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Als Rintfleisch Pogrom oder Rintfleisch Verfolgung wird ein im Jahre 1298 vor allem in Franken aber auch in der Oberpfalz und anderen Teilen Altbayerns verubter Massenmord an Juden bezeichnet Inhaltsverzeichnis 1 Ausbruch der Verfolgung am 20 April 1298 2 Historischer Hintergrund 3 Zahl der Getoteten 4 Verlauf und geographische Ausdehnung der Verfolgung 5 Die letzten Massaker 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseAusbruch der Verfolgung am 20 April 1298 BearbeitenIn der kleinen Stadt Rottingen gab es Geruchte uber eine Hostienschandung 1 Eine Gruppe von Judenschlagern zog unter der Anfuhrung des nobilis Rintfleisch oder Konig Rintfleisch lateinisch auch quidam nobilis dictus rex Rintfleisch 2 durch Franken und angrenzende Gebiete und verubte Massaker an den ortlichen judischen Gemeinden Am 20 April 1298 wurden in einem ersten Massaker die 21 Juden der Stadt Rottingen auf dem Scheiterhaufen verbrannt 3 Rintfleisch der in den Quellen teilweise als verarmter Ritter und meist als carnifex Fleischer aber auch Scharfrichter bezeichnet wird verkundete er habe vom Himmel eine personliche Botschaft erhalten und sei zum Vernichter aller Juden ernannt worden Rintfleisch dessen Vorname nicht uberliefert ist war wahrscheinlich kein Adliger In Betracht kommt gemass Turnau 4 ein gewisser Johann von Rinberg Historischer Hintergrund BearbeitenDie Rintfleisch Verfolgung ist in ihrer raumlichen Ausdehnung und Heftigkeit ohne die Thronstreitigkeiten zwischen Albrecht I von Osterreich und Adolf von Nassau nicht zu verstehen Ihretwegen war ein bedeutender Teil der frankischen Landesherren bis zur entscheidenden Schlacht bei Gollheim am 2 Juli 1298 und noch kurz danach mit bedeutenden Truppenkontingenten abwesend Zahl der Getoteten BearbeitenDer Hohepunkt der Massaker war in der zweiten Julihalfte im August ebbten die Verfolgungen ab den Schlusspunkt bildete die Vernichtung der judischen Gemeinde von Heilbronn am 19 Oktober 1298 Insgesamt wurden mindestens 4000 bis 5000 Juden ermordet die judischen Gemeinden vieler Stadte in Franken wurden ausgerottet Die Gemeinde in Rothenburg ob der Tauber wurde in vier Wochen drei Mal angegriffen Am 25 Juni waren 53 Tote zu beklagen nach anderer Quelle 57 am 18 Juli weitere mindestens 36 der Rest der Gemeinde knapp 450 Menschen floh daraufhin in die Rothenburger Reichsburg die ab Sonntag 20 Juli belagert und am 22 Juli eingenommen wurde alle Juden wurden umgebracht In Wurzburg waren am 24 Juli 1298 etwa 900 Ermordete zu beklagen 3 ausgerottet wurden auch die Gemeinden in Nordlingen Heideck Weissenburg nach 26 Juli Berching 27 Juli etwa 30 Getotete Neumarkt in der Oberpfalz 27 Juli mindestens 40 Getotete nach einer anderen Quelle 65 darunter auch einige Christen die versucht hatten Juden zu schutzen Bamberg 27 Juli mehr als 130 Getotete und Nurnberg 1 August 1298 628 Ermordete 5 3 Die Namen von 3441 ermordeten Juden aus 44 Blutstadten werden im Nurnberger Memorbuch aufgelistet Die judischen Gemeinden in Regensburg und Augsburg wurden durch die Magistrate dieser Freien Reichsstadte geschutzt Aus Regensburg ist uberliefert dass der Rat der Stadt den Schutz der Juden gegen einen Teil der eigenen Burgerschaft durchsetzen musste Wann genau versucht wurde die Juden auch in diesen beiden Stadten auszurotten ist nicht uberliefert In Augsburg verpflichtete sich die judische Gemeinde in einer Urkunde vom 23 August 1298 dazu innerhalb von vier Jahren auf eigene Kosten einen Teil der Stadtmauer neu zu errichten Da dies zu Ehren der Stadt geschehen sollte 6 hatte die Rettung vor dem Pogrom wahrscheinlich kurz zuvor stattgefunden Verlauf und geographische Ausdehnung der Verfolgung BearbeitenDer Zug von Konig Rintfleisch lasst sich insbesondere im Ausgangsgebiet der Verfolgung sowie im Raum Hohenlohe und Heilbronn recht genau verfolgen Die ersten Ausschreitungen im Kerngebiet fanden am 23 Juni gegen die judischen Gemeinden in Bad Windsheim mindestens 54 Verbrannte und Neustadt an der Aisch mindestens 60 Verbrannte bzw 71 Tote 7 sowie im Markt Erlbach mehrere Tote 8 statt es folgten die Massaker in Iphofen 24 Juni 25 Getotete Markt Bibart vermutlich am 24 oder 25 Juni mehr als zwolf Getotete die erste Attacke auf die Gemeinde in Rothenburg o d T 25 Juni und anschliessend weitere Ubergriffe auf die Juden in Ochsenfurt 28 29 Juni sowie in Bad Mergentheim 30 Juni Etwas weiter westlich folgten rund drei Wochen spater Sindringen 22 Juli Tauberbischofsheim dessen judische Gemeinde am 24 Juli im nahegelegenen Gamburg massakriert wurde Mockmuhl 25 