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Torsion ist das Phanomen der kommutativen Algebra also der Theorie der Moduln uber kommutativen Ringen das sie fundamental von der einfacheren Theorie der Vektorraume unterscheidet Torsion ist verwandt mit dem Begriff des Nullteilers Inhaltsverzeichnis 1 Globale Torsion 1 1 Definitionen 1 2 Einfache Eigenschaften 1 3 Beispiele 1 4 Abelsche Torsionsgruppen 1 5 Torsionsfreie abelsche Gruppen 1 6 Torsionsfreie Moduln 2 Torsion bezuglich eines Ringelementes 2 1 Definition der a Torsion 2 2 Eigenschaften 2 3 Tate Modul 3 Verallgemeinerungen 4 Literatur 5 EinzelnachweiseGlobale Torsion BearbeitenDefinitionen Bearbeiten In der einfachsten Form ist ein Torsionselement ein Element endlicher Ordnung in einer Gruppe oder einem Monoid also ein Element g displaystyle g nbsp fur das es eine naturliche Zahl n displaystyle n nbsp gibt so dass g n 1 displaystyle g n 1 nbsp bzw n g 0 displaystyle n cdot g 0 nbsp in additiver Schreibweise gilt Fur den Torsionsbegriff der kommutativen Algebra sei R displaystyle R nbsp ein kommutativer Ring mit Einselement und M displaystyle M nbsp ein R displaystyle R nbsp Modul Die Torsion oder der Torsionsuntermodul von M displaystyle M nbsp ist der Untermodul derjenigen Elemente m displaystyle m nbsp fur die der Kern der Abbildung R M displaystyle R to M nbsp r r m displaystyle r mapsto rm nbsp nicht nur Nullteiler enthalt In diesem Fall heisst m displaystyle m nbsp Torsionselement Aquivalent dazu kann man den Torsionsuntermodul auch als den Kern des HomomorphismusM M Q displaystyle M to M otimes Q nbsp dd definieren wenn Q displaystyle Q nbsp den Totalquotientenring von R displaystyle R nbsp bezeichnet M displaystyle M nbsp heisst torsionsfrei wenn der Torsionsuntermodul Null ist M displaystyle M nbsp ist ein Torsionsmodul wenn der Torsionsuntermodul gleich M displaystyle M nbsp ist Man sagt dann auch manchmal kurz M displaystyle M nbsp ist Torsion Ist M displaystyle M nbsp eine abelsche Gruppe also Z displaystyle mathbb Z nbsp Modul so stimmen die beiden Definitionen von Torsionselementen uberein Man spricht dann analog von Torsions unter gruppen Einfache Eigenschaften Bearbeiten Ist T displaystyle T nbsp der Torsionsuntermodul von M displaystyle M nbsp so ist M T displaystyle M T nbsp torsionsfrei Es gibt also einen kanonischen Torsionsuntermodul und einen kanonischen torsionsfreien Quotienten jedoch nicht umgekehrt Das Bilden des Torsionsuntermoduls ist ein Funktor d h ist f M N displaystyle f colon M to N nbsp ein Modulhomomorphismus so bildet f displaystyle f nbsp den Torsionsuntermodul von M displaystyle M nbsp in den Torsionsuntermodul von N displaystyle N nbsp ab Auch im Fall von Gruppen bildet ein Homomorphismus Torsionselemente stets auf Torsionselemente ab Aus der alternativen Beschreibung des Torsionsuntermoduls als Kern einer Lokalisierung folgt unmittelbar dass das Bilden des Torsionsuntermoduls ein linksexakter Funktor ist Beispiele Bearbeiten Torsionselemente der Gruppe SL 2 Z displaystyle operatorname SL 2 mathbb Z nbsp sind unter anderem 0 1 1 0 displaystyle begin pmatrix 0 amp 1 1 amp 0 end pmatrix nbsp und 0 1 1 1 displaystyle begin pmatrix 0 amp 1 1 amp 1 end pmatrix nbsp ihr Produkt 1 1 0 1 displaystyle begin pmatrix 1 amp 1 0 amp 1 end pmatrix nbsp hat dagegen unendliche Ordnung In nicht abelschen Gruppen bilden die Torsionselemente also nicht notwendigerweise eine Untergruppe Ein anderes Beispiel fur diese Tatsache ist die unendliche Diedergruppe x y x 2 y 2 1 displaystyle langle x