www.wikidata.de-de.nina.az
Dieser Artikel befasst sich mit dem Theologen Wolfgang Grell Zu anderen Personen siehe Wolfgang Crell Wolfgang Grell 1 September 1924 in Hamburg 28 April 2010 ebenda war ein deutscher Theologe Inhaltsverzeichnis 1 Ausbildung 2 Wirken in Oeversee 3 Wirken in Hamburg 4 Bedeutung in der Evangelischen Kirche 5 Literatur 6 EinzelnachweiseAusbildung BearbeitenWolfgang Grell war ein Sohn von Kurt Grell und dessen Gattin Ilma geborene Brandes Der Vater arbeitete als reicher Kaufmann in Hamburg legte den Beruf jedoch in mittlerem Lebensalter nieder und studierte Theologie Da ihm ein Studium im norddeutschen Raum nur an der Universitat Kiel moglich war verlegte die Familie dorthin 1930 ihren Wohnort Nach Studienende weigerte sich Kurt Grell beim Landeskirchenamt den Amtseid auf Adolf Hitler zu leisten Wolfgang Grell besuchte wahrend des Aufenthalts seiner Familie in Kiel von 1931 bis 1935 die 7 Knabenschule Danach zog er mit den Eltern nach Lubeck Hier besuchte er das Katharineum Da er 1942 ab Reichsarbeitsdienst leisten musste beendete er die Schule ohne Abschluss 1944 wurde er zum Kriegsdienst eingezogen wahrend dessen er verwundet wurde und einige Zeit in britischer Kriegsgefangenschaft verbrachte Nach Ende des Zweiten Weltkriegs bestand er 1946 die Abiturprufung Danach studierte er evangelische Theologie an Universitaten in Kiel Bethel und Heidelberg Im April 1950 bestand Grell das Erste Theologische Examen in Kiel Er verlobte sich mit der Witwe Elisabeth Haupt geborene Hoffmann deren erster Mann Pastor gewesen war und die wahrend Grells Vikariat ein Kind erwartete Da eine Heirat wahrend des Vikariats aufgrund damaliger Vorschriften verboten war das Paar 1951 trotzdem heiratete geriet Grell in Konflikt mit dem Landeskirchenrat und Wilhelm Halfmann Im Oktober 1951 legte er das Zweite Theologische Examen ab und wurde danach direkt in Kiel ordiniert Anschliessend arbeitete er als Provinzialvikar in Melsdorf und ubernahm dort im folgenden Jahr eine Pfarrstelle 1959 ging er als Pfarrer nach Oeversee Wirken in Oeversee BearbeitenIn Oeversee trat Grell erstmals am Volkstrauertag 1966 politisch in Erscheinung als er der Fahnendelegation eines 66er Kriegsverein untersagte in die Kirche einzuziehen Dadurch geriet er in eine Auseinandersetzung mit konservativen Burgern Als sich Grell 1967 an offentlichen Diskussionen um ein Kriegerdenkmal in der Flensburger Marienkirche beteiligte verscharfte sich der Konflikt Gemeinsam mit weiteren Pastoren forderte der Theologe das Denkmal fur Gefallene des Ersten Weltkriegs zu entfernen Da deutschlandweit viele Pastoren die Kritik teilten fand dieser Flensburger Denkmalstreit uberregionale Beachtung Grell sah sich aus konservativen Kreisen mit Forderungen einer Amtsenthebung konfrontiert Die Diskussionen fuhrten 1967 seitens des Landeskirchenamtes zu einem Amtszuchtverfahren wegen ungebuhrlichen Umgangs mit leitenden Geistlichen das folgenlos blieb Nachdem die Polizei Grell beschuldigt hatte bei einer Demonstration gegen eine Veranstaltung der NPD handgreiflich geworden zu sein kam es 1969 zu einer aufsehenerregenden offentlichen Auseinandersetzung des Theologen mit Innenminister Hartwig Schlegelberger Da Grell jedoch nicht selbst Gewalt ausgeubt sondern Gewaltbereite von Taten abgehalten hatte ubte er danach harte Kritik an der Polizei Grell gehorte seit 1966 der Landessynode Schleswig Holsteins und von 1970 bis 1977 der verfassungsgebenden Synode an Hier engagierte er sich insbesondere fur Demokratie innerhalb der Kirche und polarisierte mit seinen theologischen Ansichten stark Dies zeigte sich im Rahmen der Sondersynode 1968 die nach dem Denkmalstreit stattfand Die Theologen diskutierten hier die Reformation der Kirche und den Umgang mit aktuellen Fragestellungen Grell zeigte sich gepragt von den Ansichten Dietrich Bonhoeffers und Dorothee Solle und forderte in der Kirche eine zeitgerechtere Sprache zu verwenden Ausserdem wollte er das traditionelle Verstandnis von Gott und dem christlichen Glauben reformieren Dies fuhrte zu einem weiteren von konservative Theologen angestrengten Amtsenthebungsverfahren das keinen Erfolg hatte Wirken in Hamburg BearbeitenAb 1972 wirkte Grell an der Wandsbeker Christuskirche Politisch setzte er sich zunachst fur mit Berufsverboten belegte linksgerichtete Pastoren und Kirchenmitarbeiter ein Der Grund hierfur war das gegen seinen Freund und Schulpastor Theo Christiansen verhangte Berufsverbot Christiansen hatte auf Wunsch der Angehorigen eine Trauerfeier fur das erschossene RAF Mitglied Georg von Rauch gehalten und durfte daher nicht mehr an einer Schule in Flensburg arbeiten Grell setzte sich mit den Haftumstanden von RAF Mitgliedern auseinander und kritisierte sie offentlich als menschenunwurdig Im Marz 1974 war er Autor des von 77 Unterzeichnern unterstutzten Offenen Briefes an den