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Der Sirbonische See auch Sirbonis altgriechisch Sirbwnidos limnh oder Sirbwnis lateinisch Serbonites Lacus arabisch مستنقع سربون DMG Mustanqaʿ Sirbun antike Bezeichnung Serbonissee war in der Antike ein Salzsee bzw Salzsumpf an der Kuste Agyptens Heute heisst der See Bardawil See nach der arabischen Form des Namens Balduin den mehrere Kreuzfahrerkonige trugen Sirbonischer SeeKarte des Sirbonischen SeesGeographische Lage AgyptenDatenKoordinaten 31 11 24 N 33 6 36 O 31 19 33 11 Koordinaten 31 11 24 N 33 6 36 OSirbonischer See Agypten Besonderheiten Salzsee Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung und Lage 2 Diodors Beschreibung der Barathra 3 Versinkende Heere 4 Sirbonischer See als Schilfmeer 5 Strabons Beschreibung und das Ekrhegma 6 Quellen 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseEntstehung und Lage BearbeitenDer See entstand durch Verfrachtung von Material das der heute verschwundene Pelusische Arm des Nils mit sich fuhrte Die von diesen Verfrachtungen gebildete Nehrung schnitt vom Mittelmeer ein Haff ab den Sirbonischen See Der See versumpfte durch Verdunstung und gewann durch aus der Wuste eingewehten Sand das Aussehen festen Landes weshalb Sirbonischer Sumpf eine sprichwortliche Bezeichnung tuckischen unsicheren Bodens wurde vor allem im englischen Sprachraum Grund dafur sind die Verse John Miltons 1 A gulf profound as that Serbonian Bog Betwixt Damiata and mount Casius old Where Armies whole have sunk Ein Abgrund tief gleich dem Sirbonschem Sumpf zwischen Damiata und dem Kasionberge liegend wo ganze Heere einst verschlungen wurden Am westlichen Ende der Nehrung lag Pelusium westlich davon das von Milton erwahnte Damiette etwa in der Mitte der Nehrung befand sich der Berg Kasion mit einem Heiligtum des Zeus Ammon und am ostlichen Ende der Nehrung lag Ostrakine Nach Herodot bezeichnet der See das ostliche Ende der Kuste Agyptens die sich von Plinithine nahe dem spateren Alexandria bis zum See uber 60 Schoinen etwa 600 km erstreckt 2 Dass Milton den See als einen Abgrund beschreibt erscheint bei dessen tatsachlicher Tiefe von hochstens drei Metern erstaunlich Es gibt allerdings die Sage dass Typhon das gigantische Ungeheuer der griechischen Mythologie an dieser Stelle von Zeus bezwungen und in den Abgrund der Erde versenkt worden sei 3 Es bleibt allerdings etwas unklar welcher Ort gemeint ist da im gleichen Kontext vom Kaukasus und von der Ebene von Nysa die Rede ist Diodors Beschreibung der Barathra BearbeitenDiodor gibt in seiner Bibliotheca historica eine Beschreibung des Sees die geeignet ist den Leser schaudern zu lassen Er schreibt uber den naturlichen Schutz der agyptischen Grenzen Und was die ostliche Grenze betrifft so ist sie zum Teil durch den Fluss zum Teil durch die Wuste und eine sumpfige Ebene namens Barathra 4 geschutzt Zwischen Koile Syrien und Agypten liegt namlich ein See der zwar ziemlich schmal aber sagenhaft tief ist Er ist ungefahr 200 Stadien lang und heisst Serbonis Fur alle die sich ihm nahern ohne Kenntnis seiner Natur lauern dort gefahrvolle Uberraschungen Da die Wasserflache schmal wie ein Band und auf allen Seiten von hohen Dunen umgeben ist tragt ein bestandiger Sudwind grosse Mengen an Sand auf den See Dieser Sand verbirgt das offene Wasser und verbirgt das Ufer das nicht unterscheidbar vom Land wird