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Als relativistischer Effekt wird in der Physik ein Phanomen dann bezeichnet wenn es nicht schon in der Klassischen Physik sondern erst durch die Relativitatstheorie angemessen beschrieben werden kann In einem spezielleren Sinn wird der Begriff in der physikalischen Chemie fur die Eigenschaften schwerer Elemente gebraucht die nur durch Anwendung der relativistischen Quantenmechanik erklarbar sind Hierauf beschrankt sich der vorliegende Artikel Inhaltsverzeichnis 1 Relativistische Effekte im Atom 2 Theoretische Betrachtung 3 Weitere Beispiele 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseRelativistische Effekte im Atom BearbeitenMit hoherer Kernladungszahl steigt die elektrostatische Anziehungskraft des Atomkerns auf die Elektronen Die Elektronen der inneren Schalen erreichen dadurch Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit z B beim Oganesson bis zu 86 der Lichtgeschwindigkeit 1 Dadurch ist die nicht relativistische Formel fur die kinetische Energie nicht mehr gultig Die Anwendung der speziellen Relativitatstheorie fuhrt zu einer Kontraktion der s Orbitale und einiger p Orbitale Infolgedessen schirmen die Elektronen die Kernladung besser ab und die Energieniveaus der ubrigen Orbitale werden angehoben Paradebeispiel hierfur ist der markante Farbunterschied von Silber und Gold Aber auch der flussige Aggregatzustand von Quecksilber kann durch den relativistischen Effekt erklart werden Eine Konsequenz des relativistischen Effekts ist dass die Zuordnung kunstlicher chemischer Elemente mit hoher Ordnungszahl zu den Gruppen des Periodensystems unsicher wird Beispielsweise wurde diskutiert ob Copernicium Edelgaseigenschaften besitzt Der relativistische Effekt erklart auch den Effekt des inerten Elektronenpaares Inert Pair Effekt d h er erklart warum das ausserste Elektronenpaar im Valenz s Orbital anscheinend inert ist Theoretische Betrachtung BearbeitenMathematisch muss man den nichtrelativistischen Hamilton Operator gegen einen relativistischen ersetzen Dies gelingt bei Atomen relativ gut mit der Diracgleichung anstelle der Schrodingergleichung Bei den leichteren Elementen uberwiegen Terme wie die Breit Korrektur fur die Elektron Elektron Wechselwirkung und die Quantenelektrodynamik QED der Vakuumpolarisation und Vakuumfluktuation Ungefahr ab der Ordnungszahl 50 spielt letzterer Term keine Rolle mehr da die Vakuumpolarisation und die Vakuumfluktuation fast dieselben Werte annehmen Innerhalb einer Gruppe des Periodensystems nimmt der Term fur relativistische Effekte mit Z 2 displaystyle Z 2 nbsp zu und erreicht in der 6 Periode eine nicht mehr zu vernachlassigende Grosse Daher mussen sie fur Elemente ab Caesium Ordnungszahl 55 Beachtung finden Bei den Elementen der 5 Periode des Periodensystems spielt die Lanthanoidenkontraktion eine entscheidende Rolle um das Verhalten zu beschreiben Nach dieser mussten allerdings die s und d Energieniveaus vom Silber und Gold etwa gleich hoch sein Beobachtet wird jedoch beim Gold eine Kontraktion des 6s und eine Expansion des 5d Niveaus Beim Copernicium Ordnungszahl 112 ist dieser Effekt noch ausgepragter moglicherweise ist der Niveauunterschied zwischen den 6d und den 7p Elektronen so gross dass Copernicium Edelgascharakter besitzt Weitere Beispiele BearbeitenIm nichtrelativistischen Fall waren die 5d und 6s Energieniveaus von Silber und Gold ahnlich Durch den relativistischen Effekt werden die 6s Niveaus jedoch kontrahiert und die 5d Niveaus expandiert Es entsteht eine Energiedifferenz die der Wellenlange von blauem Licht entspricht blaues Licht wird absorbiert ubrig bleibt die bekannte goldgelbe Farbe Gleichzeitig werden die Bindungslangen in Goldverbindungen verkurzt um ca 20 pm beim Gold Dimer Beim Element Roentgenium ist dieser Effekt vermutlich noch starker ausgepragt Die Neigung schwerer Elemente Oxide zu bilden folgt nicht den erwarteten Eigenschaften So ist PbO die stabilste Sauerstoffverbindung des Bleis wahrend Silizium Germanium und Zinn stabile Dioxide der Form MeO2 bilden Theoretischen Abschatzungen zufolge ist auch ein Grossteil der elektrischen Spannung die an den Polen des Bleiakkumulators anliegt durch die Relativitat bedingt Ebenfalls ist kein stabiles Bismut V oxid bekannt von Phosphor Arsen und Antimon aber schon Literatur BearbeitenPekka Pyykko Relativistic theory of atoms and molecules A bibliography 1916 1985 Lecture Notes in Chemistry No 41 389 p Springer Verlag Berlin Heidelberg New York 1986 ISBN 3 540 17167 3 Pekka Pyykko Relativistic Effects in Chemistry More Common Than You Thought In Annual Review of Physical Chemistry Vol 63 45 64 doi 10 1146 annurev physchem 032511 143755Weblinks BearbeitenEinstein in der Chemie Spektrum der Wissenschaft Dezember 2005Einzelnachweise Bearbeiten Risse im Periodensystem Eric Scerri Risse im Periodensystem Eric Scerri Spektrum der Wissenschaft Heft 8 14 Seite 78 ff Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Relativistischer Effekt amp oldid 203736986