Das Amt Hochheim mit Sitz in Hochheim am Main war ab April 1817 eines von 28 Ämtern, in die das Herzogtum Nassau seit Juli 1816 zum Zweck der lokalen Verwaltung gegliedert war. An der Spitze des Amtes stand als örtlicher Statthalter des Herzogs ein Amtmann.
Geschichte Bearbeiten
Kurmainz Bearbeiten
In Hochheim bestand das Domdechaneiamt Hochheim. Das Amt entwickelte sich aus der Gerichtshoheit, die das Mainzer Domkapitel von den Herren zu Eppstein am 25. März 1482 erwarb. Dieses 1579 belegte Amt umfasste die weltliche und geistliche Verwaltung der Orte Hochheim, Flörsheim und Astheim. Weiterhin war der Ort Eddersheim dem Amt verwaltungsmäßig angegliedert. Nach dem Reichsdeputationshauptschluss kam es zur Säkularisation der Kirchengüter. Das Amt wurde aufgelöst. Lediglich die Generalrezeptur der Steuerverwaltung blieb bestehen. Die an das Fürstentum Nassau gefallenen Orte wurden verwaltungsmäßig in das Amt Wallau eingegliedert.
Nassau Bearbeiten
Das Amt Hochheim entstand durch Umbenennung des Amtes Wallau und Verlegung des Amtssitzes von dort nach Hochheim neu, die unter dem 17. Dezember 1816 vom Herzoglich-Naussauischen Staats-Ministerium wie folgt verfügt wurde: Da ferner Höchsten Orts beschlossen worden ist, daß mit dem 1. April des künftigen Jahres der Sitz des bisherigen Amts Wallau nach Hochheim verlegt und dieser Bezirk künftig den Namen Amt Hochheim führen soll; so werden in Erwägung der leichtern resp. erschwertern Verbindung mit diesem Amts-Sitz ebenwohl vom 1. Jenner k. J. an die Gemeinden Epstein und Lorsbach, bisher zu dem Amt Wallau gehörig, mit dem Amtsbezirk von Königstein, die bisher zu dem Amt Höchst gehörige Gemeinde Eddersheim aber mit dem Amtsbezirk von Wallau (demnächst Hochheim) verbunden seyn.
Zum Amt Hochheim gehörten somit die ehemals Mainzischen Orte Hochheim, Flörsheim, Eddersheim, Wicker, Weilbach und Marxheim, sowie die ehemals Hessen-Darmstädtischen Orte Wallau, Massenheim, Delkenheim, Nordenstadt, Igstadt, Breckenheim, Medenbach, Wildsachsen, Diedenbergen und Langenhain, die bis 1803 als Ländchen in dem vormals hessischen Amt Wallau zusammengefasst waren.
Der Staats- und Adreß-Handbuch des Herzogthums Nassau 1822/23 gibt folgendes an:
- Flächen: 34.331 Steuernormalmorgen (wobei ein Morgen entsprechen 2500 m²), mit 184 Morgen Gebäudestellen, 184 Morgen Gartenland, 22-302 Morgen Ackerland, 2078 Morgen Wiesen, 1780 Morgen Weinberge, 3233 Morgen Hochwald, 3114 Morgen Niederwald, 539 Morgen Trieschland (abwechselnde 3 bis 5-jährige Acker- und 10 bis 20-jährige Wiesennutzung), Weideplätze etc., 917 Morgen nicht besteuerte Liegenschaften.
- Gemeinden: 17 Gemeindebezirke bestehend aus einer Stadt, einem Flecken, 15 Dörfern und 23 Hőfen und Mühlen.
- Bevölkerung: 10.905 Einwohner in 2826 Familien, davon 4974 evangelisch christliche, 5616 Katholiken, 7 Mennoniten und 308 Juden.
- Viehstand: 579 Pferde, ein Esel, 4633 Stück Rindvieh, 5256 Schafe, 2567 Schweine, 181 Ziegen und 483 Bienenstöcke.
- Einfacher Jahressteuersatz (kann auch mehrfach erhoben werden): 9675 fl. 22 kr.