Daher sind schon viele ja ganze Armeen verschwunden die mit der eigentumlichen Natur des Ortes nicht vertraut waren und vom Weg abwichen Denn wenn man den Sand betritt gibt er nur langsam nach mit einer Art arglistiger Bosheit die Reisenden tauschend bis es zu spat fur die Umkehr ist wenn man Verdacht schopft und einander zu helfen beginnt ist es schon zu spat fur die Rettung Denn jemand der in den Morast gerat kann nicht schwimmen da der Schleim jede Bewegung behindert er kann aber ebenso wenig heraus waten da die Fusse keinen Grund finden Durch diese Mischung von Wasser und Sand und deren Natur ist sowohl zu Fuss als auch mit Booten eine Uberquerung unmoglich Daher werden jene die in das Gebiet geraten in die Tiefe gezogen ohne sich irgendwo anklammern zu konnen da der Sand am Rand mitrutscht Die Ebene hat daher zu Recht den Namen Barathra verdient Versinkende Heere BearbeitenBesonderes Interesse an dieser Beschreibung verdient die Erwahnung ganzer Armeen die im tuckischen Sand dort versunken seien Es stellt sich die Frage wann und wie das geschehen ist Diodor erwahnt dass zu Beginn des zweiten Feldzugs des Perserkonigs Artaxerxes III gegen Agypten 343 v Chr ein Teil der persischen Armee in der Barathra den Tod fand Als er Artaxerxes zu den Barathra oder Abgrunde genannten grossen Marschen kam verlor er einen Teil seiner Armee wegen seines Unwissens uber die Gegend 5 Das ist aber nicht der einzige Fall eines in der Barathra buchstablich versumpften Heeres den Diodor berichtet Fast 40 Jahre spater unternahm der Diadoche Antigonos I Monophthalmos einen Angriff auf Agypten Er brach 305 v Chr mit einem grossen Heer samt Elefanten von Gaza her auf wobei das Heer von einer begleitenden Flotte versorgt werden sollte Das wurde aber durch einen Sturm verhindert und das Heer erlitt in den Salzmarschen grosse Verluste 6 Sirbonischer See als Schilfmeer Bearbeiten nbsp Pharao und sein Heer versinken in der Salzflut Frederick Arthur Bridgman 1900 Hauptartikel Schilfmeer In Zusammenhang mit diesen Berichten war es naheliegend die versinkenden persischen Truppen mit dem in den Fluten versinkenden Heer des Pharao im Buch Exodus zu assoziieren Die biblische Version der Priesterschrift berichtet dass beim Auszug Israels aus Agypten das judische Volk nicht den kurzeren Weg uber die Strasse zum Philisterland nahm sondern einen anderen Weg durch die Wuste zum Schilfmeer hebraisch י ם סו ף yam suf altagyptisch Pa tiufi 7 8 Und JHWH sprach zu Mose Befiehl den Sohnen Israel sich zu wenden und vor Pi Hahirot zu lagern zwischen Migdol und dem Meer Vor Baal Zefon 9 diesem gegenuber sollt ihr euch am Meer lagern 2 Mos 14 2 ELB 10 Hier steckt ein Hinweis fur die Lokalisierung da der oben erwahnte Berg Kasion sich auf der Nehrung nordlich des Sirbonischen Sees befindet Von einem anderen Berg Kasion in Syrien dem heutigen Keldag in der Turkei sudlich der Orontesmundung ist aber bekannt dass auf ihm der Baal Zefon verehrt wurde und in griechisch romischer Zeit der mit diesem identifizierte Zeus Genau so war der agyptische Kasion ein Kultort des Amun bzw des mit ihm identifizierten Zeus Der syrische Kasion erscheint umgekehrt im Tanach als Gottersitz z B in Jes 14 13f ELB 11 Es gab eine in der Nahe der Mundung des Pelusischen Armes gelegene Grenzfestung des Ramses III westsemitisch Migdol Die Strasse zum Philisterland war die sudlich des Sirbonitischen