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Dieser Artikel behandelt das Projekt der Transsahara Bahn Fur die spater teilweise gebaute Mittelmeer Niger Bahn siehe dort Die Chemin de Fer Transsaharien deutsch Transsahara Bahn auch Sahara Eisenbahn oder Saharaquerbahn war eine geplante Eisenbahnlinie welche Nord und Westafrika nach dem Vorbild der nordamerikanischen transkontinentalen Eisenbahnen fur das franzosische Kolonialreich erschliessen sollte Sie spielte in der Geschichte der franzosischen Kolonialpolitik eine entscheidende Rolle obwohl sie nie gebaut wurde Satellitenaufnahme der Sahara Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Die Plane fur die Chemin de Fer Transsaharien 3 Hohepunkt der Kampagne und Katastrophe 4 Tunis statt Timbuktu 5 LiteraturVorgeschichte BearbeitenFrankreich hatte 1830 Algier unter dem Vorwand erobert das seit Jahrhunderten andauernde Treiben islamischer Barbaresken Korsaren im sudlichen Mittelmeer vor der Kuste der Barbareskenstaaten zu bekampfen Tatsachlich aber existierte die algerische Kriegs und Kaperflotte nicht mehr sondern war 1827 bei der Schlacht von Navarino untergegangen Vielmehr suchte der franzosische Konig Karl X nach einem aussenpolitischen und militarischen Erfolg um seine angeschlagene Position in der franzosischen Innenpolitik zu stabilisieren Er wurde in der Juli Revolution dennoch gesturzt aber Frankreich hatte nun ein uberseeisches Territorium besetzt das nur schwer zu regieren war In den folgenden 18 Jahren wurden die franzosischen Kolonialtruppen in immer neue Kampfe verwickelt vor allem mit dem legendaren Emir von Masqara Abd ul Qadir besser bekannt als Abd el Kader 1808 1883 Die verlustreichen Kampfe verboten es der um ihr internationales Ansehen bemuhten franzosischen Regierung Algier aufzugeben Stattdessen uberschritten die Kolonialtruppen das Atlas Gebirge und ruckten in die nordliche Sahara ein Gleichzeitig stiessen auch franzosische Verbande von der Kolonie Senegal in die westliche Sahara vor die von den Mauren und den Fulbe beherrscht war Das anvisierte Fernziel war der Nigerbogen mit der alten Handelsmetropole Timbuktu Die Revolution von 1848 unterbrach diese Expansionsversuche Frankreichs Kaiser Napoleon III war an Afrika wenig interessiert und uberliess fur einige Jahre den Briten den Vortritt Im Jahre 1849 entsandte die britische Regierung die Central African Mission der auch der deutsche Afrikaforscher Heinrich Barth 1821 1865 angehorte Diese Expedition konnte mit den Fuhrern der Tuareg des Tassili n Ajjer des Ajjer Gebirges freundschaftliche Kontakte anknupfen und auch in Timbuktu wo die vereinzelten Vorstosse ehrgeiziger franzosischer Kolonialkommandanten mit Misstrauen beobachtet wurde schloss Barth der einzige europaische Uberlebende der Expedition im Namen der britischen Regierung ein Handels und Schutzabkommen das aber von London nie ratifiziert wurde nachdem seit Mitte der 1850er Jahre das Interesse an der Transsahararoute geschwunden war In diese Bresche stiessen nun franzosische Interessensgruppen die vornehmlich in Algier angesiedelt waren und hofften einen lukrativen Handel quer durch die Wuste aufnehmen zu konnen In ihrem Auftrag besuchte der erst neunzehnjahrige Henri Duveyrier 1840 1892 im Jahre 1859 die Tuareg Fuhrer im Ajjer Gebirge mit denen Barth Freundschaft geschlossen hatte Der starke Mann der Ajjer Tuareg Ikhenukhen suchte nach einem neuen Verbundeten gegen eine drohende Besetzung seines Landes durch die Turken die von Tripolis aus in die Sahara vorstiessen und bereits die Handelsstadt Murzuk im Fessan besetzt hatten Ikhenukhen signalisierte seine Bereitschaft mit der franzosischen Seite einen Vertrag abzuschliessen der 1862 in der Handelsstadt Ghadames unterzeichnet wurde Zu einem regen Handelsverkehr kam es jedoch nicht da Napoleon III zu sehr