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Adrien Turel 5 Juni 1890 in Sankt Petersburg Russisches Kaiserreich 29 Juni 1957 in Zurich war ein Schweizer Schriftsteller Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke 2 1 Lyrik 2 2 Prosawerke 2 3 Essaybande und Sachbucher 2 4 Autobiographisches 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenTurel wurde 1890 als Sohn schweizerisch deutscher Eltern in der Hauptstadt des damaligen Russischen Reiches geboren Ab 1891 wuchs er in einem Landsitz bei Lausanne ab 1900 in Berlin auf Dort besuchte er das Leibniz Gymnasium und studierte ab 1912 Germanistik Romanistik und Geschichte 1917 lernte er uber Magnus Hirschfeld und Heinrich Koerber 1861 1927 1 die Psychoanalyse kennen brach sein Studium ab und arbeitete zwei Jahre als Lehrer am Berliner Franzosischen Gymnasium Als Spartakist verdachtigt wurde er in Moabit fur zwei Monate inhaftiert Er schrieb Artikel fur verschiedene Zeitungen und fand in Oskar Loerke einen Freund der 1919 seinen ersten Essayband beim S Fischer Verlag herausgab 1923 heiratete er Margarethe Kallmeyer die Ehe mit einer gemeinsamen Tochter wurde 1926 geschieden Von etwa 1927 bis 1930 wohnte Turel bei Adolf Moritz Steinschneider in Frankfurt am Main mit dem er seit ihrer gemeinsamen Zeit am Franzosischen Gymnasium befreundet war und mit dem zusammen er auch schon am Spartakusaufstand teilgenommen hatte 2 S 217 ff S 245 In Steinschneiders Rechtsanwaltspraxis wirkte er als eine Art von Burovorsteher ungefahr so wie Karl Marx als Berater in der Geschaftsfuhrung seines Freundes Friedrich Engels hatte wirken konnen 2 S 56 An anderer Stelle behauptete Turel dass es auch Teil des Plans gewesen sei meine unsere Soziologie zu publizieren und zur Geltung zu bringen 2 S 246 was aber nur durch Turels in Frankfurt entstandene und hier 1928 im Selbstverlag erschienene Schrift Keinen Gott als nur die Menschheit Einfugung der Diagonalkategorie des Werdens in das Sein und in die Arbeit realisiert wurde 3 Deren komplizierte Drucklegung durch einen Druckereibesitzer der Steinschneider Geld schuldete und schliesslich eine kommunistische Druckerei hat Turel in seiner Autobiographie ausfuhrlich beschrieben 2 S 56 ff Steinschneiders Kanzlei war damals eine Art intellektueller Treffpunkt Privat auf der Suche nach alternativen Lebensstilen wird seine weitlaufige Kanzlei am Frankfurter Untermainkai zu einem Experimentierfeld fur neue Formen menschlichen Zusammenlebens Grosse Anziehungskraft uben auf ihn und seine Gesinnungsgenossen Themen wie undogmatischer Sozialismus sexuelle Befreiung das Verhaltnis der Geschlechter oder die Kritik am Totalitarismus linker und rechter Provenienz aus In seinem personlichen Umfeld bewegen sich in dieser Zeit bekannte Sozialisten wie etwa Paul Frolich der Freund Rosa Luxemburgs der Sozialtheoretiker Karl Korsch oder auch der junge Kommunist Wolfgang Abendroth Horst Olbrich und Ullrich Amlung Adolf Moritz Steinschneider 1894 1944 der zweite Ehemann von Eva Hillmann 4 In diesem Experimentierfeld fur neue Formen menschlichen Zusammenlebens entstand Turels Plan die Psychoanalyse so weiterzuentwickeln dass sie die Patienten zu denen vom vierdimensionalen Standpunkt aus auch der normale Mensch gehort nicht nur im Sinne viktorianischer Zivilisation lebensfahig macht dass sie vielmehr die Basis eines neuen Menschentums ergibt und dadurch zur notwendigen Erganzung sowohl des Marxismus als auch der Nuklearphysik wird 2 S 243 f Turel sah in diesem bedeutsamen Programm eine Weiterfuhrung seines Buches Wiedergeburt der Macht aus dem Konnen und grundete zu diesem Zweck angeregt durch den Arzt und Sexualwissenschaftler Heinrich Koerber in Berlin die Arbeitsgemeinschaft fur bionergetische Psychologie 5 Zu den Grundungsmitgliedern dieser Arbeitsgemeinschaft