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Iznik Keramik ist die Bezeichnung fur die zwischen dem 15 und 17 Jahrhundert in der westanatolischen Stadt Iznik hergestellte glasierte Topferware Durch erhebliche Forderung durch den osmanischen Hof und die Inspiration durch chinesisches Porzellan im Blau Weiss Stil das in grossen Mengen eingefuhrt wurde wurde sie bald im gesamten Osmanischen Reich und daruber hinaus bekannt und geschatzt Iznik Teller im Saz und Rosetten Stil 1540 1550 British MuseumIm 16 Jahrhundert wurde die Farbpalette der zunachst monochrom gehaltenen Keramik um ein blasses Violett Turkis und Salbeigrun spater durch das charakteristische Bolus Rot und ein smaragdfarbenes Grun erganzt Als Baudekor wurden Iznik Fliesen nun in zahlreichen Gebauden zur Verkleidung der Wande eingesetzt darunter in uber vierzig Moscheen allein in Istanbul etwa in der Rustem Pascha und in der Sultan Ahmed Moschee zur Aussenverkleidung des unter Suleyman I restaurierten Felsendoms in Jerusalem aber auch in Palasten und Mausoleen vor allem im Beschneidungssalon des Topkapi Serails Bedingt durch den Vorbildcharakter der osmanischen Baukunst wurden mit Fliesen verkleidete Innenraume auch auf dem Balkan in Agypten und im Maghreb ausgesprochen popular Im 17 Jahrhundert setzte bedingt durch gestiegenen Preisdruck mangelnde Forderung seitens des Herrscherhauses und das Ausbleiben neuer Bauauftrage der Niedergang der Produktion ein Die ostlich von Iznik gelegene Stadt Kutahya wurde daraufhin zum neuen Zentrum der Keramikherstellung in Kleinasien Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte der Iznik Keramik 1 1 Seldschukische Topferware und chinesischer Einfluss 1 2 Milet Ware 15 Jahrhundert 1 3 Frittenware 1 3 1 Blau Weiss Ware 1480 1520 1 3 2 Patronage durch den osmanischen Hof Suleyman der Prachtige 1 3 3 Goldenes Horn Stil um 1530 1550 1 3 4 Damaskus Ware um 1530 1550 1 3 5 Polychrome Keramik 1550 1600 1 3 6 Niedergang 1600 1700 1 4 Zeitgenossische turkische Keramik 2 Andere Produktionsorte fur Keramik im Osmanischen Reich 2 1 Kutahya 2 2 Istanbul 3 Provenienz der Iznik Keramik und Rezeption in Europa 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte der Iznik Keramik BearbeitenSeldschukische Topferware und chinesischer Einfluss Bearbeiten nbsp nbsp Teller mit Rebenmotiv links aus Jingdezhen 15 Jahrhundert rechts aus Iznik 1550 1570 Die Iznik Keramik folgte im fruhen 14 Jahrhundert zunachst seldschukischen Vorbildern Anschliessend setzte eine Phase der Imitation chinesischen Porzellans ein das bei den osmanischen Sultanen hochangesehen war Die Herstellung echten Porzellans gelang den Keramikern jedoch nicht da weder qualitativ hinreichendes Ausgangsmaterial vorhanden war noch die zum Brennen von Porzellan notwendige Temperatur erreicht wurde stattdessen handelt es sich bei den Gefassen um Frittenware hauptsachlich bestehend aus Quarz und Glas Spatestens in der Mitte des 16 Jahrhunderts entwickelte sich jedoch ein typischer Iznik Stil der sich von den fruheren Vorbildern deutlich abgrenzte neue Formen und Motive entwickelte und die symmetrische Gestaltung zugunsten freierer und lebhafterer Bildkompositionen aufgab Dieser Entwicklungsprozess lasst sich in verschiedene Phasen differenzieren die darin produzierten Waren erhielten zumeist den oft irrefuhrenden Namen der Stadt in der europaische Sammler die ersten Exemplare entdeckten oder erwarben Die Chronologisierung der Keramik geht federfuhrend auf Arthur Lane zuruck