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Die Aktion Brandt fasst dezentrale Totungen von Kranken in Heil und Pflegeanstalten wahrend der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland ab 1942 zusammen In einigen Anstalten kamen Kranke auf Grund von Uberbelegung und absichtlicher Vernachlassigung zu Tode in anderen Anstalten wurden die gezielt dorthin verlegten Insassen gleich in grossem Massstab ermordet 1 Die nach Hitlers Begleitarzt und Bevollmachtigtem Generalkommissar fur das Sanitats und Gesundheitswesen Karl Brandt benannte Aktion trat teilweise die Nachfolge der Aktion T4 an Inhaltsverzeichnis 1 Begriff 2 Vorgeschichte und Organisation 3 Totungspraktiken 4 Kostenabrechnung 5 Intensivierung der Totungen 6 Zahl der Opfer 7 Einordnung in die nationalsozialistische Vernichtungsideologie 8 Literatur 9 Weblinks 10 AnmerkungenBegriff BearbeitenDer Begriff Aktion Brandt geht auf den Historiker Gotz Aly zuruck der 1985 vermutete Brandt habe im Juli 1943 dem Leiter der Zentraldienststelle T4 Paul Nitsche einen neuen Auftrag zur Ermordung von Patienten erteilt Altere Veroffentlichungen gingen nicht von einer zentralen Lenkung der Krankenmorde aus und benutzten den Begriff wilde Euthanasie Mehrere nach 1985 entstandene Regionalstudien zeigten auf dass die Krankenmorde im Nationalsozialismus nach Ende der Aktion T4 nicht alleine auf eine zentrale Lenkung zuruckgefuhrt werden konnen und betonen die Bedeutung regionaler Initiativen Der Historiker Winfried Suss benutzt den Begriff regionalisierte Euthanasie 2 Vorgeschichte und Organisation BearbeitenDie Aktion T4 bei der ab Anfang 1940 psychisch kranke und geistig behinderte Menschen getotet wurden war von Hitler durch eine Verfugung vom 24 August 1941 eingestellt worden Bis dahin wurden in den insgesamt sechs Totungsanstalten 70 273 Menschen durch Gas getotet Zwar wurde diese euphemistisch so genannte Euthanasie in verschiedenen Formen weitergefuhrt die Erwachseneneuthanasie wurde jedoch nicht mehr durch zentralisierte Vergasung durchgefuhrt sondern erfolgte dezentral in den einzelnen Heil und Pflegeanstalten mittels Uberdosierung von Medikamenten oder systematischem Verhungernlassen der Patienten Andere Beispiele fur fortgesetzte Totungsprogramme sind die Aktion 14f13 fur nicht arbeitsfahige KZ Haftlinge oder die bis Kriegsende durchgefuhrte Kinder Euthanasie bei der korperlich oder geistig behinderte Kinder bis zum Alter von drei Jahren getotet wurden Im weiteren Kriegsverlauf fielen diesem Programm in speziell hierfur eingerichteten Kinderfachabteilungen auch altere Kinder und Jugendliche zum Opfer Am 24 August 1941 an dem Hitler die bisherige Erwachseneneuthanasie stoppte ordnete er auch die Errichtung von Ersatzbauten fur beschadigte Krankenhauser in luftkriegsgefahrdeten Stadten an Hierfur sollte die Organisation Todt Ausweichkrankenhauser bauen die an die Heil und Pflegeanstalten angeschlossen werden sollten Todt Aktion Am 29 Oktober 1941 wurde Herbert Linden zum Reichsbeauftragten fur die Heil und Pflegeanstalten ernannt Verordnung vom 23 Oktober 1941 Reichsgesetzblatt RGBl 1941 I S 653 Linden war zuvor Ministerialdirigent und Referent in der Abteilung IV Gesundheitswesen im Reichsministerium des Innern und fungierte hier als Koordinator zu der mit der Durchfuhrung der Euthanasie beauftragten Kanzlei des Fuhrers Karl Brandt der chirurgische Begleitarzt Hitlers und dessen medizinischer Beauftragter fur die Aktion T4 koordinierte bereits von Beginn an die katastrophenmedizinische Versorgung der luftkriegsgefahrdeten Gebiete mit der staatlichen Gesundheitsverwaltung im Reichsinnenministerium obwohl die formelle Ermachtigung durch Erlass des Fuhrers