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Die Aktion Zamosc war ein im Zweiten Weltkrieg unternommener Versuch Heinrich Himmlers Teile des Bezirks Lublin im Generalgouvernement GG gewaltsam zu germanisieren Die Aktion war einer von zwei Versuchen Deutschlands die im Generalplan Ost vorgegebenen Besiedlungsmassnahmen ausserhalb der Reichsgrenzen im Osten zu verwirklichen Gleichzeitig wurden zwischen Herbst 1942 und Ende 1943 in Hegewald bei Schytomyr um Himmlers Hauptquartier herum nach der Vertreibung von 15 000 Ukrainern 10 000 Volksdeutsche an ihrer statt angesiedelt 1 Vertreibung von Polen durch die SS in der Region Dezember 1942 Am 12 November 1942 erklarte Himmler in seiner Funktion als Reichskommissar fur die Festigung deutschen Volkstums den Kreis Zamosc zum ersten deutschen Siedlungsgebiet Stadt und Kreis Zamosc sollten deutsch besiedelt die dort lebende Bevolkerung teils umgesiedelt teils ermordet werden Die Aktion begann Ende November 1942 nachdem die Sommeroffensive der deutschen Wehrmacht die Front auf sowjetischem Gebiet weiter nach Osten verschoben hatte Es sollten 60 000 Ansiedler polnische Deutschstammige und vor allem Volksdeutsche untergebracht werden Dafur wurden rund 110 000 Polen aus 300 Dorfern verschleppt Es konnten aber nur 9 000 deutsche Siedler in 126 Dorfern angesiedelt werden Die Aktion fuhrte zu einem starken Anwachsen der Widerstandsbewegung in der polnischen Bevolkerung die auch durch die Antipartisanenaktionen der deutschen Besatzer nicht zu brechen war Nachdem aus dem Gebiet von Zamosc Polizeitruppen zwecks Niederschlagung des Ghettoaufstandes in Bialystok abgezogen wurden konnte die deutsche Besiedlung nicht mehr fortgefuhrt werden Sie wurde im August 1943 beendet Die deutschen Ansiedler fluchteten 1944 vor der vorruckenden Roten Armee Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Die Auswahl von Zamosc 3 Verlauf 4 Scheitern der Siedlungsplane 5 Siehe auch 6 Anmerkungen 7 Literatur 8 WeblinksHintergrund BearbeitenWie bei der Aktion Reinhardt stand Odilo Globocnik als Himmlers Vorposten im Osten Peter Black organisatorisch im Zentrum des Geschehens Beide Aktionen liefen zeitlich ungefahr parallel und zeigen was die Zielvorstellung des Unternehmens Barbarossa namlich den fur die Zukunft unseres Volkes unentbehrlichen Lebensraum im Osten Hitler 1945 zu schaffen in ihrer Ausfuhrung bedeutete uber die Endlosung der Judenfrage hinaus massenhafte Vertreibungen im Sinne einer Umvolkung und fur viele Fremdvolkische Vernichtung fur wenige die als deutschstammige und inzwischen assimilierte Siedler identifiziert werden konnten und sich wieder zum Deutschtum zu bekennen hatten ein Bleiberecht Fur Himmler als Reichskommissar fur die Festigung deutschen Volkstums bedeuteten diese Vorgange Kolonisation angeblich in der Fortsetzung mittelalterlicher Ostkolonisation in den Spuren Heinrichs I 919 936 auf den in der slawischen Geschichtsschreibung der Deutsche Drang nach Osten zuruckgefuhrt wird 2 Fur die Ansiedlung Volksdeutscher im Raum Zamosc war Odilo Globocnik verantwortlich 3 Die Auswahl von Zamosc BearbeitenNach dem Reisefuhrer Baedeker zum Generalgouvernement von 1943 galt das von deutschen und italienischen Baumeistern errichtete Zamosc wegen seiner fruheren Verbindung mit der Hanse als Trutzburg deutscher Kultur im Osten 4 Es lag auf einer West Ost Linie in der Verlangerung des Hellwegs an dessen Beginn die Duisburger Nationalsozialisten am 1 August 1936 ihrem Stadtzentrum den jetzigen Namen Konig Heinrich Platz gegeben hatten 