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Richard Steidle 20 September 1881 in Untermais Osterreich Ungarn 30 August 1940 im KZ Buchenwald Deutschland war Rechtsanwalt und Abgeordneter der Christlichsozialen Partei im Tiroler Landtag und im Bundesrat sowie Sicherheitsdirektor fur Tirol und der Grundervater und langjahrige Landesfuhrer der Tiroler Heimatwehr Als Heimwehrfuhrer und Redner bei zahlreichen politischen Veranstaltungen erlangte der ehrgeizige Steidle der ein uberzeugter Gegner der Sozialdemokratie war politischen Parteien und dem Parlamentarismus ablehnend gegenuberstand und fur ein autoritares politisches System eintrat rasch osterreichweite Bekanntheit Der Bundesfuhrer der osterreichischen Heimwehr Richard Steidle Mitte der stellvertretende steirische Fuhrer Reinhart Bachofen von Echt links und der steirische Kreisfuhrer Hans von Pranckh rechts hinten Foto auf der Heimwehr Tribune bei der Heimwehrversammlung auf der Neuklosterwiese beim Aufmarsch der Heimwehr und des Schutzbundes in Wiener Neustadt am 7 Oktober 1928Nach dem 1927 erfolgten Zusammenschluss aller osterreichischen Heimwehrlandesverbande zum Osterreichischen Heimatschutz womit auch die Schaffung einer Dachorganisation der Heimwehrverbande einherging war Steidle bis 1930 dessen erster Bundesfuhrer Als solcher hatte er wesentlichen Anteil daran dass sich die Heimwehren im so genannten Korneuburger Eid auf ein faschistisches Programm festlegten Dieses wurde allerdings von weiten Kreisen des politischen Establishments abgelehnt und stiess zum Teil selbst innerhalb der Heimwehrbewegung auf Skepsis Steidles Machtstellung wurde dadurch geschwacht was auch den Verlust seiner Funktion als Bundesfuhrer zur Folge hatte Er blieb aber Landesfuhrer der Tiroler Heimatwehr Als solcher und in seiner Funktion als Sicherheitsdirektor fur Tirol war er weiterhin massgeblich an der Aushohlung der Demokratie in Osterreich beteiligt Mitte 1934 wurde er politisch aber weitgehend entmachtet und auf den Posten eines Generalkonsuls in Triest abgeschoben Nach dem Anschluss Osterreichs an Hitler Deutschland wurde er von den Nationalsozialisten die er in seiner Funktion als Sicherheitsdirektor vehement bekampft hatte verhaftet und ins KZ Buchenwald eingewiesen wo er 1940 verstarb Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Bewertung 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenRichard Steidle war der Sohn wurttembergischer Einwanderer und studierte an der Universitat Innsbruck Rechtswissenschaften Dort wurde er Mitglied der katholischen Studentenverbindung AV Austria Innsbruck im OCV Er war ausserdem seit 1901 Mitglied der K o St V Almgau Salzburg im MKV Mit Beginn des Ersten Weltkriegs wurde er Militargerichtsakzessist da er fur den Wehrdienst untauglich war Nach dem Krieg eroffnete er eine Rechtsanwaltskanzlei und wurde bereits 1919 als Abgeordneter der Christlichsozialen Partei in den Tiroler Landtag gewahlt dem er bis zu dessen Selbstauflosung am 27 Februar 1934 angehorte Ferner war er vom 30 Oktober 1918 bis zum 6 Juni 1921 und dann erneut vom 23 Marz 1933 bis zum 9 November 1934 Mitglied der Tiroler Landesregierung und vom 27 Janner 1922 bis 14 April 1931 Bundesratsmitglied 1 Daneben war er im August 1919 gemeinsam mit Sepp Straffner Grundungsmitglied des Tiroler Antisemitenbundes 2 und rief am 12 Mai 1920 offiziell die Tiroler Heimatwehr ins Leben als deren Vorlaufer die zahlreichen Burger und Ortswehren anzusehen sind die 1918 19 in Tirol entstanden waren Bis 1934 blieb er unumstrittener Landesfuhrer der Heimatwehr Im Gegensatz zu den meisten anderen Heimwehrfuhrern setzte sich Steidle schon sehr fruh fur einen Zusammenschluss der bewaffneten Formationen der politischen Rechten Osterreichs ein und forderte einen grundlegenden Wandel der Heimwehren von einer passiven Schutztruppe zu einer aktiven Erneuerungsbewegung 3 Zu diesem Zweck bahnte er auch Verbindungen zu rechts stehenden Organisationen und Politikern in Bayern seit 1919 Ungarn seit 1927 und Italien seit 1930 an Besonders erfolgreich