uber das Sanitats und Gesundheitswesen erst am 28 Juni 1942 RGBl 1942 I S 515 erfolgte Danach wurde er fur Sonderaufgaben und Verhandlungen zum Ausgleich des Bedarfs an Arzten Krankenhausern und Medikamenten zwischen dem militarischen und dem zivilen Sektor des Sanitats und Gesundheitswesens bevollmachtigt In dieser Funktion war er Hitler direkt unterstellt und erhielt von diesem unmittelbar Weisungen Gleichzeitig wurde der Staatssekretar im Reichsinnenministerium und Reichsgesundheitsfuhrer Leonardo Conti als Verantwortlicher fur alle einheitlich zu treffenden Massnahmen im Bereich des zivilen Gesundheitswesens bestellt Infolge der ungenugenden Vorbereitung des nationalsozialistischen Gesundheitswesens auf den langen Krieg fuhrte die hohe Anzahl verwundeter Soldaten zu einem Mangel an Krankenhausbetten Zudem zerstorten die alliierten Bombenangriffe in zunehmendem Mass die medizinische Infrastruktur in grossen Stadten 3 Deshalb sollten in Heil und Pflegeanstalten die weniger vom Luftkrieg bedroht waren Bettenplatze fur Ausweichkrankenhauser und Lazarette geschaffen werden Um dies zu erreichen sollte ein grosser Teil der dort vorhandenen Insassen verlegt werden Am 5 August 1942 forderte Linden von den zustandigen Behorden mittels Schnellbrief eine Stellungnahme zu folgenden Fragen In der letzten Zeit hat sich immer wieder gezeigt dass zur Beschaffung von Krankenhausbetten in Katastrophenfallen in steigendem Masse auf Heil und Pflegeanstalten zuruckgegriffen werden muss Da uber die Betten die durch die bisher betriebenen planwirtschaftlichen Vorkehrungen in den Anstalten gewonnen worden sind anderweitig verfugt ist bedarf es zusatzlicher Massnahmen um weiteren Anspruchen gerecht werden zu konnen Ich ersuche daher mir bis zum 15 August d J Frist genau einhalten zu berichten1 wieviele Geisteskranke in den Anstalten einschl charitative und private des dortigen Bezirks bei bestmoglicher Ausnutzung der vorhandenen Bettenzahl noch untergebracht werden konnen 2 wieviele Geisteskranke daruber hinaus in Katastrophenfallen durch Herrichtung von Notlagern ina heizbaren Gangen Gemeinschaftsraumen usw b in Kapellen von Anstaltennoch zusatzlich aufgenommen werden konnen 3 nur fur luftgefahrdete Gebiete welche Heil und Pflegeanstalten im eingetretenen besonderen Katastrophenfall zu raumen sind um als Hilfskrankenhaus Verwendung zu finden Hierzu bitte ich mir tunlichst solche Anstalten zu benennen die als nicht besonders luftgefahrdet anzusehen sind Beim Eintreten eines Katastrophenfalles wurde ich fur sofortige Raumung dieser Anstalten sorgen so dass innerhalb kurzester Frist die Uberstellung der obdachlos gewordenen Kranken aus den zu raumenden Krankenhausern in die zu schaffende Ausweichanstalt erfolgen kann Es muss den ortlichen Stellen uberlassen bleiben schon jetzt Massnahmen zu erwagen um die Umstellung der zu raumenden Anstalten auf den Krankenhausbetrieb sicherzustellen Da nach meinen vorstehenden Ausfuhrungen die Heil und Pflegeanstalten in Katastrophenfallen eine wesentliche Reserve fur die zusatzliche Beschaffung von Krankenbetten bieten sollen konnen sie zur Unterbringung von Obdachlosen in Zukunft nicht mehr in Frage kommen Weiterhin bitte ich davon abzusehen schon jetzt die Raumung der Heil und Pflegeanstalten die in oder an der Peripherie gefahrdeter Stadte liegen zu verlangen da die Raumung dieser Anstalten meine Bewegungsfreiheit in wirklich eintretenden Katastrophenfallen stark einschranken muss 4 Aufgrund der Luftschutzpflicht nach 2 des Reichsluftschutzgesetzes vom 26 Juni 1935 RGBl 1935 I S 827 sollten fur Katastrophen und Luftkriegsfalle ausreichende Kapazitaten in Heil und Pflegeanstalten bereitstehen Dies sollte