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Tiberianus war ein spatantiker romischer Dichter Er lebte im 4 Jahrhundert und war ein paganer Anhanger der neuplatonischen Philosophie Gedichte des Tiberianus in der Handschrift London British Library Harley 3685 fol 26r 15 Jahrhundert Inhaltsverzeichnis 1 Identitatsfrage 2 Werk 3 Rezeption 4 Editionen und Ubersetzungen 5 Literatur 6 AnmerkungenIdentitatsfrage BearbeitenUber das Leben des Dichters ist nichts uberliefert Sein Name ist nur aus Handschriften seiner Gedichte und aus spaterer Literatur wo er zitiert wird bekannt Unklar ist ob der Dichter Tiberianus mit einer anderen Person dieses Namens identifiziert werden kann Hierfur sind in der Forschung drei Beamte in Betracht gezogen worden Gaius Annius Tiberianus der inschriftlich sowie im Codex Theodosianus und im Codex Iustinianus bezeugt ist Gaius Iunius Tiberianus der im Jahr 291 Konsul war und Iunius Tiberianus der von 303 bis 304 als Stadtprafekt amtierte Gaius Annius Tiberianus wird von dem Kirchenvater und Chronisten Hieronymus als sprachlich gewandter Mann vir disertus beschrieben was zum Dichter passt das Adjektiv disertus war auch in der Superlativform disertissimus zur ruhmenden Charakterisierung von Dichtern gelaufig Daher findet die Vermutung dass dieser Beamte der Dichter war in der Forschung Anklang Annius Tiberianus ist 325 327 als comes Africae 332 als comes Hispaniarum bezeugt einige Jahre spater war er praefectus praetorio per Gallias Alan Cameron zieht eine andere Hypothese vor er meint dass es sich bei dem Dichter eher um Gaius Iunius Tiberianus oder um Iunius Tiberianus handelt 1 Gaius Iunius Tiberianus erlangte 291 zum zweiten Mal das Konsulat er war ordentlicher Konsul consul ordinarius und von 291 bis 292 Stadtprafekt Iunius Tiberianus vermutlich ein Sohn des Gaius Iunius Tiberianus war bevor er im Jahr 303 das Amt des Stadtprafekten antrat Prokonsul der Provinz Asia gewesen Sicher ist dass der Dichter kein Christ war sondern sich zur alten romischen Religion und zur neuplatonischen Philosophie bekannte Ein Anhaltspunkt fur die Bestimmung seiner Lebenszeit ergibt sich aus seinem Neuplatonismus der eine Datierung seiner Dichtung vor der zweiten Halfte des 3 Jahrhunderts ausschliesst Da Servius in seinem Aeneis Kommentar den er spatestens im fruhen 5 Jahrhundert verfasste Verse des Tiberianus anfuhrt ist davon auszugehen dass die Schaffenszeit des Dichters spatestens in die zweite Halfte des 4 Jahrhunderts fallt Danuta Shanzer vermutet dass Tiberianus an einer Stelle auf die christologischen Streitigkeiten zwischen Arianern und Anhangern des Konzils von Nicaa anspielt was eine Datierung nach 325 dem Jahr der Formulierung des nicanischen Glaubensbekenntnisses plausibel erscheinen lasst 2 Werk BearbeitenVon Tiberianus sind vier Gedichte carmina sowie einige in spaterer Literatur zitierte Gedichtfragmente erhalten Carmen 1 Amnis ibat besteht aus zwanzig trochaischen Tetrametern Es beschreibt einen Locus amoenus lieblichen Ort Lustort dessen Ausmalung zu den bekanntesten Landschaftsschilderungen der spatantiken Dichtung gehort Der Autor arbeitet mit den gangigen Landschaftsreizen schattiger Hain mit fliessendem Gewasser Wiese Schonheit der Pflanzenwelt Blumenduft sanfter Windhauch Vogelstimmen Carmen 2 Aurum quod nigri manes umfasst 28 Hexameter Es ist ein Schmahgedicht gegen das Gold das Tiberianus verflucht und dessen verhangnisvolle demoralisierende Rolle er schildert womit er ein altes popularphilosophisches Motiv aufgreift Carmen 3 Ales dum madidis ist ein Epigramm in zwolf phalakischen Versen welches vom Schicksal eines Vogels handelt der von Nasse beschwert absturzt und dabei ums Leben kommt Sein Tod soll als Warnung vor Leichtsinn dienen 3 Carmen 4 Omnipotens annosa poli ist ein Hymnus in 32 Hexametern der an die hochste Gottheit gerichtet ist Der Dichter erbittet Erkenntnis uber die Schopfung und die im Kosmos wirkenden Gesetze Ursachen und Krafte Seine Fragen an die Gottheit betreffen zentrale Themen von Platons Dialog Timaios In sprachlicher Hinsicht ist Einfluss des Lukrez spurbar Umstritten ist die Hypothese dass Tiberianus der Autor des anonym uberlieferten Pervigilium Veneris ist Sie wurde erstmals 1872 von Emil Baehrens vorgetragen und 1984 von Alan Cameron erneut zur Diskussion gestellt und eingehend begrundet 4 Die Argumentation der Befurworter fusst ebenso wie die der Gegner insbesondere auf dem stilistischen und inhaltlichen Vergleich mit der sicher von Tiberianus stammenden Dichtung Die Hypothese hat bei einigen Altertumswissenschaftlern positive Resonanz gefunden wird aber in der Forschung uberwiegend abgelehnt oder zumindest mit Zuruckhaltung betrachtet 5 Ein wichtiges Gegenargument lautet dass die literarische Qualitat des Pervigilium