Sees verlaufende Strasse von Migdol nach Gaza Damit gibt es eine Reihe von Anhaltspunkten das biblische Schilfmeer und Baal Zefon mit dem Sirbonischen See zu identifizieren Der erste Gelehrte der eine Route des Exodus entlang der Nehrung nordlich des Sirbonischen Sees vorschlug war Matthias Jacob Schleiden 12 der allerdings den See nicht mit dem Schilfmeer identifizierte sondern nach der Uberquerung der Nehrung die Juden nach Suden abdrehen liess zum nordlichen Ende des Golfes von Suez den er fur das Schilfmeer hielt Schilfmeer in HieroglyphenPa tiufi Pa tiufa P3 tjwfj Das Meer der Pflanzen des PapyrusdickichtsDer Orientalist Heinrich Brugsch griff diese Theorie 1874 auf sah jetzt allerdings den Sirbonischen See als die wahrscheinlichere Lokalisierung des Schilfmeers Auch heute noch hat die Theorie bedeutende Vertreter z B Alan Gardiner 13 und James Karl Hoffmeier 14 wenn man auch nicht sagen kann dass sie sich ganz durchgesetzt hatte Als gewichtiges Argument galt die geanderte Ubersetzung des biblischen Bezeichnung Jam Suf י ם סו ף als Schilfmeer und in Zusammenhang damit die Frage ob das agyptische Schilfmeer hieroglyphisch Pa tiufi mit dem hebraischen Jam Suf etymologisch zusammenhangt Zuvor hatte man einer Tradition der Septuaginta folgend Jam Suf als Rotes Meer ubersetzt Fur ein mit Rohricht oder Papyrus bestandenes Gewasser kommt ein Inlandsee Brackwasser oder Salzsee weit eher in Frage als eine Meereskuste Strabons Beschreibung und das Ekrhegma BearbeitenStrabon gibt in seiner Geographika folgende Beschreibung des Sirbonischen Sees und seiner Umgebung Die Gegend von Gaza ist unfruchtbar und sandig und noch mehr gilt das fur die anschliessende Region in der sich der Sirbonische See befindet der fast parallel zum Meer sich erstreckt Dazwischen gibt es einen schmalen Landstreif der bis zum sogenannten Ekrhegma reicht Die Lange des Streifens ist 200 15 und die grosste Breite 50 Stadien 16 Das Ekrhegma ist mit Erde gefullt Dann folgt ein weiterer Landstreifen bis Kasion und dann bis Pelusium Der Kasion ist ein sandiger Hugel ohne Wasser der eine Landzunge bildet Dann kommt die Strasse nach Pelusium an der Gerra liegt 17 Ekrhegma ἔkregma bezeichnet einen Ausfluss oder einen Durchbruch Aus Strabons ist daher zu entnehmen dass zu seiner Zeit die Nehrung geschlossen der See also tatsachlich ein See bzw ein Sumpf war dass es aber zuvor eine Zeit gab in der eine Verbindung zwischen Meer und See bestand der Sirbonische See also eigentlich eine Lagune war Dieser Wechsel zwischen Lagune See und Sumpf setzt sich bis in die Neuzeit fort Noch im 19 Jahrhundert war die Nehrung geschlossen wie man z B auf der Karte der Lepsius Expedition deutlich sehen kann 18 In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Gegend als tuckischer Salzsumpf beschrieben 19 Heute ist der Sirbonische See wieder eine Lagune da in der Nehrung eine breite kunstliche Offnung geschaffen wurde Jede dieser Veranderungen bewirkt eine massive Umgestaltung der Landschaft Hinzu kommen Dunenbildung und Dunenwanderung wodurch grosse Areale im Laufe weniger Jahre tief unter Sand begraben oder umgekehrt wieder freigegeben werden konnen Beispielsweise ist der Sandhugel bei Kasion fast 30 m hoch Ein weiteres Moment der Dynamik des Gebietes bilden die tektonischen Krafte Strabon berichtet an anderer Stelle 20 dass durch ein Erdbeben Teile der Sirbonis plotzlich