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Die Evangelische Stiftung Alsterdorf ist eine Stiftung in Hamburg im Stadtteil Alsterdorf bekannt ist sie in Hamburg vor allem unter dem fruheren Namen Alsterdorfer Anstalten Die Stiftung ist ein diakonisches Dienstleistungsunternehmen mit Angeboten fur Beratung und Diagnostik Wohnen und Assistenz Bildung und Arbeit Medizin Pflege und Therapie fur Menschen mit und ohne Behinderung Sie gilt als eine der altesten Einrichtungen der stationaren Versorgung von Menschen mit geistigen Behinderungen in Deutschland Seit April 2005 sind die Einrichtungen rechtlich selbststandige gemeinnutzige Gesellschaften Evangelische Stiftung AlsterdorfRechtsform gemeinnutzige StiftungGrundung 16 April 1850Sitz Hamburg AlsterdorfZweck evangelisches SozialunternehmenVorsitz Uwe Mletzko 1 Umsatz 315 000 000 Euro 2020 Stiftungskapital 50 460 000 Euro 2018 Beschaftigte 4474 2020 Website www alsterdorf deAlte und auf dem Hintergrund neue Gebaude der Stiftung Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Grunderjahre 1850 1899 1 2 Verantwortung fur den Nachsten 1 3 Schwierige Zeiten 1899 1932 1 3 1 Medizin statt Padagogik 1 3 2 Sozialdarwinismus 1 4 Zeit des Nationalsozialismus 1933 1945 1 4 1 Sterilisation und Euthanasie 1 4 2 Deportation und Vernichtung 1 4 3 Wandbild des arischen Christus 1 5 Die Anstalt 1946 1979 1 5 1 Technischer Wiederaufbau 1 5 2 Geistiger Neuanfang 1 5 3 Fruherkennung und Padagogik 1 5 4 Schlafsaalatmosphare 1 5 5 Der Zeit Skandal und seine Folgen 1 5 6 Wohnangebote in den Stadtteilen Hamburgs 1 5 7 Integrative Erziehung 1 5 8 Ein neuer Vorstand 1 6 Neue Wege 1990 2003 1 6 1 Sanierung und Zukunftssicherung 1 6 2 Mehr Rechte fur mehr Selbststandigkeit 1 6 3 Vom Betreuten zum Kunden 1 6 4 Operative Bereiche und Tochtergesellschaften der Stiftung 2 Zahlen und Fakten 3 Teilunternehmen 4 Tochterunternehmen 5 Literatur 6 Filme 7 Bekannte Mitarbeiter 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Grunder Heinrich Matthias SengelmannGrunderjahre 1850 1899 Bearbeiten Die Anfange der Evangelischen Stiftung Alsterdorf gehen zuruck auf das Jahr 1850 Am 16 April grundete der junge Pastor Heinrich Matthias Sengelmann in seinem Pfarrhof der kleinen Elbgemeinde Moorfleet eine Christliche Arbeitsschule Er nahm geistig gesunde aber sozial benachteiligte Kinder auf unterrichtete sie in Kulturtechniken und vermittelte ihnen Kenntnisse und Fertigkeiten in Handwerk und Landwirtschaft Als er 1853 Pastor an der Hamburger St Michaelis Kirche wurde wandelte er seine Arbeitsschule in das St Nikolai Stift um 1860 kaufte Sengelmann den Alten Brauhof in Alsterdorf und verlegte das St Nikolai Stift dorthin Nach Aufbau einer Gartenbauschule grundete er die Alsterdorfer Anstalten Verantwortung fur den Nachsten Bearbeiten nbsp Hamburg Moorfleet Moorfleeter Kirchweg Friedhof Moorfleet Grab Heinrich Matthias SengelmannAls Seelsorger an der St Michaelis Kirche besuchte Sengelmann haufig das Hamburger Gangeviertel In den armlichen Wohnquartieren aus dem 17 Jahrhundert traf er auf den geistig behinderten Carl Koops Sengelmann erkannte die fehlenden Entwicklungschancen des Jungen Nach vergeblichen Versuchen fur ihn eine Pflegefamilie zu finden startete er einen Spendenaufruf zur Grundung eines Asyls Mit dem Geld kaufte er weiteres Gelande in Alsterdorf und baute ein kleines Fachwerkhaus in das am 19 Oktober 1863 vier geistig behinderte Jungen und ein Hausvater einzogen Die Behindertenbetreuung wurde bald Schwerpunkt der Alsterdorfer Arbeit 1867 gab Sengelmann sein Predigeramt am Michel auf um als unbesoldeter Direktor