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Die ehemalige Schloss und Stiftskirche St Michael in Pforzheim Baden Wurttemberg ist mit dem benachbarten Archivturm eines der letzten mittelalterlichen Zeugnisse Pforzheims dessen mittelalterliches Stadtbild im Dreissigjahrigen Krieg im Pfalzischen Erbfolgekrieg und zuletzt im Zweiten Weltkrieg jeweils nahezu vollstandig zerstort wurde 2021 wurde die Kirche als Kulturdenkmal ausgezeichnet 1 Schloss und Stiftskirche St MichaelLettner mit spatgotischem Figurentabernakel des St Petrus 1460 und Masswerkbrustung mit Fischblase Innenansicht Altarraum Inhaltsverzeichnis 1 Baugeschichte 2 Bauphasen 2 1 Vorgangerbauten 2 2 Westbau und Schiff 2 3 Stiftschor 3 Galerie 4 Orgel 5 Gelaut 6 Grabdenkmale 7 Museum Johannes Reuchlin 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseBaugeschichte BearbeitenDie Schlosskirche St Michael die durch ihr gewaltiges Volumen ihre Mutterkirche die Altstadter Pfarrkirche St Martin in den Schatten stellt wurde mit dem Ubergang Pforzheims an das Haus Baden 1219 auf einem alteren Bau errichtet von dem noch der spatromanische Westbau erhalten ist 1220 1230 Um 1270 wurde das Langhaus Kirchenschiff in seiner heutigen Form vollendet Diagonalchore und Margarethenkapelle wurden zwischen 1290 und 1310 errichtet Der Neubau eines spatgotischen Hochchors wurde nach der Erhebung zur Stiftskirche zwischen 1460 und 1475 durch den badischen Hofbaumeister Hans Spryss von Zaberfeld 1420 1507 errichtet Die Baugeschichte im Einzelnen ist noch weitgehend ungeklart Die subtil gearbeiteten Skulpturen in Innern Gesichter und Haare verraten die oberrheinische Ausbildung des Meisters Hans Spryss Stilistisch sind an der Maulbronner Klosterkirche Anklange zu finden wie die Steinmetzzeichen bezeugen die um 1200 auch in Maulbronn angebracht wurden 2 Die Margarethenkapelle wurde zur Aufnahme des Denkmals der Martyrerin Margaretha erbaut Vermutet wird dass ein Steinsarg des Kindes Margaretha verehrt als Opfer eines Ritualmordes und als Martyrerin zur Schau gestellt wurde Die Inschrift wird angegeben mit MARGARETHA A IVDEIS OCCISA OB IIT FELICITER ANNO D OMI NI M CC LX VII CAL ENDAS IVLII FER IA VI Ubersetzung Margaretha von Juden getotet starb gluckselig im Jahr des Herrn 1260 am 7 Tag vor den Kalenden des Juli 25 Juni an einem Freitag Die Existenz einer Judengemeinde in Pforzheim um die Mitte des 13 Jahrhunderts wird dadurch dokumentiert sowie der Hass mit dem die christliche Burgerschaft geleitet vom Dominikanerorden der judischen Minderheit begegnete 3 nbsp Fenster Nordkapelle von Klaus ArnoldAn der Sudseite befindet sich ein Portal in fruhgotischer Ausfuhrung Das Gewande ist in doppelter Abtreppung ausgefuhrt und zwei eingestellte Dienste werden durch die Archivolten des Bogens fortgesetzt Ein Tympanon ohne Sturz aus rotem Sandstein wird in der Flache durch Blendmasswerk gegliedert und enthalt auf dem Bogen eine unvollstandige Inschrift PETITE ET ACCIPIETIS ubersetzt Bittet und ihr werdet empfangen 4 Ab 1535 war die Kirche Grablege der badischen Markgrafen aus der evangelischen Linie ab 1515 Baden Durlach Die letzte in der Kirche bestattete Angehorige des Herrscherhauses war 1860 Stephanie de Beauharnais Das die Kirche umgebende Residenzschloss in Pforzheim ging ab dem 18 Jahrhundert sukzessive verloren lediglich der Archivbau blieb erhalten In einem spatgotischen Anbau der Kirche dem so genannten Reuchlinkolleg wurde 1922 das Reuchlinmuseum eingerichtet