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Mit Nachzerfallswarme englisch decay heat manchmal auch einfach Nachwarme bezeichnet man in der Kernreaktor Technik die Zerfallswarmeleistung die nach dem Beenden der Kernspaltungsreaktion in den Brennelementen noch neu entsteht 3 Da der Neutronenfluss z B durch Einfahren der Steuerstabe nahezu zum Erliegen gekommen ist finden nach der Abschaltung kaum neue Spaltungsreaktionen statt Die Nachzerfallswarme kommt vielmehr dadurch zustande dass die vorhandenen kurzlebigen Spaltprodukte radioaktiv zerfallen Warmeleistung durch nachgeordnete Zerfallsprozesse fallt auch im normalen kontinuierlichen Reaktorbetrieb laufend an mit Nachzerfallswarme ist aber nur jene Warme gemeint die im Abschaltzustand neu entsteht Derartige Zerfallswarme entsteht auch in gebrauchten Brennelementen im Abklingbecken in Castoren oder Lagern Nachzerfallswarme als Anteil der Nennleistung berechnet nach zwei verschiedenen Modellen Retran 1 mit pauschaler Berucksichtigung eines vorherigen Betriebs und Todreas 2 unter Annahme von 2 Jahren Betrieb vor Abschaltung Umgangssprachlich wird die Nachzerfallswarme auch als Restwarme bezeichnet Diese Bezeichnung ist missverstandlich da sie mit der gespeicherten Warmemenge im Reaktorkern verwechselt werden kann Inhaltsverzeichnis 1 Nachzerfallswarme im Reaktorkern 1 1 Berechnung 1 2 Beispiele fur Nachzerfallswarme nach langer Betriebsdauer 2 Nachzerfallswarme im Abklingbecken 3 Siehe auch 4 Einzelnachweise 5 AnmerkungenNachzerfallswarme im Reaktorkern BearbeitenDie Nachzerfallswarmeleistung betragt unmittelbar nach dem Abschalten zwischen 5 und 10 der vorherigen thermischen Leistung des Reaktors abhangig vom Reaktortyp der Betriebsdauer und dem eingesetzten Kernbrennstoff In einem Grossreaktor wie beispielsweise dem EPR mit 1600 MW elektrischer Leistung d h rund 4000 MW thermischer Leistung Anm 1 entstehen eine Stunde nach der Abschaltung noch rund 50 MW Warmeleistung nach vier Tagen noch 20 MW 4 Berechnung Bearbeiten Die verbleibende Menge eines Radionuklids am Anfang der Zerfallskette sinkt zeitlich entsprechend einer Exponentialfunktion Fur Nuklide die erst gebildet werden ist der Zeitverlauf eine Summe von auf und abklingenden Exponentialfunktionen falls nur Reaktionen erster Ordnung berucksichtigt werden Neutroneneinfang ist eine Kernreaktion zweiter Ordnung ist jedoch in Gegenwart von Neutronenabsorbern fur den Kernbrennstoff zweitrangig Beim Spaltproduktgemisch in einem Reaktor uberlagern sich die zahlreichen Exponentialfunktionen mit breit verteilten Zeitkonstanten zu einem Verlauf der fur praktische Zwecke z B als Potenzfunktion angenahert werden kann Berechnungsvorschriften sind in den Normen DIN 25463 1 und DIN 25463 2 festgelegt Eine einfache Naherungsformel wurde 1946 von Katharine Way und Eugene Wigner angegeben 5 6 Wird ein Reaktor fur die Dauer T 0 displaystyle T 0 nbsp mit der Leistung P 0 displaystyle P 0 nbsp betrieben so sei die Nachzerfallsleistung P displaystyle P nbsp zum Zeitpunkt t displaystyle t nbsp nach dem Abschalten des Reaktors P t 0 062 P 0 t 0 2 T 0 t 0 2 displaystyle P t 0 062 P 0 left t 0 2 left T 0 t right 0 2 right nbsp Dabei sind T0 und t in Sekunden einzusetzen Fur die Gultigkeit wurde der Zeitbereich von 10 Sekunden bis 100 Tagen angegeben die Unsicherheit mit 15 bis 20 Die Herleitung haben Way und Wigner ausfuhrlich dargestellt Die Annahmen und Naherungen in Kurze Die Massenzahlen A L displaystyle A L nbsp und A H displaystyle A H nbsp der Spaltprodukte wurden bei den Maxima der beobachteten Verteilungen fixiert Fur die leichten L und schweren H Spaltprodukte wurde jeweils die Verteilung der Protonenzahl Z displaystyle Z nbsp als Gauss Verteilung genahert Die die Kinetik bestimmenden Lebensdauern der b displaystyle beta nbsp Strahler wurde nach der Sargent Regel umgekehrt proportional zur funften Potenz der Energiedifferenz von Mutter und Tochterkern gesetzt die wiederum mit der Bethe Weizsacker Formel berechnet wurde Fur die mittlere Nachzerfallsleistung