- Amtsgemeinden:
- Hochheim, Stadt: 1760 Einwohner in 449 Familien; „Amtssitz.“
- Breckenheim: 520 Einwohner in 146 Familien; „die obere-, Breckenheimer- und Klingen-Mühle, Kalkofen und Ziegelhutte.“
- Delkenheim: 547 Einwohner in 140 Familien; „der Mechtilshäuser Hof, die Kugler- und Straßenmühle.“
- Diedenbergen: 559 Einwohner in 146 Familien.
- Eddersheim: 619 Einwohner in 146 Familien.
- Flörsheim, Flecken: 1569 Einwohner in 407 Familien; „Jungenfeldischer Hof und Mühle, die Taubert-, Untere-, Obere- und Rothe oder Hopfenmühle, Kalkofen und Ziegelhütte.“
- Igstadt: 472 Einwohner in 134 Familien; „Ziegelhütte, Ober- und Untermühle.“
- Langenhain: 394 Einwohner in 104 Familien.
- Lorsbach: 326 Einwohner in 81 Familien; „die Schleichers- und Kernmühle.“
- Marxheim: 644 Einwohner in 153 Familien.
- Maßenheim: 513 Einwohner in 133 Familien; „Ziegelhütte; Dambmannsmühle, Kalkofen.“
- Medenbach: 276 Einwohner in 71 Familien.
- Nordenstadt: 609 Einwohner in 175 Familien.
- Wallau: 686 Einwohner in 181 Familien; „die Kerns- und die Schlagmühle.“
- Weilbach: 553 Einwohner in 134 Familien; „Schwefelbrunnen, Schloßmühle.“
- Wicker: 672 Einwohner in 174 Familien; „Bolzen-, Herrschaftliche- und Steinmühle.“
- Wildsachsen: 186 Einwohner in 54 Familien.
Im Jahr 1836 wurde das Amt Hochheim wie folgt beschrieben:
„Das Amt Hochheim, enthält 48.372 Morgen, von welchen 261 Morgen auf Gebäudestellen, 211 Morgen auf das Gartenland, 31.428 Morgen auf das Ackerland, 2.953 Morgen auf die Wiesen, 2.477 Morgen auf die Weinberge, 8.958 Morgen auf die Waldungen, 839 Morgen auf das Dreschland und die Waideplätze, kommen und 1,245 Morgen nicht besteuert sind.
Hochheim, unter 26° 1' Länge und 50° 0' 40" Breite, 5⁄4 Meilen ostwärts von Mainz, an der Straße von Mainz nach Frankfurt, rechts vom Maine, auf einer Anhöhe, Stadt mit etwa 420 Häusern und 1.920 Einwohnern, welche vortrefflichen Wein bauen.
Flörsheim, unter 26° 6' Länge und 50° 1' Breite, rechts am Maine, anderthalb Meilen östlich von Mainz, Flecken mit geraden sich in rechten Winkeln durchschneidenden Straßen, mit 350 Häusern und nahe an 1.800 Einwohnern, welche beträchtlichen Obstbau und Weinbau treiben.
Weilbach, am gleichnamigen Bache, unter 26° 6' Länge und 50° 2' 50" Breite, auf der Straße von Frankfurt nach Mainz, Dorf mit einem Schwefelbrunnen und 620 Einwohnern.“
Nach der Märzrevolution 1848 wurde die Verwaltung neu geordnet. Mit Gesetz vom 4. April 1849 wurden in Nassau Verwaltung und Rechtsprechung auf unterer Ebene getrennt. Die Reform trat zum 1. Juli 1849 in Kraft. Für die Verwaltung wurden 10 Kreisämter gebildet, die Ämter als Justizämter (also Gerichte der ersten Instanz) weitergeführt. Die Verwaltungsaufgaben des Amtes Hochheim wurden vom Kreisamt Höchst wahrgenommen, die Rechtsprechung vom Justizamt Hochheim. Die Reform wurde jedoch bereits am 1. Oktober 1854 wieder rückgängig gemacht, die Kreise wieder abgeschafft und die vorigen Ämter wiederhergestellt.
Preußen Bearbeiten
Mit der Annexion Nassaus durch Preußen wurden auch die Ämter in ihrer alten Form aufgelöst und durch Kreise ersetzt. Das Amt Hochheim bildete 1867 gemeinsam mit dem Amt Wiesbaden, dem Amt Höchst und Teilen der freien Reichsstadt Frankfurt und Hessens den Mainkreis. Erst im Rahmen dieser Neuordnung wurden Verwaltung und Rechtsprechung getrennt. Für die Rechtsprechung in erster Instanz, die bisher durch das Amt vorgenommen wurde, waren zunächst die richterlichen Beamte in den Ämtern zuständig, und zum 1. September 1867 wurde das Amtsgericht Hochheim gebildet.