das Johannes Reuchlins Bibliothek der Offentlichkeit zuganglich machte Beim Luftangriff auf Pforzheim am 23 Februar 1945 wurde die Kirche schwer beschadigt Ihre Wiederherstellung unter Leitung des Staatlichen Hochbauamtes und mit Unterstutzung der Stiftung der Freunde der Schlosskirche erfolgte bis 1957 Die Bauplastik wurde von Oskar Loos rekonstruiert Die Glasfenster des Chores schuf Charles Crodel Das mit Bronzeplatten beschlagene Portal der Schlosskirche schuf 1959 der Stuttgarter Bildhauer Jurgen Weber Es sind sechs biblische Szenen eingewoben Die Kanzel gestaltete Valentin Peter Feuerstein Bauphasen BearbeitenVorgangerbauten Bearbeiten Nach 1946 konnten zwei Vorgangerbauten durch Grabungen nachgewiesen werden eine vorromanische Kapelle der Hohenburg des 9 10 Jahrhunderts und ein dreischiffiger Bau mit einer Chorapsis aus der zweiten Halfte des 12 Jahrhunderts Westbau und Schiff Bearbeiten Der alteste sichtbare Teil der Schlosskirche ist der romanische zweigeschossige Westbau mit Nordturm der wie das Schloss wohl eine Stiftung des Badischen Markgrafen Hermann V war Als Konrads Enkelin Irmengard um 1217 18 den Markgrafen Hermann V von Baden heiratete brachte sie als reiches Erbstuck die aufstrebende Stadt Pforzheim in die Verbindung Um diese Zeit wird an dem Bau des Westwerks begonnen Bis 1235 wird die Bauzeit veranschlagt Lisenen Bogenfriese und das Deutsche Band gliedern die Aussenhaut Im Sudgiebel sitzt eine Fensterrose 19 Jh zwischen steigenden Rundbogenfriesen Die Verbindung zum staufischen Baustil stellt das rundbogige getreppte Hauptportal ohne Tympanon mit einer rechteckigen Umrahmung und reicher Kleinplastik her Das reich gegliederte Gewande mit Polsterkapitellen zeigt den Maulbonner Meister Blutenknospen die Maske eines bekronten Hauptes mit Kreuz daruber ein Stierkopf eine Kopfskulptur wie die eines Ochsen ein Mischgebilde zwischen Hund und Lurch beleben die senkrechten Rahmenfriese Waagerecht ein Maanderband mit Drudenfuss der an Beschworungen gegen bose Geister erinnert Die Kapitelle und Basen im Innern des Erdgeschosses sind spate Elemente romanischer Ornamentik Durch die Verflechtung des romanischen Westbaues mit dem gotischen basilikalen querschifflosen Langhaus entsteht eine reizvolle Spannung Durch die Pfeiler und blattergeschmuckten Konsolen wird der Stil des Ubergangs erkennbar Der Einfluss des Maulbronner Paradiesmeisters wird auch hier durch die Diamantierung der Rippen die Halbmonde der Konsolen und die Schaftringe der Dienste deutlich Uber das Eingangsquadrat des Westbaues ist das Langhaus weitergezogen und verwoben Zwischen 1235 und 1270 erfolgte die Wolbung des Westwerkmitteljochs und die Ausfuhrung der Langhausjoche sowie die Fundamentierung der Diagonalchore Um 1280 Errichtung des sudlichen um 1290 des nordlichen Diagonalchores So entstand von West nach Ost eine durchgehend gewolbte Basilika von drei Jochen mit quadratischem Vorchor und polygonaler Apsis die nicht erhalten ist jedoch ergraben wurde Stiftschor Bearbeiten Durch den in Pforzheim ansassigen Steinmetz Hans Spryss von Zaberfeld der im Chorgewolbe sein Portrat und Meisterzeichen hinterliess wurde ein spatgotischer Chor als Ostabschluss errichtet Ein Lettner zwischen Chor und Kirchenschiff wurde von ihm um 1470 ebenso gestaltet Die uberkreuzten Gewolbeauflagen ermoglichten die Errichtung von aus der Wand herauswachsenden Gewolben Der Erzengel Michael als Kirchenpatron zeugt auch von den bildhauerischen