den Ausbau der Anstalten zu gestalten Durch Erbschaften ein recht vermogender Mann geworden brachte er sein gesamtes Privatvermogen als Darlehen spater als Erbe in die Stiftung ein Eine rege Bautatigkeit die systematische Ausbildung geeigneter Mitarbeiter und die Entwicklung differenzierter padagogischer Programme auf der Grundlage des damaligen Wissens begann Sengelmanns Auffassung von Bildungsfahigkeit war weit gefasst Er unterrichtete geistig behinderte Menschen und beschaftigte sie in Werkstatten Gartnerei und Landwirtschaft 1895 holte er einen der fuhrenden Heilpadagogen seiner Zeit den Lehrer Johannes Paul Gerhardt als Schulleiter nach Alsterdorf Dieser baute den Unterricht mit Vorschule Klassen fur geistig und lernbehinderte Kinder und Angeboten der Erwachsenenbildung in den Wintermonaten mustergultig aus Als Sengelmann 1899 starb lebten mehr als 600 geistig korperlich und seelisch behinderte Menschen sowie 140 Mitarbeiter und ihre Familien in den Alsterdorfer Anstalten Die Stiftung wurde weit uber die Grenzen Hamburgs hinaus bekannt Schwierige Zeiten 1899 1932 Bearbeiten Pastor Paul Stritter der Nachfolger Sengelmanns passte zunachst den Ausbau der Anstalten der allgemeinen wirtschaftlichen und technischen Entwicklung des neuen Jahrhunderts an Er liess grosse massive Wohnhauser bauen mit Schlafsalen fur bis zu 100 Personen Die Alsterdorfer brauchten Platz denn in nur 15 Jahren nach Sengelmanns Tod wurden weitere 400 Personen aufgenommen 1914 mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges lebten 1 000 Menschen in den Anstalten Die Zeit des Krieges und der Inflation danach bewaltigten sie dank eigener leistungsfahiger Landwirtschaft ohne Hungersnot die Einrichtung war weitgehend selbstversorgend Allerdings forderten Grippe und Tuberkulose Epidemien mehr als 300 Todesopfer Medizin statt Padagogik Bearbeiten 1913 schenkte der Hamburger Senat anlasslich des 50 jahrigen Jubilaums der Stiftung ein neues Schulhaus Es wurde im Marz 1914 seiner Bestimmung ubergeben Drei Monate spater begann der Erste Weltkrieg Der regelmassige Schulunterricht wurde eingestellt das Gebaude als Militarlazarett hergerichtet Zwar begann 1918 wieder ein begrenzter Unterricht die Schule erhielt ihre personelle und raumliche Ausstattung jedoch nicht wieder Die Padagogik hatte bei den Verantwortlichen nicht mehr die Prioritat wie zu Sengelmanns Zeiten sie setzten verstarkt auf Forschung und medizinische Behandlungs und Heilmethoden Schulleiter Johannes Gerhardt verliess 1920 enttauscht die Stiftung Sozialdarwinismus Bearbeiten 1920 erschien auf dem Buchermarkt eine kleine Schrift Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens Seine Wurzeln hatte das Gedankengut der Autoren des Strafrechtlers Karl Binding und des Psychiaters Alfred Hoche im sogenannten Sozialdarwinismus der um die Jahrhundertwende auch in Deutschland rasche Verbreitung fand Seine Anhanger ubertrugen die Theorie Darwins wonach das Kranke und Schwache in der Natur durch naturliche Auslese zugrunde geht auf gesellschaftliche Verhaltnisse Durch systematische Auswahl wertvollen Erbgutes wollten sie eine Verbesserung der eigenen Rasse erzielen minderwertiges Erbgut ausloschen Aus Kosten und Nutzlichkeitsgrunden forderten die Autoren die Totung unheilbar Kranker und die Vernichtung lebensunwerten Lebens Die politisch wie wirtschaftlich schwierigen 20er Jahre erwiesen sich als geeigneter Nahrboden fur diese radikalen Thesen trotz energischer Proteste aus Fachkreisen Die Alsterdorfer hatten zunachst andere Sorgen Die Stadt Hamburg kam naher Ein Grundsatz der Stiftungsarbeit das Leben