abgesenkt und andere umgekehrt angehoben wurden Quellen BearbeitenDiodor Bibliotheke historike 1 30 Plinius der Altere Naturalis historia 5 12 Strabon Geographika 1 2 31 1 3 4 16 1 12 16 2 26 f 16 2 32 f 17 1 11 Literatur BearbeitenHeinrich Brugsch L Exode et les monuments egyptiens Hinrichs Leipzig 1875 Vortrag gehalten auf dem Orientalistenkongress in London 17 September 1874 archive org Englische Ubersetzung in A history of Egypt under the Pharaohs derived entirely from the monuments to which is added a discourse on the Exodus of the Israelites Band 2 2 Auflage Murray London 1881 S 357 432 archive org Herbert Donner Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachbarn in Grundzugen Grundrisse zum Alten Testament Band 4 Nr 1 und Nr 2 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2001 ISBN 3 525 51679 7 William Bodham Donne Sirbonis Lacus In William Smith Dictionary of Greek and Roman Geography London 1854 Otto Eissfeldt Baal Zaphon Zeus Kasios und der Durchzug der Israeliten durchs Meer Niemeyer Halle 1932 Glen A Fritz The Lost Sea of Exodus A Modern Geographical Analysis Dissertation Texas State University San Marcos 2006 ISBN 1 59872 745 1 S 161ff eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Rainer Hannig Grosses Handworterbuch Agyptisch Deutsch 2800 950 v Chr von Zabern Mainz 2006 ISBN 3 8053 1771 9 Eliezer D Oren Migdol A New Fortress on the Edge of the Eastern Nile Delta In Bulletin of the American Schools of Oriental Research Nr 256 Herbst 1984 S 7 44 Matthias Jacob Schleiden Die Landenge von Sues Zur Beurtheilung des Auszuges der Israeliten aus Agypten Nach den alteren und neueren Quellen dargestellt Engelmann Leipzig 1858 Rudolf Sellheim Fritz Maass Otto Eissfeldt Kleine Schriften Band 2 Mohr Tubingen 1963 Weblinks BearbeitenMeerwundererzahlung WiBiLex Am Bardawil See NZZ FotostreckeEinzelnachweise Bearbeiten John Milton Alastair Fowler Paradise Lost Longman annotated English poets 2nd edition Pearson Longman Harlow GB New York 2007 ISBN 978 1 4058 3278 6 S 592 595 Herodot Historien 2 6 Apollonios von Rhodos Argonautika 2 1215 Bara8ra verschlingender Abgrund Barathron hiess die Kluft hinter der Burg in Athen in die Verbrecher gesturzt wurden Diodor Bibliotheke historike 16 46 5 Diodor Bibliotheke historike 20 73 4 Herbert Donner Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachbarn in Grundzugen Gottingen 2001 S 110 2 Mos 13 18 ELB hebraisch בעל צפון Vergleiche auch 4 Mos 33 7 EU Dort wird Zefon als Norden ubersetzt was daher ruhrt dass das hebraische Wort fur Norden sich von dem von Israel aus gesehen im Norden liegenden heiligen Berg Kasion herleitet G A Fritz The Lost Sea of Exodus San Marcos 2006 S 160 Alan Gardiner The Geography of the Exodus In Recuil d etudes egyptologiques dedies a la memoire Jean Francois Champollion Bibliotheque de l ecole des hautes etudes Paris 1922 S 203 215 James K Hoffmeier Ancient Israel in Sinai the evidence for the authenticity of the wilderness tradition Oxford University Press Oxford 2005 ISBN 0 19 515546 7 37 km 9 25 km Strabon Geographika 16 2 32 f L de Bellefonds H Kiepert General Karte von Aegypten Berlin 1859 Antiquities on the Desert Coast between Egypt and Palestine In The Geographical Journal Bd 55 Nr 6 Juni 1920 S 464 467 Strabon Geographika 16 2 26 f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sirbonischer See amp oldid 230860052