einerseits durch dichtere Belegung und Notbetten und andererseits durch Verlegen geisteskranker Patienten aus uberfullten Anstalten in weniger gefahrdete Landesteile erreicht werden Bereits im Vorfeld wurden die einzelnen Heil und Pflegeanstalten aufgefordert die hierzu in Betracht kommenden Patienten aufzulisten Die fur Luftkriegsopfer und Reserve bzw Ersatzkrankenhauser vorgesehenen Kapazitaten stellten eine Gelegenheit dar die Euthanasie wieder in grossem Massstab aufzunehmen Die nach aussen dargestellten Grunde verschleierten die Absicht die Kranken zu toten Im Gegensatz zur Aktion T4 gab es keine differenzierenden Selektionskriterien mehr so dass eine Begutachtung durch Arzte und zentrale Totungslisten entfallen konnten Die Auswahl der Opfer wurde zudem der Leitung der Abgabeanstalten uberlassen Ausschlaggebend fur die Zahl der zu verlegenden und damit zu totenden Patienten waren nur noch die Arbeitsfahigkeit der Kranken und der als Folge eines Luftangriffes prognostizierte Bettenbedarf Interne Organisatoren bezeichneten das mit dem Toten von Psychiatriepatienten verbundene Sichern der Krankenbettversorgung als Aktion Brandt Anfang 1943 wurde der Ministerialdirektor Fritz Cropp als Leiter der Gesundheitsabteilung des Reichsinnenministeriums von Staatssekretar Conti zum Generalreferenten fur Luftkriegsschaden ernannt Damit war er fur die katastrophenmedizinische Versorgung der Zivilbevolkerung verantwortlich Er liess sich ab Juni 1943 monatlich die zivilen Krankenhausbetten die Zahl der durch Luftangriffe zerstorten Krankenhauser und die Zahl der zum Ausgleich verlegten Geisteskranken melden Bereits einen Monat vorher schon drangte sein Untergebener Linden darauf die in der Aktion T4 bewahrten Psychiater bei den diversen Heil und Pflegeanstalten in leitenden Positionen unterzubringen Da diese Anstalten jedoch in die Tragerschaft der Lander fielen musste seinem Ersuchen der Hinweis auf neue Massnahmen die von der Reichsarbeitsgemeinschaft der Heil und Pflegeanstalten einer Tarnorganisation der Kanzlei des Fuhrers zur Durchfuhrung der Euthanasie durchzufuhren waren den notigen Nachdruck verschaffen In einem Schreiben vom 4 April 1943 an die Medizinalverwaltung der Provinz Hannover kundigte Linden unumwunden an Ich glaube bestimmt dass die von der Reichsarbeitsgemeinschaft durchgefuhrten Massnahmen zur gegebenen Zeit wieder aufleben werden wobei vielleicht die Art der Durchfuhrung eine andere sein wird insbesondere es vielleicht notig werden wird die offentlichen Heil und Pflegeanstalten in grosserem Umfange in den Vollzug der Massnahmen einzuschalten Gerade dann aber ware das Vorhandensein eine diese Massnahmen unbedingt bejahenden Direktors von ausserordentlicher Wichtigkeit Daraus lasst sich der Schluss ziehen dass zu diesem Zeitpunkt anscheinend grundlegend entschieden worden war die kunftige Phase der Euthanasie nicht mehr wie bisher zentral in den Gaskammern der drei Totungsanstalten Bernburg Hartheim und Sonnenstein durchzufuhren sondern dezentral in den Heil und Pflegeanstalten Zu den bekanntesten Aufnahme und damit auch Totungsanstalten des neuen Typs gehorten Am Steinhof in Wien Eichberg Eltville am Rhein Heil und Pflegeanstalt Grossschweidnitz Grossschweidnitz Heil und Pflegeanstalt Hadamar Hadamar Kalmenhof bei Idstein Irsee bei Kaufbeuren Heil und Pflegeanstalt Obrawalde Meseritz Gauheilanstalt Tiegenhof bei Gnesen Totungspraktiken BearbeitenEnde Juni 1943 wurden erste Anstalten Heil und Pflegeanstalten sowie Altenheime im Rheinland geraumt was sich schnell auf Westfalen sowie die Stadte Hamburg und Berlin ausdehnte Fur die Methode zur Totung der in andere Anstalten verlegten Geisteskranken hatte Hermann