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Renaissancelaute bezeichnet eine Knickhals Laute in Quart Terz Stimmung wie sie in Europa ca von 1500 bis 1620 also der Zeit der Renaissance erstmals in Gebrauch war Vittore Carpaccio Musizierender Engel mit Knickhalslaute Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Lautentechnik 2 1 Stimmung 2 2 Konstruktion 3 Zentren des Lautenbaus zur Zeit der Renaissance 4 Bedeutende Komponisten und Instrumentalisten der Renaissancelaute Auswahl 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenNach Europa kamen Vorformen der europaischen Laute moglicherweise durch Kreuzfahrer Vielleicht fand sie ihren Weg nach Mitteleuropa auch schon fruher uber das maurische Spanien oder auf dem Weg durch das an Persien grenzende byzantinische Reich In Europa erhielt die Laute Bunde aus Darmsaiten Entscheidend war aber der Ubergang vom Plektrumspiel zum Fingeranschlag Arnold Schlick und Hans Judenkonig zu Beginn des 16 Jahrhunderts Damit beginnt das fur die Renaissance typische polyphone Solospiel Fur die Laute wurden dazu auch eigene Griffschriften Tabulaturen Lautentabulaturen entwickelt nbsp Renaissancelaute Detail aus einem Werk Hans Holbeins 1533Erste schriftliche Uberlieferung der Musik findet sich kurz nach 1500 beim italienischen Lautenisten Francesco Spinacino 1 Neben Tabulaturen vokaler Musik und instrumentaler Tanzmusik zeigen sich bereits selbststandige instrumental komponierte Solostucke Ricercar Die Emanzipation der Instrumentalmusik fuhrt bei der Laute zur Schaffung freier Formen wie Toccata Fantasie und Praludium Giulio Cesare Barbetta 1540 1603 gilt als der erste Komponist der fur die siebenchorige Laute Noten schrieb und publizierte Zentren des Lautenspiels sind zu dieser Zeit Venedig Rom Frankreich und Suddeutschland Die Hofkapelle des Kurfursten Maximilian I in Munchen mit dem Lautenisten Michelangelo Galilei 2 ist hier ebenso zu erwahnen wie der franzosische Konigshof Um 1600 erlebt dann das elisabethanische Lautenlied in England seine Blute John Johnson 1540 1594 Anthony Holborne 1545 1602 und Daniel Bacheler 1572 1619 schliesslich John Dowland 1563 1626 und sein Sohn Robert 1591 1641 zahlen zu den bedeutendsten Lautenisten ihrer Zeit Allein von John Dowland sind etwa 100 Solo Kompositionen fur 6 bis 9 chorige Laute erhalten Sie gehoren zu den anspruchsvollsten und ausgereiftesten Werken fur dieses Instrument und zahlen heute zum festen Repertoire nahezu aller Lautenisten und klassischer Gitarristen Die Blute des franzosischen Air de court bei dem die Laute zunachst die selbstandige instrumentale Begleitung des Gesanges ubernimmt Gabriel Bataille Nicholas Lanier beschreibt den Ubergang zur Barocklaute und anderen Lauteninstrumenten wie Mandora Theorbe Chitarrone und Angelique bis die Laute schliesslich von anderen Saiten und Tasteninstrumenten verdrangt wurde Erst mit der Wiederentdeckung der Alten Musik wahrend des 20 Jahrhunderts erfuhr die Laute in ihren verschiedenen Formen eine Wiederbelebung Lautentechnik BearbeitenStimmung Bearbeiten Die Renaissancelaute steht in der Regel in Terz Quart Stimmung ahnlich der Gitarre jedoch bei sechs Choren mit dem Terz Intervall zwischen dem dritten und vierten Chor Die absolute Tonhohe war zunachst nicht festgelegt In zeitgenossischen Lehrwerken wird oft empfohlen den hochsten Chor einfach so hoch wie moglich zu stimmen Bei einer Mensur von etwa 59 cm ergeben sich fur die Altlaute mit den ublichen Darmseiten beispielsweise