5 Der Hellweg fuhrt als heutige Bundesstrasse 1 an der Wewelsburg bei Paderborn vorbei die Himmler 1934 unter Geheimhaltung ihres Zwecks fur die SS in Beschlag genommen hatte Die Burg galt in einer von den Nationalsozialisten geschatzten Sage als Ausgangspunkt einer finalen Schlacht zwischen Ost und West 6 In Zamosc sollten sich die West Ost Verkehrsadern zwischen dem Grossdeutschen Reich und den im Generalplan Ost zur Germanisierung vorgesehenen drei Reichsmarken auf sowjetischem Gebiet bundeln Zamosc das kunftig Himmlerstadt heissen sollte zahlte mit den Stadten Tomaszow und Hrubieszow zu Globocniks Befehlsbereich Globocnik war dort auf Spuren fruher deutscher Siedlungen gestossen 7 Bei einem ersten Besuch in Lublin am 20 Juli 1941 hatte Himmler nach Fertigstellung der ersten Fassung des Generalplans Ost 15 Juli 1941 angeordnet ein Grosssiedlungsgebiet in den deutschen Kolonien bei Zamosc zu schaffen Bereits am 11 April 1942 wurden 3000 Juden aus Zamosc ins Vernichtungslager Belzec deportiert 250 Personen wurden am Ort erschossen 8 Am 12 November 1942 begann die Aktion Zamosc Nach dem Generalplan sollte der erste Siedlungsbereich im Generalgouvernement entstehen das einer sonderrechtlich aufgebauten Kolonialverwaltung unterlag d h die dort lebenden Menschen waren prinzipiell rechtlos vgl Volkstumspolitik Verlauf BearbeitenIn der Nacht vom 27 auf 28 November 1942 begannen Polizeikommandos mit der Raumung der Dorfer Die Bevolkerung wurde zusammengetrieben und mit Handgepack und 20 Zloty pro Person in das Sammellager Zamosc abtransportiert An diesen Zwangsaussiedlungen beteiligten sich unter Fuhrung der Umwandererzentralstelle die Ordnungspolizei der SD die SS Landwacht Zamosc sowie die ortlichen Garnisonen der Luftwaffe und der Wehrmacht Bereits bei der Vertreibung und dem Transport ins Lager wurden viele Menschen die Widerstand leisteten oder fluchteten erschlagen oder erschossen Unmittelbar nach dem Abtransport wurden volksdeutsche Umsiedler Bessarabien und Bukowinadeutsche die in Lagern gewartet hatten in die Hofe eingewiesen Dies betraf etwa 300 Dorfer 9 Die vertriebene Bevolkerung wurde gemass den Vorgaben der Deutschen Volksliste nach vier so genannten rassischen Wertungsgruppen selektiert Zwei arbeitsfahige Gruppen waren zur Wiedereindeutschung bestimmt die dritte Gruppe fur die Zwangsarbeit in Deutschland soweit die Menschen nicht uber 60 oder unter 14 Jahre alt waren Diese Personen wurden in so genannte Rentendorfer verschickt Rentendorfer wurden die judischen Siedlungen genannt deren Bewohner in die Vernichtungslager transportiert worden waren Dort erfroren und verhungerten Tausende von zwangsausgesiedelten Kindern und alten Menschen Die vierte Gruppe als kriminell oder asozial eingestufte Personen weil sie Widerstand leisteten kamen direkt nach Auschwitz 110 000 Polen wurden bis August 1943 aus 300 Dorfern von SS Polizei und Wehrmachtseinheiten vertrieben Die Mehrheit konnte fliehen 51 000 wurden deportiert Die Bevolkerung wehrte sich massiv und ging zu den Partisanen uber Die bewaffneten Gruppen der Widerstandsbewegung lieferten den Polizeikommandos Gefechte und uberfielen die Ansiedler Eine Abteilung der polnischen Heimatarmee und die 3 Kompanie Grzmot der Bauernbataillone zusammen etwa 400 Mann kampften gegen die etwa 1 900 Mann starken deutschen Sicherungstruppen 10 Bei den deutschen Vergeltungsmassnahmen fur den Widerstand kamen 7 000 Menschen ums Leben Am 30 Juni 1943 erklarte Himmler das gesamte Generalgouvernement zum Bandenkampfgebiet Im Ansiedlungsgebiet