Paul Nitsche der bereits bei der Aktion T4 als Obergutachter fungierte schon 1940 das sogenannte Luminalschema entwickelt Eine leichte Uberdosierung dieses Schlafmittels sollte die Verlegungspatienten unauffallig toten Das geschah dadurch dass einmal oder mehrfach den Kranken gewohnlich zweimal 0 3 Gramm taglich Luminal eine an sich zulassige bei schwachem Zustand jedoch fur manchen Kranken zu hohe Dosis manchmal auch dreimal 0 3 Gramm Luminal verabreicht wurde 5 Nitsche fuhrte diese Methode bei einer Besprechung mit ausgewahlten praktischen Psychiatern am 17 August 1943 ein Die entsprechenden Medikamente wurden vom Reichskriminalpolizeiamt uber die Zentraldienststelle T4 an die einzelnen Anstalten geliefert Eine weitere Moglichkeit zur Ermordung von Geisteskranken bestand darin diesen eine speziell dosierte Hungerkost in Kaufbeuren Irsee als E Kost bzw Euthanasie Kost bezeichnet zu verabreichen die noch verstarkt durch vernachlassigte Pflege und ungeheizte Raume in einem vorhersehbaren Zeitraum zum gewunschten Verhungern der Patienten fuhrte Diese Mangelernahrung wurde in Bayern mit dem Hungerkost Erlass vom 30 November 1942 legalisiert Die Organisation und die Durchfuhrung erfullten die Erwartungen ihrer Initiatoren So berichtete zum Beispiel der Direktor der Heil und Pflegeanstalt Waldheim Gerhard Wischer in einem Schreiben vom 4 November 1943 an Nitsche Ich habe reichlich zu tun da fast alle Neuaufnahmen aus der Gegend um Leipzig Chemnitz und Meissen zu mir kommen Ich konnte diese Aufnahmen naturlich niemals unterbringen wenn ich nicht entsprechende Massnahmen zum Freimachen von Platzen durchfuhren wurde was ganz reibungslos geht Es fehlt mir allerdings sehr an den erforderlichen Medikamenten Von 300 weiblichen Patienten aus Hamburg die in die Heil und Pflegeanstalt Am Steinhof in Wien am 17 August 1943 verlegt worden waren kamen 257 bis Ende 1945 ums Leben Das sind mehr als 80 der Patienten Ebenso wie die Selektionskriterien und die Zahl der Opfer nicht vorgeschrieben wurden war auch hinsichtlich der Totungsart Eigeninitiative durchaus erwunscht In der osterreichischen Anstalt Maria Gugging entwickelte der dortige Arzt Emil Gelny ein Verfahren mit welchem Patienten durch elektrischen Strom ermordet wurden eine Totungsart die sich an Hinrichtungen durch den elektrischen Stuhl orientierte Weitere Varianten stellten Injektionen mit Luft Morphin oder Scopolamin dar Zum Teil wurden die Totungen auch an besonders loyales Pflegepersonal delegiert Kostenabrechnung BearbeitenFur die Kostenabrechnung der Verlegungspatienten waren nicht die Aufnahmeanstalten zustandig sondern die im Rahmen der Aktion T4 gegrundete Zentraldienststelle T4 der Kanzlei des Fuhrers unter dem Tarnnamen Zentralverrechnungsstelle Heil und Pflegeanstalten mit Hans Joachim Becker als Leiter Spitzname Millionen Becker In einem Merkblatt fur die Aufnahmeanstalten von Geisteskranken vom 10 Juli 1944 waren unter dem Geschaftszeichen B Ru 5 die Einzelheiten penibel geregelt Intensivierung der Totungen BearbeitenIm Jahre 1944 wurde die Anzahl der dezentral organisierten Totungen gesteigert Aufgrund des fortschreitenden Bombenkrieges der Alliierten der sich nicht mehr nur auf militarische Ziele beschrankte sondern sich immer mehr hin zu Flachenbombardements von Wohngebieten hin verschob ging es nicht mehr nur um Krankenbetten sondern auch um die Beschaffung von Ersatzraumen fur zerstorte offentliche Einrichtungen In die Aktion Brandt wurden auf Grundlage von seit 1941 42 durchgefuhrten Erfassungen aller Anstalten des Reichsgebietes 6 schliesslich auch Altenheime und Krankenhauser einbezogen Neben den bestehenden Heil und Pflegeanstalten wurden auch besondere