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Die Gesellschaft m b H zur Verwertung chemischer Erzeugnisse kurz Verwertchemie war ein Tochterunternehmen der Dynamit AG DAG die in der Zeit des Nationalsozialismus als Betreibergesellschaft fur eine Reihe von Sprengstoffwerken fungierte Sie spielte eine wichtige Rolle bei der getarnten Aufrustung der Wehrmacht und der damit verbundenen geheimen staatlichen Einflussnahme auf die Rustungsindustrie im Deutschen Reich siehe Montan Schema Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Betriebe 2 1 Standorte Baulichkeiten und Arbeitskrafte 2 2 Liste der durch die Verwertchemie betriebenen Werke 3 Literatur 4 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenAm 7 Februar 1934 wurde die Gesellschaft m b H zur Verwertung chemischer Erzeugnisse mit Sitz in Berlin gegrundet Erste Gesellschafter des Unternehmens waren Karl Pfeiffer Direktor der Heydt Kontor G m b H in Berlin und Dipl Ing Ernst Wodicka Berlin Lichterfelde mit einem Gesellschaftskapital von je 100 000 RM Am 17 April 1935 ubernahm die Dynamit AG Troisdorf die Verwertchemie als alleinige Gesellschafterin Der Sitz der Gesellschaft wurde Ende 1936 nach Koln verlegt Gegenstand des Unternehmens war gemass Gesellschaftervertrag die Errichtung chemisch technischer Anlagen und die Produktion chemischer Erzeugnisse aller Art sowie Handel mit solchen 1 Tatsachlich war die Verwertchemie als 100 ige Tochtergesellschaft die Betreiberin der von der DAG im Auftrag des Oberkommandos des Heeres OKH errichteten Sprengstofffabriken Als Eigentumer und Bauherr dieser Werke trat jedoch nicht die Verwertchemie selbst auf sondern die uber die Gerate und Apparate Handelsgesellschaft mbH Gerap vom Heereswaffenamt kontrollierte Verwertungsgesellschaft fur Montanindustrie GmbH Diese verpachtete die jeweiligen Fabriken an die Verwertchemie welche wiederum die produzierten Sprengstoffe und die damit vor Ort befullten Munitionshulsen an das OKH lieferte Diese Vorgehensweise hatte aus Sicht der DAG und damit ihrer Tochter Verwertchemie den Vorteil dass die hohen Investitionskosten fur die Sprengstofffabriken verursacht durch militarische Rucksichten wie die Auswahl von abgelegenen Standorten Tarnungsmassnahmen aufgelockerte und teilweise verbunkerte Bauweise vom Staat getragen wurden der zugleich alleiniger Abnehmer ihrer Produkte war 2 3 Die wie auch die DAG vom I G Farben Konzern kontrollierte WASAG grundete zunachst gemeinsam mit der DAG die Deutsche Sprengchemie GmbH DSC welche innerhalb der WASAG die gleiche Rolle ausfullte wie die Verwertchemie fur die DAG und ebenfalls als Betreiberin eine Reihe von Sprengstofffabriken fungierte Teilweise befanden sich die Werke der Verwertchemie und DSC auch in direkter Nachbarschaft so z B im Fall von Aschau Kraiburg und Torgelow Ueckermunde Die Verwertchemie bestand auf dem Gebiet der spateren Bundesrepublik Deutschland auch nach 1945 weiter und produzierte ab 1957 auch wieder Sprengstoffe zur militarischen Verwendung fur die Bundeswehr Fur die Zeit von 1957 bis 1978 war der Sitz der GmbH in Liebenau bei Nienburg Weser und ab 1978 in Troisdorf 4 1990 wurde sie mit einem anderen Tochterunternehmen der Dynamit Nobel AG der