www.wikidata.de-de.nina.az
Das Weber Fechner Gesetz ist die Formulierung einer psychophysischen Beziehung in der Sinnesphysiologie und besagt dass ein linearer Zuwachs der psychisch subjektiv empfundenen Starke von Sinneseindrucken dem Logarithmus des Zuwachses der physikalisch objektiv messbaren Intensitat des Reizes entspricht 1 Hiermit wird die Webersche Beziehung dass der fur einen gerade noch wahrnehmbaren Unterschied der Intensitat von Reizen hinreichende Differenzbetrag in einem konstanten Verhaltnis zur Reizstarke steht auf die Fechnersche Beziehung erweitert durch die theoretische Annahme dass aufgrund der gleichen relativen Unterschiedsschwellen eine Skala der Empfindungsstarke in Bezug auf die Absolutschwelle zu definieren sei Dies ist fur verschiedene Sinnesmodalitaten im Bereich mittlerer Reizintensitaten anwendbar Doch gilt das Weber Fechner Gesetz weder fur sehr niedrige Reizstarken nahe der Reizschwelle noch fur sehr hohe Reizstarken nahe oder uber der Sattigungsschwelle Inhaltsverzeichnis 1 Webersches Gesetz 2 Weber Fechner Gesetz 3 Stevenssche Potenzfunktion 4 Mikrookonomie 5 Siehe auch 6 Einzelnachweise 7 WeblinksWebersches Gesetz BearbeitenDer deutsche Anatom und Physiologe Ernst Heinrich Weber 1795 1878 untersuchte unter anderem die Beziehung zwischen Sinnesempfindungen und den sie hervorrufenden Reizen unterschiedlicher physikalischer Qualitat und Quantitat durch verschiedene Versuche wie den Weber Versuch Er ging auch der Frage nach um wie viel ein Reiz verstarkt werden muss um als starker empfunden zu werden Weber stellte fest dass der hierfur mindestens notige Differenzbetrag auch Differenzlimen DL genannt bei geringen Reizintensitaten deutlich niedriger liegt als bei hohen 1834 bemerkte er dass bei Reizen gleicher Art diese Unterschiedsschwellen sich nahezu gleichen wenn man sie als Anteil im Verhaltnis zur jeweiligen Intensitat der Reize angibt Fechner formulierte diese Beziehung in folgender Weise mathematisch 1a k D R R displaystyle k frac Delta R R nbsp Weber Gesetz Der gerade eben noch wahrnehmbare Unterschied DR steht zum Vergleichsreiz R in einem bestimmten gleich bleibenden Verhaltnis k Umformuliert heisst dies dass die Unterschiedsschwelle DR in proportionaler Beziehung zur Reizintensitat steht DR k R Im Bereich mittlerer Reizstarken ist diese Gesetzmassigkeit naherungsweise gultig fur verschiedene Sinnesmodalitaten und qualitaten Der Weber Quotient DR R stellt hierbei als dimensionslose Verhaltnisangabe den Proportionalitatsfaktor k dar dieser ist bei verschiedenartigen Reizen oder unterschiedlichen Sinnesorganen nicht gleich Beispiele Ein relativer Gewichtsunterschied von ungefahr 2 eines in der ruhenden Hand gehaltenen Gegenstands wird erkannt So nimmt man die Gewichtszunahme eines Gegenstands von 50 g erst wahr wenn das Gewicht um 1 Gramm auf 51 g angewachsen ist Entsprechend muss 500 g Gewicht um 10 g anwachsen um schwerer zu wirken Hier verhalt sich die Unterschiedsschwelle zur Reizintensitat also wie DR R 1 50 10 500 0 02 2 Beim Tastsinn betragt die erforderliche Unterschiedschwelle DR nach Webers Versuchen etwa 3 des als Druck auf die Haut ausgeubten Reizes R DR R 0 03 Beim Helligkeitssehen ist der Quotient DR R mit etwa 0 01 0 02 bei mittleren Umgebungshelligkeiten am niedrigsten die Unterschiedsschwelle betragt dann 1 bis 2 der Lichtstarke bei abnehmender Helligkeit wachst der Quotient auf uber 0 1 in der Dammerung bei sehr lichtschwachen Reizen nahe der Absolutschwelle liegt er noch hoher Beim Geschmack muss die Konzentration um 10 bis 20 steigen um als starker empfunden zu werden Weber Fechner Gesetz BearbeitenDer Physiker Psychologe und Philosoph Gustav Theodor Fechner 1801 1887 gilt als Begrunder der Psychophysik Er erweiterte das Webersche Gesetz 1860 formal durch Integration unter der Annahme dass k konstant und unabhangig von R ist 1b D E c D R R displaystyle Delta E c cdot frac Delta R R nbsp Fechnersches Gesetz 2 E c log R R 0 displaystyle E c cdot log frac R R 0 nbsp Weber Fechnersches Gesetz 2 Hierbei ist c eine fur die jeweilige Reizart charakteristische Konstante R0 ist eine Integrationskonstante die zumeist die Intensitat an der Reizschwelle als Schwellenreiz festlegt Die Formel 2 besagt dass bei einem exponentiellen Anstieg der Reizintensitat nur ein linearer Zuwachs der Empfindungsstarke E zu erwarten ist Beim Sehsinn sind