fernab von den Anfechtungen der Grossstadt wurde damit hinfallig Die Anstalten verkauften landwirtschaftlich genutztes Gelande in Alsterdorf und erwarben mit dem Erlos das Adelige Gut Stegen am oberen Alsterlauf Stritter hatte vor die gesamte Einrichtung umzusiedeln was sich dann jedoch als finanziell undurchfuhrbar erwies So wurde das 250 ha grosse Gut Stegen die erste landwirtschaftliche Aussenstelle 1930 ging Paul Stritter in den Ruhestand In seine Amtszeit fiel der erste grundlegende Paradigmenwechsel der Behindertenhilfe Die immer starker werdende Dominanz der Medizin zu Lasten der Padagogik Gegen Ende der 20er Jahre war jeder Ausbau der Versorgung eng gekoppelt mit arztlichen Sichtweisen und medizinischen Heilungsgedanken Zeit des Nationalsozialismus 1933 1945 Bearbeiten Die Stiftung wurde ab 1930 unter Direktor Friedrich Karl Lensch evangelischer Theologe bis 1927 Seemannspastor Oberscharfuhrer der SA Volkssturmfuhrer Mitglied in der Deutschen Arbeitsfront und der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt und Nazi Pastor gefuhrt Unter ihm wurden die Anstalten zu einem Spezialkrankenhaus fur alle Arten geistiger Defektzustande und Nationalsozialistischen Musterbetrieb Lensch erhielt ein Gaudiplom fur hervorragende Leistungen Gerhard Kreyenberg Mitglied der NSDAP und SA Gaustellenleiter der Rassenhygienischen Forschungsstelle der NSDAP und Gutachter und Beisitzer des Erbgesundheitsgerichts in Hamburg war seit 1931 Leitender Oberarzt spater Mitglied des Vorstandes und schliesslich Stellvertreter des Direktors der Anstalten Er unterwarf dort zahlreiche Bewohner zwangsweise experimentellen Behandlungen Rontgenbestrahlungen des Gehirns Insulin und Cardiazol Schockbehandlungen Dauerbader Schlaf und Fieberkuren Auch ausserhalb der Anstalten unterstutzte er die Zwangssterilisation von geistig Behinderten Landstreichern Bettlern Zigeunern Prostituierten Homosexuellen und Hilfsschulern Sterilisation und Euthanasie Bearbeiten Seit Ende des 19 Jahrhunderts hatte sich weltweit in Wissenschaft und offentlicher Meinung zunehmend die Auffassung durchgesetzt bei der Entstehung von Behinderungen und Erkrankungen spiele Vererbung im Gegensatz zur Umwelt die bei Weitem uberragende Rolle Nach der Machtergreifung beansprucht das totalitare NS Regime das Recht aus seiner Sicht derart minderwertiges Leben zu Gunsten der Gesunden und Leistungsfahigen arischer Rasse von Staats wegen zu unterdrucken und schliesslich aus dem Volkskorper zu entfernen Der nationalsozialistische Staat wird auch in der christlichen Anstalt Alsterdorf voll und ganz bejaht Die meisten Mitarbeiter sind Parteigenossen Mitglieder der SA der SS oder anderer Gliederungen der Partei Das Gesetz zur Verhutung erbkranken Nachwuchses von 1933 wird in Alsterdorf begrusst und zunachst in Form von Zwangssterilisationen in die Tat umgesetzt Die evangelischen medizinischen Anstalten erhalten zahlreiche nationalsozialistische Auszeichnungen Deportation und Vernichtung Bearbeiten nbsp Stolperschwelle auf dem Burgersteig der Dorothea Kasten Strasse Inschrift Von hier fuhren 1941 und 1943 die Busse der Euthanasie Transporte ab 539 Bewohnerinnen und Bewohner der damaligen Alsterdorfer Anstalten wurden von hier deportiert Fast alle in den Tod nbsp Gedenkstein zur Erinnerung an die Euthanasieopfer in den damaligen Alsterdorfer Anstalten Inschriften Den gewaltsam Getoteten 1938 1945 Der nach Blutschuld fragt gedenkt der Elenden und vergisst nicht ihr schreien Psalm 9 13 1938 nur wenige Tage nach dem 75 jahrigen Stiftungsjubilaum wurden ohne ausseren Druck 22 judische Bewohner selektiert und