Ausweichkrankenhauser eingerichtet in denen zusatzlich zu den ublichen Krankheitsfallen physisch Kranke geistig und korperliche Behinderte Taubstumme Blinde Tuberkulose Fursorgezoglinge Arbeitsinvaliden zwangsverschleppte Ostarbeiter Fluchtlinge durch Bombenangriff verwirrte Zivilisten und offenkundig auch schwerverwundete Soldaten untergebracht wurden Der so genannt unproduktive Ausschuss der Gesellschaft sollte hier ebenso unauffallig wie systematisch beseitigt werden Mittel des Reichsfinanzministeriums fur die Errichtung von Hilfs und Ausweichkrankenhausern wurden von Cropp an den Reichsbeauftragten fur die Heil und Pflegeanstalten weitergeleitet Dieser legte ein Programm fur die Errichtung von Not und Ausweichunterkunften in holzsparender Bauweise im Rahmen der Massnahme zur Freimachung westdeutscher Heilanstalten vor Die Heil und Pflegeanstalten verfugten so zunehmend uber ein Reservelazarett ein Krankenhaus fur korperlich Kranke und nicht medizinische Institutionen Die bisherigen Patienten wurden in die Ausweichunterkunfte die dem Typ der in den Konzentrationslagern verwendeten Baracken ahnelten Lange 12 50 m Breite 4 25 m verlegt bevor sie je nach Bedarf in ihre neuen Aufnahmeanstalten transportiert wurden Fur die Auswahl der Standorte fur diese Notunterkunfte waren neben dem Grad der Luftgefahrdung wohl auch die Bereitschaft der Anstaltsverantwortlichen zur tatkraftigen Unterstutzung dieser zweiten Euthanasie Phase ausschlaggebend Ende 1944 meldete Linden dem Reichsfinanzministerium die zugewiesenen Mittel fur 145 Baracken verwendet zu haben Gleichzeitig beantragte er fur das Jahr 1945 Mittel in der doppelten Hohe Die vorgefertigten Bauelemente konnten jedoch aufgrund knapper sonstiger Baustoffe und Arbeitskrafte nicht mehr errichtet werden In Voraussicht dieser Entwicklung hatte Linden schon im Sommer 1944 die Aufstellung zusatzlicher Stockbetten mit Strohschuttung in den Anstalten angeordnet Am Ende wurden dann noch Krematoriumsofen in einzelnen Anstalten errichtet wie zum Beispiel in der Heil und Pflegeanstalt Kaufbeuren Irsee oder geplant wie in der Landesheil und Pflegeanstalt Pfafferode am Rand von Muhlhausen Thuringen da die Platze auf den Ortsfriedhofen nicht mehr ausreichten nbsp Die Treise Kapelle auf dem Gelande der LWL Klinik Warstein wurde 1985 zur Gedenkstatte fur die Opfer der Euthanasie und 2012 mit den Namen der dortigen Opfer erweitertZahl der Opfer BearbeitenAhnlich wie bei der Aktion 14f13 lasst sich auch fur die Aktion Brandt die Zahl der Opfer nicht genau bestimmen da viele Totungen als solche weder erkennbar waren noch als solche registriert wurden Im Gegensatz zur Aktion T4 sind statistische Unterlagen nicht erhalten geblieben Geschatzt werden mindestens 30 000 Opfer Zu den Opfern zahlen Ernst Lossa Marianne Schonfelder Walburga Kessler und Erna Kronshage Einordnung in die nationalsozialistische Vernichtungsideologie BearbeitenAuch die Aktion Brandt stellte eine Folge und zugleich eine Steigerung der nationalsozialistischen Grundauffassung dar wonach die Vernichtung lebensunwerten Lebens den Gesunden diene Darunter fielen aufgrund der Kriegsbedurfnisse nunmehr nicht nur unheilbar Kranke oder Erbkranke sondern ganz generell alle unproduktiven oder aus sonstigen Grunden unerwunschten Menschen so dass wie schon bei der Aktion 14f13 auf eine besondere Begrundung fur deren Totung verzichtet wurde Die fur die Luftkriegsopfer benotigte zusatzliche Bettenkapazitat diente lediglich als ausserer Anlass fur eine in der inneren Logik liegende radikalisierte Fortentwicklung der NS Ideologie die mit Zwangssterilisierungen begann und mit den NS Krankenmorden sowie dem Holocaust millionenfache Opfer