken bei denen in kurzer Zeit sehr grosse Mengen an Nahrung konsumiert werden Versuch dem dickmachenden Effekt von Nahrungsmitteln durch verschiedene ausgleichende Verhaltensweisen entgegenzusteuern selbst herbeigefuhrtes Erbrechen Missbrauch von Abfuhrmitteln zeitweilige Hungerperioden Einnahme von Appetitzuglern Schilddrusenpraparaten oder Diuretika Bei Diabetikerinnen kann es zur Vernachlassigung der Insulinbehandlung kommen Diabulimie insulin purging Krankhafte Furcht dick zu werden sowie eine scharf definierte Gewichtsgrenze die weit unter dem pramorbiden medizinisch als gesund betrachteten Zustand liegt Haufige Vorgeschichte einer Episode mit Anorexia nervosa mit einem Intervall von einigen Monaten bis mehreren Jahren Diese Episode kann voll ausgepragt gewesen sein oder war eine verdeckte Form mit massigem Gewichtsverlust und oder einer vorubergehenden Amenorrhoe Therapie BearbeitenZu den Zielen einer Psychotherapie der Bulimie zahlen unter anderem die Normalisierung des Essverhaltens der Abbau von gegensteuernden Massnahmen wie etwa das Erbrechen eine Normalisierung der Einstellung zu den Lebensmitteln um diese nicht weiter nur in Hinblick auf ihren Energiegehalt zu werten und verzerrte Uberzeugungen hinsichtlich ihrer dick machenden Wirkung zu prufen die Verbesserung der personlichen Einstellung zur eigenen Person und zum eigenen Korper der Aufbau eines stabilen von ausseren Faktoren weitgehend unabhangigen Selbstwertgefuhls und der Wieder Aufbau sozialer Kontakte Die Prognose hangt von verschiedenen Faktoren ab zu denen unter anderem auch die Krankheitsdauer bis zum Beginn einer Psychotherapie und weitere psychische Erkrankungen Komorbiditat gehoren Studien weisen darauf hin dass sich die Therapie der Bulimie durch bestimmte Antidepressiva unterstutzen lasst Eine isolierte Behandlung mit Antidepressiva fuhrt jedoch selten zu mehr als einer Reduktion der vordergrundigen Symptome Heisshunger und negativer Stimmung und andert nichts an den zugrunde liegenden Ursachen die zur Entstehung der psychischen Storung beigetragen haben Des Weiteren ist der Langzeitverlauf nach Absetzen der Medikamente sehr ungunstig da die Gefahr eines Ruckfalls oder der Manifestation anderer psychischer Symptome besteht Einordnung der Bulimie im Feld der Essstorungen BearbeitenDie Gruppe der Essstorungen umfasst die Magersucht Anorexia nervosa Bulimie und Esssucht Binge Eating die mit Ubergewicht Adipositas einhergehen kann Die Grenzen zwischen den Storungen sind fliessend Nicht selten geht eine Erkrankungsform aus dieser Gruppe in eine andere uber Die psychische Hintergrundproblematik die zu einer Essstorung fuhrt unterscheidet unter den einzelnen Storungsbildern nicht wesentlich Allen Essstorungen gemeinsam sind ein geringes Selbstwertgefuhl Unsicherheit im Selbstbild und in der Selbstwahrnehmung und eine hieraus resultierende erhohte Anpassung an die Vorstellung und Wunsche anderer Diese Merkmale bestehen vor der Erkrankung und verschlechtern sich oftmals in deren Verlauf Bei essgestorten Menschen besteht eine deutlich grossere Orientierung auf die Figur wenngleich dies nicht allein als Ausloser einer Essstorung gilt Ein weiteres gemeinsames Merkmal ist eine aus unterschiedlichen Grunden schwierige bis gestorte familiare Interaktion die weit vor der Manifestation der Storung besteht Die Kenntnis der Hintergrundprobleme verdeutlicht dass es sich um psychische und nicht um organisch ausgeloste Erkrankungen handelt Literatur BearbeitenReinhold G Laessle Harald Wurmser Karl M Pirke Essstorungen In J Margraf Lehrbuch der Verhaltenstherapie Band 2 2 Auflage Springer Berlin 2000 ISBN 3 540 66440 8 Manfred M Fichter Magersucht und Bulimie Mut fur Betroffene Angehorige und Freunde Karger Basel u a 2008 ISBN 978 3 8055 8208 7 Peggy Claude Pierre Der Weg zuruck ins Leben Magersucht und Bulimie verstehen und heilen Aus dem Amerikanischen von Gabriele Herbst 4 Auflage Fischer Frankfurt 2006 ISBN 3 596 14922 3 C Keppler Wenn Nahrung und Korper die Mutter ersetzen wegweisend ohne zu zerreden Patmos 2002 T Legenbauer S Vocks Wer schon sein will muss leiden Wege aus dem Schonheitswahn ein Ratgeber Hogrefe 2005 Peter J Cooper Bulimia nervosa and Binge Eating London 1995 S3 Leitlinie Diagnostik und Therapie der Essstorungen der Deutschen Gesellschaft fur Psychosomatische Medizin und Arztliche Psychotherapie e V DGPM und der Deutschen Gesellschaft fur Kinder und Jugendpsychiatrie Psychosomatik und Psychotherapie e V DGKJP In AWMF online Stand 05 2018 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Bulimie Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Linkkatalog zum Thema Bulimie bei curlie org ehemals DMOZ Literaturliste der Bundeszentrale fur gesundheitliche Aufklarung Ein paar Kilo Mensch PDF 2 3 MB Fluter Nr 33 Thema Ernahrung Bundeszentrale fur Politische Bildung Martina de Zwaan Was haben Anorexia und Bulimia nervosa mit Ernahrung zu tun Psychosomatische und Psychotherapeutische Abteilung Universitatsklinikum Erlangen offentlicher Vortrag im Lecture2Go der Universitat HamburgEinzelnachweise Bearbeiten Gesundheitsdirektion des Kantons Zug Essstorungen Memento vom 16 Januar 2013 im Webarchiv archive today dictionary reference com a b c d e f Helga Simchen Essstorungen und Personlichkeit Magersucht Bulimie und Ubergewicht Warum Essen und Hungern zur Sucht werden 1 Auflage Kohlhammer Stuttgart 2010 ISBN 978 3 17 020848 3 Laessle u a 2000 Christina Siebrecht Osteoporose bei Patientinnen mit Anorexia und Bulimia nervosa Eine Langsschnittstudie PDF a b Brunna Tuschen Caffier Irmela Florin Teufelskreis Bulimie Ein Manual zur psychologischen Therapie Hogrefe Verlag 2012 ISBN 978 3 8409 2372 2 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche a b Tanja Legenbauer Silja Vocks Manual der kognitiven Verhaltenstherapie bei Anorexie und Bulimie Springer Verlag 2014 ISBN 978 3 642 20385 5 S 33 und 140 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Michael Linden Verhaltenstherapiemanual Springer Science amp Business Media 2008 ISBN 978 3 540 75739 9 S 131 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Rolf Meermann Ernst Jurgen Borgart Essstorungen Anorexie und Bulimie ein kognitiv verhaltenstherapeutischer Leitfaden fur Therapeuten W Kohlhammer Verlag 2005 ISBN 3 17 018458 X S 70 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bulimie amp oldid 231671383