Veneris deutlich hoher ist als diejenige von Tiberianus Dichtung dies raumt auch Cameron ein Daher pflegt man das beruhmte Venus Gedicht ohne Verfasserangabe herauszugeben und zu zitieren Fulgentius erwahnt ein von Tiberianus verfasstes Buch uber Sokrates und ein Werk uber Prometheus Dabei kann es sich um Prosimetra aus Prosa und Gedichten zusammengesetzte literarische Texte gehandelt haben vielleicht waren die erhaltenen Gedichte Bestandteile solcher Werke 6 Rezeption BearbeitenDie handschriftliche Uberlieferung ist sparlich die ersten drei Gedichte liegen in einer Handschrift aus dem 15 Jahrhundert vor das zweite ausserdem fragmentarisch in einem fruhmittelalterlichen Codex Das vierte Gedicht ist separat uberliefert sieben mittelalterliche Handschriften sind erhalten In der Spatantike zitierten Servius und Fulgentius Verse des Tiberianus ihre Ausserungen erwecken den Eindruck dass er damals als literarische Autoritat galt 7 Auch Dracontius wurde von ihm beeinflusst 8 Der Dichter Claudius Marius Victor Victorius baute einen Halbvers aus dem Hymnus des Tiberianus in sein Bibelepos Alethia ein Ein Gedicht in der Consolatio Philosophiae des Boethius lasst erkennen dass auch dieser Autor den Hymnus kannte 9 Im Fruhmittelalter kannte der Verfasser des Columban zugeschriebenen Gedichts An Fidolius das Goldgedicht des Tiberianus er verwertete es fur eine poetische Tirade gegen das Gold das heisst gegen den Reichtum wie sachliche und wortliche Ubereinstimmungen zwischen seinen Versen und denen des spatantiken Dichters zeigen 10 Im Mittelalter und vielleicht schon in der Spatantike wurde wie aus Vermerken in Abschriften des vierten Gedichts hervorgeht Platon als dessen Verfasser ausgegeben und behauptet Tiberianus habe Platons Verse aus dem Griechischen ins Lateinische ubersetzt Editionen und Ubersetzungen BearbeitenErnst Robert Curtius Europaische Literatur und lateinisches Mittelalter 10 Auflage Francke Bern 1948 S 203 lateinischer Text und deutsche Ubersetzung von Carmen 1 John Wight Duff Arnold M Duff Hrsg Minor Latin Poets Heinemann London 1934 S 558 569 lateinischer Text und englische Ubersetzung Silvia Mattiacci Hrsg I carmi e i frammenti di Tiberiano Olschki Firenze 1990 ISBN 88 222 3706 4 kritische Ausgabe mit italienischer Ubersetzung Einleitung und Kommentar Ugo Zuccarelli Hrsg Tiberiano Napoli 1987 kritische Ausgabe mit italienischer Ubersetzung Einleitung und Kommentar Literatur BearbeitenTullio Agozzino Una preghiera gnostica pagana e lo stile lucreziano nel IV secolo In Dignam dis a Giampaolo Vallot 1934 1966 Libreria Universitaria Editrice Venezia 1972 S 169 210 Kurt Smolak Tiberianus In Reinhart Herzog Hrsg Restauration und Erneuerung Die lateinische Literatur von 284 bis 374 n Chr C H Beck Munchen 1989 ISBN 978 3 406 31863 4 S 263 267Anmerkungen Bearbeiten Alan Cameron The Pervigilium Veneris In La poesia tardoantica tra retorica teologia e politica Messina 1984 S 209 234 hier 224 Danuta Shanzer Once again Tiberianus and the Pervigilium Veneris In Rivista di filologia e di istruzione classica 118 1990 S 306 318 hier 314 317 Siehe zu diesem Gedicht Filippo Capponi L avicula di Tiberiano In Invigilata lucernis 9 1987 S 17 24 Alan Cameron The Pervigilium Veneris In La poesia tardoantica tra retorica teologia e politica Messina 1984 S 209 234 hier 220 228 Einen Uberblick uber die Kontroversliteratur bietet Andrea Cucchiarelli Le veglia di Venere Milano 2003 S 24 26 Gegner der Zuschreibung an Tiberianus sind insbesondere Danuta Shanzer Once again Tiberianus and the Pervigilium Veneris In Rivista di filologia e di istruzione classica 118 1990 S 306 318 hier 309 318 Crescenzo Formicola Hrsg Pervigilium Veneris Napoli 1998 S 51 57 Laurence Catlow Hrsg Pervigilium Veneris Bruxelles 1980 S 22 f und Ugo Zuccarelli Hrsg Tiberiano Napoli 1987 S 105 f Alan Cameron The Pervigilium Veneris In La poesia tardoantica tra retorica teologia e politica Messina 1984 S 209 234 hier 221 223 Silvia Mattiacci Hrsg I carmi e i frammenti di Tiberiano Firenze 1990 S 23 27 Ugo Zuccarelli Hrsg Tiberiano Napoli 1987 S 8 f Silvia Mattiacci Hrsg I carmi e i frammenti di Tiberiano Firenze 1990 S 168 f Boethius Consolatio Philosophiae 3 m 9 siehe dazu Silvia Mattiacci Hrsg I carmi e i frammenti di Tiberiano Firenze 1990 S 166 168 Kurt Smolak Auri sacra fames in dem Columbanus Gedicht an Fidolius In Studi classici e orientali 30 1980 S 125 137 hier 131 137 Normdaten Person GND 118939467 lobid OGND AKS LCCN n2011015993 VIAF 13106750 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME TiberianusKURZBESCHREIBUNG spatantiker romischer DichterGEBURTSDATUM 3 Jahrhundert oder 4 JahrhundertSTERBEDATUM 4 Jahrhundert oder 5 Jahrhundert Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tiberianus Dichter amp oldid 218933061