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Abraham Ludwig Hammerschmidt 28 Januar 1858 in Jastrow Provinz Westpreussen 15 Februar 1934 in Cottbus 1 oder Senftenberg 2 war ein deutscher Rechtsanwalt Notar und Politiker DDP Abraham Hammer schmidt rechts zusammen mit seiner Frau und seinen Kindern im Jahr 1905 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Schicksal seiner Familie 3 Werke 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenAbraham Hammerschmidt wurde als altestes von elf Kindern des wohlhabenden judischen Bauern und Getreidehandlers David Hammerschmidt und dessen Frau Berta geboren 3 4 Er studierte Jura in Berlin und Munster Seinen Dienst beim preussischen Militar leistete er in Detmold Danach war er als Referendar in Elberfeld und Gerichtsassessor am Preussischen Kammergericht tatig 1881 bestand er sein Referendarexamen und wurde fur den Staatsdienst vereidigt 3 Im November 1885 legte er das juristische Staatsexamen ab Wahrend seines Studiums beschaftigte er sich auch mit klassischer Literatur und veroffentlichte 1884 das Trauerspiel Rienzi In Berlin lernte er Bertha Hirschberg kennen und lieben Da sie eine mittellose Vollwaise war hielt sie sein Vater fur nicht standesgemass So kam es nach der Verlobung der beiden zum Bruch mit seinen Eltern 5 In der Folgezeit plante er eine Niederlassung als Rechtsanwalt Da die Konkurrenz in der Reichshauptstadt Berlin sehr gross war suchte er nach einem Gerichtsort der in weniger als eineinhalb Stunden mit dem Schnellzug von Berlin aus erreichbar war und in dem ein gutes Verhaltnis zwischen Einwohnerzahl und zugelassenen Anwalten bestand Seine Wahl fiel auf Cottbus Dort liess er sich am 5 Januar 1886 als Rechtsanwalt nieder Im selben Jahr heiratete er seine Verlobte Bertha 5 Im August 1887 wurde der alteste Sohn Hermann geboren Ihm folgten Frieda geb 1892 Hertha geb 1893 Fritz geb 1894 Hans geb 1895 und Walter geb 1900 2 Alle seine Sohne wurden Juristen Hermann und Hans waren spater in seiner Kanzlei tatig Fritz und Walter liessen sich in Berlin nieder Seine beiden Tochter heirateten in Berlin Seine Kanzlei und die Wohnraume seiner Familie waren seit 1893 in Cottbus im Haus Bahnhofstrasse 62 untergebracht das er erbauen liess 1 1890 wurde er in den Vorstand der Synagogengemeinde von Cottbus gewahlt Er lehnte die Wahl jedoch am 8 August in einem Brief an den Cottbuser Oberburgermeister Paul Werner zunachst ab da er sich fur ungeeignet hielt weil er dem Cultus der Religionsgemeinde vollig fern stehe Nachdem der Regierungsprasident mit Zwangsmassregeln gedroht hatte nahm er am 1 November die Wahl doch noch an 6 Abraham Hammerschmidt vertrat eher liberale religiose Ansichten So heiratete sein Sohn Hermann eine Katholikin ohne dass er dafur familiare Konsequenzen furchten musste Fur die Sohne von Hermann spielte Abraham sogar den Weihnachtsmann 7 1899 wurde er zum Notar ernannt 1905 erfolgte die Ernennung zum preussischen Justizrat Ublich war es damals dass man sich die Ernennungsurkunde im Berliner Schloss abholen musste Abraham Hammerschmidt fand dies jedoch zu umstandlich Von einem Kollegen hatte er erfahren dass einem die Urkunde nach einiger Zeit zugeschickt werde wenn man der Einladung nach Berlin nicht nachkomme Stattdessen erschien jedoch nach einiger Zeit ein Gendarm der ihn daruber informierte dass die Einladung eigentlich einem Befehl entsprach und er sich ihr nicht entziehen konne Abraham Hammerschmidt antwortete darauf Ich kann und die Gendarmerie kann mich Auf die Antwort des Gendarmen Herr Rechtsanwalt ich stehe hier auf Befehl Seiner Majestat antwortete Hammerschmidt