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Die Judische Gemeinde Schwerin in Schwerin Mecklenburg besteht nach mittelalterlichen Anfangen seit 1671 mit Unterbrechung im NS Staat nach der Zerstorung der Synagoge von 1938 bis 1946 Zum Ende der DDR bestand sie nur noch aus drei Mitgliedern bevor durch die Zuwanderung aus Nachfolgestaaten der Sowjetunion ab 1994 neue Mitglieder die Gemeinde in Schwerin und parallel Rostock wieder aufleben liessen Sie verfugte 2020 uber etwa 650 Mitglieder sowie seit 2008 uber eine neue Synagoge in der ehemaligen Schlachterstrasse 3 5 nun Landesrabbiner Holdheim Strasse 3 5 Dazu gehoren die in Wismar lebenden Juden Der ubergeordnete Landesverband der Judischen Gemeinden in Mecklenburg Vorpommern hat im selben Haus auch sein Buro und wird seit 2015 vom Landesrabbiner Yuriy Kadnykov betreut Sein Vorganger war William Wolff der zum Wiederaufbau viel beigesteuert hat Landesrabbiner Holdheim Strasse in Schwerin Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 20 Jahrhundert 1 2 21 Jahrhundert 2 Synagoge in Schwerin 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelbelegeGeschichte BearbeitenDer fruheste Beleg fur judisches Leben in Mecklenburg stammt aus dem Jahr 1266 Judei fur Wismar 1267 fur Boizenburg es durften wahrscheinlich bereits hundert Jahre fruher im Zuge der deutschen Ostkolonisation durch Heinrich den Lowen die ersten Juden in diese Region gelangt sein ohne feste Wohnsitze zu erlangen 1 In Schwerin sind erstmals im Jahre 1324 judische Handler urkundlich nachgewiesen Nach der Sternberger Judenverbrennung 1492 wegen angeblicher Hostienschandung erlosch auch in Schwerin judisches Leben fur zwei Jahrhunderte 2 Ab 1671 sind wieder Juden in der Stadt nachweisbar als der Tabakhandler Levin Saalman einen herzoglichen Schutzbrief erhielt Herzog Christian Ludwig I gestattete 1679 den beiden Hoffaktoren Bendix und Hagen als Gegenleistung fur ihre Handels und Kreditaktivitaten sich in Schwerin niederzulassen 2 Ein Friedhof wurde 1694 am Pfaffenteich eingerichtet der 1717 auf das Schelffeld verlegt wurde Der Tabakhandler Michael Hinrichs besass lange ein Monopol bzw sein Sohn Ruben der als Hoffaktor dem finanzschwachen Herzog Carl Leopold diente 1773 wurde der Bau einer Synagoge genehmigt 1794 lebten 284 Juden in Schwerin Antisemitische Ausfalle widerfuhren der Gemeinde wahrend der Hep Hep Krawallen 1819 Danach wuchs langsam die Toleranz der erste zugelassene Advokat Lewis Jacob Marcus forderte die Liberalisierung der traditionellen judischen Vorschriften und unterstutzte den Reformrabbiner Samuel Holdheim ab 1840 1849 erhielten die Schweriner Juden das Burgerrecht Die orthodoxen Juden die oft aus Osteuropa kamen wurden zu einer Minderheit Ein Zeichen war der Verzicht auf die Reparatur des Tauchbades durch den Rat 1896 3 20 Jahrhundert Bearbeiten nbsp Arisierte Villa Weinbergstr 1 in Schwerin 2012 vor der Renovierung nbsp Villa Weinbergstr 1 nach der Renovierung 2021 nbsp Arisiertes Kaufhaus Kychenthal Zustand 2008 Im 20 Jahrhundert nahm die Zahl der judischen Bewohner von anfangs etwa 300 auf 151 im Jahre 1932 ab von denen 66 zur Gemeinde gehorten Viele vormals eigenstandige Landgemeinden Bruel Wittenburg Domitz Gadebusch u a wurden wegen ihrer Verkleinerung eingemeindet In der Schweriner Gemeinde herrschte unter den deutschnationalen wohlhabenden Mitgliedern ein tiefes Misstrauen gegen die Zuwanderung von Ostjuden die sie nicht aufnehmen wollten Zum