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Die estnische Parlamentswahl 1940 fand am 14 und 15 Juli statt Es waren die ersten kommunistischen Scheinwahlen in Estland nach dessen sowjetischer Besetzung vom Juni 1940 Das Baltikum in den 1940er Jahren Inhaltsverzeichnis 1 Sowjetische Besetzung 2 Sowjetische Machtubernahme 3 Auflosung des Parlaments 4 Bestimmung der Kandidaten 5 Gelenkte Wahlen 6 Amtliches Wahlergebnis 7 Neues Parlament 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseSowjetische Besetzung BearbeitenDie Republik Estland war seit Februar 1918 unabhangig Im Friedensvertrag von Tartu vom 2 Februar 1920 erkannte die Sowjetunion die Unabhangigkeit Estlands auf alle Zeiten an 1921 trat Estland dem Volkerbund bei Im geheimen Zusatzprotokoll zum deutsch sowjetischen Nichtangriffspakt Hitler Stalin Pakt vom 23 August 1939 teilten das nationalsozialistische Deutschland und die Sowjetunion Osteuropa in Interessensspharen auf Unter anderem fielen Estland Lettland Finnland und spater auch Litauen der sowjetischen Interessenssphare zu Unter der Androhung militarischer Gewalt stimmten die Regierungen Estlands Lettlands und Litauens im Herbst 1939 nach dem sowjetischen Uberfall auf Polen der Stationierung von Truppen der Roten Armee in ihren Landern zu Die Truppenstationierungen blieben zunachst auf bestimmte Basen beschrankt Die Mannschaftsstarke der sowjetischen Streitkrafte in Estland war auf 25 000 beschrankt Die estnischen Streitkrafte verfugten zu diesem Zeitpunkt uber eine Armee von 15 000 Mann Die Republik Finnland die dem Druck aus Moskau zur Stationierung sowjetischer Streitkrafte und Gebietsabtretungen nicht nachgeben wollte wurde im November 1939 von der Sowjetunion militarisch uberfallen Der finnisch sowjetische Winterkrieg begann Die Sowjetunion hielt sich trotz der in Estland stationierten Truppen der Roten Armee bis Mitte 1940 weitgehend aus den estnischen Innenpolitik fern Am 17 Juni 1940 ubernahm jedoch nach einem Ultimatum an die estnische Regierung vom Vortag die Rote Armee die Macht in ganz Estland Weitere sowjetische Truppen uberschritten die Grenze aus der Sowjetunion Die estnischen Streitkrafte wurden entwaffnet Uber 100 000 sowjetische Soldaten wurden im Juni in Estland stationiert 1 Als Abgesandter Stalins ubernahm sein Vertrauter Andrei Schdanow de facto die Macht im Land Der estnische Ministerprasident Juri Uluots hatte bereits am 16 Juni 1940 seinen Rucktritt eingereicht Damit waren die sowjetische Besetzung Estlands und das Ende der estnischen Selbstandigkeit besiegelt Den neuen sowjetischen Machthabern kam es jetzt darauf an dem Machtwechsel einen demokratischen Anstrich zu geben Sowjetische Machtubernahme Bearbeiten nbsp Konstantin Pats bis 1940 Staatsprasident der Republik Estland nbsp Johannes Vares der am 21 Juni 1940 zum Ministerprasidenten der sowjetischen Marionettenregierung ernannt wurde mit seiner Frau EmilieAm 21 Juni 1940 inszenierten die sowjetischen Besatzungsmachte in Tallinn und elf weiteren Orten Demonstrationen die die Absetzung der burgerlichen estnischen Regierung und die Verbesserung der Lebensbedingungen forderten Am selben Tag ernannte der estnische Staatsprasident Konstantin Pats der seit einem unblutigen Staatsstreich Estland seit 1934 mit Hilfe des Militars autoritar regierte auf Druck Moskaus den estnischen Schriftsteller Johannes Vares zum Ministerprasidenten und eine linksgerichtete Moskauer Marionettenregierung aus Intellektuellen und Mitgliedern der Arbeiterbewegung 2 Die neue Regierung trat ihr Amt mit der Vereidigung durch Staatsprasident Pats am 22 Juni 1940 an