mit Kann mich auch Auf diese Auseinandersetzung folgten eine Anklage wegen Majestatsbeleidigung sowie ein Standesgerichtsverfahren der Anwaltskammer die jedoch beide aufgrund einer Amnestie nicht weiterverfolgt wurden Die Begebenheit blieb allerdings bei seinen Mitburgern im Gedachtnis und verschaffte ihm den Ruf ein Mann des Volkes zu sein Aus diesem Grund bot ihm im Verlauf der Novemberrevolution eine Delegation des Arbeiter und Soldatenrats einen Ministerposten an Als Abraham Hammerschmidt von den Delegierten den Grund des Angebots erfuhr erwiderte er Na dann sagen Sie mal Ihrem Arbeiter und Soldatenrat er kann mich auch Daraufhin wurde er ins Amtsgerichtsgefangnis gebracht aber bereits am nachsten Tag wieder freigelassen 8 nbsp Sonett von Abraham Hammer schmidt am Grab seiner Frau BerthaAbraham Hammerschmidts Ehefrau Bertha starb im November 1916 Der Judische Friedhof von Cottbus war bereits voll belegt Dank einer Ausnahmegenehmigung durch Oberburgermeister Hugo Dreifert durfte Bertha jedoch auf einer Waldparzelle sudlich des Sudfriedhofs bestattet werden Abraham liess dort ein Denkmal aus Muschelkalk errichten auf dem er seine Trauer in einem Sonett verewigte Um dieses Grabmal entstand zwischen 1917 und 1919 der Neue Judische Friedhof der noch heute besteht 9 nbsp Kandidatenliste der DDP zur Weimarer Nationalversammlung 1919 mit Hammerschmidt auf Platz acht Schon fruh begann Abraham Hammerschmidt sich politisch in Cottbus zu engagieren Er war zunachst Mitglied des Liberalen Vereins dessen Erster Vorsitzender er auch wurde 10 Fur ihn war er seit 1910 Mitglied des Stadtverordnetenkollegiums von Cottbus Dort kummerte er sich im Besonderen um das neue Stadttheater So war er Mitglied der Theaterdeputation und des Theatervereins 2 Nachdem der Liberale Verein 1918 in der DDP aufging wurde er dort Mitglied Fur sie kandidierte er erfolglos fur den Preussischen Landtag 11 und den Reichstag 2 Im Stadtverordnetenkollegium blieb er durchgehend bis 1933 und war am Ende Vorsitzender seiner Fraktion und Mitglied des Prasidiums Bei der ersten Kommunalwahl in Cottbus nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten am 12 Marz 1933 erhielt seine Partei die mittlerweile Deutsche Staatspartei hiess keine Sitze mehr In dieser Wahl erreichte die NSDAP zum ersten Mal die absolute Mehrheit im Stadtparlament von Cottbus 11 In der folgenden Zeit waren Abraham Hammerschmidt und seine Familie der beginnenden Judenverfolgung der Nationalsozialisten ausgesetzt Wahrend des Judenboykotts am 1 April 1933 bezogen zwei SA Manner vor der Kanzlei Stellung und schickten alle Angestellten weg Ahnlich erging es auch Geschaften judischer Kaufleute in der Spremberger Strasse Am 4 April erhielten Abraham und seine beiden Sohne Hans und Hermann drei gleichlautende Briefe vom Landgerichtsprasidenten mit der Aufforderung das Amt als Notar niederzulegen In der Begrundung hiess es unter anderem dass die Aufrechterhaltung der offentlichen Ordnung und Sicherheit ernstlicher Gefahr ausgesetzt ist wenn Deutsche sich im Rechtsverkehr weiterhin Urkunden entgegenhalten lassen mussen die von judischen Notaren aufgenommen oder beglaubigt worden sind In ihrem eigenen Interesse und mit Rucksicht auf die erregte Volksstimmung sei es daher ratsam das Amt niederzulegen Am 7 April wurde mit dem Gesetz uber die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ein Vertretungsverbot fur alle judischen Anwalte erlassen Als Ausnahme galt das Frontkampferprivileg fur Anwalte die vor dem 1 August 1914 zugelassen worden waren oder im Ersten Weltkrieg gekampft hatten Somit blieben Abraham und seine