Aber auch nach der Kreisgründung blieb die bisherige Amtsstruktur erhalten. Die Königliche Verordnung vom 22. Februar 1867 regelte: „Die Amtsbezirke als engere Verwaltungsbezirke in ihrer bisherigen Begrenzung bestehen“ Die ehemaligen Ämter bildeten die drei Bezirke des Kreises. Gemäß § 13 der Kreisverfassung entsendeten die Bezirke also die ehemaligen Ämter jeweils sechs Vertreter in den neuen Kreistag. Der Amtmann hatte die Aufsicht über die Ortspolizei und Organ des Landrates.
Mit der Verwaltungsreform von 1885/1886 wurden die Ämter endgültig aufgelöst.
Amtshaus Bearbeiten
Das Amtshaus lag in der Kirchstraße 17 in Hochheim. Es handelte sich um ein herrschaftliches, spätbarockes Gebäude. Es wurde um 1750 auf dem Grundstück der Kommende des Johanniterordens zum Hl. Grab in Mainz durch den Maurermeister Heußer erbaut. Nach der Aufhebung des Ordens wurde der Bau ab 1807 durch das Herzogtum Nassau genutzt. Nach Aufhebung des Amtes wurde das Gebäude als Katasteramt genutzt.
Amtmänner Bearbeiten
Folgende Amtmänner waren in Hochheim tätig:
- 1816–1832 Wilhelm Anton Heinrich Lautz (1816: Amtmann des vorläufigen Amtes Wallau)
- 1832–1839 Johann Heinrich Roth
- 1839–1848 Peter Grüsing
- 1848–1849 Franz Giese (Gieße)
1849–1854 bestand das Amt nicht
- 1854–1861 Christian Wen(c)kenbach
- 1861–1864 Daniel Spieß
- 1865–1869 Johann Friedrich Henrich Wilhelm Held
- 1869–1881 Kilian Hillebrand
- (1881–1886) August Richard Freiherr von Berlepsch
Literatur Bearbeiten
- Thomas Klein: Band 11: Hessen-Nassau, der Reihe: Walther Hubatsch: Grundriß zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815–1945, 1979, ISBN 3-87969-126-6, S. 155–156
Einzelnachweise Bearbeiten
- Hessisches Hauptstaatsarchiv: Bestandsbeschreibung Amt Hochheim (Abteilung 105)
- Irmtraut Liebherr: Der Besitz des Mainzer Domkapitels im Spätmittelalter. Selbstverlag der Gesellschaft für Mittelrheinische Kirchengeschichte, Mainz 1971, S. 134 [1]
- Hochheim am Main, Main-Taunus-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 18. September 2015). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Google Books: Verordnungsblatt des Herzogtums Nassau, Band 8, 1816, S. 333 Bekanntmachung des Herzoglich-Naussauischen Staats-Ministeriums vom 17. Dezember 1816
- Google books: Annalen des Vereins für Nassauische Alterthumskunde und Geschichtsforschung: 10. Band 1870 Seite 328
- Staats- und Adreß-Handbuch des Herzogthums Nassau 2022/ 23 Online bei Google Books S. 78 ff.
- Deutschland und seine Bewohner, Dritter Band. Online bei Google Books S. 176.
- Gesetz vom 4. April 1849 (VBl S. 87); Gesetz, die Vollziehung des Gesetzes über die Trennung der Rechtspflege von der Verwaltung in der unteren Instanz betreffend vom 31. Mai 1849, (VBl S. 409)
- Gesetz vom 24. Juli 1854 (Bvl. S. 160)
- VO vom 26. Juni 1867, GS S. 1094
- Königliche Verordnung vom 22. Februar 1867, Beilage zum Intelligenzblatt für Nassau vom 11. März 1867, § 8 und 9
- GS 1885, S. 229
- Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.): Kirchstraße 17 In: DenkXweb, Online-Ausgabe von Kulturdenkmäler in Hessen
Koordinaten: 50° 0′ 33,7″ N, 8° 21′ 3,8″ O