Dynamit Nobel Explosivstoff und Systemtechnik GmbH verschmolzen Die auf dem Gebiet der spateren Deutschen Demokratischen Republik und in den Ostgebieten des Deutschen Reiches gelegenen Werke wurden nach 1945 enteignet und demontiert Die im Westen Deutschlands gelegenen Standorte wurden in der Nachkriegszeit zumeist fur die Ansiedlung von Heimatvertriebenen und zivilen Industriebetrieben genutzt siehe Vertriebenenstadt Betriebe BearbeitenStandorte Baulichkeiten und Arbeitskrafte Bearbeiten Bei der Standortwahl und beim Bau der durch die Verwertchemie analog auch der DSC betriebenen Sprengstoffwerke waren militarisch strategische Grunde ausschlaggebend 5 Die Standorte lagen verteilt zwischen Oder und Rhein mit einem Schwerpunkt im mitteldeutschen Raum Zur Tarnung wurden die Fabriken vorwiegend in Waldgebieten errichtet Die Bauweise der Anlagen und Gebaude war zum grossen Teil standardisiert Es handelte sich um Betonrahmenbauten mit Stahlarmierungen mit dicken Dachern die mit Erde uberhauft und bepflanzt waren Die Wande zwischen den Betonpfeilern waren dagegen eher leicht aus Schwemmsteinen gebaut um bei einer etwaigen Explosion im Inneren die tragenden Elemente zu entlasten Produktionsgebaude waren daruber hinaus mit einem Erdwall umgeben der bei einem Explosionsungluck die Druckwelle von den Nachbargebauden nach oben ablenken sollte und gleichzeitig Schutz vor Bordwaffenbeschuss bei Luftangriffen bot Die Dachkonstruktionen waren gegen Brandbomben ausgelegt Fur das Personal waren Luftschutzraume oft im Inneren der Erdwalle angelegt vorhanden In den Werken der Verwertchemie wurden die Sprengstoffe Trinitrotoluol TNT Pikrinsaure TNP Nitropenta PETN Hexogen und Dinitrobenzol DNB sowie die Vorprodukte und Treibladungspulver Nitrocellulose NC NC Pulver und POL Pulver hergestellt In betriebseigenen Munitionsfullstellen wurden dann die von anderen Rustungsbetrieben angelieferten Munitionshulsen Bomben Granaten u a befullt Die Munition wurde anschliessend zur eigentlichen Laborierung und Lagerung in die wehrmachtseigenen Munitionsanstalten weiterversandt Die Sprengstofffabriken verfugten uber eigene Wasserwerke und einen Anschluss an das Eisenbahnnetz Die Abwasser gelangten meist in die benachbarten Fliessgewasser und verursachten hier hohe Umweltschaden Alle Betriebe verfugten uber eigene Arbeiterlager sowie Wohnsiedlungen fur Facharbeiter und Fuhrungskrafte in der Umgebung des Werkes In der Anfangszeit konnte der Arbeitskraftebedarf noch durch Arbeitskrafte aus der Region gedeckt werden zumal die Standorte durchweg in landlichen strukturschwachen Raumen lagen Mit der Verscharfung des Zweiten Weltkrieges wurden jedoch zunehmend deutsche Dienstverpflichtete auslandische Zwangsarbeiter und KZ Haftlinge zur Arbeit herangezogen So arbeiteten in der gesamten deutschen Sprengstoffindustrie also nicht nur bei der Verwertchemie zum 31 Dezember 1944 insgesamt 152 000 Personen davon nur 77 000 Deutsche dagegen aber 29 000 sogenannte Ostarbeiter 42 000 sonstige Auslander und auch judische Haftlinge sowie 3 000 Kriegsgefangene 6 Liste der durch die Verwertchemie betriebenen Werke Bearbeiten Werk Tarnname Standort heutiger Ortsname Koordinaten Produkte Menge t gesamt