der basierend auf vorausgegangenen Studien etwa von Gaston Migeon Robert Lockhart Hobson und Katharina Otto Dorn aufzeigte dass die an so verschiedenen Orten gefundenen Waren fast allesamt ursprunglich in Iznik hergestellt worden sind 1 Milet Ware 15 Jahrhundert Bearbeiten nbsp Fragmentarisch erhaltene Schale aus blau weisser Milet Ware Cinili Kosk des Archaologischen Museums IstanbulDie fruheste Form osmanischer Keramik erhielt ihren Namen nach einem Scherbenfund in Milet der von Friedrich Sarre in den fruhen 1930er Jahren wahrend seiner Ausgrabungen entdeckt wurde Grabungen von Oktay Aslanapa in Iznik zeigten in den 1960er Jahren dass die Stadt bereits vor der Herstellung der blau weissen Frittenware ein Produktionszentrum fur Keramik war und die von Sarre in Milet entdeckten Fragmente offenbar ursprunglich dort hergestellt worden sind 2 Weitere Herstellungsstatten dieses in ganz Kleinasien verbreiteten Typs waren Kutahya Akcaalan und offenbar auch die Stadt Pergamon deren Waren noch deutlich den Einfluss byzantinischer Sgraffito Keramik zeigen 3 Die Milet Ware basiert auf rotem Scherben mit weisser Schlickerengobe die mit vegetabilischen oder geometrischen 4 Motiven in Kobaltblau manchmal auch in Schwarz Turkis Purpur oder Grun bedeckt waren Frittenware Bearbeiten nbsp Grosser Teller mit rankenverziertem Rand um 1490 Cinili Kosk des Archaologischen Museums IstanbulIm spaten 15 Jahrhundert wurde der rote Tonkorper durch einen dichten und harten Frittenkorper ersetzt Der Herstellungsprozess in dem erstmals in der Geschichte der islamischen Keramik die Produktion eines Korpers mit rein weisser Oberflache gelang und auch die Motive unterscheiden sich deutlich von der fruheren Milet Ware Das Verhaltnis zwischen Quarz fein gemahlenen Glasfritten und Ton kommt den Angaben des persischen Topfers Abu l Qasim uber die in Kaschan verwendete Mischung recht nahe und betrug etwa 10 1 1 insgesamt jedoch war der Glasanteil in den Iznik Keramiken etwas hoher 5 Daruber hinaus enthielt der Werkstoff auch geringe Mengen Bleioxid Die Keramikgefasse wurden selten aus einem Stuck gefertigt sondern in der Regel aus mehreren Einzelteilen zusammengesetzt Der Tonkorper wurde mit einer weissen Engobe begossen die ahnlich zusammengesetzt war wie der Korper selbst jedoch sorgfaltiger gereinigt und feiner gemahlen war um farbliche Verunreinigungen zu vermeiden Vermutlich wurden auch organische Bindemittel wie Traganth eingesetzt Die Farbpigmente wurden mit Glasfritten vermischt und dann entweder frei oder mithilfe von Schablonen auf die Objekte aufgebracht In den fruhen Phasen der Iznik Keramik wurde hierfur ausschliesslich Kobaltblau verwendet das vermutlich aus Qamsar eingefuhrt wurde Ab 1520 findet sich neben Blau vereinzelt auch Turkis aus Kupferoxid in der Farbpalette kurz darauf Purpur aus Manganoxid sowie Seladongrun Grau und Schwarz Das fur die Iznik Ware typische leuchtende Bolus Rot schliesslich wurde 1560 eingefuhrt Diese Innovationskraft lasst sich einerseits auf den Einfluss fuhrender Kunstler des Nakkashane des osmanischen Hofateliers zuruckfuhren insbesondere Sahkulu und Kara Memi andererseits aber auch auf die neuen Anforderungen durch grossflachige Fliesenensembles die andere Formen und Farben verlangten als kleinformatige Gefasse 6 Die auf die Farben aufgetragene Glasur bestand zu 25 bis 30 Prozent aus Bleioxid zu 45 bis 55 Prozent aus Quarz zu 8 bis 14 Prozent aus Natriumoxid und zu 4 bis 7 Prozent aus Zinnoxid das offenbar nicht wie