gehorten neben Turel dessen Bruder Serge Adolf Moritz Steinschneider die Maler Alfred Lomnitz und Fritz Leopold Hennig der Autor Erich Ratsch 6 sowie der Arzt Arthur Schinnagel 7 Nach Turels Erinnerungen endete die Arbeitsgemeinschaft kurz nach der Weltwirtschaftskrise von 1929 mit einem blamabel verlaufenen Kongress in Berlin der auch zugleich seinem Zusammenleben mit Steinschneider in Frankfurt ein Ende gesetzt habe Ich blieb in Berlin assoziierte mich als Psychoanalytiker mit zwei Arzten die an der Ecke Joachimsthalerstrasse Kurfurstendamm in der Wohnung des beruhmten Sexosophen Iwan Bloch eine glanzende Praxis fur Haut und Geschlechtskrankheiten eroffnet hatten und versuchte weiterzuarbeiten 2 S 249 f Von 1932 bis 1933 war Turel Mitarbeiter in der Redaktion der von Franz Jung herausgegebenen Zeitschrift Gegner ein Blatt das darauf zielte Jugendliche aus allen Konfessionen und politischen Richtungen anzusprechen Im Marz 1932 war Harro Schulze Boysen als Schriftleiter dieser Zeitschrift eingesetzt worden und bemuhte sich dem Blatt ein neues Geprage zu geben Begleitet wurden die laufenden Gegner Ausgaben von monatlichen Ausspracheabenden deren Teilnehmer vorrangig Jugendliche waren die Fragen stellten und Antworten horen wollten Als standiger Mitarbeiter und Diskutant nahm Turel als Querwelterindenker sehr haufig an diesen Gesprachskreisen teil Fur den aus der judischen Jugendbewegung kommenden Jung war Turel ein geistiger Hauptanziehungspunkt dieser Abende Er war ein Universaldenker als Generalist in vielen Disziplinen zuhause und gab seinen Zuhorern unkonventionelle Denkanstosse Viele empfanden den Umgang mit ihm als eine Bereicherung 8 Ab Juli 1932 war Harro Schulze Boysen Herausgeber der neu strukturierten Zeitschrift die sich nun gegner nannte aber mit dem bisherigen Netzwerk des Gegner Kreises arbeitete Nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30 Januar 1933 wurde es immens schwerer eine normale Pressearbeit und Gesprachskreise zu politischen Themen durchzufuhren Beunruhigt durch die eskalierende Gewalt der SA und SS Einheiten trafen sich die Anhanger und Interessenten des gegners in privaten Raumlichkeiten Mitte Februar 1933 wurde die politische Polizei auf die Aktivitaten des gegners aufmerksam Daraufhin veroffentlichte das Landeskriminalamt Berlin eine Mitteilung dass es sich bei dem Gegner Kreis um eine radikal kommunistische Vereinigung handele 9 Das fuhrte dazu dass eine SS Sturm Einheit Ende April 1933 die Redaktionsraume besetzte und alle Anwesenden verhaftete darunter auch Harro Schulze Boysen Henry Erlanger und Adrien Turel Die drei wurden misshandelt und noch in der Nacht in ein wildes Konzentrationslager gebracht Als die SS Leute feststellten dass Turel schweizerischer Staatsburger war liessen sie ihn wieder frei Er entschloss sich Deutschland schnell zu verlassen Zu dieser Zeit war das Verhaltnis Turels zu seinem fruheren Freund Adolf Steinschneider der gleich nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler in die Schweiz gefluchtet war und dort von Turels Bruder Serge unterstutzt wurde schon merklich abgekuhlt In einem Brief aus dem November 1933 den Steinschneider seinem in Palastina lebenden Bruder Gustav schrieb hiess es Turel scheint ziemlich gleichgeschaltet d h weniger aus Uberzeugung als aus Feigheit Auf sehr vorsichtige Briefe von mir hat er uberhaupt nicht reagiert als Fite ihn anlautete um sich von ihm zu verabschieden hat der Hosenscheisser gesagt er konne die Notwendigkeit hierfur nicht einsehen und hat schliesslich einfach abgehangt Ausserdem hat er aber auch an Serge einen Brief geschrieben der sich auf antisemitischer Bahn zu bewegen schien Serge hat ihn mir aus Taktgefuhl nicht gezeigt obgleich ich ihn gern gesehen hatte Er hat ihm aber sehr grob geantwortet