mit seinen kolonialen Abenteuern in Indochina und Mexiko beschaftigt war Henri Duveyrier der von den Tuareg freundlich aufgenommen worden war zeichnete in seinen Veroffentlichungen ein idealisiertes Bild der Wustennomaden ohne zu durchschauen dass die Tuareg nicht bereit waren ihr Handelsmonopol zugunsten einer europaischen Konkurrenz aufzugeben Sie waren auf den Handel mit der Sahelzone angewiesen und waren allenfalls dazu bereit gewesen europaische Fertigprodukte als Zwischenhandler nach Suden zu bringen Die Plane fur die Chemin de Fer Transsaharien BearbeitenDer Deutsch Franzosische Krieg von 1870 71 begrub fur mehrere Jahre alle Hoffnungen auf eine koloniale Ausdehnung in Nordafrika Ehrgeizige Politiker im burgerlich liberalen Lager um Leon Gambetta hatten jedoch ihre Traume nicht aufgegeben und als 1877 die monarchistische Rechte eine schwere Wahlniederlage einstecken musste ruckten liberale Kopfe an die Spitze von Staat und Regierung Sie waren vor allem bemuht der Offentlichkeit einen spektakularen Erfolg zu prasentieren der sie als die bessere politische Option gegenuber den Konservativen auswies Der Minister fur das Verkehrswesen und offentliche Arbeiten Charles de Freycinet 1828 1923 liess sich von Planen begeistern mit denen der ansonsten wenig bedeutende Afrikaforscher Paul Soleillet bei Banken und Ministerien hausieren ging Mit euphorischen Gutachten und teilweise absurden Zahlen uber das Handelsaufkommen im Transsaharahandel warb der Forscher fur eine Eisenbahnlinie die von Algier oder noch besser von Tunis aus entlang der alten Handelsroute an den Tschad See ins Konigreich Bornu und von dort aus zum Nigerbogen d h nach Timbuktu fuhren sollte Astronomische Gewinne wurden in Aussicht gestellt und die Eisenbahn durch die menschenfeindlichsten Wusten sollte der Welt beweisen dass Frankreich trotz der Schwachung durch Deutschland in der Lage war eine gigantische technische Meisterleistung zu vollbringen Die Presse griff diese Fantastereien auf und auch die Regierung konnte sich diesem Sog nicht mehr entziehen Erste Gutachterkommissionen wurden eingesetzt und Fachleute wie Henri Duveyrier wurden um ihre Stellungnahmen gebeten In dieser Situation fand in der deutschen Hauptstadt der so genannte Berliner Kongress statt auf dem die Grossmachte vor allem Grossbritannien und Osterreich Ungarn sich wieder einmal Teile des Osmanischen Reiches aneigneten Otto von Bismarck bot der franzosischen Delegation an sich an Tunis zu bedienen und signalisierte dem Nachbarn dadurch dass er bereit sei jede franzosische Kolonialunternehmen diplomatisch zu unterstutzen wenn Frankreich seine feindselige Haltung gegenuber dem Deutschen Reich wegen des Verlustes von Elsass Lothringen aufgebe Fur die franzosische Koloniallobby war dies ein positives Signal denn der Besitz von Tunis das nominell dem osmanischen Sultan unterstand hatte das Eisenbahnprojekt erleichtert da die Streckenfuhrung hier nicht durch Gebirge behindert worden ware Freycinet der im Dezember 1879 zum Ministerprasidenten ernannt wurde bemuhte sich gleich bei Amtsantritt die Konzessionen fur alle geplanten Eisenbahnlinien in Tunis fur franzosische Konsortien zu erwerben wobei er sowohl auf den heftigen Widerstand von britischen Investoren aus Malta und vor allem von italienischen Bietern stiess was uber mehrere Monate hinweg zu schweren diplomatischen Verwicklungen fuhrte und Bismarck mehrfach zwang im Interesse Frankreichs bei den anderen Regierungen vorstellig zu werden Hohepunkt der Kampagne und Katastrophe BearbeitenIm Jahre 1880 traten die Planungen in die entscheidende Phase Die Besetzung von Tunis schien nur noch eine Frage der Zeit Mit den nordlichen Tuareg durch deren Gebiet die Eisenbahnlinie fuhren sollte wurden Kontakte aufgenommen Der Ansprechpartner bei den Ajjer Tuareg Ikhenukhen war zu