in andere Einrichtungen zur dortigen Ermordung verlegt Ein Jahr spater die Stiftung hatte inzwischen 1900 Bewohner wurden im Schatten des Zweiten Weltkrieges die NS Vernichtungsaktionen ausgeweitet 1940 begann die systematische Euthanasie Unter Lensch als Direktor und ausgewahlt von Kreyenberg wurden 1941 insgesamt 71 Bewohner im August 1943 nach den schweren Bombenangriffen auf Hamburg weitere 469 Bewohner der Alsterdorfer Anstalten in solche Anstalten deportiert die eigens zur Totung der Neuankommlinge eingerichtet worden waren Die meisten dieser Deportierten waren Erwachsene die Euthanasie Arzte durch systematisches Verhungernlassen und Uberdosierung von Medikamenten ermordeten Erwachsene und Kinder wurden auch in die Fachabteilung des Krankenhauses Rothenburgsort verlegt wo sie Opfer medizinischer Experimente und der sogenannten Kinder Euthanasie wurden Wandbild des arischen Christus Bearbeiten Hinter dem Altar der neogotischen Backsteinkirche St Nicolaus auf dem Gelande der Alsterdorfer Anstalten befindet sich ein grosses Wandbild 1938 von Lensch entworfen und ausgefuhrt Es zeigt das Bild eines athletischen arischen Christus am Kreuz Die somit in Verkorperung der nordischen Rassenseele nach Alfred Rosenberg und Walter Grundmann entjudete Darstellung des Christus ist umgeben von zwolf weissgewandeten Gemeindemitgliedern alle mit Heiligenschein ausgenommen drei als behindert Dargestellte Die drei Behinderten stehen ausserhalb der vollwertigen Gemeindemitglieder Sie werden als minderwertig angesehen 2 Die Anstalt 1946 1979 Bearbeiten Technischer Wiederaufbau Bearbeiten Die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg waren gepragt vom Wiederaufbau der schwer zerstorten Hauser auf dem Stiftungsgelande Viele der Gebaude waren lediglich mit Notdachern versehen Unter der Leitung des neuen Direktors Oberkirchenrat Volkmar Herntrich begann eine rege Bautatigkeit Die Kirchliche Hochschule bekam ihren Sitz in Alsterdorf Neubauten fur Mitarbeiter und Schwesternschaft sowie die neue Kinderpflegerinnen Schule entstanden Das Evangelische Krankenhaus Alsterdorf im Vorfeld des Krieges ausgebaut und fur die umliegende Bevolkerung geoffnet konnte seinen Betrieb fortsetzen Wirtschaftsgebaude wurden instand gesetzt Die Sonderschule nahm in provisorischen Baracken ihre Arbeit wieder auf Geistiger Neuanfang Bearbeiten Lensch und Kreyenberg traten 1945 auf eigenen Wunsch von ihren Amtern zuruck strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen beide wurden 1972 ohne Anklage eingestellt Lensch war von 1947 bis 1963 Gemeindepfarrer in Hamburg Othmarschen 3 Kreyenberg durfte von 1945 bis 1948 nicht arztlich tatig sein 1952 eroffnete er im Stadtteil Alsterdorf eine Arztpraxis und erstritt sich vor Gericht Belegbetten in den Alsterdorfer Anstalten Fast zwei Jahrzehnte lang war er zudem Gutachter in Wiedergutmachungsverfahren nach Zwangssterilisation 4 Ende der 50er Jahre Direktor war inzwischen Pastor Julius Jensen plante die Stiftungsleitung in enger Kooperation mit der Stadt Hamburg den Bau der Teilanstalt Stegen das heutige Heinrich Sengelmann Krankenhaus eine 1000 Betten Klinik fur psychisch kranke Langzeitpatienten vor den Toren Hamburgs Die ersten beiden Bauabschnitte mit einem Drittel der ursprunglich geplanten Betten wurden in den 1960er Jahren realisiert dann uberholten neuere Erkenntnisse die alten Plane Anfang der 60er Jahre ruckten therapeutische Ansatze wieder in den Vordergrund Die Systematik mit der Sengelmann zu seiner Zeit behinderte Menschen gefordert und beschaftigt hatte war weitgehend verlorengegangen Beschaftigungstherapie