Seitdem schreibt er auch an Serge nicht mehr Er soll auch wie Fite sagt in einem obskuren Blattchen irgend etwas uber Rassentheorie losgelassen haben Adolf Moritz Steinschneider Brief an Gustav Steinschneider Zurich 25 November 1933 10 Turel kehrte Ende 1934 nach einem halbjahrigen Paris Aufenthalt in die Schweiz zuruck und widmete sich fortan als freier Schriftsteller der Formulierung seines eigenwilligen utopischen Menschen und Weltbildes Wahrend des Krieges versuchte er sich auch als Romanautor Der kleinere Science Fiction artige Kriminalroman Die Greiselwerke erschien 1942 in Zurich die beiden umfangreicheren Werke wurden erst postum durch die 1958 von seiner zweiten Ehefrau Lucie Turel Welti gegrundete Stiftung Adrien Turel verlegt 1952 trat der als Kommunist verschriene Turel der SP bei Er fand auf dem Friedhof Sihlfeld seine letzte Ruhestatte Sein Nachlass befindet sich in der Zentralbibliothek Zurich Werke BearbeitenLyrik Bearbeiten Es nahet gen den Tag Kentaur Wolgast 1918 Christi Weltleidenschaft Die Schmiede Berlin 1924 Neuausgabe als Weltleidenschaft Oprecht Zurich 1940 Vom Mantel der Welt Stampfenbach Zurich 1947 Ergreif das Heute Tschudy Der Bogen Heft 36 St Gallen 1954 Eros Demiurgos Gedichte und Fragmente Stiftung Adrien Turel Zurich 1959 Weltsaite Mensch Ausgewahlte Gedichte hg v Hans Rudolf Hilty Tschudy Quadrat Bucher 13 St Gallen 1960Prosawerke Bearbeiten Die Greiselwerke Kriminalroman Oprecht Zurich 1942 Neuausgabe von Charles Linsmayer mit einem Nachwort von Martin Kraft Ex Libris Zurich 1981 Dein Werk soll deine Heimat sein Das Leben des Marschalls Moritz von Sachsen Buchergilde Gutenberg Zurich 1942 Die zwolf Monate des Dr Ludwig Stulter Roman abgeschlossen im Marz 1942 Stiftung Adrien Turel Zurich 1959 Neuausgabe Edition Moderne Zurich 1984 Reise einer Termite zu den Menschen Ein Reisebericht Eine Utopie Eine Satyre Stiftung Adrien Turel Zurich 1960 Neuausgabe Edition Moderne Zurich 1983 Heldentum und Ohnmacht des Bailli de Suffren Tragodie eines Seehelden Niederschrift abgeschlossen 1952 fragmentarisch Stiftung Adrien Turel Zurich 1961Essaybande und Sachbucher Bearbeiten Selbsterlosung Fischer Berlin 1919 Wiedergeburt der Macht aus dem Konnen Drei Masken Munchen 1921 Keinen Gott als nur die Menschheit Einfugung der Diagonalkategorie des Werdens in das Sein und in die Arbeit Selbstverlag Frankfurt am Main 1929 Die Eroberung des Jenseits Rowohlt Berlin 1931 Recht auf Revolution Hoffmann Berlin 1932 Technokratie Autarkie Genetokratie Hoffmann Berlin 1934 Bachofen Freud Zur Emanzipation des Mannes vom Reich der Mutter Huber Bern 1939 Mass System der historischen Werte Europa Zurich 1944 Von Altamira bis Bikini Die Menschheit als System der Allmacht Stampfenbach Zurich 1947 Russlands und Amerikas Wettlauf zur Eroberung des Jenseits Diana Zurich 1950 Generalangriff auf die Personlichkeit und dessen Abwehr Nebst einem Namens Register und einem Anhang BEGRIFFE UND WORTE der mit Nutzen fur sich gelesen werden kann Selbstverlag Zurich 1955 Die dritte und letzte Stufe der Weltrevolution Volksverlag Elgg 1957 und nichts fiel auf ein gut Land sondern auf durr Land der Vorurteile Versuch einer sinnvollen Bundelung eines Teils meiner verstreuten gedruckten oder refusierten Aufsatze Stiftung Adrien Turel Zurich 1958 William Shakespeare Zur Einheit und Mannigfaltigkeit der grossen Schopfer Fragment von 1939 Stiftung Adrien Turel Zurich 1961 Neuausgabe Edition Moderne Zurich 1986Autobiographisches Bearbeiten Bilanz eines erfolglosen Lebens Selbstverlag Zurich 1956 Neuausgabe Edition Nautilius Edition Moderne Zurich und Hamburg 1989 ISBN 3 89401 155 6 Bilanz II Rechenschaftsbericht eines ewig Arbeitslosen Stiftung Adrien Turel Zurich 1959 Neuausgabe in einem Band ausgewahlt und eingeleitet von Hugo Loetscher