erfolgten Ortsumbenennungen meist Namensneufindungen oder Ubersetzungen so z B 11 Bortatyzce in Baltenhof Skierbieszow in Heidenstein Horyszow in Pfingstdorf Huszczka in Bergfeld Panska Dolina in Pfalzdorf Ploskie in Ebenheim Siedliska in Mattern Sitaniec in Silbenfeld Wysokie in Hochdorf Zawada in Wirsing Zamosc in Himmlerstadt wahrend der Planungsphase spater in Pflugstadt Scheitern der Siedlungsplane BearbeitenIm Februar 1943 wurde versucht die mit Volksdeutschen besiedelten Gebiete durch einen Gurtel von Dorfern zu schutzen die mit Ukrainern besiedelt wurden 14 739 der dort ansassigen polnischen Bauern wurden vertrieben Die Hoffnung war mit dieser Ukraineraktion nationale Gegensatze ausnutzen zu konnen Die Vertreibung der polnischen Bevolkerung und die Neuansiedlung fuhrte nicht nur zum Anwachsen der Widerstandsbewegung sondern auch zu geringerer Produktion von Lebensmitteln und damit zu geringeren Ablieferungen an die Besatzungsbehorden Das Ostheer der Wehrmacht wurde aus dem Generalgouvernement versorgt Hans Frank und der Gouverneur von Lublin Ernst Emil Zorner kritisierten die Ansiedlungen konnten sich jedoch nicht gegen Himmler und Globocnik durchsetzen Am 15 August 1943 brach Globocnik die begonnene Ansiedlungsaktion und die in den militarischen Antipartisanenaktionen Aktion Werwolf I II erfolgende Bekampfung des Widerstandes mangels geeigneter weiterer Krafte ab 12 Die 9 000 volksdeutschen Neusiedler konnten bis zum Vorrucken der Roten Armee und der sowjetischen Einnahme von Zamosc im Juli 1944 ein kurzes Auskommen finden Gegen alle Realitat erklarte Himmler noch am 3 August 1944 vor den Gauleitern in Posen unsere politischen wirtschaftlichen menschlichen militarischen Aufgaben haben wir in dem herrlichen Osten Es musse moglich sein Generation fur Generation unsere Bauerntrecks auszurusten und von dem Gebiet das wir zunachst hinter der militarischen Grenze haben immer einige hundert Kilometer zunachst mit Stutzpunkten zu versehen und dann allmahlich flachenmassig zu besiedeln und die anderen herauszudrangen 13 Siehe auch BearbeitenParczew PartisanenAnmerkungen Bearbeiten Peter Longerich Heinrich Himmler Biographie Siedler Munchen 2008 S 605 Zdenek Vana Die Welt der alten Slawen Prag 1983 S 211 Klaus Peter Friedrich Bearb Die Verfolgung und Ermordung der europaischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933 1945 Quellensammlung Band 9 Polen Generalgouvernement August 1941 1945 Munchen 2013 ISBN 978 3 486 71530 9 S 22 mit Anm 34 Richard Breitman Heinrich Himmler Der Architekt der Endlosung Zurich Munchen 2000 S 264 Zit Baedeker in Das Generalgouvernement Reisehandbuch Karl Baedeker Leipzig 1943 S 135f mit Hinweis auf ein nahes Pfalzer Siedlungsgebiet aus der Zeit um 1800 das z Z durch neue Ansiedlungen gefestigt wird Mit Konig Heinrich ist Heinrich I 919 936 gemeint von dem fur Duisburg einige Aufenthalte bezeugt sind E Unger Winkelried Die Schlacht am Birkenbaum In Sonderdienst fur den Frontzeitgenossen Stimme der Heimat Hrsg v d Reichspressestelle der NSDAP in Zsarb mit d Oberkommando der Wehrmacht Folge 246 v 7 Marz 1943 Berlin S 16 17 Heinz Hohne Der Orden unter dem Totenkopf Die Geschichte der SS Augsburg 1995 S 291 Klaus Peter Friedrich Bearb Die Verfolgung und Ermordung der europaischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933 1945 Quellensammlung Band 9 Polen Generalgouvernement August 1941 1945 Munchen 2013 ISBN 978 3 486 71530 9 S 253 mit Anm 13 Israel Gutman u a Hrsg Enzyklopadie des Holocaust Munchen und Zurich 1995 