Ihr gehorten noch keine Angehorigen der vormals verbotenen Kommunistischen Partei Estlands an Meist waren ihre Mitglieder aber Personen die dem Kommunismus grundsatzlich aufgeschlossen waren Die neue Regierung spielte keine eigenstandige Rolle Sie blieb lediglich Befehlsempfanger Schdanows Auflosung des Parlaments BearbeitenIn der Regierungssitzung vom 5 Juli 1940 loste Staatsprasident Pats auf Geheiss Schdanows die beiden Kammern des estnischen Parlaments auf RT 1940 60 565 Die Regierung unter Johannes Vares setzte am selben Tag vorzeitige Neuwahlen fur die erste Kammer an den im Februar 1938 zuletzt gewahlten Riigivolikogu RT 1940 60 566 Die Parlamentswahl sollte am 14 und 15 Juni 1940 stattfinden Gleichzeitig erliess die Regierung Anderungen im bisherigen Wahlgesetz Jeder Kandidat musste mindestens 50 Unterstutzerunterschriften vorlegen Als Frist fur die Einreichung von Kandidatenvorschlagen wurde der 10 Juli 1940 bestimmt Es blieben fur die Kandidaten damit nur vier Tage sich zur Wahl zu stellen Mit Datum vom 9 Juli erliess die Regierung eine weitere Hurde die unabhangige Kandidaten verhindern sollte Es trat eine Verordnung in Kraft nach der alle Kandidaten bis zum 10 Juli 14 00 Uhr den Behorden ein schriftliches Wahlprogramm vorlegen mussten RT 1940 64 992 Gleichzeitig ubernahmen die sowjetischen Machthaber die Kontrolle uber die Wahlbehorden Die Staatliche Wahlkommission Valimiste Peakomitee sowie die Wahlkommissionen in den Wahlkreisen und Wahllokalen wurden mit Personen besetzt denen die neuen kommunistischen Machthaber vertrauten 3 Bestimmung der Kandidaten BearbeitenGanz Estland war bereits vor 1940 in achtzig Wahlkreise aufgeteilt Es galt in jedem Wahlkreis das Mehrheitswahlrecht Die 80 kommunistischen Vertreter kandidierten unter dem am 6 Juni neugegrundeten Wahlblock Estnische Union des arbeitenden Volkes Eesti Tootava Rahva Liit ERTL Zwar versuchten burgerlich und nationalgesinnte unabhangige Kandidaten vor allem koordiniert durch den ehemaligen estnischen Ministerprasidenten Jaan Tonisson sich zur Wahl zu stellen Die Bewerber die nicht der Union des arbeitenden Volkes angehorten hatten aber keine Chance zur Wahl zugelassen zu werden Sie trafen auf erbitterten Widerstand der neuen Machthaber Von den ursprunglichen Gegenbewerbern unter ihnen bekannte demokratische Politiker wie Jaan Tonisson Aleksander Rei Ants Piip Heinrich Mark Johan Pitka Mihkel Rouk August Leps und Oskar Koster verzichteten sechzehn freiwillig auf eine Kandidatur einer wurde verhaftet und 58 weiteren wurde das passive Wahlrecht aus unterschiedlichen Grunden abgesprochen Als Begrundung wurde hauptsachlich angefuhrt dass es sich um Volksfeinde handele Auch wurden die gesetzlich verlangten Wahlprogramme der Kandidaten willkurlich nicht anerkannt Lediglich einem burgerlichen Kandidaten Juri Rajur Liivak 1912 2000 gelang es tatsachlich zur Wahl zugelassen zu werden Allerdings begann gegen ihn eine Verleumdungskampagne die ihm kriminelle Machenschaften unterstellte 4 Er unterlag bei den Wahlen erwartungsgemass seinem linken Konkurrenten der 100 der gultigen Stimmen erhielt 5 Liivak wurde im Januar 1941 von den sowjetischen Behorden inhaftiert Gelenkte Wahlen BearbeitenDie Wahlen fanden unter der Aufsicht der Roten Armee statt In den achtzig Wahlkreisen wurden insgesamt 1 350 Wahllokale eingerichtet Gewahlt war derjenige Kandidat der in seinem Wahlkreis die relative Mehrheit der Stimmen erhielt Bei der Wahl selbst wurden Wahler massiv eingeschuchtert und Ergebnisse gefalscht 6 Die Wahlen fanden entgegen den Bestimmungen des estnischen Wahlgesetzes statt Gesetzlich