zuvor ublich in gemahlener sondern in geloster Form beigemischt wurde Der Brenngrad der Keramik betrug bis zu 900 C 7 5 Blau Weiss Ware 1480 1520 Bearbeiten nbsp Moscheeampel mit Lotusbluten um 1510 British MuseumIn den letzten Dekaden des 15 Jahrhunderts begannen die Topfer in Iznik mit der Produktion von blau weisser Frittenware Die Motive dieser Objekte richteten sich nach Vorlagen aus den Hofateliers in Istanbul und entsprachen dem Geschmack der herrschenden Elite die die Keramikgefasse zu Hunderten etwa zum Gebrauch fur diplomatische Empfange bestellten wodurch sie sehr bald auch bei auswartigen Handlern und Diplomaten beliebt wurden Anfang des sechzehnten Jahrhunderts begann auch die Produktion keramischer Moscheeampeln die erstmals anstelle der zuvor fast ausschliesslich verwendeten Lampen aus Metall und Glas eingesetzt wurden Die ersten urkundlichen Erwahnungen der Gebrauchskeramik aus Iznik waren die Bestellung von 97 Gefassen fur die hofische Kuche im Topkapi Palast 1489 1490 8 und die Erwahnung zweier Objekte im Inventar der Schatzkammer von 1496 9 Die fruhesten erhaltenen und datierbaren Blau Weiss Keramiken sind Wandfliesen im Mausoleum von Sehzade Mahmud einem der Sohne von Bayezid II der 1506 7 starb 10 Zur Bezeichnung der fruhen blau weissen Iznik Keramik wird oft der Begriff Abraham von Kutahya Ware verwendet nach dem gleichnamigen ins Jahr 1510 datierten Krug Die Kanne ist jedoch stilistisch eher untypisch so dass alternativ auch der Begriff Baba Nakkas Ware benannt nach dem fuhrenden osmanischen Hofkunstler vorgeschlagen worden ist 11 Auch dieser Begriff ist jedoch irrefuhrend 12 Die Gefasse weisen ein dichtes Dekor in Weiss auf kobaltblauem Grund auf in denen teilweise auf byzantinische Vorbilder zuruckgehende osmanische Arabesken mit chinesischen Blutenkompositionen kombiniert werden bekannt als Rumi Hatayi Stil 13 Blosse Kopien chinesischer Vorbilder sind jedoch selten Wesentlicher Vorganger des Iznik Stils war auch die timuridische Kunst die turkische und iranische Elemente enthielt 14 Vielfach wurden stilistische Anderungen in der Keramik durch die Metallkunst vorbereitet In den ersten beiden Dekaden des 16 Jahrhunderts setzte ein gestalterischer Wandel ein Ein helleres Blau eingefuhrt Weissflachen wurden grosszugiger eingesetzt und florale Motive ersetzten zunehmend die Rankenmuster alterer Gefasse Beispiele dafur sind die keramischen Moscheeampeln im 1512 errichteten Mausoleum Bayezids II die sich in ihrer Form an mamlukische Glaslampen anlehnen und weniger der Beleuchtung als der Dekoration dienten 15 Patronage durch den osmanischen Hof Suleyman der Prachtige Bearbeiten nbsp Obstverkaufer mit Keramikkrugen in einer osmanischen Miniatur um 1582 Archaologisches Museum Istanbul nbsp Iznik Fliese mit polychromer Unterglasurmalerei Freer Gallery of Art nbsp Filigraner Keramikkrug aus Iznik mit floralem Dekor um 1560 1570 LouvreNach der Eroberung Konstantinopels 1453 begannen die osmanischen Sultane zahlreiche monumentale Bauvorhaben Vor allem in den von Suleyman dem Prachtigen seiner Lieblingsgemahlin Hurrem und seinem Grosswesir Rustem Pascha in Auftrag gegebenen Gebauden wurden grosse Mengen von Keramikfliesen verbaut Allein in der Sultan Ahmed Moschee in Istanbul wurden zur Verkleidung der Mauern und Tribunen uber 20 000 einzelne Fliesen eingesetzt Auch in zahlreichen weiteren Moscheen und im Topkapi Palast wurden die Wande keramisch gefliest Infolgedessen dominierte die Herstellung von Fliesen von nun an