und Arbeitstherapie heute alsterarbeit wurden aufgebaut Die meisten der 1200 Bewohner lebten jedoch in engen wenig behindertengerechten Raumlichkeiten Eine Situation die gezielte Forderung fast unmoglich machte Ein Generalbebauungsplan fur das Stiftungsgelande sollte Abhilfe schaffen Dem Zeitgeist entsprechend ersetzten drei Hochhauser die alten Wohngebaude z T mit zwanzigjahriger Verzogerung Sie losten zwar die alten Schlafsale ab stellen heutzutage jedoch eine erhebliche Altlast dar Fruherkennung und Padagogik Bearbeiten Seit 1968 war Pastor Hans Georg Schmidt Direktor der Alsterdorfer Anstalten In seine Amtszeit fielen neben dem Bau der drei Hochhauser weitreichende Entscheidungen Mit erheblicher finanzieller Unterstutzung von Versandhausgrunder Werner Otto entstand auf dem Alsterdorfer Gelande 1974 ein Zentrum zur Fruherkennung und Behandlung von Behinderungen Das Werner Otto Institut verfugt uber eine interdisziplinar arbeitende diagnostische und therapeutische Ambulanz eine kleine Klinik und den ersten Integrationskindergarten in der Hansestadt Das Sozialpadiatrische Zentrum ist das erste ambulante Angebot der Stiftung fur Familien mit behinderten Kindern Schlafsaalatmosphare Bearbeiten Die Behindertenhilfe der Stiftung ist zu dieser Zeit baulich und personell wie ein Grosskrankenhaus organisiert Medizinische und pflegerische Aspekte dominieren personliches Eigentum und Privatsphare der Bewohner sind ein Privileg in dessen Genuss nur wenige kommen Zwar schwappte Anfang der 70er Jahre der Normalisierungsgedanke aus Skandinavien auch nach Deutschland heruber Er setzte sich in den grossen Anstalten aber nur zogerlich durch Immerhin 1975 entstand in unmittelbarer Nachbarschaft des Stiftungsgelandes die erste Aussenwohngruppe Im gleichen Jahr nahm die Heilerzieher Schule ihre Ausbildung auf Ganzheitliche und padagogische Sichtweisen kamen mit den Absolventen in die Alltagsarbeit liessen sich aufgrund des vorhandenen Umfeldes jedoch kaum umsetzen Forderungen aus der Mitarbeiterschaft nach grundlegenden inhaltlichen Veranderungen der Umsetzung des Normalisierungsgedankens wurden immer lauter Ein sogenannter Kollegenkreis formierte sich Die Forderungen der Alsterdorfer Mitarbeiter Ende der 70er Jahre lesen sich heute wie Selbstverstandlichkeiten Grundung von Wohngruppen in den Stadtteilen Aufhebung der Geschlechtertrennung in den Wohnungen Schaffung von Forderangeboten fur Menschen mit sehr schweren Behinderungen Der Zeit Skandal und seine Folgen Bearbeiten 1979 erschien im ZEIT Magazin eine Reportage uber katastrophale Lebensbedingungen sehr schwer behinderter Menschen in Alsterdorf 5 6 Die Reaktion der Offentlichkeit brachte Stiftungsleitung und aufsichtsfuhrende Behorde in massiven Rechtfertigungs und Erklarungsdruck Anstaltsleiter Pfarrer Schmidt gab im Mai 1979 zu dass Behinderte angeschnallt und geschlagen und dass Beruhigungsmedikamente auch ohne medizinische Notwendigkeit verabreicht worden seien Er erklarte diese Missstande mit zu geringer Personaldichte und mangelnder Ausbildung des vorhandenen Personals 7 Der Pflegesatz der Stiftung bis dahin der niedrigste aller Einrichtungen der Behindertenhilfe in Hamburg wurde durch die damalige Sozialbehorde erhoht Ausserdem wurde der Stiftung ein Kredit gewahrt fur den Neubau eines Hauses das die Wohnplatzsituation verbesserte Das sechsstockige Carl Koops Haus wurde 1982 eingeweiht und bietet ca 220 Menschen Wohnmoglichkeiten in 2 3 Bettzimmern fur die vorhandene Schlafsaalsituation eine Verbesserung Trotzdem galt das Carl Koops Haus schon damals als nicht besonders behindertengerecht