Huber Frauenfeld 1976 Edition Nautilus Hamburg 1989 ISBN 3 89401 155 6 Ecce Superhomo Der Mensch irrt er ist noch gar kein Mensch Eine Folge von Aufzeichnungen zu einer Autobiographie aus dem Kriegsjahr 1943 chronologisch geordnet Stiftung Adrien Turel Zurich 1960 Splitter Auswahl von Auszugen aus ungedruckten Manuskripten fast ausschliesslich Entwurfen zur Autobiographie Stiftung Adrien Turel Zurich 1961 Geschichte unserer Zukunft Ecce Superhomo Band II Neue Zuordnungen und neue Verflechtungen Stiftung Adrien Turel Zurich 1963Literatur BearbeitenFrancois Bondy u a Uber Adrien Turel Stiftung Adrien Turel Zurich 1974 Bettina Bosch Adrien Turel In Helvetische Steckbriefe 47 Schriftsteller aus der deutschen Schweiz seit 1800 Bearbeitet vom Zurcher Seminar fur Literaturkritik mit Werner Weber S 265 271 Artemis Zurich und Munchen 1981 Hugo Eberhardt Experiment Ubermensch Das literarische Werk Adrien Turels Zurich 1984 Hugo Eberhardt Wolfgang Bortlik Hgg Adrien Turel Zum 100 Geburtstag Edition Nautilus Hamburg 1990 ISBN 3 89401 179 3 Turel Adrien in Werner Roder Herbert A Strauss Hrsg International Biographical Dictionary of Central European Emigres 1933 1945 Band 2 2 Munchen Saur 1983 S 1178Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Adrien Turel im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von und uber Adrien Turel in der Deutschen Digitalen Bibliothek Texte zu Adrien Turel von Charles Linsmayer Ingrid Bigler Marschall Turel Adrien In Historisches Lexikon der Schweiz Kompositionen von Adrien Turel auf dem PDB Server der Schwalbe Zum 10 Todestag des Schriftstellers Adrien Turel In SRF 1966 Memoriav Homepage der Stiftung Adrien TurelEinzelnachweise Bearbeiten Magnus Hirschfeld Gesellschaft Heinrich Koerber San Rat Dr med a b c d e f Adrien Turel Bilanz eines erfolglosen Lebens Neuausgabe 1989 Adrien Turel Keinen Gott als nur die Menschheit reichwein forum Nr 6 Juni 2005 S 5 7 Bioenergetik In Lexikon der Psychologie Verfasser von Gefahrliche Freiheit Der Rausch als regulierendes Prinzip und von Der Okkultismus als soziologisches Problem In Zeitschrift fur Volkerpsychologie und Soziologie Heft 3 1927 S 413 427 Uber den Sozialistischen Arzt Schinnagel gibt es kaum Informationen Etwas uber ihn erfahrt man von Gerda Szepansky Blitzmadel Heldenmutter Kriegerwitwe Frauenleben im Zweiten Weltkrieg Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main Marz 1986 ISBN 3 596 23700 9 Auf den Seiten 284 ff findet sich dort das Kapitel Wurdest du gleich einmal von mir getrennt Bericht von Arthur Schinnagel uber seine Frau Charlotte aus dem hervorgeht dass Arthur Schinnagel 1937 in Gestapohaft kam und anschliessend ins Konzentrationslager Sachsenhausen Dort hatte er 1944 Kontakt zu dem Mithaftling Pastor Heinrich Gruber dem Schinnagels Lebensgefahrtin Charlotte im Anschluss half kostbare Bibeln vor dem Zugriff der nationalsozialistischen Behorden zu verstecken 1945 wurde Schinnagel zunachst in ein Manner Nebenlager des Frauenlagers Ravensbruck verlegt und dann in den letzten Kriegswochen als Haftling nach Lubeck wo er von der Britischen Rheinarmee befreit wurde Schinnagel und seine Frau lebten spater in einer Gartensiedlung in Berlin Buckow Hans Coppi Geertje Andresen Dieser Tod passt zu mir Aufbau Verlag Berlin 1999 S 149 f Hans Coppi Geertje Andresen Dieser Tod passt zu mir Aufbau Verlag Berlin 1999 S 159 ff Deutsches Exilarchiv Nachlass Adolf Moritz Steinschneider NL 267 Normdaten Person GND 118624636 lobid OGND AKS LCCN n50013356 VIAF 44306236 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Turel AdrienKURZBESCHREIBUNG Schweizer SchriftstellerGEBURTSDATUM 5 Juni 1890GEBURTSORT Sankt PetersburgSTERBEDATUM 29 Juni 1957STERBEORT Zurich Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Adrien Turel amp oldid 236062029