den Produktionsertrag der Topfereien in Iznik Doch auch Gefass und Gebrauchskeramik wurde verstarkt nachgefragt Vor allem bei grossen Tellern wurde der Dekor in der Komposition nun freier lockerer und naturalistischer Schiffe Tiere Baume Blumen und Symbole wie Chintamani bildeten die Motive Viele der Teller scheinen zur Wanddekoration verwendet worden zu sein sie weisen Fussringe auf an denen sie aufgehangt werden konnten doch sind zugleich bei vielen Schalen Gebrauchsspuren nachgewiesen worden 16 Seit 1520 dominierte der Saz Stil mit seinen langen gezahnten dynamisch arrangierten Blattern die von statischen Rosetten ausbalanciert wurden Im spateren 16 Jahrhundert setzte sich der Quatre Fleurs Stil mit seinem Repertoire aus stilisierten Rosen Nelken Tulpen und Hyazinthen durch die fortan die Hauptmotive turkischer Keramik bildeten Goldenes Horn Stil um 1530 1550 Bearbeiten Der sogenannte Goldenes Horn Stil war eine Variation der Blau Weiss Waren die vor allem zwischen 1525 und 1555 hergestellt wurde Sie ist nach den Fragmenten benannt die um 1905 als erste Zeugnisse dieser Stilrichtung bei der Renovierung der Sirkeci Poststation am Goldenen Horn in Istanbul ausgegraben worden sind Ein Vergleich mit den motivisch sehr ahnlichen blau weissen Iznik Waren ergab dass sie ebenfalls in deren Manufakturen hergestellt wurden Sie sind jedoch im Unterschied zu diesen noch starker islamischen denn chinesischen gestalterischen Traditionen verpflichtet 17 Charakteristisch fur den Goldenes Horn Stil sind die von kleinen Blattern durchsetzten Spiralen die auf Schriftrollen haufig als Hintergrundmotiv fur die Herrschaftsinsignie des Sultans dienten weshalb diese Variante auch als Tughra Stil bezeichnet wird Spatere Gefasse wurden bereits vielfarbiger und nutzten neben Kobaltblau auch Turkis Olivgrun und Schwarz Einige der Waren vor allem die kleineren Schalen mit ausgreifendem Rand weisen Ahnlichkeiten zu italienischen Majolika auf 18 nbsp Tiefer Teller im Goldenes Horn Stil um 1530 nbsp Birnenformige Wasserkanne um 1530 1535 nbsp Teller ahnlich den Tondino Majolika um 1530 1540Damaskus Ware um 1530 1550 Bearbeiten Die sogenannte Damaskus Ware wurde zwischen 1530 und 1550 sehr beliebt Hier wurde erganzend zu Blau und Turkis erstmals in grosserem Umfang Seladongrun und Manganviolett eingesetzt so dass dieser Stil eine Ubergangsform hin zur vollwertigen polychromen Keramik darstellt Auch in diesem Fall richtete sich die Bezeichnung nach dem ersten Fundort der Keramiken der 1516 von den Osmanen eroberten syrischen Stadt Damaskus in der offenbar langere Zeit Kopien von Keramiken aus Iznik hergestellt wurden 19 Ein Schlusselobjekt aus dieser Zeit ist eine Moscheeampel die als eine der wenigen Keramiken von ihrem Schopfer genau datiert und signiert wurde Die Lampe wurde auf dem Tempelberg in Jerusalem gefunden und im Laufe der unter Suleyman I im Heiligen Bezirk durchgefuhrten Restaurierungsarbeiten dem Felsendom gestiftet Die Inschriften verweisen auf den Sufimeister Esrefzade Rumi und dessen Heimatstadt Iznik und nennen den Namen des Dekorationsmalers des armen und bescheidenen Musli und den Monat der Fertigstellung Dschumada l ula im Hidschra Jahr 956 also 1549 Ein Vergleich mit anderen ahnlichen Objekten ermoglicht so deren genauere Datierung und kunsthistorische Einordnung Die Lampe ist farblich in Grun Schwarz und zwei verschiedenen Blautonen gestaltet und zeigt neben kalligrafischen Friesen Wolkenbandornamente in Kombination mit verspielter