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Als Spaltprodukte werden die durch Kernspaltung entstehenden Stoffe bezeichnet Sie entstehen in grosseren Mengen in Kernreaktoren Einige der in Spaltprodukten enthaltenen Radionuklide haben nutzliche Anwendungen aber fur die Hauptmenge ist eine sichere Entsorgung wichtig Einige Spaltprodukte sind stabil andere wiederum zerfallen mit sehr kurzer Halbwertszeit zu stabilen Isotopen Fur einige der verbliebenen langlebigen Spaltprodukte ist die Transmutation als Moglichkeit der dauerhaften Unschadlichmachung bereits im Labormassstab erprobt wird jedoch Stand 2022 grosstechnisch weltweit nicht eingesetzt Spaltprodukte sind nicht zu verwechseln mit den Neutroneneinfangsprodukten wie etwa Plutonium die ebenfalls in Reaktoren aus dem Kernbrennstoff entstehen Schematische Darstellung des Abbrands eines Brennelements in einem Leichtwasserreaktor Es entstehen Transurane und Spaltprodukte Inhaltsverzeichnis 1 Physikalische Grundlagen 2 Kernspaltung 3 Eigenschaften ausgewahlter Spaltprodukte 3 1 Casium 3 2 Technetium 3 3 Krypton 3 4 Strontium 3 5 Iod 3 6 Ruthenium Rhodium und Palladium 4 Einzelnachweise 5 LiteraturPhysikalische Grundlagen Bearbeiten nbsp Spaltung durch thermische Neutronen Schematische Haufigkeitsverteilung der Spaltprodukte senkrecht als Funktion der Spaltprodukt Massenzahl A waagerecht Da vorzugsweise zwei Spaltstucke verschiedener Massenzahl entstehen hat die Kurve zwei Peaks Hocker nbsp Einige Actinoide und ihre wichtigsten Spaltprodukte Die durch thermische Neutronen gut spaltbaren Actinoide sind fett geschrieben Die Isotope sind nach der Zugehorigkeit zu Zerfallsreihen und oder HWZ sortiert Die unmittelbar entstehenden sog primaren Spaltprodukt Atomkerne oder Spaltfragmente haben einen hohen Neutronenuberschuss sie sind daher instabil radioaktiv und wandeln sich durch aufeinander folgende Beta Minus Zerfalle in andere Atomkerne um Da beim Betazerfall die Massenzahl des Atomkerns gleich bleibt bilden die nacheinander entstehenden Nuklide sogenannte Isobarenketten Jede dieser Zerfallsketten setzt sich fort bis zu einem stabilen Nuklid Im Wesentlichen handelt es sich bei diesen Endprodukten der Kernspaltung um Metalle mit Massenzahlen um 90 im Periodensystem von Zirkon bis Palladium und einige Elemente mit Massenzahlen um 140 Tellur bis Samarium mit Ausnahme von Tellur Iod und Xenon ebenfalls Metalle Diese radioaktiven Zerfalle finden grossteils kurz Sekundenbruchteile bis Stunden nach der Kernspaltung statt Die dabei frei werdende Energie tragt mehrere Prozent zur Leistung eines Kernreaktors bei Nachzerfallswarme Gesundheitlich wichtig sind vor allem jene Spaltprodukte bei denen der letzte teilweise der vorletzte dieser Zerfalle eine Halbwertszeit von Tagen bis Jahren hat insbesondere wenn sie aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften leicht verfrachtet werden und in den menschlichen Korper gelangen konnen Einige Spaltprodukte haben erheblichen Einfluss auf die Funktionsweise eines Kernreaktors Insbesondere sind dies Spaltprodukte die Neutronen erst verzogert freisetzen und es deutlich erleichtern einen Reaktor zu regeln sowie Nuklide die Neutronen stark absorbieren insbesondere 135Xe Genaue Zahlenwerte fur die Ausbeute der verschiedenen Isobarenketten bei der Spaltung sind in einer Datensammlung der Internationalen Atomenergieorganisation angegeben 1 Die anfangliche Zusammensetzung des entstehenden Spaltproduktgemisches hangt ab vom Reaktortyp Spaltmaterial Neutronen Energiespektrum und von der Verweildauer der Spaltprodukte im Reaktor Dauer weiterer Neutronenbestrahlung Nach der Entnahme aus dem Reaktor bestimmen Halbwertszeit und Zerfallsprodukte