nordrhein westfalischen Justizminister Diether Posser Darin wurde die Aufhebung der Isolationshaft fur die RAF Terroristinnen Ulrike Meinhof und Gudrun Ensslin gefordert und die Haft als raffinierte Folter bezeichnet Diese Willkurmassnahmen der Staatsmacht wurden an die schlimmsten Vorgange der deutschen Vergangenheit erinnern Und fur die Versuche des Justizministers diese Haftbedingungen zu rechtfertigen gelte Das sind Verhaltensweisen die uns von faschistischen Regimen bekannt sind 1 Zu den Unterzeichnern gehorten Manfred Kock Wolfgang Huber Frank Crusemann Jurgen Fliege Dieter Frettloh Christofer Frey Christof Hardmeier Luise Schottroff Ekkehard Stegemann Wolfgang Stegemann Lothar Steiger u a Der Historiker Stephan Linck bewertete diesen Brief und dessen Unterstutzung als ein Zeichen dass Autor und Unterzeichner eine klare Abgrenzung gegenuber der sich vollziehenden Radikalisierung vermissen liessen 2 1974 veranstaltete Grell in seiner Gemeinde einen Gedenkgottesdienst fur den nach einem Hungerstreik gestorbenen Holger Meins auf den ein weiteres Amtszuchtverfahren folgte das ohne Konsequenzen blieb Da er Kontakte zwischen Angehorigen und Inhaftierten der RAF fordern wollte grundete Grell in seinem Pfarrhaus das Informationsburo fur politische Gefangene in der BRD Damit wollte er eine grosse Offentlichkeit erreichen und darauf hinweisen dass die Haftbedingungen aus seiner Sicht rechtswidrig waren Bis ins hohe Alter stattete er Haftlingen Gefangnisbesuche ab Spater setzte sich Grell gegen die Erweiterung der Atomkraft ein und beteiligte sich 1980 an einer Aktion gegen eine mogliche Wahl Franz Josef Strauss zum deutschen Bundeskanzler Diese Aktivitaten endeten meist mit Disziplinarverfahren 1979 besetzten Gegner der Atomkraft die Sankt Petri Kirche Das Landeskirchenamt erhob danach gegen Grell der diese Protestaktion massgeblich angefuhrte hatte und die anderen Initiatoren drastische Schadensersatzanspruche Die Auseinandersetzung endete nach einem offenen Brief 20 bedeutender Theologen wie Helmut Thielicke 1983 kam es zu einer weiteren Auseinandersetzung des Theologen mit der Kirchenleitung Ausloser war eine von ihm verfasste Satire auf den Kult um Martin Luther die in der kirchenkritischen Zeitschrift Gegen den Strom erschienen war und als blasphemisch angesehen wurde Im Rahmen der folgenden Eskalation distanzierten sich die Herausgeber des Blattes von Grell Grell unterstutzte Kriegsdienstverweigerer und beteiligte sich 1978 an Demonstrationen von Mitarbeitern der Alsterdorfer Anstalten die Lebens und Betreuungszustande kritisierten Dabei hob er die Bedeutung einer Neugestaltung der psychiatrischen Einrichtungen hervor Ab 1985 engagierte sich der Theologe in der Friedens und Okologiebewegung und begleitete den konziliaren Prozess der evangelischen Kirche konstruktiv wie kritisch Bedeutung in der Evangelischen Kirche BearbeitenLaut Bodo Schumann galt Grell als Kirchenrebell der folgenlos sechs Amtszucht Disziplinar und Untersuchungsverfahren uberstand was in der neuzeitlichen Kirchengeschichte selten sein durfte Der Theologe der aus burgerlichen Verhaltnissen stammte zeigte sich zunehmend politisch radikal Der Grund hierfur war sein Unrechtsbewusstsein und das aus der theologischen Arbeit gewonnene Empfinden ausgegrenzten Personen und Minderheiten helfen zu mussen Er selbst sagte nie Gewalt angewendet zu haben auch wenn er und seine Mitaktivisten Gewaltanwendung zur Erreichung politischer Ziele nie ausschlossen Grell fuhrte oft Oppositionen an initiierte jedoch selbst keine radikalen Anderungsprozesse sondern begleitete sie als Integrationsfigur Kritiker in Kirche und Politik sah er nicht als Feinde sondern bemuhte sich den gegenseitigen Austausch aufrechtzuerhalten und die Menschenwurde zu achten Dadurch konnte er eine Neuausrichtung der norddeutschen Evangelischen Kirche erreichen Literatur BearbeitenBodo Schumann Grell Wolfgang In Franklin Kopitzsch Dirk Brietzke Hrsg Hamburgische Biografie Band 6 Wallstein Gottingen 2012 ISBN 978 3 8353 1025 4 S 110 112 Einzelnachweise Bearbeiten 77 Pastoren und Theologen unterzeichnen folgenden offenen Brief an Justizminister Posser Brief und Unterzeichnerliste dokumentiert in Idea Spektrum Nachrichten aus der evangelischen Welt Nr 6 2001 S 21 Stephan Linck Die Radikale Linke und die Evangelische Studierendengemeinde in Klaus Fitschen u a Hg Die Politisierung des Protestantismus Entwicklungen in der Bundesrepublik Deutschland wahrend der 1960er und 70er Jahre Gottingen 2001 S 77 89 hier S 81 Normdaten Person GND 1066808651 lobid OGND AKS VIAF 313481307 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Grell WolfgangKURZBESCHREIBUNG deutscher TheologeGEBURTSDATUM 1 September 1924GEBURTSORT HamburgSTERBEDATUM 28 April 2010STERBEORT Hamburg Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wolfgang Grell amp oldid 183126367