Helligkeitsempfindungen in einem weiten Bereich der Reizintensitat moglich doch ist dafur die Anpassung des Auges an die jeweiligen Lichtverhaltnisse erforderlich Fur den Ubergang von einer taghellen Umgebung zur Dunkelheit mondloser Nacht betragt die Adaptationszeit rund eine halbe Stunde Hinsichtlich der physikalischen Leuchtdichte unterscheidet sich die Absolutschwelle als eben noch wahrnehmbare geringste Reizintensitat 10 6 cd m um mehr als zehn Zehnerpotenzen von der Sattigungsschwelle 106 cd m ab der die Empfindungsstarke durch zunehmende Reizintensitat kaum mehr steigerbar ist Die scheinbare Helligkeit eines freiaugig gerade noch sichtbaren Sterns 6 Grosse 6 mag ist billionenfach schwacher als die der Sonne rund 27 mag Zwischen der in der Antike nach wahrgenommener Helligkeit vorgenommenen Einstufung von Sternen in Grossenklassen und ihrer objektiv gemessenen Leuchtstarke L besteht eine logarithmische Beziehung dem Weber Fechner Gesetz angelehnt m 5 2 log10 L L0 Die Magnitude ist eine Grossenangabe mittels einer Skala bei der jedem Schritt von einer Stufe zur nachsten 1 mag je ein Leuchtstarkenunterschied um den Faktor 102 5 2 51 entspricht bei Schritten von 5 mag um 102 100 Zur Abschatzung feiner Helligkeitsunterschiede zweier Sterne bedienen sich Astronomen in der visuellen Fotometrie besonderer Verfahren Argelandersche Stufenschatzungsmethode Beim Gehorsinn hangt die wahrgenommene Tonhohe eines musikalischen Tons logarithmisch von der Grundfrequenz ab eine Verdoppelung der Grundfrequenz bewirkt die Anderung der Tonhohe um genau eine Oktave bei einer Vervierfachung sind es zwei Oktaven Beim Temperatursinn dagegen sprechen die Thermorezeptoren annahernd linear auf Veranderungen der Reizgrosse an Fur die Schmerzwahrnehmung lassen sich psychophysische Beziehungen nicht allgemein gultig formulieren abhangig vom Schmerzgedachtnis kann ein gleich starker Reiz intraindividuell verschieden stark empfunden werden Stevenssche Potenzfunktion Bearbeiten Hauptartikel Stevenssche Potenzfunktion Der experimentelle Psychologe Stanley Smith Stevens 1906 1974 stellte 1957 fest dass die Erweiterung des Weberschen Gesetzes 1 zur Beziehung 2 zu allgemein sei Berucksichtigt man die Abhangigkeit der Reaktionsstarke E von der Grosse des Reizes so folgt aus 1 3 D E E k D R R displaystyle frac Delta E E k cdot frac Delta R R nbsp Die Integration dieser Beziehung fuhrt zur Stevensschen Potenzfunktion 4 E c R k displaystyle E c cdot R k nbsp Die Konstante c entsteht aus den beiden Integrationskonstanten Fur k lt 1 ahnelt sie dem logarithmischen Weber Fechner Gesetz Fur das Helligkeitsempfinden ist k 0 33 Die wahrgenommene Lautstarke die Lautheit folgt fur mittlere und hohe Schalldrucke nicht dem Weber Fechner Gesetz sondern dem Stevensschen Potenzgesetz mit k 0 6 eine Erhohung des Schalldrucks um den Faktor 10 displaystyle textstyle sqrt 10 nbsp 10 dB bewirkt eine Verdopplung der Lautheit Mikrookonomie BearbeitenIn der Mikrookonomie findet sich das Phanomen wieder als Fuhlbarkeitsschwelle 3 Von Interesse ist es bei der Untersuchung von Indifferenzkurven auf Stetigkeit und Transitivitat Die mikrookonomische Theorie geht davon aus dass Indifferenzkurven stetig fallend und konvex gekrummt sind Das praktische Problem dass ein Mensch marginale Unterschiede in Farbe oder Temperatur etc nicht wahrnehmen kann fuhrt dazu dass man die Transitivitatsannahme etwas lockerer formulieren muss Siehe auch BearbeitenGammakorrekturEinzelnachweise Bearbeiten H Handwerker Allgemeine Sinnesphysiologie In R Schmidt G Thews F Lang Hrsg Physiologie des Menschen 28 Auflage 2013 S 210 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Rainer Klinke Stefan Silbernagl Physiologie Hrsg Hans Christian Pape Armin Kurtz Stefan Silbernagl 7 Auflage Thieme Stuttgart 2014 ISBN 978 3 13 796007 2 S 942 Boventer Illing Einfuhrung in die Mikrookonomie Oldenbourg Wissenschaftsverlag ISBN 3 486 24248 2 S 64f Weblinks BearbeitenFechner Projekt der Gustav Theodor Fechner Schule Leipzig Memento vom 14 Oktober 2007 im Internet Archive Konrad Hoppe Das Weber Fechner sche Gesetz unter besonderer Berucksichtigung der Sussintensitat Konrad Hoppe posthum veroffentlichter Artikel Das Weber Fechner sche Gesetz unter besonderer Berucksichtigung des Weber schen Gesetzes PDF 4 0 MB Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Weber Fechner Gesetz amp oldid 237435672