der einzelnen Spaltprodukte die zeitliche Anderung der Zusammensetzung Spaltprodukte konnen gasformig z B 133Xe 85Kr fluchtig z B 131I oder fest z B 137Cs 90Sr sein Kernspaltung BearbeitenBeispiel einer Neutron induzierten Kernspaltung von Uran 235 92 235 U 0 1 n 52 133 T e 40 101 Z r 2 0 1 n displaystyle mathrm 235 92 U 0 1 n longrightarrow 52 133 Te 40 101 Zr 2 0 1 n nbsp Zerfallsreihen der primaren Spaltprodukte 52 133 T e 12 5 m i n b 53 133 I 20 8 h b 54 133 X e 5 243 d b 55 133 C s displaystyle mathrm 133 52 Te xrightarrow 12 5 min beta 53 133 I xrightarrow 20 8 h beta 54 133 Xe xrightarrow 5 243 d beta 55 133 Cs nbsp 40 101 Z r 2 3 s b 41 101 N b 7 1 s b 42 101 M o 14 61 m i n b 43 101 T c 14 22 m i n b 44 101 R u displaystyle mathrm 101 40 Zr xrightarrow 2 3 s beta 41 101 Nb xrightarrow 7 1 s beta 42 101 Mo xrightarrow 14 61 min beta 43 101 Tc xrightarrow 14 22 min beta 44 101 Ru nbsp Durch mehrfachen Betazerfall entstehen die stabilen Endprodukte Ru 101 und Cs 133 Die bei der Spaltung frei gewordenen Neutronen im Beispiel zwei werden durch Stosse mit Atomkernen der umgebenden Materie abgebremst und schliesslich absorbiert d h in einer Kernreaktion meist einem Neutroneneinfang verbraucht Eigenschaften ausgewahlter Spaltprodukte BearbeitenDie haufigsten Spaltprodukte aus Leichtwasserreaktoren sind Isotope von Iod Casium Strontium Xenon und Barium Viele Spaltprodukte zerfallen schnell in stabile Nuklide aber ein bedeutender Rest hat Halbwertszeiten von mehr als einem Tag bis hin zu Millionen Jahren Einige Nuklide mit kurzen bis mittleren Halbwertszeiten finden in der Medizin oder Industrie Verwendung Bemerkenswert ist dass kein einziges der bei der Kernspaltung entstehenden Nuklide eine Halbwertszeit zwischen 100 und 200 000 Jahren hat Diese Lucke fuhrt dazu dass die Gesamtaktivitat des Gemischs der Spaltprodukte in den ersten Jahrhunderten noch deutlich zuruckgeht im Wesentlichen bis das in diesem Zeitraum dominierende Isotop 137Cs zerfallen ist Danach bleibt die Restaktivitat die freilich um Grossenordnungen geringer ist als die Aktivitat der kurzerlebigen Nuklide uber historische Zeitraume viele Jahrtausende praktisch unverandert In abgebrannten Brennstaben finden sich allerdings neben den Spaltprodukten auch Transurane die diese Lucke in den Halbwertszeiten schliessen Casium Bearbeiten Unter den Spaltprodukten finden sich drei Casium Isotope 134Cs Halbwertszeit ca 2 Jahre entsteht nicht direkt weil die Zerfallsreihe der Kerne mit Massenzahl 134 bereits beim stabilen Nuklid 134Xe endet sondern indirekt durch Neutroneneinfang aus dem stabilen Spaltprodukt 133Cs 135Cs hat eine sehr lange Halbwertszeit 2 3 Mio Jahre und ist somit nur massig radioaktiv Das bedeutendste Casiumisotop ist 137Cs mit einer Halbwertszeit von ca 30 Jahren Es ist nach dem Zerfall der kurzlebigen Isotope uber viele Jahrhunderte hinweg das am starksten strahlende Nuklid im Gemisch der Spaltprodukte Technetium Bearbeiten Nach dem Zerfall des 137Cs ist 99Tc Halbwertszeit 211 100 Jahre das am starksten strahlende Isotop der verbliebenen Spaltprodukte insgesamt gibt es sieben Spaltprodukte mit sehr langen Halbwertszeiten Technetium hat kein stabiles Isotop und kommt deshalb in der Natur fast nicht vor 99Tc ist neben 129I ein Hauptkandidat fur die Transmutation seine Beseitigung wurde die Strahlung in ferner Zukunft nach dem Zerfall der kurzerlebigen Isotope um ca 90 reduzieren Krypton Bearbeiten Radioaktives Krypton entsteht in geringen Mengen in Kernreaktoren Wahrend einer Wiederaufarbeitung abgebrannten Spaltmaterials etwa zur Extraktion von Plutonium und verbleibendem Uran wird das relativ langlebige Kryptonisotop 85Kr Halbwertszeit 10 