Arabeskenmalerei nbsp Moscheeampel aus Iznik fur den Felsendom in Jerusalem angefertigt von einem Kunstler namens Musli 1549 nbsp Teller im Saz Stil mit Pfauenmotiv um 1540 1555 nbsp Damaskus Ware mit floralem Dekor um 1540 1555Polychrome Keramik 1550 1600 Bearbeiten nbsp Krug mit Segelschiffen fruhes 17 Jahrhundert Museum fur Islamische Kunst Berlin Die Herstellung polychromer Keramiken bildete die langste und erfolgreichste Periode der Iznik Ware Sie begann in der Mitte des 16 Jahrhunderts und endete im 17 Jahrhundert Gekennzeichnet ist sie insbesondere durch die deutlich erweiterte Farbpalette und das kraftige haufig plastisch abgehobene Bolus Rot Wie zuvor war auch weiterhin eine reiche Flora kennzeichnend fur die Keramik osmanischen Geschmacks 20 die Bluten sind dabei zumeist detailliert genug dass sie ohne Schwierigkeit botanisch zugeordnet werden konnen Als Motiv beliebt wurden nun neben naturalistischen Dekors aber auch Kompositionen aus Segelschiffen eine Gestaltung die im Rahmen der Turquerie besonders gerne auch von europaischen Fayencemanufakturen ubernommen wurde 21 nbsp Teller mit vegetabilen und floralen Motiven 1580 1600 nbsp Polychromer Teller spates 16 oder fruhes 17 JahrhundertNiedergang 1600 1700 Bearbeiten Gegen Ende des 16 Jahrhunderts setzte ein deutlicher Niedergang in der Qualitat der in Iznik hergestellten Keramik ein 22 die Farbklarheit und die gestalterische Innovationskraft nimmt deutlich ab das Bolusrot ist ungleichmassiger gefarbt und wird nur noch selten verwendet der freie Zeichenstil wird nahezu vollstandig zugunsten herkommlicher Muster aufgegeben 23 Wesentlicher Faktor in diesem Prozess ist vor allem der Verlust der Patronage des osmanischen Hofs und der zunehmende Preisverfall im Zuge einer Inflation Zudem wurde verstarkt chinesisches Porzellan importiert mit dessen Qualitatsstandards die Topfer in Iznik unter diesen Bedingungen nicht mehr mithalten konnten Die bislang nahezu konkurrenzlos mogliche Fliesenproduktion die das wirtschaftliche Ruckgrat der Keramikherstellung gebildet hatte kam aufgrund mangelnder Bautatigkeit nahezu zum Erliegen 24 Zudem kamen statt keramischer Wandverkleidungen zunehmend schmuckende Holzvertafelungen ahnlich denen des Aleppo Zimmers in Mode Die Erschliessung neuer Markte zum Beispiel durch die Restaurierung der Aqsunqur Moschee in Kairo die ab 1654 mit Iznik Fliesen ausgestattet wurde 25 und der Export nach Europa vor allem in das Kloster Megisti Lavra in Griechenland konnte den Niedergang verlangsamen aber letztlich nicht aufhalten Katastrophen wie grossflachige Brande innerhalb der Produktionsviertel der Stadt taten ein Ubriges Ende des 17 Jahrhunderts gab es nur noch wenige Brennofen in Iznik schliesslich wurde die Produktion ganzlich eingestellt nbsp Iznik Teller mit Schiffsmotiv um 1625 1650 nbsp Teller mit griechischer Inschrift und architektonischem Motiv 1666Zeitgenossische turkische Keramik Bearbeiten Nach dem Niedergang der Keramikherstellung in Iznik wurde die sudostlich gelegene Ortschaft Kutahya zum Zentrum der Keramikproduktion Die dort bis heute hauptsachlich fur Touristen produzierte Frittenkeramik ist eine Imitation der fruheren Topferware Zu den bedeutenderen neuzeitlichen turkischen Topfern zahlt Ahmet Sahin dessen Stil pragend fur eine ganze Generation wurde 26 Auch in Iznik selbst gibt es wieder einzelne Werkstatten in denen Keramik zum Verkauf an Touristen hergestellt wird Andere Produktionsorte fur Keramik im Osmanischen Reich BearbeitenKutahya