gestaltete sich anfangs die Zusammenarbeit mit den rechten Organisationen in Bayern wie beispielsweise der Organisation Kanzler Orka Sie belieferten die Tiroler Heimatwehr nicht nur mit Gewehren und Maschinengewehren sondern bezahlten zunachst auch das Gehalt Waldemar Pabsts eines deutschen Freikorpsfuhrers der nach dem gescheiterten Kapp Putsch aus dem Deutschen Reich geflohen war in Osterreich das Bleiberecht erhalten hatte seit November 1920 fur die Heimwehr tatig war und 1922 Landesstabsleiter der Tiroler Heimatwehr wurde 4 Steidle war es wesentlich zuzuschreiben dass sich 1927 die verschiedenen Landesverbande der osterreichischen Heimwehren zu einer Dachorganisation dem Bund der osterreichischen Selbstschutzverbande zusammenschlossen Als dessen erster Bundesfuhrer war er auch massgeblich daran beteiligt dass die Heimwehren mit dem so genannten Korneuburger Eid den er auf einer Generalversammlung des Heimatschutzverbandes Niederosterreich am 18 Mai 1930 verlas ein offenes Bekenntnis zum Faschismus ablegten Der Versuch der von Anfang an heterogenen osterreichischen Heimwehrbewegung mit dem Bekenntnis zum Faschismus quasi im Nachhinein eine Ideologie uberzustulpen starkte diese jedoch nicht Bei der Bundesregierung den Parteien der Presse und selbst bei Teilen der Heimwehrbewegung stiess der Korneuburger Eid uberwiegend auf Ablehnung Steidles Stellung innerhalb der Heimwehrbewegung wurde dadurch geschwacht und im September 1930 musste er seine Funktion als Bundesfuhrer an Ernst Rudiger Furst Starhemberg abgeben Uberdies wurde er wegen seiner Tatigkeit als Heimwehrfuhrer die bei seinen Parteikollegen fur anhaltende Missstimmung sorgte am 21 Dezember 1930 sogar aus der Bundesratsfraktion der Christlichsozialen ausgeschlossen ein bis dahin einzigartiger Fall Der Heimwehr Grunder Steidle hatte in der Tiroler Landeshauptstadt auch etliche Gegner der politischen Linken Im Zuge der Hottinger Saalschlacht 1932 wurde er am Heimweg in der Strassenbahn von einer aufgebrachten Menge mit Steinen beworfen 5 Steidle blieb aber auch nach seinem Abgang als Heimwehrbundesfuhrer der unumstrittene Landesfuhrer der Tiroler Heimatwehr und hatte als solcher weiterhin Gelegenheit Einfluss auf das politische Geschehen dieses Bundeslandes zu nehmen Hier war der Heimatwehr mittlerweile in den Nationalsozialisten die ab 1933 zunehmend erstarkten ein neuer politischer Gegner erwachsen dem nun verstarkt der Kampf angesagt wurde Bereits im Marz 1933 wurde die Heimatwehr von der Tiroler Landesregierung als permanente Hilfspolizei anerkannt und Steidle zum Sicherheitsreferent der Landesregierung bestellt Am Abend des 11 Juni 1933 wurde Steidle Opfer eines nationalsozialistischen Attentats wobei er am rechten Unterarm schwer verletzt wurde Einer der beiden Tater Werner von Alvensleben wurde im November zu drei Jahren Kerkerhaft verurteilt am 31 Dezember 1933 begnadigt und entlassen 6 7 Am 17 Oktober 1933 wurde Steidle zum Sicherheitsdirektor fur Tirol bestellt In dieser Funktion die er bis 31 Dezember 1933 bekleidete liess er Sozialdemokraten und Nationalsozialisten gleichermassen bekampfen und war so mitverantwortlich fur die immer starker auf eine Eskalation zusteuernde osterreichische Innenpolitik Der Auftakt dazu kam aus Tirol wo es am 30 Janner 1934 in zahlreichen Orten zu bewaffneten Grossaufmarschen der Heimatwehr und zur Forderung nach Einsetzung einer autoritaren Landesregierung kam Dem Tiroler Beispiel folgten kurz danach auch die Heimwehrverbande der anderen Bundeslander sodass es im gesamten Bundesgebiet quasi zu einem rollenden Heimwehr Putsch kam 8 Die Folge war eine bis dahin kaum jemals da gewesene innenpolitische Hochspannung die sich schliesslich in den Februarkampfen gegen die Sozialdemokraten entlud Die nachste innenpolitische Eskalation den Juliputsch der Nationalsozialisten erlebte Steidle der ab 4 November 1933 zusatzlich noch das Amt eines Bundeskommissars fur Propaganda ubernommen hatte allerdings nicht mehr als direkt Involvierter Bereits am 15 Juli 1934 war er zum Generalkonsul