Fahigkeiten des Meisters Er war daruber hinaus Schopfer des Klosterkreuzgangs in Hirsau Eine weitere Bedeutung erhielt die Schlosskirche und ihr Chor dadurch dass Markgraf Ernst sie um 1545 zur Grablege seiner Familie bestimmte 5 Galerie Bearbeiten nbsp Gotischer Chor Nordansicht und Diagonalchor Nord nbsp Ansicht Sudseite St Michael Pforzheim Bauphasen West nach Ost nbsp Nordkapelle sog Margarethenkapelle mit Figurenschmuck u a Lamm nbsp Schlosskirche Pforzheim Langhaus Blick gegen Osten nbsp Schlosskirche Pforzheim Stiftschor Blick gegen Osten nbsp Portaltur Petrus und der HahnOrgel BearbeitenIm Jahr 2022 wurde ein technischer Neubau der Steinmeyer Orgel von 1959 unter Wiederverwendung des Pfeifenwerkes durch die Firma Muhleisen Orgelbau Leonberg fertig gestellt 6 I Hauptwerk C g30 1 Pommer ab c0 Nr 30 32 0 2 Prinzipal A 1 16 0 3 Pommer Nr 30 16 0 4 Prastant 0 8 0 5 Rohrflote 0 8 0 6 Spitzflote 0 8 0 7 Gambe 0 8 0 8 Oktave 0 4 0 9 Flote 0 4 10 Quinte 0 2 2 3 11 Superoktave 0 2 12 Mixtur IV 0 1 1 3 13 Farbzimbel III 0 1 14 Trompete 0 8 II Positiv C g315 Pommer Nr 30 16 16 Gedeckt 0 8 17 Traversflote 0 8 18 Salizional Nr 33 0 8 19 Prinzipal 0 4 20 Rohrflote 0 4 21 Salizet Nr 37 0 4 22 Nasat 0 2 2 3 23 Oktave 0 2 24 Terz 0 1 3 5 25 Spitzquinte 0 1 1 3 26 Scharf IV 0 1 27 Rankett 16 28 Krummhorn 0 8 Tremulant III Schwellwerk C c429 Viola Ext Nr 33 16 30 Pommer 16 31 Flotenprinzipal 0 8 32 Bordun 0 8 33 Salizional 0 8 34 Schwebung 0 8 35 Oktave 0 4 36 Blockflote 0 4 37 Salizet Ext Nr 33 0 4 38 Schwiegel vorab Nr 39 0 2 39 Rauschpfeife III IV 0 2 40 Fagott 16 41 Trompete 0 8 Tremulant Tubawerk A 2 42 Posaune HW 16 43 Trompete HW 0 8 44 Klarine HW 0 4 45 Posaune Pos 16 46 Trompete Pos 0 8 47 Klarine Pos 0 4 Pedalwerk C f148 Resultant Ext Nr 52 64 49 Untersatz Ext Nr 52 32 50 Prinzipalbass 16 51 Viola Nr 29 16 52 Subbass 16 53 Pommer Nr 30 16 54 Oktavbass 0 8 55 Salizional Nr 33 0 8 56 Gedecktbass 0 8 57 Choralbass 0 4 58 Salizet Nr 37 0 4 59 Hintersatz IV 0 2 2 3 60 Posaune 16 61 Fagott Nr 40 16 62 Trompete Ext Nr 60 0 8 63 Klarine Ext Nr 60 0 4 Anmerkungen C H Transmission Nr 3 und Nr 33 Gleichzeitig Pedalzungenreihe mit Extensionen Standort Nordbalkon im Bogen zum Mittelschiff Gelaut BearbeitenIm Turm der Schlosskirche hangt ein sechsstimmiges Gelaut das 1958 von der Glockengiesserei Gebr Bachert in Karlsruhe gegossen wurde 7 Nr Name Gussjahr Glockengiesser Durchmesser mm Gewicht kg Nominal Inschrift1 Gedenkglocke 23 02 1945 1958 Gebr Bachert Karlsruhe 3587 a02 Vater Unser Glocke 2489 h03 Mittagsglocke 1831 cis14 Abendglocke 1225 e15 Morgenglocke 866 fis16 Taufglocke 537 a1Grabdenkmale Bearbeiten nbsp Grabplatte des Johann Freigraf Frigraf aus Klein Agypten Heute im nordlichen Nebenchor an der Wand nbsp Blick in den Chor um 1840 mit Grabmalen der badischen MarkgrafenDie Grabplatte des Johann Freigraf Frigraf aus Klein Agypten eine hochrechteckige Platte aus rotem Sandstein mit Umschrift zwischen Linien und einem Vollwappen in flachem Relief deren Oberflache abgetreten wurde ist um 1498 entstanden Sie hat fruh Aufsehen erregt da sie als Grabmal eines Zigeuners bezeichnet wird 8 Ab 1535 war die Kirche Grablege der badischen Markgrafen aus der evangelischen Linie ab 1515 Baden Durlach Die letzte in der Kirche bestattete Angehorige des Herrscherhauses war 1860 Stephanie de Beauharnais Folgende Grabdenkmale im Stiftschor sind Kulturdenkmale Grabdenkmal fur Anna Marie von Baden Durlach Grabdenkmal fur Prinz