folgende typische Stimmungen 6 chorige Stimmung Gg cc ff aa d d g im deutschsprachigen Raum auch Aa dd gg hh e e a 3 7 chorige Stimmung Ff Gg Cc ff aa d d g 8 chorige Stimmung Dd Ff Gg Cc ff aa d d g nbsp Syntagma musicum von Michael Praetorius Links Blatt XVI insbesondere Nr 3 Chor Laute Neben der Recht Chorist oder Alt Laute die Alt Laute wurde im Syntagma musicum Chor Laute und wird heute noch auch Chorlaute genannt werden von Michael Praetorius 1618 auch die Klein Octavlaut die Klein Discantlaut die Discant Laut die Tenor Laute der Bass und die Gross Octav Bass Laut beschrieben Die Tonhohe der hochsten Saite umfasste dementsprechend ein Spektrum von g bis d 4 Konstruktion Bearbeiten nbsp Lautenmacher um 1568Die Renaissancelaute hat einen aus vielen Holzspanen tranenformig zusammengesetzten Schallkorper Muschel Verwendung fand haufig Eibenholz Die Decke besteht meist aus Fichtenholz und ist im Inneren der Laute durch mehrere Balken unterteilt Der Hals ist mit der Muschel und dem Holzklotz unter der Decke so verleimt dass Griffbrett und Decke in einer Ebene liegen In die Decke ist eine Rosette Schallloch geschnitzt Zwischen Rosette und unterer Deckenkante ist der Saitenhalter aufgeleimt Steg Riegel Am oberen Ende des Halses ist der Wirbelkasten angeleimt der nach hinten abgeknickt ist Die Renaissancelaute hatte zunachst meist 6 oder ab etwa gegen Ende des 16 Jahrhunderts 5 7 Chore Bald entstanden auch Instrumente mit 8 oder mehr Choren Bei ansonsten doppelsaitig ausgefuhrten Choren ist die hochste Saite oft als Chanterelle einfach ausgefuhrt So wird in der Allgemeinen Musikalischen Zeitung 1831 die klassische Renaissance Laute beschrieben Die tieferen Saiten meistens von der dritten anfangend sind verdoppelt theils im Unison theils in der Octave zusammengestimmt Einen solchen Bezug nennt man einen Chor eine Benennung die aber endlich ohne Unterschied auch bey der Zahlung der Chorden fur die einfachen gebraucht wird man sagt daher z B die Laute ist eilfchorig wobey die oberste chanterelle und die ebenfalls einfache zweytfolgende mitgerechnet sind 6 Zentren des Lautenbaus zur Zeit der Renaissance BearbeitenFussen gilt als die Wiege des gewerbsmassig betriebenen Lautenbaus in Europa 7 1562 schlossen sich die Fussener Lautenmacher zur ersten Lautenmacherzunft Europas zusammen Zeitweise arbeiteten in Fussen das damals etwa 2000 Einwohner zahlte bis zu 20 Lautenmachermeister Hunderte von Fussener Lauten und Geigenmachern wanderten aus um in den europaischen Kulturmetropolen an Furstenhofen und in grossen Handelsstadten Werkstatten zu grunden und ihr Handwerk erfolgreich auszuuben Im 16 und 17 Jahrhundert waren etwa zwei Drittel aller Lautenmacher in Venedig und Padua Fussener Abstammung Auch in Rom und Neapel wurde der Lauten und Geigenbau von den Allgauern beherrscht Doch hielten die ausgewanderten Meister oftmals noch Kontakt zur Heimat Sie bezogen teilweise ihr Holz weiter aus der Fussener Region und Gesellen oder Lehrlinge folgten ihnen aus der Heimat nach Unter den fruhesten bekannten Lautenbauern sind Laux Maler 1518 1552 Bologna und Hans Frei 1450 1523 Bologna und Nurnberg Ein Indiz erfolgreicher Integration der aus Deutschland stammenden Lautenbauer in der neuen Heimat stellt die Anpassung der deutschen Eigennamen dar aus Matthaus und Georg Seelos wurde Matteo und Giorgio Sellas Magnus Lang nannte sich Magno Longo Michielle Harton ist unschwer als Michael Hartung zu erkennen Insbesondere der schwierig