beiden alteren Sohne Hermann und Fritz verschont Seine jungeren Sohne Hans und Walter waren jedoch betroffen In der Folgezeit sank die Zahl der Klienten deutlich Ein Grund dafur war dass nun mit Hans ein Anwalt in der Kanzlei fehlte Allerdings zogen sich auch viele Cottbuser Textilbetriebe und Geschaftsleute die von der Kanzlei vertreten wurden wegen der allgemeinen judenfeindlichen Stimmungslage zuruck So mussten sechs der 13 Angestellten der Kanzlei entlassen werden 12 Am 15 Februar 1934 starb Abraham Hammerschmidt 2 Er wurde neben seiner Frau auf dem Neuen Judischen Friedhof beigesetzt Der Cottbuser Anzeiger weigerte sich seine Todesanzeige zu veroffentlichen 13 Die Zeitung hatte Hammerschmidt im Januar 1933 kurz vor der Machtergreifung noch zum 75 Geburtstag gratuliert und ihn dabei als hochgeschatzten Burger unserer Stadt bezeichnet Bereits zwei Monate spater betonte man dass die Behauptung in Ihrem Verlage sei der Justizrat Hammerschmidt beteiligt oder es arbeite judisches Kapital in Ihrem Betriebe frei erfunden war 14 Schicksal seiner Familie Bearbeiten nbsp Stolper steine der Familie Hammer schmidt in Cottbus nbsp Gedenkstein fur die Familie Hammer schmidt auf dem Neuen Judischen Friedhof in CottbusDurch seinen Tod 1934 erlebte Abraham Hammerschmidt die Ermordung eines Grossteils seiner Familie nicht mehr Vier seiner Geschwister die in Wiesbaden lebten wurden nach Theresienstadt deportiert und dort ermordet Eine weitere Schwester aus Wiesbaden deportierte man nach Lublin Sie starb vermutlich in Sobibor 4 15 Sein jungster Sohn Walter wurde bereits wahrend der Reichspogromnacht am 9 November 1938 in Berlin festgenommen und ins KZ Sachsenhausen deportiert Mit Bestechungsgeldern gelang es seiner Frau ihn im Dezember zur Auswanderung freizukaufen 16 17 Er starb jedoch im Januar 1939 an einer Sepsis die durch die im KZ zugefugten Wunden verursacht worden war Seine Urne wurde im Familiengrab auf dem Neuen judischen Friedhof in Cottbus bestattet Er ruht damit als einziges Kind neben seinen Eltern 16 Abrahams Tochter Hertha wurde 1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet 18 Das gleiche Schicksal erlitt auch sein Sohn Fritz der zusammen mit seiner Frau seinem Sohn und seiner Schwiegermutter 1944 nach Auschwitz verschleppt wurde 15 19 Sein Sohn Hermann starb 1944 im Arbeitserziehungslager Oderblick bei Schwetig 20 Seine Nichte Frieda Glasfeld die in seiner Kanzlei als Buroleiterin beschaftigt war 12 wurde 1942 ins Warschauer Ghetto deportiert aus dem sie nicht zuruckkehrte 15 21 Seine Tochter Frieda war bereits 1937 in Berlin gestorben 2 Als einziges seiner Kinder uberlebte Hans den Holocaust Er emigrierte 1939 uber Kuba nach Ecuador Auch dessen Frau und Kinder uberlebten 2 An das Schicksal der Familie Hammerschmidt erinnert seit Ende der 1940er Jahre ein Gedenkstein am Grab der Familie auf dem Neuen judischen Friedhof in Cottbus 22 Ausserdem wurden am 28 September 2006 funf Stolpersteine vor dem Wohnsitz der Familie in der Cottbuser Bahnhofstrasse 62 verlegt 23 Sie wurden am 14 November desselben Jahres entwendet und am 13 Dezember erneuert 24 25 Auch Abrahams Geschwister aus Wiesbaden wurden durch Stolpersteine geehrt Werke BearbeitenRienzi Trauerspiel in 5 Aufzugen Verlag der Baderschen Buch und Kunsthandlung Elberfeld 1884 Literatur BearbeitenWolfgang Hammerschmidt Spurensuche Zur Geschichte der judischen Familie Hammerschmidt in Cottbus Psychosozial Verlag Giessen 1996 ISBN 3 930096 49 8 Erika Pchalek Judenhass macht auch vor Cottbuser Anwalt nicht halt In Lausitzer Rundschau 27 September 2013 abgerufen am 14 Oktober 2017 Jutta