y mid x 2 y 2 1 rangle nbsp dd in der die Erzeuger Torsionselemente sind aber beispielsweise x y displaystyle xy nbsp nicht R displaystyle R nbsp selbst oder allgemeiner ein freier R displaystyle R nbsp Modul ist torsionsfrei Ist insbesondere R displaystyle R nbsp ein Korper so sind alle R displaystyle R nbsp Moduln torsionsfrei Z n Z displaystyle mathbb Z n mathbb Z nbsp ist ein Torsionsmodul uber Z displaystyle mathbb Z nbsp fur jede naturliche Zahl n displaystyle n nbsp Allgemein ist fur einen Ring R displaystyle R nbsp und ein Ideal J displaystyle J nbsp von R displaystyle R nbsp das nicht nur aus Nullteilern besteht der Modul R J displaystyle R J nbsp ein Torsionsmodul Ist K displaystyle K nbsp ein Korper so ist der Torsionsuntermodul von K displaystyle K times nbsp aufgefasst als abelsche Gruppe bzw Z displaystyle mathbb Z nbsp Modul gleich der Gruppe der Einheitswurzeln in K displaystyle K nbsp Torsionselemente in elliptischen Kurven und allgemeiner abelschen Varietaten werden als Torsionspunkte bezeichnet Abelsche Torsionsgruppen Bearbeiten Eine abelsche Torsionsgruppe ist genau dann endlich erzeugt wenn sie endlich ist Eine abelsche Torsionsgruppe ist die direkte Summe ihrer p displaystyle p nbsp primaren Untergruppen fur jede Primzahl p displaystyle p nbsp d h der Untergruppen der Elemente deren Ordnung eine Potenz von p displaystyle p nbsp ist Die p displaystyle p nbsp primare Untergruppe ist eine p displaystyle p nbsp Gruppe Wie das Beispiel der Faktorgruppe Q Z displaystyle mathbb Q mathbb Z nbsp zeigt sind die Ordnungen der Elemente im Allgemeinen nicht beschrankt auch die p displaystyle p nbsp primare Untergruppe Q p Z p displaystyle mathbb Q p mathbb Z p nbsp hat bereits diese Eigenschaft Ist die Ordnung der Elemente beschrankt so bedeutet das nicht dass die Gruppe endlich erzeugt und damit endlich ist In einem unendlichen direkten Produkt zyklischer Gruppen der Ordnung 2 hat jedes Element ausser dem neutralen Element Ordnung 2 Torsionsfreie abelsche Gruppen Bearbeiten Eine abelsche Gruppe ist genau dann torsionsfrei wenn eine totale Ordnung existiert die kompatibel mit der Gruppenstruktur ist 1 Torsionsfreie Moduln Bearbeiten Ist ein endlich erzeugter Modul uber einem Hauptidealring torsionsfrei so ist er frei Dies gilt insbesondere fur abelsche Gruppen Ist ein endlich erzeugter Modul uber einem Dedekindring torsionsfrei so ist er projektiv Flache Moduln sind torsionsfrei 2 Uber Dedekindringen insbesondere also uber Hauptidealringen stimmen die Begriffe flach und torsionsfrei sogar uberein 3 Das folgende Diagramm fasst diese Implikationen fur einen Modul M displaystyle M nbsp uber einem kommutativen Integritatsring A displaystyle A nbsp zusammen nbsp Torsion bezuglich eines Ringelementes BearbeitenDefinition der a Torsion Bearbeiten Es seien A displaystyle A nbsp ein kommutativer Ring mit Einselement und M displaystyle M nbsp ein A displaystyle A nbsp Modul Im einfachsten Fall ist A Z displaystyle A mathbb Z nbsp M displaystyle M nbsp ist dann lediglich eine abelsche Gruppe Fur ein Ringelement a A displaystyle a in A nbsp ist M a m M a m 0 H o m A A A a M displaystyle M a m in M mid am 0 cong mathrm Hom A A Aa M nbsp ein Untermodul der als die a displaystyle a nbsp Torsion von M displaystyle M nbsp bezeichnet wird Die Verwechslungsgefahr mit der Notation M f 1 displaystyle M f 1 nbsp fur Lokalisierungen ist gering Auch die Notation a M displaystyle a M nbsp ist ublich Der Modul M a n 1 M a n m M n a n m 0 ker M M A a displaystyle M a infty bigcup n geq 1 M a n