Juli Krautheim 26 Juli Mosbach 28 Juli und Widdern 29 Juli Massaker deren genaues Datum nicht uberliefert ist geschahen ausserdem u a in Lauda Walldurn Wertheim Ohringen Ingelfingen Kunzelsau Stetten Creglingen Weinsberg Waldenburg Forchtenberg Guglingen Leonberg Sontheim 9 und Weikersheim Da die Orte mit taggenau datierten Massakern nicht auf einer Linie liegen haben sich die Verfolger offenbar auf mehrere Gruppen aufgeteilt Massaker in Wurzburg am 23 Juli 60 km entfernt von Sindringen 22 Juli Dafur spricht auch sonst die grosse geographische Distanz von rund 350 Kilometern der in wenigen Wochen insgesamt heimgesuchten judischen Gemeinden von einigen Orten im Raum Sommerda Thuringen im Norden bis ins sudliche Oberschwaben im Suden Die letzten Massaker BearbeitenDie letzten drei Verfolgungen trafen am 17 August Gartach am 20 September Weinheim am Odenwald und schliesslich am 19 Oktober 1298 die judische Gemeinde von Heilbronn deren 143 nach einer anderen Quelle 200 Mitglieder ermordet wurden Das mit 136 nach anderen Quellen 133 Opfern angegebene Gartach wird als Kleingartach verstanden 10 11 12 Konig Albrecht I liess Rintfleisch und weitere Anfuhrer der Massaker schliesslich vermutlich verbannen nach einer anderen spateren und eventuell tendenziosen Quelle hingegen festnehmen enteignen und aufhangen Die Stadte in denen Juden getotet worden waren seien demnach zu Geldstrafen an den Konig verurteilt worden Die Verfolgungen wurden in den Historiae Memorabiles dokumentiert Literatur BearbeitenFriedrich Lotter Die Judenverfolgung des Konig Rintfleisch in Franken um 1298 Die endgultige Wende in den christlich judischen Beziehungen im deutschen Reich des Mittelalters In Zeitschrift fur historische Forschung 4 1988 S 385 422 JSTOR 43567821 Miri Rubin Gentile Tales The Narrative Assault on Late Medieval Jews University of Pennsylvania Press Philadelphia 2004 ISBN 0 8122 1880 9 S 48 ff Rainer Erb Rintfleisch Verfolgung In Lexikon des Mittelalters LexMA Band 7 LexMA Verlag Munchen 1995 ISBN 3 7608 8907 7 Sp 858 Reuven Michael Rindfleisch In Encyclopaedia Judaica 2 Auflage Band 17 Detroit New York u a 2007 ISBN 978 0 02 865945 9 S 334 335 englisch Weblinks BearbeitenGotthard Deutsch S Mannheimer Rindfleisch In Isidore Singer Hrsg Jewish Encyclopedia Funk and Wagnalls New York 1901 1906 Friedrich Lotter Rintfleisch Verfolgung 1298 In Historischen Lexikon Bayerns Einzelnachweise Bearbeiten Rottingen Landkreis Wurzburg Judische Geschichte In Alemannia Judaica abgerufen am 21 Januar 2019 Zu Namens und Berufsvarianten siehe Volker Turnau Politische Motive bei Judenverfolgungen im Reich wahrend der zweiten Halfte des 13 und zu Beginn des 14 Jahrhunderts o O 7 Juli 2013 S 11 ff auch Anm 2 ff hbz nrw de PDF 563 kB a b c Artikel der Jewish Encyclopedia s Weblinks abgerufen am 23 Dezember 2008 Volker Turnau Politische Motive bei Judenverfolgungen im Reich wahrend der zweiten Halfte des 13 und zu Beginn des 14 Jahrhunderts o O 7 Juli 2013 S 2 83 hier S 14 u o hbz nrw de PDF 563 kB Nurnberger Stadtlexikon hrsg von Michael Diefenbacher et al Verlag W Tummels Nurnberg 2 Auflage 2000 S 501 Zitat Wir diu gemain der juden in der stat ze Auspurch si sein genent oder niht arme und riche tun chunt allen den die disen brief lesent hoerent oder sehent daz wir der stat ze eren und ze nuz und dem richen ze dienst ain mawr machen wellen vor unserm chirchof hindan fuer der stat maur zem heiligen chruece untz an den graben in vier iaren Adolf Eckstein Geschichte der Juden im Markgrafentum Bayreuth B Seligsberg Bayreuth 1907 S 1 Digitalisat http vorlage digitalisat test 1 3Dhttp 3A 2F 2Fsammlungen ub uni frankfurt de 2Ffreimann 2Fcontent 2Fpageview 2F639665 GB 3D IA 3D MDZ 3D 0A SZ 3D doppelseitig 3D LT 3D PUR 3D in der Freimann Sammlung Max Dollner Entwicklungsgeschichte der Stadt Neustadt an der Aisch bis 1933 Ph C W Schmidt Neustadt a d Aisch 1950 OCLC 42823280 Neuauflage anlasslich des Jubilaums 150 Jahre Verlag Ph C W Schmidt Neustadt an der Aisch 1828 1978 Ebenda 1978 ISBN 3 87707 013 2 S 163 f Unklar vermutlich Sontheim bei Heilbronn Vgl Sontheim Stadt Heilbronn Judische Geschichte Betsaal Synagoge In alemannia judaica de abgerufen am 21 Januar 2019 Angerbauer Frank Judische Gemeinden in Kreis und Stadt Heilbronn In Schriften des Landkreises Heilbronn 1 Heilbronn 1986 S 125 126 Joachim Hahn Geschichte der Juden im Kraichgau In Kraichgau Folge 9 1985 ZDB ID 127933 6 S 158 Peter Beisel Judische Spuren in unserer Heimat In Kraichgau Folge 17 2002 S 97 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rintfleisch Pogrom amp oldid 231848026