Ruckert Otto Ruckert Cottbus In Irene Diekmann Julius H Schoeps Hrsg Wegweiser durch das judische Brandenburg Edition Hentrich Berlin 1995 ISBN 3 89468 189 6 S 59 82 Helmut Schweitzer Nazigewalt in Cottbus Das Los der Familie Hammerschmidt In Cottbuser Zeitung Heimatzeitung des Heimatkreises Cottbus Nr 2 Juni 1991 S 15 17 Justizrat Hammerschmidt ein Siebzigjahriger In Cottbuser Anzeiger 28 Januar 1928 zu finden in Wolfgang Hammerschmidt Spurensuche 1996 S 108 Justizrat Hammerschmidt 50 Jahre Jurist In Cottbuser Anzeiger 6 Marz 1931 zu finden in Wolfgang Hammerschmidt Spurensuche 1996 S 109 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Grab der Familie Hammerschmidt Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten a b Alexander Kuchta Hammerschmidt Abraham In Stadtische Sammlung Cottbus Abgerufen am 16 Oktober 2017 a b c d e f g Helmut Schweitzer Nazigewalt in Cottbus Das Los der Familie Hammerschmidt 1991 a b Wolfgang Hammerschmidt Spurensuche 1996 S 91 a b Zur Erinnerung an die Geschwister Hammerschmidt Nicht mehr online verfugbar In Erinnerungsblatter des Aktiven Museums Spiegelgasse Oktober 2010 archiviert vom Original am 10 Oktober 2017 abgerufen am 3 November 2017 nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www am spiegelgasse de a b Wolfgang Hammerschmidt Spurensuche 1996 S 93 94 Jutta Ruckert Otto Ruckert Cottbus In Irene Diekmann Julius H Schoeps Hrsg Wegweiser durch das judische Brandenburg 1995 S 67 Wolfgang Hammerschmidt Spurensuche 1996 S 112 113 Wolfgang Hammerschmidt Spurensuche 1996 S 96 99 Wolfgang Hammerschmidt Spurensuche 1996 S 100 102 Justizrat Hammerschmidt ein Siebzigjahriger In Cottbuser Anzeiger 28 Januar 1928 a b Wolfgang Hammerschmidt Spurensuche 1996 S 121 123 a b Wolfgang Hammerschmidt Spurensuche 1996 S 118 121 Wolfgang Hammerschmidt Spurensuche 1996 S 123 Peter Lewandrowski Der Cottbuser Anzeiger verrat seine liberalen Traditionen In Wochenkurier 27 April 2018 abgerufen am 14 Juni 2019 a b c Wolfgang Hammerschmidt Spurensuche 1996 S 176 177 a b Wolfgang Hammerschmidt Spurensuche 1996 S 154 156 Hammerschmidt Walter In Gedenkbuch fur die Opfer der NS Judenverfolgung in Deutschland Abgerufen am 14 Oktober 2017 Hammerschmidt Hertha In Gedenkbuch fur die Opfer der NS Judenverfolgung in Deutschland Abgerufen am 14 Oktober 2017 Hammerschmidt Fritz In Gedenkbuch fur die Opfer der NS Judenverfolgung in Deutschland Abgerufen am 14 Oktober 2017 Hammerschmidt Hermann Karl Siegfried Franz In Gedenkbuch fur die Opfer der NS Judenverfolgung in Deutschland Abgerufen am 14 Oktober 2017 Glasfeld Frieda In Gedenkbuch fur die Opfer der NS Judenverfolgung in Deutschland Abgerufen am 14 Oktober 2017 Stefanie Endlich Gedenkstatten fur die Opfer des Nationalsozialismus Eine Dokumentation Band II Bundeszentrale fur politische Bildung Hrsg 2000 ISBN 3 89331 391 5 S 253 pdf Stolpersteine in Cottbus In Lausitzer Rundschau 27 September 2006 abgerufen am 14 Oktober 2017 Wolfgang Swat Geschandetes Andenken In Lausitzer Rundschau 15 November 2006 abgerufen am 14 Oktober 2017 Neue Stolpersteine fur die Familie Hammerschmidt In Lausitzer Rundschau 13 Dezember 2006 abgerufen am 4 Marz 2018 Normdaten Person Wikipedia Personensuche Kein GND Personendatensatz Letzte Uberprufung 5 Oktober 2017 PersonendatenNAME Hammerschmidt AbrahamALTERNATIVNAMEN Hammerschmidt Abraham LudwigKURZBESCHREIBUNG deutscher Rechtsanwalt Notar und PolitikerGEBURTSDATUM 28 Januar 1858GEBURTSORT JastrowSTERBEDATUM 15 Februar 1934STERBEORT Cottbus oder Senftenberg Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Abraham Hammerschmidt amp oldid 234321308