m in M mid exists n colon a n m 0 ker M to M otimes A a nbsp wird als a displaystyle a infty nbsp Torsion bezeichnet Eigenschaften Bearbeiten M a displaystyle M a nbsp ist auf naturliche Weise ein A a displaystyle A a nbsp Modul Der Funktor M M a displaystyle M mapsto M a nbsp ist linksexakt als darstellbarer Funktor vertauscht sogar mit beliebigen Limites genauer gilt ist0 M M M 0 displaystyle 0 to M to M to M to 0 nbsp dd eine exakte Folge von A displaystyle A nbsp Moduln so ist0 M a M a M a M a M M a M M a M 0 displaystyle 0 to M a to M a to M a to M aM to M aM to M aM to 0 nbsp dd exakt wie unmittelbar aus dem Schlangenlemma folgt Der Torsionsuntermodul von M displaystyle M nbsp ist die Vereinigung der M a displaystyle M a nbsp fur alle Nichtnullteiler a A displaystyle a in A nbsp Fur Ringelemente a b displaystyle a b nbsp ist b M a b b M a M a displaystyle b cdot M ab bM a subseteq M a nbsp Fur eine abelsche Gruppe M displaystyle M nbsp und eine Primzahl p displaystyle p nbsp ist M p displaystyle M p infty nbsp der p displaystyle p nbsp primare Anteil der Torsion von M displaystyle M nbsp Tate Modul Bearbeiten Ist M displaystyle M nbsp eine abelsche Gruppe und ℓ displaystyle ell nbsp eine Primzahl so ist der projektive Limes T ℓ M lim n M ℓ n displaystyle T ell M varprojlim n M ell n nbsp die Ubergangsabbildungen sind durch die Multiplikation mit ℓ displaystyle ell nbsp gegeben ein Z ℓ displaystyle mathbb Z ell nbsp Modul ganze ℓ displaystyle ell nbsp adische Zahlen der als ℓ displaystyle ell nbsp adischer Tate Modul von M displaystyle M nbsp nach John Tate bezeichnet wird Durch den Ubergang zu V ℓ M T ℓ M Z ℓ Q ℓ displaystyle V ell M T ell M otimes mathbb Z ell mathbb Q ell nbsp erhalt man einen Vektorraum uber einem Korper der Charakteristik 0 dies ist insbesondere fur darstellungstheoretische Betrachtungen vorteilhaft Das wichtigste Beispiel fur diese Konstruktion ist der Tate Modul zu einer elliptischen Kurve E displaystyle E nbsp uber einem nicht algebraisch abgeschlossenen Korper dessen Charakteristik nicht ℓ displaystyle ell nbsp ist Der Tate Modul T ℓ E displaystyle T ell E nbsp ist als Z ℓ displaystyle mathbb Z ell nbsp Modul isomorph zu Z ℓ 2 displaystyle mathbb Z ell 2 nbsp und tragt eine naturliche Operation der Galoisgruppe Im Fall der multiplikativen Gruppe G m displaystyle mathbb G mathrm m nbsp ist der zugehorige Tate Modul vom Rang 1 Er wird mit Z ℓ 1 displaystyle mathbb Z ell 1 nbsp bezeichnet die Operation der Galoisgruppe erfolgt durch den zyklotomischen Charakter Verallgemeinerungen BearbeitenFur Z displaystyle mathbb Z nbsp Moduln ist der Torsionsuntermodul eines Moduls M displaystyle M nbsp gleich Tor 1 Q Z M displaystyle operatorname Tor 1 mathbb Q mathbb Z M nbsp Die Funktoren Tor konnen also als Verallgemeinerung des Begriffes des Torsionsuntermoduls angesehen werden Literatur BearbeitenDavid Eisenbud Commutative algebra with a view toward algebraic geometry Springer Verlag New York 1995 ISBN 0 387 94269 6 Qing Liu Algebraic Geometry and Arithmetic Curves Oxford University Press Oxford 2006 ISBN 0 19 920249 4 Einzelnachweise Bearbeiten Nicolas Bourbaki Algebre Elements de mathematique Springer Berlin 2007 ISBN 3 540 33849 7 Kap 2 S 172 David Eisenbud Commutative algebra with a view toward algebraic geometry Springer Verlag New York 1995 ISBN 0 387 94269 6 Qing Liu Algebraic Geometry and Arithmetic Curves Oxford University Press Oxford 2006 ISBN 0 19 920249 4 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Torsion Algebra amp oldid 222063965