auszusprechende Name der beruhmten Fussener Lautenbauerfamilie Tieffenbrucker Beispiele sind Caspar Magnus und Wendelin Tieffenbrucker wurde entsprechend verballhornt Duiffoprugcar Dubrocard Dieffobruchar Wichtige in Deutschland arbeitende Lautenbauer waren auch die Nurnberger Heinrich Helt und Conrad Gerle sowie der Augsburger Hans Meisinger Originale Renaissancelauten sind wenige erhalten Viele Renaissancelauten insbesondere der Bologneser Meister Laux Maler und Hans Frei wurden im 17 Jahrhundert aufgekauft nach Frankreich gebracht und hier zu Barocklauten umgebaut Bedeutende Komponisten und Instrumentalisten der Renaissancelaute Auswahl BearbeitenJoan Ambrosia Dalza tatig um 1508 Italien Vincenzo Capirola 1474 nach 1548 Italien Pierre Attaingnant 1494 1552 Herausgeber Frankreich Francesco da Milano 1497 1543 Italien Valentin Bakfark 1507 1576 Ungarn Hans Neusidler um 1508 1563 Deutschland Adrian Le Roy um 1520 1598 Frankreich Melchior Neusidler etwa 1531 1591 Deutschland John Johnson um 1540 1594 England Francis Cutting etwa 1550 1595 England Wojciech Dlugoraj etwa 1550 1620 Polen Thomas Robinson etwa 1560 1610 England Jan Pieterszoon Sweelinck 1562 1621 Niederlande John Dowland 1563 1626 England Jean Baptiste Besard etwa 1567 1625 Frankreich Nicolas Vallet 1583 1642 Niederlande Jane Pickering Herausgeberin Lute Book 1616 1645 und Komponistin 8 Literatur BearbeitenKonrad Ragossnig Handbuch der Gitarre und Laute Schott ISBN 978 3 7957 8725 7 Konrad Ragossnig Musik der Renaissance nach Lautentabulaturen Edition Schott Mainz Gitarren Archiv Band 442 Andreas Schlegel Die Laute in Europa Geschichte und Geschichten zum Geniessen deutsch englisch Lute Corner ISBN 978 3 9523232 0 5 Andreas Schlegel Joachim Ludtke Die Laute in Europa 2 The Lute in Europe 2 Lauten Gitarren Mandolinen und Cistern Lutes Guitars Mandolins and Citterns deutsch englisch Lute Corner ISBN 978 3 9523232 1 2 Douglas Alton Smith A History of the Lute from Antiquity to the Renaissance Lute Society of America 2002 ISBN 0 9714071 0 X Matthew Spring The Lute in Britain A History of the Instrument and its Music Oxford University Press Oxford 2006 ISBN 0 19 518838 1 Kapitel 6 The Lute in Consort PDF Datei 1 79 MB Stefan Lundgren Schule fur die Renaissance Laute Reyermann und Lundgren Munchen 1981 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Lutes Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wiktionary Laute Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Deutsche LautengesellschaftEinzelnachweise Bearbeiten Francesco Spinacino Intabulatura de Lauto Venedig 1507 Cornelia Oelwein Galileo Galileis Munchner Verwandtschaft Der Instrumentist Michelangelo Galilei Bayerischer Rundfunk Munchen 2006 Adalbert Quadt Lautenmusik aus der Renaissance Nach Tabulaturen hrsg von Adalbert Quadt Band 1 ff Deutscher Verlag fur Musik Leipzig 1967 ff 4 Auflage ebenda 1968 Band 2 Einfuhrung Konrad Ragossnig Handbuch der Gitarre und Laute Schott Mainz 1978 ISBN 3 7957 2329 9 S 12 f und 15 Adalbert Quadt Lautenmusik aus der Renaissance Nach Tabulaturen hrsg von Adalbert Quadt Band 1 ff Deutscher Verlag fur Musik Leipzig 1967 ff 4 Auflage ebenda 1968 Band 2 Einfuhrung Die Lauten Tabulatur In Allgemeine Musikalische Zeitung Nr 9 2 Marz 1831 S 134 Richard Bletschacher Die Lauten und Geigenmacher des Fussener Landes Hofheim am Taunus 1978 1991 ISBN 3 87350 004 3 Jane Pickering s Lute Book Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Renaissancelaute amp oldid 211309362