ISBN 3 492 22700 7 Bd III S 1621 Bundesarchiv Hrsg Europa unterm Hakenkreuz Die Okkupationspolitik des deutschen Faschismus 1938 1945 Huthig Verlagsgemeinschaft Band 8 Analysen Quellen Register ISBN 3 7785 2338 4 S 206 Edouard Conte et Cornelia Essner La Quete de la race Une anthropologie du nazisme Paris Hachette 1995 ISBN 978 2 01 017992 1 S 271 ff Vgl Werner Rohr Neuordnung Europas Vor 60 Jahren Die Aktion Zamosc und der Generalplan Ost in Junge Welt 28 November 2002 Bradley Smith Agnes Peterson Hrsg Heinrich Himmler Geheimreden 1933 bis 1945 und andere Ansprachen Mit einer Einfuhrung von Joachim C Fest Berlin 1974 S 246 Literatur BearbeitenGotz Aly Susanne Heim Vordenker der Vernichtung Auschwitz und die deutschen Plane fur eine neue europaische Ordnung Durchgesehene Ausgabe Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 1995 S 432 440 Das Projekt Zamosc Fischer Taschenbucher Geschichte 11268 Wolfgang Bleyer Elisabeth Brachmann Teubner Gerhart Hass Helma Kaden Manfred Kuhnt Norbert Muller Ludwig Nestler Fritz Petrick Werner Rohr Wolfgang Schumann Historiker Martin Seckendorf Hrsg Kollegium unter Leitung von Wolfgang Schumann Nacht uber Europa Die Okkupationspolitik des deutschen Faschismus 1938 1945 Achtbandige Dokumentenedition Band 2 Werner Rohr Hrsg Die faschistische Okkupationspolitik in Polen 1939 1945 Lizenzausgabe Pahl Rugenstein Koln 1989 ISBN 3 7609 1260 5 Klaus Donecke und Hermann Spix Das Reserve Polizeibataillon 67 und die Aktion Zamosc Ein Recherchebericht In Medaon 13 2013 online Bruno Gebhardt Handbuch der deutschen Geschichte Band 21 Wolfgang Benz Hrsg 20 Jahrhundert 1918 2000 Rolf Dieter Muller Der Zweite Weltkrieg 1939 1945 Zehnte vollig neu bearbeitete Auflage Klett Cotta Stuttgart 2004 ISBN 3 608 60021 3 Zygmunt Klukowski Tagebuch aus den Jahren der Okkupation 1939 1944 Herausgeber Christine Glauning Ewelina Wanke Einleitung Ingrid Loose Ubersetzung aus dem Polnischen Karsten Wanke Metropol Berlin 2017 Czeslaw Madajczyk Vom Generalplan Ost zum Generalsiedlungsplan Dokumente K G Saur Munchen u a 1994 ISBN 3 598 23224 1 Einzelveroffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin 80 Czeslaw Madajczyk Hrsg Zamojszczyzna Sonderlaboratorium SS Zbior dokumentow polskich i niemieckich z okresu okupacji hitlerowskiej 2 Bande Ludowa Spoldzielnia Wydawnictwo Warschau 1977 Uber 400 Dokumente zur Aktion Zamosc in deutscher und polnischer Sprache Rolf Dieter Muller Hitlers Ostkrieg und die deutsche Siedlungspolitik Die Zusammenarbeit von Wehrmacht Wirtschaft und SS Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 1991 ISBN 3 596 10573 0 Fischer 10573 Geschichte Werner Rohr Neuordnung Europas Vor 60 Jahren Die Aktion Zamosc und der Generalplan Ost In Junge Welt 28 November 2002 Mechtild Rossler Sabine Schleiermacher Hrsg Der Generalplan Ost Hauptlinien der nationalsozialistischen Planungs und Vernichtungspolitik Akademie Verlag Berlin 1993 ISBN 3 05 002445 3 Schriften der Hamburger Stiftung fur Sozialgeschichte des 20 Jahrhunderts Bruno Wasser Die Neugestaltung des Ostens Ostkolonisation und Raumplanung der Nationalsozialisten in Polen wahrend der deutschen Besetzung 1939 1944 unter besonderer Berucksichtigung der Zamojszczyzna im Distrikt Lublin Aachen Techn Hochsch Diss 1992 Weblinks BearbeitenForum Barbarossa Beitrag 4 2002 Michael Schroders Generalplan Ost eine neue Quelle Ein Konigsberger Gutachten zur Eindeutschung der annektierten polnischen Gebiete Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Aktion Zamosc amp oldid 237628114