Beschaftigte 31 12 1944Allendorf Barbara I Stadtallendorf 50 48 47 N 8 59 24 O 50 813055555556 8 99 TNT 125 131 4 982Aschau Fichte I Aschau am Inn 48 11 11 N 12 22 5 O 48 186388888889 12 368055555556 NC 42 836 995Bobingen Fasan Bobingen 48 15 47 N 10 58 40 O 48 263055555556 10 977777777778 Hexogen 6 651 432Bromberg Torf Legnowo 53 5 2 N 18 5 52 O 53 083888888889 18 097777777778 POL Pulver NC DNB 29 300 7 766Christianstadt Ulme Krzystkowice 51 49 21 N 15 12 3 O 51 8225 15 200833333333 Hexogen NC 64 480 5 151Clausthal Zellerfeld Tanne Clausthal Zellerfeld 51 48 10 N 10 22 16 O 51 802777777778 10 371111111111 TNT 105 357 2 173Doberitz Doberitz 52 31 36 N 12 24 17 O 52 526666666667 12 404722222222 Hexogen 13 304 438Domitz Reuter Domitz 53 7 45 N 11 16 42 O 53 129166666667 11 278333333333 TNT TNP 88 693 2 094Ebenhausen Ebenhausen Werk 48 41 27 N 11 28 31 O 48 690833333333 11 475277777778 NC NC Pulver 25 057 2 170Gusen Wiese Gusen 52 19 37 N 11 58 20 O 52 326944444444 11 972222222222 NC NC Pulver TNT 141 374 2 905Hessisch Lichtenau Friedland Hirschhagen 51 13 29 N 9 41 58 O 51 224722222222 9 6994444444444 TNT TNP 124 299 4 472Hohensaaten Hohensaaten 52 52 46 N 14 6 31 O 52 879444444444 14 108611111111 NC 61 085 1 342Kaufbeuren Neugablonz 47 54 45 N 10 38 6 O 47 9125 10 635 NC Pulver 2 947 1 369Munitions und Sprengstoffwerk Malchow Albion Malchow 53 28 23 N 12 22 40 O 53 473055555556 12 377777777778 PETN 10 831 5 299Ueckermunde See I Ueckermunde 53 42 34 N 14 5 24 O 53 709444444444 14 09 Hexogen NC 68 740 1 201Wolfratshausen Tal I Gartenberg 47 52 33 N 11 28 18 O 47 875833333333 11 471666666667 PETN Hexogen 12 653 2 648Saporischschja Magnesiumwerk im Rahmen des Iwan Programms Saporischschja Ukraine Sowjetunion 7 Karte mit allen Koordinaten OSM WikiMapLiteratur BearbeitenWolfram Konig Ulrich Schneider Sprengstoff aus Hirschhagen Vergangenheit und Gegenwart einer Munitionsfabrik Kassel 1985 Geschichtswerkstatt Hessisch Lichtenau Hirschhagen Hg 700 Jahre Hessisch Lichtenau Ein erganzender Beitrag zur Heimatkunde Rustungsproduktion in Friedland Die Fabrik Hessisch Lichtenau zur Verwertung chemischer Erzeugnisse G m b H Hessisch Lichtenau 1989 Hans Jurgen Wolf Die Allendorfer Sprengstoffwerke DAG und WASAG Marburg 1989 Projektgruppe Hirschhagen Gesamthochschule Kassel Hg Hirschhagen Sprengstoffproduktion im Dritten Reich Ein Leitfaden zur Erkundung des Gelandes einer ehemaligen Sprengstofffabrik Kassel 1991 Stadt Malchow Hg Das Munitions und Sprengstoffwerk in Malchow 1938 1945 Malchow 2000 Dieter Materna Tarnname See Ein Bericht uber zwei ehemalige Werke der Pulver und Sprengstofferzeugung im Kreis Ueckermunde Milow 2001 Hessisches Ministerium fur Umwelt landlichen Raum und Verbraucherschutz HIM GmbH Bereich Altlastensanierung Hg Boden gut gemacht Die Sanierung des Rustungsaltstandortes Stadtallendorf Stadtallendorf 2005 Einzelnachweise Bearbeiten Zit n Materna Tarnname See S 10 Materna Tarnname See S 12f HIM Boden gut gemacht S 27 Handelsregister Auskunft HIM Boden gut gemacht S 38 HIM Boden gut gemacht S 42 Angaben zu Produktion und Personal nach HIM Boden gut gemacht S 31f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Verwertchemie amp oldid 239536207