Bearbeiten nbsp Abraham von Kutahya Krug vermutlich hergestellt in Kutahya 1510In der jungeren Forschung wird zunehmend wieder auf die Bedeutsamkeit anderer Produktionsorte fur Keramik im Osmanischen Reich hingewiesen vor allem auf die von Kutahya Der Abraham von Kutahya Krug im Britischen Museum ist nicht das einzige Objekt zu dem eine Herkunft aus diesem etwas abseits gelegenen Ort diskutiert wird Die Unterglasurinschrift einer in Fragmenten erhaltenen Wasserkanne im Goldenes Horn Stil etwa weist diese als Objekt aus Kutahya aus 27 Arthur Lane wies diese Annahme in seinem Versuch samtliche osmanische Keramik der Produktion in Iznik zuzuschreiben jedoch zuruck 28 Im Rahmen archaologischer Ausgrabungen in Kutahya konnte jedoch nachgewiesen werden dass dort bereits fruh Frittenware hergestellt wurde die der Keramik aus Iznik sehr ahnlich und letztlich in Motiv und Farbgebung kaum von ihr zu unterscheiden ist 29 Vermutlich war Kutahya aufgrund der deutlich grosseren Entfernung zu Istanbul jedoch lange Zeit nur ein nachrangiger Herstellungsort 30 Istanbul Bearbeiten Wahrend der ersten Halfte des 16 Jahrhunderts wurden auch in Istanbul unterglasierte Blau Weiss Keramiken hergestellt Ein Register von 1526 listet einen am osmanischen Hof angestellten Fliesenhersteller aus Tabris mit seinen zehn Gehilfen 31 In den Fliesenmanufakturen nahe dem Porphyrogennetos Palast wurden vermutlich bis zur Erbauung der Suleymaniye Moschee ab 1550 alle in osmanischen Gebauden in Istanbul verbauten Fliesen hergestellt Die Dekoration erfolgte nahezu ausschliesslich mithilfe der Cuerda Seca Technik Einige Fliesen im Beschneidungspavillon des Topkapi Palastes gehen vermutlich auf diese Zeit zuruck und zeigen die enge Zusammenarbeit der Baukeramikhersteller mit den Kunstlern der Hofateliers Moglicherweise wurden in ihren Werkstatten auch Gefasskeramiken hergestellt 32 Spatestens seit der zweiten Halfte des 16 Jahrhunderts war die Konkurrenz aus Iznik jedoch so gross dass die Produktion in Istanbul schliesslich eingestellt wurde Provenienz der Iznik Keramik und Rezeption in Europa Bearbeiten nbsp Theodore Deck Teller im turkischen Stil um 1860Bereits im 16 Jahrhundert wurde osmanische Keramik gezielt zum Export nach Europa hergestellt und mit den Wappen der kunftigen Besitzer versehen David Ungnad kaiserlicher Gesandter in Konstantinopel erwarb zwischen 1573 und 1578 grosse Mengen von Topferwaren in Iznik und liess sie anschliessend nach Osterreich verschiffen In Venedig und Padua wurden im 17 Jahrhundert Topferwaren hergestellt die den osmanischen Stil kopierten Im 19 Jahrhundert nahm dann das europaische Interesse an islamischen Topferwaren die damals noch durchgangig als persische Keramik bekannt waren noch deutlich zu Keramiker wie Theodore Deck und William De Morgan versuchten sich an einer gezielten Nachahmung und Neufassung turkischer Motive und Techniken Keramikmanufakturen wie die von Vilmos Zsolnay aber auch Villeroy amp Boch liessen sich von der Iznik Keramik inspirieren 33 Frederick DuCane Godman war der wohl bedeutendste Sammler von Iznik Waren Die von ihm erworbenen Waren befinden sich heute uberwiegend im Britischen Museum das so in den Besitz der weltweit umfangreichsten Sammlung von Iznik Keramik gelangt ist 34 Literatur BearbeitenNurhan Atasoy Julian Raby Iznik The Pottery of Ottoman Turkey Alexandra Press London 1989 ISBN 978 0 500 97374 5 John Carswell Iznik Pottery British Museum Press London 1998 Walter Denny Osmanische Keramik