Eklat kam es 1924 als deshalb 34 Wohlhabende aus der Gemeinde austraten Der Landesrabbiner Siegfried Silberstein verlegte darauf seinen Amtssitz nach Rostock 4 Das Gemeindeleben konnte erst nach dem Boykott 1933 wiederbelebt werden Nach einem Finanzskandal wurde der Arzt Dr Otto Rosenbaum 5 zum neuen Vorsitzenden gewahlt Das private Nervensanatorium von Dr Erich und Gertrud Rosenhain in der Weinbergstr 1 6 wurde arisiert und 1938 zur Gestapo Dienststelle Doch 1936 waren nur noch 71 judische Personen ubrig Zu den Exilanten gehorte der Rechtsanwalt Franz Meyersohn mit Familie darunter der Junge Rolf Meyersohn spater Soziologe an der Columbia University der das Schweriner Gymnasium besucht hatte 7 Beim Pogrom am 9 November 1938 wurde die Schweriner Synagoge zerstort Judische Geschafte u a das Kaufhaus Kychenthal der Zigarrenladen Gustav Perls Wismarsche Strasse 50a 8 das Juweliergeschaft Fritz Lowenthals Schmiedestrasse 18 9 wurden demoliert Der Schweriner Gestapochef Ludwig Oldach liess die noch 16 in der Stadt lebenden mannlichen Juden vorubergehend ins Zuchthaus Neustrelitz bringen Fur ihre Freilassung mussten sie sich bereit erklaren ihre Geschafte zu verkaufen und Deutschland zu verlassen Die in Schwerin verbliebenen Juden mussten ihre Wohnungen raumen und in Gebaude der judischen Gemeinde am Schlachtermarkt umziehen Am 10 Juli 1942 wurden sie nach Auschwitz deportiert 10 Zu den Opfern gehorten der letzte Kantor und Lehrer Leo Mann und seine Ehefrau 11 Im November 1942 wurden die letzten Bewohner der Judenhauser am Schlachtermarkt darunter Louis Kychenthal nach Theresienstadt deportiert keiner hat uberlebt 12 Die Familie des enteigneten und langst zur Ausreise entschlossenen Kaufmanns und Getreidehandlers Otto Lowenthal folgte noch am 12 Januar 1943 13 der Profiteur war der ehemalige Partner Paul Ohlerich 14 Liste der Stolpersteine in SchwerinAm Ende des Holocausts und nach dem Zweiten Weltkrieg lebten 1947 noch 98 Juden in Mecklenburg davon 18 in Schwerin 15 1946 wurde die Judische Landesgemeinde Mecklenburg auf Initiative des Ingenieurs Hugo Mehler 1880 1967 wiederbelebt wahrend ein paralleler Versuch im pommerschen Stralsund an der nicht erreichten Mindestzahl von zehn Mannern scheiterte Im folgenden Jahr erhielt die Gemeinde das Gebaude in der Schlachterstrasse zuruck Volksbildungsminister Gottfried Grunberg SED war gegen eine Anerkennung als Korperschaft des offentlichen Rechts da er die Mitglieder der Gemeinde lediglich als Empfanger amerikanischer Unterstutzungsleistungen ansah Er lenkte jedoch 1948 nach Interventionen von Franz Dahlem Kurt Burger und Wilhelm Hocker ein Im gleichen Jahr erhielt die Landesgemeinde auf Befehl der SMAD ihre Vermogenswerte und den zerstorten Schweriner Friedhof zuruck Dort stand seit 1946 ein Gedenkstein die Grabstatten konnten 1951 wieder hergerichtet werden Auf einen Wiederaufbau der zerstorten Synagoge wurde verzichtet stattdessen ein Betraum in den sanierten Gebauden in der Schlachterstrasse eingerichtet und 1951 ein Gedenkstein an der Stelle des einstigen Gotteshauses aufgestellt Die Finanzierung der Gemeinde erfolgte nach dem Krieg vor allem durch Spenden spater gab die DDR Regierung Geld das hauptsachlich fur den Erhalt judischer Einrichtungen aufgewendet wurde 1948 konnte der erste Gottesdienst unter dem Vorsitz des polnischen Kantors und KZ Uberlebenden Oljean Ingster 1928 2023 gefeiert werden zu dem etwa 50 Personen kamen davon 28 aus Schwerin 