756 Jahre freigesetzt und entweicht in die Atmosphare Die Menge an radioaktivem Krypton in der Erdatmosphare gibt daher einen Anhaltspunkt uber die Menge an bearbeitetem Spaltmaterial Die Differenz zwischen dem aus bekannten Bearbeitungen entstandenen und gemessenem Krypton erlaubt es die Menge geheim gehaltener Bearbeitungen gewohnlich zur Herstellung von Kernwaffen abzuschatzen Strontium Bearbeiten Da Strontium biologisch ahnlich wie Calcium wirkt ist das radioaktive Strontiumisotop 90Sr eines der potentiell gesundheitsschadlichsten Spaltprodukte denn es lagert sich nach Aufnahme in den Organismus in den Knochen ab und verbleibt bis zu seinem Zerfall im Korper Da die Halbwertszeit etwa 30 Jahre betragt tragt man das Strontium fur den Rest des Lebens in sich Das eigentlich Gefahrliche am 90Sr ist das Tochternuklid 90Y das ebenfalls zerfallt wobei seine Betastrahlung die vierfache Energie derjenigen des 90Sr aufweist Die bevorzugte Aufnahme von Strontium in die Knochen wird bei Knochenkrebs therapeutisch oder palliativ genutzt Durch die bevorzugte Einlagerung im Knochen kann Strontium 89Sr Halbwertszeit 50 5 Tage zur Bekampfung von Tochtertumoren eingesetzt werden Iod Bearbeiten Bei der Kernspaltung entstehen in unterschiedlichen Mengen die Iod Isotope 127I 0 12 aller Spaltungen bei der Spaltung von 235U in einem thermischen Reaktor 2 129I 0 7 und 131I 2 9 127Iod ist nicht radioaktiv naturliches Iod besteht ausschliesslich aus127I 129Iod ist wegen seiner langen Halbwertszeit 15 7 Mio Jahre nur schwach radioaktiv Eine besondere Gefahr geht hingegen von 131I aus da Iod aufgrund seiner physikalisch chemischen Eigenschaften in der Umwelt sehr mobil ist es wird auch bei einem Unfall besonders leicht freigesetzt und zudem als essentielles Spurenelement vom menschlichen Organismus aktiv aufgenommen wird Vor allem die Schilddruse enthalt hohe Konzentrationen an Iod 131I hat eine Halbwertszeit von 8 Tagen Nach 8 Tagen ist die Strahlung also auf die Halfte abgeklungen nach 27 Tagen auf ein Zehntel und nach 80 Tagen auf ein Tausendstel Nach der Katastrophe von Tschernobyl stellte 131I in den ersten Tagen das dominierende Radioisotop dar Bei rechtzeitiger Vorwarnung kann vor einer befurchteten Exposition ein gewisser Schutz durch die Einnahme von stabilem Iod in der Form von Kaliumiodid Tabletten aufgebaut werden Der Organismus wird dadurch mit Iod gesattigt und nimmt das radioaktive Iod danach in deutlich geringeren Mengen auf Iodblockade Ruthenium Rhodium und Palladium Bearbeiten Ruthenium und Rhodium gehoren zu den haufigen Elementen im Gemisch der Spaltprodukte 11 bzw 3 bei der Spaltung von 235U in einem thermischen Reaktor Abtrennung und Verwertung dieser wertvollen Edelmetalle im Rahmen der Wiederaufarbeitung ist denkbar wird aber bisher nicht praktiziert Ruthenium konnte erst nach einer mehrjahrigen Wartefrist verwendet werden da das im Reaktor entstehende Isotopengemisch anfanglich auch das radioaktive 106Ru Halbwertszeit 374 Tage enthalt Palladium entsteht in etwas geringeren Mengen 1 6 bei Spaltung von 235U Es enthalt neben den stabilen Isotopen 105Pd 106Pd 108Pd und 110Pd auch das leicht radioaktive 107Pd Halbwertszeit 6 5 Mio Jahre was die Verwendbarkeit stark einschrankt Einzelnachweise Bearbeiten Datensammlung der Internationalen Atomenergieorganisation Nuklidtabelle NuklidkarteLiteratur BearbeitenK Kugeler P W Phlippen Energietechnik Technische okonomische und okologische Grundlagen Springer Verlag 1990 ISBN 978 3 540 52865 4 J Hala J D Navratil Radioactivity Ionizing Radiation and Nuclear Energy Konvoj Brno 2003 ISBN 80 7302 053 X Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Spaltprodukt amp oldid 238332781