Inzwischen 2011 2012 wurde das Carl Koops Haus komplett abgerissen An der Stelle entsteht zurzeit ein technischer Funktionsbau Wohnangebote in den Stadtteilen Hamburgs Bearbeiten Anfang der 80er Jahre zogen zudem immer mehr Wohnverbunde vom Stiftungsgelande in Hamburgs Stadtteile Eine erste Gruppe mit stark auffalligen Bewohnern siedelte sich im Hamburger Umland an Die frei gewordenen Raumlichkeiten auf dem Stiftungsgelande ermoglichten eine Auflockerung der Belegung jahrelang hatte die Stiftung einen Aufnahmestopp Bessere personelle und raumliche Ausstattung intensive Zuwendung und moderne padagogische Konzepte verbesserten die Lebensbedingungen der geistig behinderten Bewohner in der Stiftung in den 80er Jahren erheblich Integrative Erziehung Bearbeiten 1981 endete auch ein anderes jahrzehntelanges Provisorium Die Sonderschule zog aus den Nachkriegsbaracken in einen grossraumigen Schulneubau Jetzt wurden auch wenn sie dem Schulalter z T langst entwachsen waren sehr schwer behinderte Bewohner eingeschult 10 Jahre spater endete die Ara der Heim Sonderschule denn in der Stiftung lebten kaum noch Kinder im schulpflichtigen Alter Die Verantwortlichen grundeten 1989 Hamburgs erste Grundschule mit Integrationsklassen und benannten die Schule nach Johann Bugenhagen den Weggefahrten Luthers und Kirchen und Schulreformer 1995 setzte die Bugenhagen Schule den Integrationsgedanken auch im Gesamtschulbereich fort Bereits einige Jahre vorher reformierte sie ihren Sonderschulzweig Ein neuer Vorstand Bearbeiten 1982 trat Pastor Hans Georg Schmidt zuruck Interimsdirektor wurde fur ein Jahr Lubecks spaterer Bischof Karl Ludwig Kohlwage 1983 ubernahm der Hamburger Propst Rudi Mondry den Vorsitz im inzwischen dreikopfigen Vorstand Mondry sorgte fur die Aufarbeitung der Alsterdorfer Geschichte und trieb die konzeptionelle Weiterentwicklung der Behindertenhilfe konsequent voran Deren Regionalisierung wurde 1989 Programm In seine Amtszeit fiel auch die Anderung des Stiftungsnamens 1988 Aus den Alsterdorfer Anstalten wurde die Evangelische Stiftung Alsterdorf Neue Wege 1990 2003 Bearbeiten Sanierung und Zukunftssicherung Bearbeiten Anfang der 90er Jahre wurden wirtschaftliche Schwierigkeiten deutlich Seit Jahren waren die Ausgaben der Stiftung hoher als die Einnahmen nicht alle Veranderungen wurden refinanziert und es fehlte ein klares Budgetmanagement fur die einzelnen Bereiche Der Spardruck erhohte sich 1992 diskutierten mit ausserster Scharfe Mitarbeiter und Offentlichkeit die Gehalter der Alsterdorfer Vorstandsmitglieder Auf dem Hohepunkt der Kampagne trat Rudi Mondry zuruck 1993 ubernahm ein vierkopfiger Vorstand die Geschaftsfuhrung Seit April 1995 fuhrten Vorstandsvorsitzender Rolf Baumbach 2006 und sein Stellvertreter Wolfgang Kraft die Stiftung Sie leiteten mit Unterstutzung von Senat Kirche und Banken eine umfassende Sanierung ein die zwei Jahre spater abgeschlossen war Die Zukunftssicherung der Stiftung setzte sich 1998 fort Vorstand Mitarbeitervertretung und OTV vereinbarten einen gemeinsamen Prozess der Binnenmodernisierung und schlossen das Bundnis fur Investition und Beschaftigung In ihm verzichteten alle Mitarbeiter funf Jahre lang auf Tariferhohungen und investierten 50 Millionen Mark in Neubauten Im Gegenzug verzichtete die Stiftungsleitung auf betriebsbedingte Kundigungen und die Ausgliederung von Betriebsteilen Das Bundnis endete am 31 Dezember 2003 Mehr Rechte fur mehr Selbststandigkeit Bearbeiten Ein neues Betreuungsgesetz 1 Januar 1992 wurde verabschiedet Es sollte mehr Eigenverantwortung fur den einzelnen behinderten Menschen schaffen