der Produkte eines einzelnen auslosenden Spaltereignisses ergibt sich ein Abklingen proportional zu t 1 2 displaystyle t 1 2 nbsp wenn das auslosende Spaltereignis zur Zeit t 0 displaystyle t 0 nbsp stattfand bzw P 1 t t t t 1 2 displaystyle P 1 t t propto t t 1 2 nbsp fur einen allgemeinen Startzeitpunkt t displaystyle t nbsp Unter der Annahme dass N 0 displaystyle dot N 0 nbsp Kerne gleichverteilt uber ein Intervall T 0 0 displaystyle T 0 0 nbsp gespalten wurden erhalt man die gesamte Nachzerfallsleistung durch Integration uber die verschiedenen Startzeitpunkte t displaystyle t nbsp P t N 0 T 0 0 P 1 t t d t N 0 T 0 0 t t 1 2 d t N 0 t 0 2 T 0 t 0 2 displaystyle P t dot N 0 int T 0 0 P 1 t t dt propto dot N 0 int T 0 0 t t 1 2 dt dot N 0 bigl t 0 2 T 0 t 0 2 bigr nbsp Die Anzahl der gespaltenen Kerne pro Sekunde N 0 displaystyle dot N 0 nbsp kann mit der als zeitlich konstant angenommenen Leistung des Reaktors in Verbindung gesetzt werden P 0 E s N 0 displaystyle P 0 langle E s rangle cdot dot N 0 nbsp Dabei ist E s displaystyle langle E s rangle nbsp die mittlere Energie die pro Spaltung thermisch nutzbar ist etwa 200 MeV pro Spaltung Daher kann man die Nachzerfallsleistung auch auf die gefahrene Reaktorleistung beziehen wie oben angegeben Der korrekte Vorfaktor ergibt sich demnach aus der korrekten mittleren Einzelnachzerfallsleistung und der mittleren pro Spaltung thermisch nutzbaren Energie Beispiele fur Nachzerfallswarme nach langer Betriebsdauer Bearbeiten Nach 11 Monaten Betrieb nahe der Nennleistung in einem typischen Brennelementzyklus ergeben sich aus der obigen Formel folgende Werte Leistungswerte und Zeitdauern sind auf den Brennstoffinhalt eines typischen Grossreaktors bezogen Zeit nachAbschal tung Nach zerfalls Warme Thermische Leistungbei 4000 MW vorAbschaltung Dauer um 2500 m Wasser von 15 auf 100 Czu erwarmen Anm 2 10 sec 3 72 149 MW 100 min1 min 2 54 102 MW 146 min1 h 1 01 40 MW 6 h1 Tag 0 44 18 MW 14 h3 Tage 0 31 13 MW 20 h1 Woche 0 23 9 MW 26 h1 Monat 0 13 5 MW 49 h3 Monate 0 07 3 MW 89 hNachzerfallswarme im Abklingbecken BearbeitenUngekuhlt wurden verbrauchte abgebrannte Brennelemente sich nach Entladung aus dem Reaktorkern noch mehrere Monate nach Ende des Betriebs bis zum Schmelzpunkt erhitzen Um ihre Nachzerfallswarme abzufuhren mussen diese Brennelemente mehrere Jahre lang in den zu jedem Kernkraftwerk gehorenden wassergefullten Abklingbecken gelagert werden Die Warmeleistung aus den Abklingbecken wird aktiv abgefuhrt in neueren Anlagen wird sie wirtschaftlich genutzt um das Reaktor Speisewasser vorzuwarmen Abklingbecken Speisewasservorwarmer Kuhlkreislauf Im Jahr 2021 schlug eine Arbeit der TU Prag und der Universitat Plzen die Nutzung der Nachzerfallswarme fur Fernwarme vor 7 Siehe auch BearbeitenAuslegungsstorfall Dampfblasenkoeffizient Kuhlmittelverluststorfall Liste von Unfallen in kerntechnischen Anlagen Sicherheit von KernkraftwerkenEinzelnachweise Bearbeiten RETRAN 02 Nuclear Power Industry Engineering amp Consulting CSA abgerufen am 27 Marz 2011 englisch Neil E Todreas Mujid S Kazimi Nuclear Systems I Thermal Hydraulic Fundamentals 2 Auflage Hemisphere Publishing Corporation New York 1990 ISBN 0 89116 935 0 Kernspaltung und Nachzerfallswarme Gesellschaft fur Anlagen und Reaktorsicherheit 22 Marz 2011 abgerufen am 28 November 2013 R Zahoransky Hrsg Energietechnik 5 Auflage Vieweg und Teubner 2010 ISBN 978 3 8348 1207 0 Seite 81 Katharine Way Eugene P Wigner Radiation from Fission Products Technical Information Division United States Atomic Energy Commission Oak Ridge Tennessee 1946 K Way E P Wigner The Rate of Decay of Fission Products In Physical Review Band 73 1948 S 1318 1330 https www dw com en czech researchers develop revolutionary nuclear heating plant a 57072924Anmerkungen Bearbeiten Der Wirkungsgrad des Reaktors entsprache dementsprechend rund 30 siehe auch Wirkungsgrad Beispiele Inhalt eines olympischen Schwimmbeckens Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Nachzerfallswarme amp oldid 236554932