Albrecht den Jungeren von Baden Durlach Grabdenkmal fur Prinzessin Marie von Baden Durlach Grabdenkmal fur die Markgrafen Ernst Friedrich von Baden Durlach und Jakob III von Baden Durlach Grabdenkmal fur Karl II von Baden Durlach sowie Kunigunde von Brandenburg Kulmbach und Anna von Pfalz Veldenz Grabdenkmal fur Markgraf Bernhard den Jungeren von Baden Durlach Grabdenkmal fur Markgraf Albrecht II Alcibiades von Brandenburg Kulmbach Tumba fur Markgraf Ernst und Ursula von RosenfeldMuseum Johannes Reuchlin BearbeitenVon 2006 bis 2008 entstand ein Erweiterungsbau nach Planen des Hamburger Architekten Bernhard Hirche an der Sudseite Der Neubau stellt die ursprungliche Kubatur des Reuchlinkollegs in der ehemaligen Sakristei der Kirche wieder her Die nach dem Zweiten Weltkrieg errichteten Strebebogen sind in den Neubau einbezogen worden und illustrieren somit die historische Vielschichtigkeit Am 6 September 2008 wurde das neue Museum Johannes Reuchlin eingeweiht Literatur BearbeitenMathias Kohler Christop Timm Ev Schloss und Stiftskirche St Michael Pforzheim Patrozinium 29 September Stadt Pforzheim Baden Wurttemberg Michaelsgemeinde Dekanat Pforzheim Stadt Kleiner Kunstfuhrer 2215 Regensburg 1996 Emil Lacroix Peter Hirschfeld Wilhelm Paeseler Die Kunstdenkmaler der Stadt Pforzheim Kreis Karlsruhe In Die Kunstdenkmaler Badens Kreis Karlsruhe Bd 9 Karlsruhe 1939 Pfarramt Lutherpfarrei Pforzheim Hrsg Schlosskirche St Michael Pforzheim 1967 Christoph Timm Pforzheim Kulturdenkmale in den Ortsteilen In Denkmaltopographie Baden Wurttemberg Band II 10 2 Heidelberg 2006 Christoph Timm Hermann Diruf Kunst und Kulturdenkmale in Pforzheim und im Enzkreis Stuttgart 2002 Cosima Maria Weyers Schlosskirche Pforzheim Wiederaufbau und Monumentalisierung Neulingen 2022 zugl Univ Diss Tubingen 2020 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons St Michael Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikisource Das von den Juden getodtete Magdlein Badisches Sagen Buch Quellen und Volltexte Schlosskirche St Michael auf der Website der Ev Landeskirche Baden Forderverein der Schlosskirche St Michael Markus Thome Die Kunstgeschichte und der Wiederaufbau von St Michael in Pforzheim nach 1945 In Neue Beitrage zur Pforzheimer Stadtgeschichte Band 5 Hrsg lt Andreas Jobst Verlag Regionalkultur Heidelberg 2016 ISBN 978 3 89735 998 7 Einzelnachweise Bearbeiten Susanne Roth Schlosskirche Pforzheim ist Kulturdenkmal des Jahres 2021 Badische Neueste Nachrichten abgerufen am 26 April 2021 Evangelische Landeskirche in Baden Die Schlosskirche St Michael in Pforzheim Ein Zeitzeuge aus dem Mittelalter Abgerufen am 26 Oktober 2018 Inschriftenkatalog Stadt Pforzheim Ev Schlosskirche Stiftskirche St Michael Inschrift Nr di057 0001 Deutsche Inschriften Online Baden Wurttemberg Pforzheim abgerufen am 26 Oktober 2018 Inschriftenkatalog Stadt Pforzheim Ev Schlosskirche Stiftskirche St Michael Inschrift Nr di057 0004 Deutsche Inschriften Online Baden Wurttemberg Pforzheim abgerufen am 19 Januar 2019 Christoph Timm Evang Schloss und Stiftskirche St Michael Freunde der Schlosskirche e V abgerufen am 25 April 2021 Informationen zur neuen Orgel Videoaufnahme des Gelauts Gunter Beck Blickpunkt Schlosskirche Nr 29 2019 2020 Freunde der Schlosskirche e V 18 Juni 2019 abgerufen am 10 Dezember 2022 48 8925 8 7036111111111 Koordinaten 48 53 33 N 8 42 13 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title St Michael Pforzheim amp oldid 236820444