16 Mit den Jahren beschrankten sich die Gottesdienste der durch den hohen Altersdurchschnitt weiter schrumpfenden Gemeinde auf wichtige Feiertage sowie auf Gedenkveranstaltungen anlasslich der Jahrestage der Pogromnacht oder der Auschwitzbefreiung Um regelmassig an Gottesdiensten teilnehmen zu konnen reisten Mitglieder auf Gemeindekosten nach Berlin Vorsitzender der Landesgemeinde war von 1948 bis 1956 Franz Unikower ein ehemaliger Sozialdemokrat der im Zuge eines gegen ihn angestrengten Prozesses nach West Berlin floh Danach hatte bis 1962 Hugo Mehler dieses Amt inne und ab 1962 Alfred Scheidemann SED der seine Hauptaufgabe in der Unterstutzung kranker und vereinsamter Gemeindemitglieder sowie der Organisation von Ferienlagern fur judische Kinder in der DDR sah und dessen Tod 1972 faktisch zur Auflosung der Landesgemeinde fuhrte Sein einseitig israelkritischer Artikel in einer Tageszeitung wahrend des Sechstagekriegs 1967 sturzte die judische Gemeinschaft in der DDR in eine Loyalitatskrise 17 Zwar ubernahm kurzzeitig Udo Abrahamson ausgeschieden nach Diebstahlskandal das Amt und danach bis 1975 Heinrich Szniatkiewicz 1922 Auschwitzhaftling 18 bis 1980 gab es jedoch keinen neuen Leiter sodass die Landesgemeinde von Dresden aus mitverwaltet wurde Jeweils 1980 und 1989 fanden sich mit Friedrich Broido 1900 1989 und kurzzeitig Thomas Barthel neue Vorsitzende 19 1987 verpflichtete sich die Stadt Schwerin in einem Vertrag mit der judischen Gemeinde fur die Broido verhandelt hatte die Gebaude der Gemeinde als Gedenkstatte zu unterhalten 16 21 Jahrhundert Bearbeiten Die Zahl der Mitglieder der Gemeinde Schwerin wuchs nach der politischen Wende 1989 von 8 Mitgliedern in Mecklenburg im Jahr 1990 16 auf uber tausend um 2002 seither sank sie wieder auf etwa 650 Stand November 2020 die sich fast ausschliesslich aus Immigranten aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion zusammensetzen 20 Sie ist damit eine der grossten Gemeinden in Ostdeutschland und wurde bis Marz 2015 von Landesrabbiner William Wolff betreut Der neue Landesrabbiner Yuriy Kadnykov geburtiger Ukrainer betreut seit April 2015 die Gemeinde in der Landeshauptstadt und in Rostock Synagoge in Schwerin Bearbeiten nbsp Hinweis auf die Synagoge SchwerinIn Schwerin hat es drei Synagogenbauten gegeben Die erste wurde 1773 auf einem Hinterhof errichtet und eingeweiht die erste im Herzogtum Mecklenburg Schwerin Rund 50 Jahre spater ersetzte sie an gleicher Stelle eine zweite grossere Synagoge um die herum Wohnhauser fur den Landesrabbiner und den Kantor entstanden Von beiden Gebauden ist wenig bekannt es gibt nur eine Innenansicht 1866 erfolgten Umbauten nach Planen von Georg Daniel Daran beteiligt waren auch der Schweriner Baurat Diederich Carl Susemihl und der Tischlermeister Wilhelm Peo Der im Innern mit einer Tonne uberwolbte Fachwerkbau erhielt damals eine byzantisierende Ausstattung deren bedeutendstes Teil die von einem Baldachin mit einer Zwiebelkuppel bekronte Toraschrein war 21 1938 wurde die Synagoge verwustet und wenig spater unter Zwang von der Gemeinde abgerissen Ein Abbrennen in der hier eng mit Fachwerkhausern bebauten Altstadt war nicht moglich 22 Im Dezember 2007 wurde der Neubau einer Synagoge an historischer Stelle im Hof Schlachterstrasse 3 und 5 23 wo die alte Synagoge bis 1938 165 Jahre stand beschlossen Dafur stellte das Bildungsministerium Mecklenburg Vorpommern 600 000 Euro zur Verfugung weiterhin beteiligen sich