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Die Tribunizische Gewalt lateinisch tribunicia potestas bezeichnet die Amts und Gewaltbefugnisse der Volkstribunen im antiken Rom sowie eine der kaiserlichen Kernvollmachten im Prinzipat Inhaltsverzeichnis 1 Republik 2 Kaiserzeit 3 Literatur 4 EinzelnachweiseRepublik BearbeitenDas Volkstribunat und die damit verbundenen Befugnisse wurde von den Plebejern in den Standekampfen errungen Ursprunglich standen diese Befugnisse neben den offiziellen staatlichen Amtern bisweilen glichen sie deren Amtsmacht zugunsten der Plebs aus Die tribunizische Gewalt war ursprunglich noch keine Amtsgewalt da sich diese nicht aus der burgerschaftlichen Volkswahl ableitete Vielmehr ist sie das Ergebnis eines langwierigen Prozesses der Anerkennung Aus der plebejischen Zuordnung ergab sich das Signal fur eine Interessensvertretung 1 Die tribunizische Autoritat beruhte auf Sakrosanktitat was vornehmlich physische Unverletzlichkeit bedeutete Wesentliches Bestandteil der tribunicia potestas war der Vorsitz in und das Recht auf Antragstellung vor der Volksversammlung concilium plebis einem der Spruchkorper in denen die plebs vertreten war im Gegensatz zu den Zenturiats und den Tributkomitien hier sogar in Ausschliesslichkeit Im concilium plebis nahmen sie gemeinsam mit dem Volk an den Volksgerichtsverfahren teil Weiterhin gehorte das Interzessionsrecht zur Amtsgewalt welches zunachst faktisch nur zu magistratischen Handlungsverboten fuhrte aus dem sich im Laufe der Zeit aber ein initiatives Verbietungsrecht gegenuber allen anderen auch hoheren Amtsgewalten entwickelte Dieses Machtinstrument ergab sich aus der Pflicht des Volkstribunen Plebejern bei Ubergriffen von Magistraten also ursprunglich Patriziern zu Hilfe zu eilen auxilium ferre 2 Aufgrund der unsicheren Rechtsstellung der Volkstribune und ihrer gewachsenen Gewalten wurde die Person des Volkstribunen mit einem religiosen Tabu belegt Er war sakrosankt und die plebs per Eid verpflichtet jeden Angriff auf einen Tribun zu verhindern oder zu rachen Wer einen Volkstribun angriff konnte als Volksverrater hingerichtet werden 3 Durch die lex Hortensia 287 v Chr wurde die Versammlung der plebs als Volksversammlung anerkannt Die Tribunen erhielten von der Versammlung die Vollmacht auf Antrag fur das ganze Volk bindende Gesetze zu beschliessen ius cum plebe agendi den Senat einzuberufen und ihm vorzusitzen ius senatus habendi und Amtshandlungen selbst hochster Magistrate aufgrund von maior potestas zu unterbinden Mit dieser Machtfulle war das Volkstribunat zwar das formal machtigste Amt Roms jedoch lange Zeit kein Teil des cursus honorum In der klassischen und spaten Republik gab es zehn Volkstribunen damit war die Macht des einzelnen Amtsinhabers deutlich beschnitten denn wie sich etwa in Zusammenhang mit den Reformversuchen des Tiberius Sempronius Gracchus 133 v Chr zeigte war es fast immer moglich mindestens einen anderen Tribunen gegen seinen Kollegen in Stellung zu bringen Auch der Umstand dass Volkstribunen zuvor hochstens die Quastur bekleidet und ihre eigentliche Senatskarriere also noch vor sich hatten sorgte fur eine mogliche Kontrolle ihres Verhaltens Ein Tribun der sich wahrend seines Amtsjahres unangemessen verhielt nahm das Ende seiner Laufbahn in Kauf Erst wahrend der Burgerkriegszeit am Ende der Republik spielte das Volkstribunat angesichts der Uneinigkeit der Nobilitat eine wichtige Rolle und wurde insbesondere von popularen Politikern zur Durchsetzung ihrer Ziele benutzt Die tribunizische Gewalt unterschied sich von der der Obermagistrate dadurch dass Tribune kein imperium innehatten 4 Das bedeutete dass sie kein Recht hatten Parteien vorzuladen ius vocationis 5 was sich allerdings aus ihrer originaren Aufgabe heraus erklart wonach sie im Rahmen der auxilii latio selbst angerufen werden mussten