besonders in Bezug auf seine Rechtsfahigkeit Neue Konzepte in der Behindertenhilfe entstanden Im Zentrum steht der Mensch mit Behinderung der mit weitestgehender Selbststandigkeit sein Leben mit professioneller Unterstutzung planen und entwickeln soll Dies wurde in einem europaischen Gemeinschaftsprojekt zwischen Belgien den Niederlanden und Deutschland mit dem Titel Community care erprobt Die Evangelische Stiftung Alsterdorf war an diesem Projekt mitbeteiligt Der Grundgedanke dieses Projektes zielte besonders auf die Struktur von Grosseinrichtungen ab Ziel war es die vorgehaltenen Angebotsstrukturen in solchen Einrichtungen in flexible nachfrageorientierte Assistenz und Dienstleistungen umzuwandeln Der behinderte Mensch im Mittelpunkt kauft sich seine ihm gemassen Assistenz und Unterstutzungsangebote selbst oder durch einen Betreuer ein Solche Modelle wurden in Danemark und Schweden schon seit den 80er Jahren umgesetzt Vom Betreuten zum Kunden Bearbeiten Die Reform des 93 des Bundessozialhilfegesetzes der in seiner neuen Form 1999 in Kraft trat veranderte die Situation der Behindertenhilfe erneut Der hilfebedurftige Mensch wird in den neuen Gesetzestexten zum Leistungsnehmer Pflegeanteile in der Betreuung behinderter Menschen sollen aus dem Pflegesatz herausgerechnet werden und aus den Kassen der Pflegeversicherung finanziert werden Die Anbieter der Behindertenhilfe mussen ihre Dienstleistungen in Form von prazisen Leistungs und Massnahmenbeschreibung dem Kunden also dem Menschen mit Behinderung und oder seinem Betreuer und vor der Behorde anbieten Dadurch gibt es keine Bevorzugung von freien gemeinnutzigen Tragern mehr das bedeutet alle Anbieter haben die gleiche Ausgangsposition Ob sich diese Veranderungen in den nachsten Jahren bewahren werden wird sich an ihrer praktischen Umsetzung und vor allem an der Meinung der Kunden messen lassen mussen Operative Bereiche und Tochtergesellschaften der Stiftung Bearbeiten Unmittelbar bei der Stiftung verbleiben als operative Bereiche zunachst nur die Kinder und Jugendhilfe mit ihren Schulen und Kindertagesstatten das Beratungszentrum und das Therapiezentrum der Stiftung sowie das Betreute Wohnen fur psychisch Kranke Alle Dienstleistungsangebote der Stiftung einschliesslich der zehn neuen Tochtergesellschaften bleiben jedoch im Rahmen des Unternehmensverbundes der Stiftung eng verbunden Dafur sorgen ausserlich deutlich erkennbar das gemeinsame Corporate Design sowie einheitliche Regelungen wie Leitbild und Unternehmensgrundsatze die fur alle Leistungsbereiche und Tochtergesellschaften bindend sind Damit sind auch in der Zukunft strategische Themenfelder wie Controlling Grundsatze der Personalfuhrung oder Offentlichkeitsarbeit einheitlich geregelt Auch die Vermogensverwaltung also das Management der Grundstucke und Gebaude verbleiben in der Verantwortung der Stiftung Teil des Stiftungsverbundes sind zudem weitere Tochtergesellschaften einzelner Bereiche so diverse Integrationsbetriebe die Arbeit und Beschaftigung in unterschiedlichen Arbeitsfeldern vorhalten oder Firmenbeteiligungen Und auch die gewerblichen Tochtergesellschaften die in den vergangenen Monaten und Jahren entstanden sind bleiben Unternehmen der Evangelischen Stiftung Alsterdorf Zahlen und Fakten BearbeitenDie Stiftung beschaftigt in ihren operativen Bereichen den Tochter und Enkelgesellschaften sowie ihren Service und Funktionsangeboten rund 4000 Mitarbeiter Die Stiftung sowie ihre dem Satzungszweck dienenden Gesellschaften sind Mitglied im Diakonischen Werk sowie im Verband kirchlich diakonischer Anstellungstrager In ihren