hatte in den 79 Wahlkreisen in denen nur ein Bewerber zur Wahl stand keine Wahl stattfinden durfen der Kandidat ware automatisch gewahlt Diese Gesetzesvorschrift passte aber nicht in das Konzept der sowjetischen Machthaber die durch die Scheinwahlen eine demokratische Legitimation erzeugen wollte Amtliches Wahlergebnis BearbeitenDas den neuen Machthabern genehme Ergebnis der Parlamentswahlen wurde am 17 Juli 1940 offiziell verkundet Danach betrug die Wahlbeteiligung bei 703 000 registrierten Wahlberechtigten 84 1 Prozent 591 030 abgegebene Stimmen Von diesen stimmten 92 9 Prozent 548 631 Stimmen fur die kommunistische Wahlplattform Union des arbeitenden Volkes Alle 80 kommunistischen Kandidaten waren damit gewahlt 7 2 Prozent der Stimmen 42 399 waren ungultig Der einzige zur Wahl zugelassene unabhangige Kandidat erhielt nach dem amtlichen Endergebnis keine Stimme Neues Parlament Bearbeiten nbsp Tallinn 17 Juli 1940 Sportler fordern nach der Parlamentswahl spontan den Anschluss Estlands an die SowjetunionDie frisch gewahlten kommunistischen Abgeordneten bildeten ein neues Parlament Es trat vom 21 bis 23 Juli 1940 erstmals zusammen Seine Legislaturperiode betrug nach dem Gesetz funf Jahre Die zweite Kammer des Parlaments der Riiginoukogu wurde nicht neu bestimmt und von der ersten Kammer abgeschafft Am 21 Juli 1940 benannte das Parlament die Republik Estland einstimmig in Estnische Sozialistische Sowjetrepublik um RT 1940 74 733 Sie wurde am 6 August 1940 als Unionsrepublik in die Sowjetunion aufgenommen Als nachster Schritt wurde Staatsprasident Pats abgesetzt der Ende Juli mit seiner Familie ins Innere Russlands deportiert wurde Pats blieb bis zu seinem Lebensende 1956 in sowjetischen Irrenanstalten inhaftiert Ausserdem erliess das Parlament eine Landreform in sowjetischem Stil und verstaatlichte grossere Unternehmen und Finanzinstitutionen Das Parlament machte sich an die Ausarbeitung einer neuen estnischen Verfassung nach sowjetischem Vorbild die bereits am 25 August 1940 angenommen wurde Die in der formal noch gultigen Verfassung von 1938 vorgesehenen Vorschriften zur Verfassungsanderung erklarte das neue Parlament fur nicht anwendbar Die neue estnische Verfassung war drei Tage zuvor vom Zentralkomitee der KPdSU gebilligt worden Der Riigivolikogu benannte sich am 25 August 1940 in Provisorischen Obersten Sowjet der Estnischen Sozialistischen Sowjetrepublik um Ab 7 April 1941 hiess das Parlament Oberster Sowjet der Estnischen Sozialistischen Sowjetrepublik Vom 21 Juli bis 25 August 1940 ubte der Kommunist Arnold Veimer das Amt des Parlamentsprasidenten aus Er wurde von Voldemar Sassi abgelost der das Amt bis Juli 1941 innehatte Weblinks BearbeitenRiigivolikogu valimised ja Noukogude korra kehtestamine Eestis 1940 a estonica org Einzelnachweise Bearbeiten Archivierte Kopie Memento des Originals vom 27 September 2015 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www estonica org Archivierte Kopie Memento des Originals vom 5 August 2011 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www estonica org Mart Laar Eesti iseseisvus ja selle having Eesti riik ja rahvas XX sajandil 1 Avita Tallinn 2000 ISBN 9985 2 0291 0 S 140 Sulev Vahtre Hrsg Eesti Ajalugu Band 6 Vabadussojast Taasiseseisvumiseni Ilmamaa Tartu 2005 ISBN 9985 77 142 7 S 171 http www ohtuleht ee index aspx id 136344 1 2 Vorlage Toter Link www ohtuleht ee Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im Mai 2019 Suche in Webarchiven nbsp Info Der Link wurde automatisch als defekt markiert Bitte prufe den 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