die Stadt die Gemeinde und ein Forderverein an den Kosten Die Einweihung erfolgte am 3 Dezember 2008 Das neue etwa 15 mal 12 Meter grosse Ziegelgebaude bietet etwa 100 Menschen Platz Literatur BearbeitenBernd Kasten Schwerin In Irene Diekmann Hg Wegweiser durch das judische Mecklenburg Vorpommern Potsdam 1998 S 224 252 Ulrike Offenberg Seid vorsichtig gegen die Machthaber Die judischen Gemeinden in der SBZ und der DDR 1945 bis 1990 Berlin 1998 S 61ff u o ISBN 3351024681Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Judische Gemeinde Schwerin Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Judische Gemeinde Schwerin In Gemeinden Zentralrat der Juden 13 November 2017 abgerufen am 29 Oktober 2021 Die Juden von Schwerin Abgerufen am 29 Oktober 2021 Axel Seitz Eine Strasse fur den Rabbi 1 Juni 2010 abgerufen am 29 Oktober 2021 Einzelbelege Bearbeiten Christa Cordshagen Zur Geschichte der in Mecklenburg ansassigen Juden von Anfangen bis 1492 In Irene Diekmann Hrsg Wegweiser durch das judische Mecklenburg Vorpommern Verlag fur Berlin Brandenburg Potsdam 1998 ISBN 3 930850 77 X S 14 a b Schwerin Mecklenburg Vorpommern In judische gemeinden de Abgerufen am 20 Juni 2021 Bernd Kasten Schwerin In Irene Diekmann Moses Mendelssohn Zentrum fur Europaisch Judische Studien Hrsg Wegweiser durch das judische Mecklenburg Vorpommern Verlag fur Berlin Brandenburg Potsdam 1998 ISBN 3 930850 77 X S 224 ff hier 228 233 Kasten 1998 S 233f Arzt und Gemeindevorsteher Dr med Otto Rosenbaum Abgerufen am 29 Oktober 2021 Wo fruher die Grafin wohnte Abgerufen am 29 Oktober 2021 Franz Meyersohn In Gegen das Vergessen Abgerufen am 2 November 2021 deutsch Adressbuch Schwerin 1935 Abgerufen am 3 November 2021 Matthias Hufmann Ein Stolperstein in der Schmiedestrasse 18 5 Marz 2014 abgerufen am 30 Oktober 2021 CHRI Spannendes aus Schwerins Vergangenheit Ein dunkles Kapitel der Stadtgeschichte svz de Abgerufen am 29 Oktober 2021 Leo und Frieda Mann In Bannenberg Dagmar u a Hrsg Was bleibt Opfer des NS Regimes in Mecklenburg und Vorpommern 2014 S 206 209 Angaben nach Kasten 1998 Geschichte des Hauses Abgerufen am 2 November 2021 deutsch Kasten 1998 S 238f Axel Seitz Geduldet und Vergessen Die Judische Landesgemeinde Mecklenburg zwischen 1948 und 1990 Temmen Bremen 2001 ISBN 3 86108 773 1 a b c Axel Seitz Synagoge in Schwerin Geschichte des Judischen Lebens mp3 Audio 26 6 MB 28 36 Minuten In WDR 5 WDR 3 Sendung Lebenszeichen 18 Juni 2021 abgerufen am 20 Juni 2021 Erica Burgauer Zwischen Erinnerung und Verdrangung Juden in Deutschland nach 1945 Rowohlt Reinbek bei Hamburg 1993 ISBN 3 499 55532 8 S 191 194 USC Shoah Foundation Institute testimony of Heinrich Szniatkiewicz Collections Search United States Holocaust Memorial Museum Abgerufen am 29 Oktober 2021 Bernd Kasten Jens Uwe Rost Schwerin Geschichte der Stadt Helms Schwerin 2005 ISBN 3 935749 38 4 S 331 332 Axel Seitz Ein offenes Haus 18 April 2019 abgerufen am 29 Oktober 2021 Horst Ende Georg Daniel als Architekt und Denkmalpfleger in Mecklenburg Vortrag am 11 Februar 2004 zu seinem 175 Geburtstag im Landesamt fur Denkmalpflege Axel Seitz Schwerin Ein Ort drei Synagogen NDR abgerufen am 30 Oktober 2021 Neue Synagoge Schwerin In zentralratdjuden de Archiviert vom Original am 5 August 2017 abgerufen am 25 Marz 2013 Normdaten Korperschaft VIAF 247446286 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Judische Gemeinde Schwerin amp oldid 236488826 Synagoge in Schwerin