diesem Zeitpunkt aber langst entmachtet und hatte sich um seinen Einfluss zumindest dem Anschein nach aufrechtzuerhalten unter den Schutz der Turken begeben und residierte mehr oder weniger als ihre Marionette in der Karawanenstadt Ghat Gleichzeitig war ein blutiger Krieg mit den Tuareg des Ahaggar Gebirges ausgebrochen Die Warnungen von Reisenden die in der Sahara gewesen waren z B des Deutschen Erwin von Bary wurden ignoriert Der Traum vom franzosischen Indien in Afrika war machtiger Die Verantwortlichen in Paris und Algier sahen nicht ein dass es vollig unmoglich sein wurde mit Schutzbriefen der Ajjer Tuareg durch das Ahaggar Land zu reisen Ungeachtet aller Einwande wurde im Sommer 1880 eine bewaffnete Expedition unter dem Kommando des Hauptmanns Paul Flatters vom sudalgerischen Laghouat zu den Ajjer Tuareg geschickt Doch diese weigerten sich eine Militarabteilung durch ihr Land reisen zu lassen da dies eindeutig dem Vertrag von Ghadames 1862 widersprach Flatters musste unverrichteter Dinge in die franzosische Kolonie zuruckkehren Schon bald wurde er damit beauftragt eine zweite Expedition anzufuhren Zu diesem Zweck nahm er Kontakt mit Ahitaghel dem Amenokal Konig der Ahaggar Tuareg auf Dieser forderte die franzosische Seite auf keinesfalls das Land der Ahaggar Stamme zu betreten weil er nicht fur den Schutz der Christen garantieren konne Dies war durchaus zutreffend denn Ahitaghels eigene Stellung als gewahlter Herrscher wankte Ihm wurde von anderen Anfuhrern vorgeworfen er habe sich gegenuber den Ajjer Tuareg zu konziliant verhalten Als die franzosische Expedition sich trotz mehrfacher Warnungen dem Ahaggar Massiv naherte sah sich Ahitaghel gezwungen um seiner eigenen Machtposition willen die Franzosen anzugreifen und sich dadurch als militarischer Fuhrer seines Volkes zu prasentieren Angesichts der waffentechnischen Uberlegenheit der Franzosen beschloss er sie in eine Falle zu locken Mit Briefen in denen er einen vollig neuen Ton anschlug lud er nun Flatters und seine Begleitmannschaft ein zum Brunnen von Tadjmut zu kommen Flatters liess sich kodern und beging den Fehler am vereinbarten Treffpunkt seine Mannschaft aufzuteilen so dass die Tuareg leichtes Spiel hatten als sie im Januar 1881 die Militarkolonne angriffen und die Abteilung die Flatters personlich anfuhrte vollig niedermachten Ein Teil der Franzosen die am Brunnen gewartet hatten konnte sich zwar retten verdurstete aber in der Wuste Spatere Heldenlegenden haben das Bild von Verzweifelten gemalt die sich gegenseitig auffrassen wahrend die Tuareg zuschauten Das positive Bild das Heinrich Barth und Henri Duveyrier von den Nomaden gezeichnet hatten war in sein Gegenteil umgeschlagen Tunis statt Timbuktu BearbeitenDie Nachricht von der Vernichtung der Kolonne Flatters traf die franzosische Offentlichkeit wie ein Schock Der franzosische Konsul in Tripolis fingierte sogar Briefe die angeblich von Ahitaghel stammten und in denen der Tuareg Herrscher dem turkischen Gouverneur stolz berichtete er habe im Namen Allahs die Christen vernichtet und erbitte Unterstutzung durch die turkische Armee Die Falschung war offensichtlich denn die Tuareg des Ahaggar Gebirges hatten keine Veranlassung sich in den Dienst des Sultans zu stellen aber angesichts einer anti islamischen Hysterie die mehrere europaische Lander erfasst hatte passten solche Dokumente bestens zur allgemeinen Stimmung Zur selben Zeit beriet die Nationalversammlung uber den endgultigen Schlag gegen Tunis Es gab genugend Kritiker wie Georges Clemenceau der dem neuen Ministerprasidenten Jules Ferry vorwarf er nahere sich zu sehr an den Erzfeind Deutschland an und betreibe uberdies eine Politik von der nur das Grosskapital profitieren werde Fast zur gleichen Zeit wie die Nachricht uber das Scheitern der Expedition Flatters wurde in Paris bekannt