forderte Neben der nationalsozialistischen Vernichtungsideologie grundete diese Vernichtung lebensunwerten Lebens aber auch auf Familienmitglieder und Angehorige um Probleme im alltaglichen Zusammenleben mit erkrankten oder auch nur storenden Familienmitgliedern zu losen Das soziale Umfeld nahm massgeblichen Einfluss darauf wer wahrend der Zeit der Krankenmorde in psychiatrische Einrichtungen eingewiesen wurde teils sogar aus Grunden die selbst der Amtsarzt nicht anerkannte 7 Literatur BearbeitenGotz Aly Angelika Ebbinghaus Matthias Hamann Friedemann Pfafflin Gerd Preissler Hrsg Aussonderung und Tod Die klinische Hinrichtung der Unbrauchbaren Rotbuch Verlag Berlin 1985 ISBN 3 88022 950 3 Beitrage zur nationalsozialistischen Gesundheits und Sozialpolitik 1 Gotz Aly Hrsg Aktion T4 1939 1945 Die Euthanasie Zentrale in der Tiergartenstrasse 4 Edition Hentrich Berlin 1989 ISBN 3 926175 66 4 Statten der Geschichte Berlins 26 Heinz Faulstich Hungersterben in der Psychiatrie 1914 1949 Mit einer Topographie der NS Psychiatrie Lambertus Freiburg Breisgau 1998 ISBN 3 7841 0987 X Ernst Klee Euthanasie im NS Staat Die Vernichtung lebensunwerten Lebens S Fischer Frankfurt am Main 1983 ISBN 3 10 039303 1 Hrsg Dokumente zur Euthanasie Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 1985 ISBN 3 596 24327 0 Fischer Taschenbucher 4327 Was sie taten Was sie wurden Arzte Juristen und andere Beteiligte am Kranken oder Judenmord Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 1986 ISBN 3 596 24364 5 Fischer Taschenbucher 4364 Eugen Kogon Hermann Langbein Adalbert Ruckerl Hrsg Nationalsozialistische Massentotungen durch Giftgas Eine Dokumentation Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 1986 ISBN 3 596 24353 X Fischer Taschenbucher 4353 Matthias Meusch Aktion Brandt In Werner E Gerabek Bernhard D Haage Gundolf Keil Wolfgang Wegner Hrsg Enzyklopadie Medizingeschichte De Gruyter Berlin New York 2005 ISBN 3 11 015714 4 S 26 f Thomas Schilter Unmenschliches Ermessen Die nationalsozialistische Euthanasie Totungsanstalt Pirna Sonnenstein 1940 1941 Kiepenheuer Leipzig 1998 ISBN 3 378 01033 9 Zugleich Diss phil Humboldt Universitat 1997 Die Euthanasie Totungsanstalt Pirna Sonnenstein 1940 1941 Weblinks Bearbeitencomlink de Rassenhygiene Nationalsozialismus Euthanasie deutschlandfunk de Das Feature 31 Mai 2016 Johanna Herzing Tante Trude Erinnerungen an einen Euthanasiemord eforum zeitgeschichte at Wilde Euthanasie und Aktion Brandt am Steinhof in Wien Patientenschicksale in der Landesheilanstalt Uchtspringe Memento vom 9 August 2008 im Internet Archive Anmerkungen Bearbeiten In Robert Jutte Wolfgang U Eckart Hans Walter Schmuhl Winfried Suss Hrsg Medizin und Nationalsozialismus Bilanz und Perspektiven der Forschung Wallstein Verlag 2011 ISBN 978 3 8353 0659 2 S 231 Winfried Suss Dezentralisierter Krankenmord Zum Verhaltnis von Zentralgewalt und Regionalgewalten in der Euthanasie seit 1942 In Horst Moller Jurgen John Thomas Schaarschmidt Hrsg NS Gaue regionale Mittelinstanzen im zentralistischen Fuhrerstaat Oldenbourg Munchen 2007 ISBN 978 3 486 58086 0 S 123 135 hier S 123 135 Hans Walter Schmuhl Euthanasie und Krankenmord zitiert nach Faulstich S 309f Urteil des Landgerichts Dresden vom 7 Juli 1947 Nr 1 Ks 58 47 gegen Paul Nitsche und andere in Joachim S Hohmann Der Euthanasie Prozess Dresden 1947 Eine zeitgeschichtliche Dokumentation Peter Lang Verlag Frankfurt am Main 1993 ISBN 3 631 45617 4 S 417f Matthias Meusch Aktion Brandt 2005 S 26 f Stefanie Coche Der Krankenmord in Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 2 August 2021 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Aktion Brandt amp oldid 237171526