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Die Sozialgesetzgebung bzw Sozialgesetze genannt auch Bismarcksche Sozialgesetzgebung waren ein Versuch des deutschen Reichskanzlers Otto von Bismarck auf die im Zuge der Industrialisierung entstandene soziale Not der Arbeiterschaft im ausgehenden 19 Jahrhundert zu reagieren Bismarck hatte die politische Sprengkraft der extremen sozialen Gegensatze erkannt und wollte dem entgegenwirken nicht zuletzt um der sozialistischen Bewegung den Nahrboden zu entziehen Es galt der noch jungen Nation zu beweisen dass der Staat mehr zu bieten habe als die politischen Vertretungen der Arbeiterschaft und sie auf diese Weise fest an die Regierung zu binden Die politische Vertretung forderten die SDAP und der ADAV ab 1875 gemeinsam als SAPD und ADAV welche sich 1890 SPD nannte Ausserdem machte auch das repressive Sozialistengesetz einen Ausgleich notwendig Politik mit Zuckerbrot und Peitsche Langfristige Absicht Bismarcks war es die Autoritat der Regierung gegen das erstarkende Proletariat abzusichern Inhaltsverzeichnis 1 Sozialgesetzgebung unter Bismarck 2 Unmittelbare Auswirkungen 3 Historische Bedeutung 4 Weitere Entwicklung bis in die Gegenwart 5 Siehe auch 6 Weiterfuhrende Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseSozialgesetzgebung unter Bismarck BearbeitenIm Zuge der Sozialgesetzgebung fuhrte Otto von Bismarck 1883 die Krankenversicherung 1 und 1884 die Unfallversicherung 2 ein Zunachst waren nur Arbeiter zwangsversichert 3 Beide Gesetze machten die Schaffung von Krankenkassen wie z B die AOK und Berufsgenossenschaften unabdingbar um den Arbeiter bei einer moglichen Arbeitsunfahigkeit vor grosser Not zu bewahren Die Beitrage zur Krankenversicherung wurden zu 1 3 von den Arbeitgebern und zu 2 3 von den Arbeitnehmern getragen die Unfallversicherung hingegen finanzierte der Arbeitgeber komplett Bei der spater eingefuhrten Rentenversicherung standen die Einzahlungen dann im Verhaltnis 50 50 1885 1913 Beitrage der Arbeitgeber 6 670 413 000 Mark Beitrage der Versicherten 5 949 365 000 Mark Beitrage des Staates 806 643 000 Mark 1931 Entschadigungen wurden gezahlt 10 818 740 000 Mark 1931Am 24 Mai 1889 verabschiedete der Reichstag des Deutschen Reiches eine Alters und Invaliditatsversicherung 4 Am 1 Januar 1891 wurde die gesetzliche Rentenversicherung schliesslich vgl RGBl 1889 I S 97 eingefuhrt Versicherungstrager waren offentlich rechtliche Korperschaften die nach dem Prinzip der Selbstverwaltung existierten Sie bestanden aus Vertretern der Versicherten und der Arbeitgeber die ihre Posten ehrenamtlich und unter staatlicher Aufsicht bezogen Unmittelbare Auswirkungen BearbeitenBismarcks Sozialgesetze konnten die von ihm erhoffte Entfremdung der Arbeiterschaft von den Sozialdemokraten nicht erreichen Die unteren Schichten sahen in der Politik des Reichskanzlers vielfach ein Ablenkungsmanover von den eigentlichen Forderungen der sozialistischen Bewegung Dies zeigte sich vor allem durch die Begrenzung staatlicher Zuwendungen auf die Arbeiter wahrend Angestellte und Beamte mit hoheren Verdiensten ausgenommen waren Als entscheidend fur das Fehlschlagen von Bismarcks Kalkul erwiesen sich besonders die oft unerfullbaren Voraussetzungen so bestand ein Rentenanspruch erst ab dem 71 Lebensjahr und die schwindend geringe Hohe der Sozialleistungen die keine finanzielle Absicherung bedeutete So betrug eine Arbeiterpension im Hochstfall ca 40 des letzten Einkommens Daruber hinaus offnete sich wahrend des Bestehens des deutschen Kaiserreichs die soziale Schere immer weiter Zwar stieg das durchschnittliche Pro