Arbeitsverhaltnissen gilt der mit der Gewerkschaft ver di Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft abgeschlossene Tarifvertrag KTD 8 Teilunternehmen BearbeitenAlsterdorf assistenz west gGmbH Alsterdorf assistenz ost gGmbH prosocial gGmbH alsterarbeit gGmbH Evangelisches Krankenhaus Alsterdorf gGmbH Heinrich Sengelmann Krankenhaus gGmbH Werner Otto Institut gGmbH tohus gGmbH Evangelische Stadtmission Kiel gGmbH Diakonie und Sozialstation HamburgStadt gGmbHTochterunternehmen BearbeitenAlsterdorf Finanz und Personalkontor GmbH AlsterFood GmbH AlsterDienst ein Bereich der AlsterFood GmbH Alster Service Center GmbH CareFlex GmbH facility management GmbH Restaurant Kesselhaus theravitalis alsterdorfLiteratur BearbeitenGerda Engelbracht Andrea Hauser Mitten in Hamburg Die Alsterdorfer Anstalten 1945 1979 Kohlhammer Stuttgart 2013 ISBN 978 3 17 023395 9 Hans Walter Schmuhl Ulrike Winkler Ausgeschlossen Eingeschlossen Die Evangelische Stiftung Alsterdorf von der Anstalt ins Quartier Kohlhammer Stuttgart 2022 ISBN 978 3 17 039636 4 Michael Wunder Ingrid Genkel Harald Jenner Rudi Mondry Hrsg Auf dieser schiefen Ebene gibt es kein Halten mehr die Alsterdorfer Anstalten im Nationalsozialismus Agentur des Rauhen Hauses Hamburg 1987 ISBN 3 7600 0455 5 Filme Bearbeiten1927 Die Alsterdorfer Anstalten in Hamburg Dokumentarfilm Vera FilmwerkeBekannte Mitarbeiter BearbeitenOtto Brodde 1910 1982 KirchenmusikerWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Evangelische Stiftung Alsterdorf Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Evangelische Stiftung Alsterdorf alsterdorf assistenz west gGmbH alsterdorf assistenz ost gGmbH alsterarbeit gGmbH Evangelisches Krankenhaus Alsterdorf gGmbH Heinrich Sengelmann Krankenhaus gGmbH Werner Otto Institut gGmbH tohus gGmbH sport alsterdorf de Alsterdorf Historie Abgerufen am 15 Juni 2018 Einzelnachweise Bearbeiten https www alsterdorf de presse downloads pressemeldung neuer direktor der evangelischen stiftung alsterdorf html Ingrid Genkel Pastor Lensch ein Beispiel politischer Theologie In Michael Wunder Ingrid Genkel Harald Jenner Auf dieser schiefen Ebene gibt es kein Halten mehr Die Alsterdorfer Anstalten im Nationalsozialismus Hrsg Vorstand der Alsterdorfer Anstalten Rudi Mondry Hamburg 1987 ISBN 3 7600 04 55 5 S 77 Das nationalsozialistische Euthanasie Programm in Hamburg Lebenslauf von Friedrich Karl Lensch Lensch Nicht mehr online verfugbar In uni hamburg de Ehemals im Original abgerufen am 28 Dezember 2022 1 2 Vorlage Toter Link www1 uni hamburg de Seite nicht mehr abrufbar Suche in Webarchiven Das nationalsozialistische Euthanasie Programm in Hamburg Lebenslauf von Gerhard Kreyenberg Kreyenberg Nicht mehr online verfugbar In uni hamburg de Ehemals im Original abgerufen am 28 Dezember 2022 1 2 Vorlage Toter Link www1 uni hamburg de Seite nicht mehr abrufbar Suche in Webarchiven Die Gesellschaft der harten Herzen In Die Zeit Hamburg 20 April 1979 zeit de abgerufen am 5 Mai 2019 In der Psychiatrie zerbrochen Das Schicksal des Albert Huth in den Alsterdorfer Anstalten zu Hamburg In Zeitmagazin Hamburg 20 April 1979 blogspot com abgerufen am 5 Mai 2019 Behinderte Besserung in Sicht In Die Zeit Hamburg 8 Juni 1979 zeit de abgerufen am 5 Mai 2019 Kirchlicher Tarifvertrag Diakonie auf der Homepage der Nordkirche Abgerufen am 21 April 2015 53 613611111111 10 025833333333 Koordinaten 53 36 49 N 10 1 33 O Normdaten Korperschaft GND 5064040 9 lobid OGND AKS LCCN no2004067412 VIAF 150819687 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Evangelische Stiftung Alsterdorf amp oldid 238711607