in Triest ernannt worden was de facto einer politischen Kaltstellung gleichkam Er erfullte diese Funktion bis 1938 Nach dem Anschluss Osterreichs ans Deutsche Reich wurde er von den Nationalsozialisten die er als Sicherheitsdirektor mit aller Harte bekampft hatte sofort verhaftet und schliesslich ins KZ Buchenwald eingewiesen wo er im August 1940 umkam Bewertung BearbeitenRichard Steidle war ein sehr wirkungsvoller 9 ja geradezu brillanter Redner der lange Zeit grossen Einfluss auf die Masse der Heimwehrleute ausubte 10 Er war auch der einzige der hoheren Heimwehrfuhrer der langere analytische Artikel veroffentlichte und sich in sachlicher Weise mit Publikationen der politischen Gegner beschaftigte Von Anfang an vertrat er die Ansicht dass die Heimwehr als eine nur auf Osterreich beschrankte Bewegung schwer an politischem Gewicht gewinnen konne und bemuhte sich daher um einen Zusammenschluss der wehrhaften Krafte der Rechten in Osterreich und um Unterstutzung aus dem Ausland 11 Als einen moglichen Endpunkt dieser Vereinigungsbestrebungen auf nationaler und internationaler Ebene nannte er 1930 die Grundung einer nationalen Internationale 12 In diesem Zusammenhang ist daher auch sein Versuch zu sehen der zerklufteten und in sich zerstrittenen Heimwehrbewegung mit dem Korneuburger Eid endlich ein klares politisches Programm zu geben Steidles Bemuhungen um eine Vereinigung war letztlich jedoch kein Erfolg beschieden die landesspezifischen Unterschiede der Heimwehrbewegung eine Folge des nahezu gleichzeitigen Entstehens von Heimwehrgruppen in den verschiedenen osterreichischen Bundeslandern konnten nie wirklich ausgeglichen werden Hinzu kam dass sich Steidle weder mit Walter Pfrimer und Ernst Rudiger Starhemberg den beiden anderen bedeutenden Heimwehrfuhrern noch mit Bundeskanzler Engelbert Dollfuss gut vertrug Sein eigenes Scheitern und das der Heimwehrbewegung als einer politischen Erneuerungsbewegung in Osterreich waren damit quasi vorprogrammiert Am Ende standen der Triumph der Nationalsozialisten denen die Heimwehrbewegung den Weg bereitet hatte und Steidles Tod im Konzentrationslager Literatur BearbeitenIsabella Ackerl und Friedrich Weissensteiner Osterreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik Verlag Carl Ueberreuter Wien 1992 ISBN 3 8000 3464 6 Eduard Sieber Richard Steidle Seminararbeit an der Universitat Wien Wien 1964 Walter Wiltschegg Die Heimwehr Eine unwiderstehliche Volksbewegung Studien und Quellen zur osterreichischen Zeitgeschichte Bd 7 Verlag fur Geschichte und Politik Wien 1985 ISBN 3 7028 0221 5 Ch Mentschl Steidle Richard In Osterreichisches Biographisches Lexikon 1815 1950 OBL Band 13 Verlag der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften Wien 2010 ISBN 978 3 7001 6963 5 S 143 Richard Schober Steidle Richard In Neue Deutsche Biographie NDB Band 25 Duncker amp Humblot Berlin 2013 ISBN 978 3 428 11206 7 S 123 Digitalisat Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Richard Steidle im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Richard Steidle auf den Webseiten des osterreichischen Parlaments Eintrag zu Richard Steidle Politiker im Austria Forum im AEIOU Osterreich Lexikon Einzelnachweise Bearbeiten Falls nicht anders angegeben beruhen alle folgenden Daten zum Leben Steidles und seiner politischen Tatigkeit auf Wiltschegg 1985 S 187 193 und Ackerl Weissensteiner 1992 S 464 Niko Hofinger Unsere Losung ist Tirol den Tirolern Antisemitismus in Tirol 1918 1938 academia edu abgerufen am 4 Dezember 2018 Wiltschegg 1985 S 192 Wiltschegg 1985 S 152f Die Ereignisse der Hottinger Saalschlacht In Innsbrucker Stadtnachrichten vom 17 Juli 1985 Nr 7 S 10 12 Drei Jahre schweren Kerkers fur Alvensleben In Neue Freie Presse Nr 24856 Wien 22 November 1933 S 7 f Online auf ANNO AustriaN Newspapers Online Begnadigung Werner von Alvenslebens In Wiener Zeitung Band 231 Nr 1 Wien 2 Januar 1934 S 6 Online auf ANNO AustriaN Newspapers Online Earl C Edmondson Heimwehren und andere 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