Kopf Einkommen von 320 Mark 1870 1879 auf 845 1 Mark 1913 und verdreifachte sich damit beinahe Dem stand aber ein sinkender Anteil der Lohne am Volkseinkommen gegenuber das heisst sie stiegen durchschnittlich immer weniger als andere Einkommensarten wie Unternehmensgewinne Einkunfte aus Kapitalvermogen oder Mieteinnahmen Die Reallohne der Arbeiter und der unteren Angestellten stiegen vom Ende der 1880er Jahre bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs nur um ein Prozent sie blieben also faktisch gleich wahrend sich das Volkseinkommen in dieser Zeit mehr als verdoppelte Der Sozialhistoriker Hans Ulrich Wehler bemerkt dass die Mechanismen zur innergesellschaftlichen Verteilung des Volkseinkommens nicht von wohlfahrtsstaatlichen Massnahmen beeinflusst wurden sondern weiterhin den Gesetzen des Marktes unterlagen was zu einer Zementierung der Ungleichheit gefuhrt habe 5 Die Versohnung zwischen Proletariat und Staat blieb daher aus Historische Bedeutung BearbeitenMit der Errichtung dieser Institutionen war Deutschland der weltweite Vorreiter beim Aufbau des staatlichen Sozialsystems Bismarck hatte ein Modell geschaffen das bald auch von zahlreichen anderen Landern ubernommen wurde und bis heute die Grundlage des Sozialstaates bildet Der Reichskanzler selbst gab diese Politik nach dem Scheitern seiner Rechnung bald auf und widmete ihr selbst in seinen spateren Lebensmemoiren kein Wort mehr Weitere Entwicklung bis in die Gegenwart BearbeitenIn diesem Artikel oder Abschnitt fehlen noch folgende wichtige Informationen Gilt alles nur fur die Alt BRD 1957 bis 1990 die Entwicklung in der DDR fehlt komplett Hilf der Wikipedia indem du sie recherchierst und einfugst Diese Gesetze wurden letztendlich 1911 in die Reichsversicherungsordnung zusammengefasst zu der 1911 auch die Angestelltenversicherung gehorte Spater kamen weitere Personengruppen in die gesetzliche Rentenversicherung z B die Landwirte Handwerker Kunstler 1927 wurde die Arbeitslosenversicherung eingefuhrt 1995 als letzter Zweig der Sozialversicherung die Pflegeversicherung Nachdem 1957 mit der dynamisierten Sozialrente die sich an den aktuellen Lohnsummen orientierte ein grosser Meilenstein der Sozialgesetzgebung geschaffen wurde wurden in den 60er und 70er Jahren weitere Sozialleistungen eingefuhrt oder konsolidiert z B 1969 die Ausbildungsforderung nach dem BAfoG 1975 das Kindergeld ab dem 1 Kind 1980 der Unterhaltsvorschuss fur Alleinerziehende 1986 folgte die Einfuhrung des Erziehungsgeldes und Erziehungsurlaubs jetzt Elternzeit Die Fursorge wurde 1961 durch das Bundessozialhilfegesetz BSHG ersetzt hier gab es erstmals Rechtsanspruche fur mittellose Personen 2003 wurde eine Grundsicherung fur alte Menschen und Erwerbsunfahige etabliert Seit 1969 hat der Gesetzgeber mit der Konzeption einer Zusammenfassung von zahlreichen Einzelgesetzen zu einem zusammenhangenden Gesetzeswerk begonnen die inzwischen sehr weit fortgeschritten ist Das Sozialgesetzbuch enthalt sowohl Regelungen zu verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung die fruher in der Reichsversicherungsordnung kodifiziert waren als auch zu jenen Teilen des Sozialrechts die nicht den Charakter einer Versicherung tragen sondern als Leistungen staatlicher Fursorge aus Steuermitteln finanziert werden In den letzten Jahren sind weite Bereiche des Sozialrechtes durch die schlechte Haushaltslage der offentlichen Trager Sparmassnahmen unterworfen worden Besonders im Bereich der Krankenversicherung und der Rentenversicherung wurden Leistungskurzungen vorgenommen in Form von Leistungsausschlussen Eigenanteilen