aus Iznik Hirmer Munchen 2005 Arthur Lane Later Islamic Pottery Persia Syria Egypt Turkey Faber and Faber London 1971 Katharina Otto Dorn Turkische Keramik Turk tarih kurumu basimevi Istanbul 1957 Maria Queiroz Ribeiro Iznik pottery and tiles in the Calouste Gulbenkian collection Scala Books 2010 ISBN 978 1 85759 586 4 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Iznik Keramik Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Iznik und die osmanische Keramik Webseite des LouvreEinzelnachweise Bearbeiten Arthur Lane The Ottoman Pottery of Isnik In Ars Orientalis 2 1957 S 247 281 Oktay Aslanapa Pottery and Kilns from the Iznik Excavations In Forschungen zur Kunst Asiens in Memoriam Kurt Erdmann Istanbul 1969 S 140 46 Ulrich Mania Eine neue Werkstatt fruher turkischer Keramik Miletware aus Pergamon In Istanbuler Mitteilungen 56 2006 S 475 501 Ein Beispiel fur ein Objekt mit geometrischen Dekor ist ein in die erste Halfte des 15 Jahrhunderts zu datierender Teller im Museum fur Islamische Kunst Berlin Verglichen mit floralen Motiven und Rankenmustern sind solche eckigen Flechtbander eher selten und in der spateren Iznik Keramik so gut wie uberhaupt nicht mehr anzutreffen a b S Paynter F Okyar S Wolf M S Tite The Production Technology of Iznik Pottery A Reassessment In Archaeometry 46 3 2004 S 421 437 Martina Muller Wiener Die Kunst der islamischen Welt Reclam Stuttgart 2012 S 281 Julian Henderson Iznik pottery A Technical Examination In Nurhan Atasoy Julian Raby Iznik The Pottery of Ottoman Turkey Alexandra Press London 1989 S 67 Nurhan Atasoy Julian Raby Iznik The Pottery of Ottoman Turkey S 30 Ibolya Gerelyes Ceramics In Gabor Agoston Bruce Masters Encyclopaedia of the Ottoman Empire Facts of File New York 2009 S 132 134 John Carswell Iznik Pottery S 38 Nurhan Atasoy Julian Raby Iznik The Pottery of Ottoman Turkey S 76 ff Ceramics In Jonathan M Bloom Sheila Blair The Grove Encyclopedia of Islamic Art and Architecture Band 1 S 440 479 Oxford University Press Oxford 2009 S 468 Arthur Lane The Ottoman Pottery of Isnik S 262 Gulru Necipoglu From International Timurid to Ottoman A Change of Taste in Sixteenth Century Ceramic Tiles In Muqarnas 7 1990 S 136 170 Nurhan Atasoy Julian Raby Iznik The Pottery of Ottoman Turkey S 41 94 John Carswell Iznik Pottery S 55 Katharina Otto Dorn Turkische Keramik S 71 Arthur Lane The Ottoman Pottery of Isnik S 268 Barbara Bend Islamic Art British Museum Press London 1991 S 184 Katharina Otto Dorn Turkische Keramik S 105 Annette Hagedorn Auf der Suche nach dem neuen Stil Der Einfluss der osmanischen Kunst auf die europaische Keramik im 19 Jahrhundert Staatliche Museen zu Berlin 1998 S 9 John Carswell Iznik Pottery S 106 Katharina Otto Dorn Turkische Keramik S 123 Nurhan Atasoy Julian Raby Iznik The Pottery of Ottoman Turkey S 274 ff Doris Behrens Abouseif Islamic Architecture in Cairo An Introduction Brill Leiden 1992 S 116 Henry Glassie The Potter s Art Indiana University Press Bloomington 1999 S 56 90 John Carswell Iznik Pottery S 46 f Arthur Lane The Ottoman Pottery of Isnik S 271 Nurhan Atasoy Julian Raby Iznik The Pottery of Ottoman Turkey S 74 John Carswell Iznik Pottery S 48 Gulru Necipoglu From International Timurid to Ottoman S 139 Gulru Necipoglu From International Timurid to Ottoman S 145 Annette Hagedorn Auf der Suche nach dem neuen Stil S 17 Robert Irwin Islamische Kunst DuMont Koln 1998 S 238f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Iznik Keramik amp oldid 226996750