dass es im Grenzgebiet zwischen der Kolonie Algerien und der Regentschaft Tunis zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit aufruhrerischen Kabylen Kriegern gekommen war In der aufgepeitschten Atmosphare konnten die wenigsten Franzosen zwischen Tunis und Tuareg unterscheiden und die Nationalversammlung stimmte am 23 April 1881 mit einem Verhaltnis von 421 zu 1 fur die notwendigen Kredite zur Mobilisierung der Kriegsflotte und der landgestutzten Verbande die zum Einmarsch in Tunis benotigt wurden Auch Otto v Bismarck drangte die franzosische Seite die Schlappe nicht hinzunehmen sondern ihre Prasenz in Nordafrika zu starken Mit der Besetzung von Tunis am 12 Mai 1881 begann nach Ansicht der Geschichtswissenschaft fur Frankreich das Zeitalter des Neuen Imperialismus gleichzeitig wurde das Transsaharien Projekt in die Schublade gelegt Zwar kursierten noch bis zum Ersten Weltkrieg Broschuren in denen der Traum von einer Eisenbahn durch die Wuste immer wieder reaktiviert wurde aber die franzosischen Kolonialpolitiker hatten eingesehen dass sich die Investitionen fur ein solch gigantisches Prestigeprojekt nie amortisieren wurden Nur kleinere Strecken von der Kuste aus in die nordliche Sahara wurden realisiert Das Land der Tuareg blieb mehr als ein Jahrzehnt lang eine Tabuzone bis in den 1890er Jahren ehrgeizige Militars teilweise ohne direkten Auftrag des Kolonialministeriums in Richtung Timbuktu vorruckten das 1894 vom spateren Marschall Joseph Joffre besetzt wurde Das Ahaggar Land fiel erst 1902 in die Hande der Franzosen In Frankreich wurde unmittelbar nach der Katastrophe vom Januar 1881 nach einem Sundenbock gesucht Die politische Fuhrung um Freycinet und Ferry war nicht bereit einzugestehen dass sie einem Phantom nachgejagt war Als Schuldiger stand nun der Afrikaforscher Henri Duveyrier am Pranger dem zur Last gelegt wurde er habe die Tuareg die sich als brutale Morder erwiesen hatten in einem viel zu positiven Licht dargestellt Duveyrier versuchte sich zu rehabilitieren indem er die Schuld der puritanischen Sanussiya Bewegung zuschob und wider besseres Wissen behauptete diese fundamentalistische Bruderschaft habe die muslimische Bevolkerung der Sahara zum Hass gegen die Christen angestiftet Duveyrier hielt dem standigen Druck nicht Stand Er verfiel in Depressionen und nahm sich 1892 das Leben Wahrend des 2 Weltkrieges wurden die Planungen weitergefuhrt und mit dem Bau der Mittelmeer Niger Bahn begonnen Literatur BearbeitenJosef Chavanne Die Sahara oder Von Oase zu Oase Bilder aus dem Natur und Volksleben in der grossen afrikanischen Wuste Hartleben Wien u a 1879 Lagha Chegrouche Geopolitique transsaharienne de l energie In Geopolitique Revue de l Institut International de Geopolitique Nr 108 Janvier 2010 ISSN 0752 1693 S 67 Lagha Chegrouche Geopolitique transsaharienne de l energie le jeu et l enjeu In Revue de l energie Bd 61 Nr 593 Janvier Fevrier 2010 ISSN 0303 240X S 5 14 Henri Paul Eydoux Die Erforschung der Sahara Schwarzwald Verlag Freudenstadt 1949 Lyte Mitchell Fozard Charles Louis de Freycinet The Railways and the Expansion of the French Empire in North and West Africa 1877 1893 Boston 1975 Boston Boston University Graduate School Dissertation 1975 Jean Ganiage L expansion coloniale de la France sous la Troisieme Republique 1871 1914 Payot Paris 1968 Alexander S Kanya Forstner The Conquest of the Western Sudan A Study in French Military Imperialism Cambridge University Press Cambridge 1969 Jeremy Keenan The Tuareg People of Ahaggar Lane London 1977 ISBN 0 7139 0636 7 Douglas Porch The Conquest of the Sahara Cape London 1985 ISBN 0 224 02134 6 Paul Vuillot L exploration du Sahara Etude historique et geographique Challamel Paris 1895 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Chemin de fer transsaharien amp oldid 230737531