Nichtberucksichtigung bestimmter Umstande als Vorversicherungszeiten usw Siehe auch BearbeitenSoziale Frage Sozialrecht Sozialgesetzbuch Geschichte der Sozialversicherung in Deutschland Kaiserliche BotschaftWeiterfuhrende Literatur BearbeitenKarl Erich Born Sozialpolitische Probleme und Bestrebungen in Deutschland von 1848 bis zur Bismarckschen Sozialgesetzgebung In Vierteljahrsschrift fur Sozial und Wirtschaftsgeschichte Band 46 1959 S 29 44 Weblinks BearbeitenEintrag Die Sozialgesetzgebung bei LEMO nbsp Wikisource Gesetz betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter 1883 Quellen und Volltexte Bismarcks Sozialgesetzgebung 1881 1889 Aus In die Zukunft gedacht Zeitreise durch die Geschichte des Sozialstaates vom Bundesministerium fur Arbeit und Soziales BMAS Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Einzelnachweise Bearbeiten Zur Entstehung des Krankenversicherungsgesetzes vgl Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914 I Abteilung Von der Reichsgrundungszeit bis zur Kaiserlichen Sozialbotschaft 1867 1881 5 Band Gewerbliche Unterstutzungskassen bearbeitet von Florian Tennstedt und Heidi Winter Darmstadt 1999 ebenda II Abteilung Von der Kaiserlichen Sozialbotschaft bis zu den Februarerlassen Wilhelms II 1881 1890 5 Band Die gesetzliche Krankenversicherung und die eingeschriebenen Hilfskassen bearbeitet von Andreas Hanlein Florian Tennstedt und Heidi Winter Darmstadt 2009 ebenda III Abteilung Ausbau und Differenzierung der Sozialpolitik seit Beginn des Neuen Kurses 1890 1904 5 Band Die gesetzliche Krankenversicherung bearbeitet von Wolfgang Ayass Florian Tennstedt und Heidi Winter Darmstadt 2012 Zur Entstehung des Unfallversicherungsgesetzes vgl Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914 I Abteilung Von der Reichsgrundungszeit bis zur Kaiserlichen Sozialbotschaft 1867 1881 2 Band Von der Haftpflichtgesetzgebung zur ersten Unfallversicherungsvorlage bearbeitet von Florian Tennstedt und Heidi Winter Stuttgart New York 1993 ebenda II Abteilung Von der Kaiserlichen Sozialbotschaft bis zu den Februarerlassen Wilhelms II 1881 1890 2 Band Teil 1 Von der zweiten Unfallversicherungsvorlage bis zum Unfallversicherungsgesetz vom 6 Juli 1884 bearbeitet von Florian Tennstedt und Heidi Winter Darmstadt 1995 ebenda II Abteilung Von der Kaiserlichen Sozialbotschaft bis zu den Februarerlassen Wilhelms II 1881 1890 2 Band 2 Teil Die Ausdehnungsgesetzgebung und die Praxis der Unfallversicherung bearbeitet von Wolfgang Ayass Darmstadt 2001 Wolfgang Ayass Der Kreis der Versicherten in Wolfgang Ayass Wilfried Rudloff Florian Tennstedt Sozialstaat im Werden Band 2 Schlaglichter auf Grundfragen Stuttgart 2021 S 106 132 Zur Entstehung des Invaliditats und Altersversicherungsgesetzes und dessen Implementierung vgl Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914 II Abteilung Von der kaiserlichen Sozialbotschaft bis zu den Februarerlassen Wilhelms II 1881 1890 6 Band Die gesetzliche Invaliditats und Altersversicherung und die Alternativen auf gewerkschaftlicher und betrieblicher Grundlage bearbeitet von Ulrike Haerendel Darmstadt 2004 Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914 III Abteilung Ausbau und Differenzierung der Sozialpolitik seit Beginn des Neuen Kurses 1890 1904 6 Band Die Praxis der Rentenversicherung und das Invalidenversicherungsgesetz von 1899 bearbeitet von Wolfgang Ayass und Florian Tennstedt Darmstadt 2014 Hans Ulrich Wehler Das deutsche Kaiserreich 1871 1918 Vandenhoeck und Ruprecht Gottingen 1977 S 147 f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sozialgesetzgebung amp oldid 236140056