Hilfeersuchung Auch fehlte den Tribunen das magistratische Koercitionsrecht Polizeigewalt ausserhalb des Gerichtsverfahrens 6 Sie hatten aber im Prozess cognitio die tribunizischen Gewaltmittel wozu die Verhaftung prensio die Einkerkerung in carcerem ducere die Totung durch Sturz vom Tarpejischen Felsen de Saxo deicere und der Einzug des Vermogens consecratio bonorum gehorten Kaiserzeit Bearbeiten nbsp Bronzemunze Dupondius des Kaisers Augustus um 17 v Chr mit Verweis auf die Verleihung der tribunizischen Gewalt AVGVSTVS TRIBVNIC POTEST Im Zuge der Grundung des Prinzipats durch den ersten romischen Kaiser Augustus kam es zu einer Trennung von Amt und Amtsgewalt des Volkstribunen Zeitpunkt und Umstande der Verleihung der tribunicia potestas an Augustus sind aufgrund der Quellenlage 7 unklar und umstritten 36 v Chr erhielt er wesentliche Elemente tribunizischer Gewalt so die sacrosanctitas das ius subselli und das ius auxilii 30 v Chr wurde letzteres uber das Stadtgebiet Roms bis zum ersten Meilenstein ausgeweitet Ab 23 v Chr konnte der princeps uber die volle tribunicia potestas annua et perpetua verfugen und damit im gesamten Reichsgebiet des romischen Imperiums standig ausuben Seitdem war die Amtsgewalt der Tribunen Bestandteil der kaiserlichen Macht was sich auch an der Zahlung der Kaiserjahre nach der tribunicia potestas zeigte Das Amt selber die damit verbundenen Pflichten und den Titel ubernahm der Patrizier Augustus nicht desgleichen seine Nachfolger 8 Der princeps genoss mithin die umfassenden Rechte des Volkstribuns ohne auch den Beschrankungen des Amtes unterworfen zu sein Auch fur Augustus Nachfolger gehorte die tribunicia potestas fortan uber Jahrhunderte zum Kernbereich ihrer kaiserlichen Macht Die tribunizische Amtsgewalt stattete sie formal mit den Mitteln aus die romische Innenpolitik scheinbar im Einklang mit den Gesetzen zu kontrollieren Um die Fiktion der Annuitat zu wahren wurde die Vollmacht jahrlich allerdings automatisch erneuert oft wie beim regularen Tribunat am 10 Dezember so dass man die Angaben TRI POT TR P o a auf Munzen und in Inschriften zur Datierung verwenden kann Im Laufe des 4 Jahrhunderts horten die Kaiser auf sich auf die tribunicia potestas zu beziehen da generell die Anknupfung an die Regeln der alten res publica in der Spatantike an Bedeutung verloren hatte Literatur BearbeitenJochen Bleicken Die Verfassung der Romischen Republik Grundlagen und Entwicklung UTB 460 3 durchgesehene Auflage Schoningh Paderborn u a 1982 ISBN 3 506 99173 6 S 86 88 Wolfgang Kunkel Staatsordnung und Staatspraxis der romischen Republik Abschnitt 2 Wolfgang Kunkel Roland Wittmann Die Magistratur Handbuch der Altertumswissenschaft Abt 10 Rechtsgeschichte des Altertums Tl 3 Bd 2 Beck Munchen 1995 ISBN 3 406 33827 5 Auszuge bei der Google Buchsuche Einzelnachweise Bearbeiten Wolfgang Kunkel mit Roland Wittmann Staatsordnung und Staatspraxis der romischen Republik Zweiter Abschnitt Die Magistratur Munchen 1995 ISBN 3 406 33827 5 von Wittmann vervollstandigte Ausgabe des von Kunkel unvollendet nachgelassenen Werkes S 570 572 Titus Livius Ab urbe condita 2 33 1 2 Jochen Bleicken Das romische Volkstribunat Versuch einer Analyse seiner politischen Funktion in republikanischer Zeit In Chiron Bd 11 1981 S 87 108 hier S 93 Marcus Terentius Varro bei Aulus Gellius 13 12 6 Aulus Gellius 1 c Aulus Gellius 13 12 9 Cassius Dio 49 15 5 f nennt die Unverletzlichkeit und das Sitzrecht als Ehrenrechte Appian Burgerkriege 5 132 hingegen und darauf aufbauend Orosius 6 18 4 sprechen von einer Verleihung der vollen Rechte durch den Senat Ernst Hohl Besass Casar Tribunengewalt In Klio Band 32 Nummer 32 1939 S 61 75 hier S 64 f und 68 doi 10 1524 klio 1939 32 32 61 Normdaten Sachbegriff GND 4434149 0 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tribunizische Gewalt amp oldid 232786067