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Im Jahr 1933 fanden in Estland zwei Volksabstimmungen uber eine grundlegende Verfassungsreform statt Sie waren eine Reaktion auf das gescheiterte Verfassungsreferendum des Jahres 1932 Die erste Volksabstimmung 1933 fand vom 10 bis zum 12 Juni statt Mit einer Zweidrittel Mehrheit lehnte das Volk die vom Parlament Riigikogu vorgeschlagene Verfassungsreform ab Staats und Regierungschef Jaan Tonisson der im Juni 1933 mit seinem Verfassungsreferendum scheiterte Aufnahme von 1928 Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Erneuter Versuch einer Verfassungsanderung 3 Ergebnis 4 Folgen 5 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenDas parlamentarische System Estlands seit Anfang der 1920er Jahre war gepragt von einem stark zersplitterten Parteiensystem haufig wechselnden Regierungen und einer fehlenden politischen Kompromisskultur Die Weltwirtschaftskrise verscharfte ab Ende 1929 die wirtschaftliche Lage auch in Estland dramatisch Gleichzeitig erstarkte die rechtsextreme ausserparlamentarische Bewegung die im Zentralbunds der estnischen Freiheitskampfer der sogenannten Vapsid Bewegung immer mehr Zulauf fand Am 22 23 Marz 1932 nahm der Riigikogu eine erste tiefgreifende Reform der estnischen Verfassung von 1920 an Sie sollte durch die Einfuhrung eines semi prasidentiellen Regierungssystems fur mehr Stabilitat sorgen Die Reform sah vor allem die Schaffung eines Amts des Staatsprasidenten vor Er oder sie sollte ein Vetorecht gegen Gesetze des Riigikogu besitzen Notverordnungen erlassen durfen und die Befugnis zur vorzeitigen Auflosung des Parlaments haben Ausserdem sah der Verfassungsentwurf eine Verkleinerung des Parlaments von 100 auf 80 Abgeordnete und eine Verlangerung der Legislaturperiode von drei auf vier Jahren vor Die vom Parlament angenommene Reform scheiterte mit ausserst knapper Mehrheit in einer Volksabstimmung Mitte August 1932 Erneuter Versuch einer Verfassungsanderung BearbeitenDas im Mai 1932 gewahlte Parlament unternahm nach dem ersten gescheiterten Verfassungsreferendum vom August 1932 im folgenden Jahr einen weiteren Versuch die Verfassung zu reformieren Gleichzeitig formierten sich die Gegner der demokratischen Republik in der Vapsid Bewegung immer starker Sie forderten am 10 November 1932 eine neue autoritare Verfassung fur das Land Die Forderungen der Vapsid sahen eine Verkleinerung des Parlaments von 100 auf 50 Abgeordnete vor Das bisherige Verhaltniswahlrecht sollte durch das Mehrheitswahlrecht ersetzt werden Vor allem forderten die Vapsid einen starken Staatsprasidenten als Staatsfuhrer mit weitreichenden Befugnissen Am 22 November 1932 bildete der Riigikogu einen neuen Ausschuss fur eine Verfassungsrevision Einen Tag spater legte die Nationale Zentrumspartei Rahvuslik Keskerakond ihren neuen Gesetzesentwurf fur ein neues Grundgesetz vor Der abgeanderte Verfassungsvorschlag sah die Schaffung des Amts eines Staatsprasidenten vor Ihm sollte bei Gesetzen ein Vetorecht zustehen Zu seinen Vollmachten gehorten auch die Auflosung des Parlaments und ein begrenztes Recht Verordnungen zu erlassen Seine Amtszeit sollte funf Jahre betragen Der Entwurf wurde am 14 Februar 1933 vom Parlament angenommen Gleichzeitig lehnte der Riigikogu den Verfassungsentwurf der Vapsid ab Der Gesetzentwurf des Riigikogu wurde dem Volk in einem Referendum zur Abstimmung gestellt das vom 10 bis 12 Juni 1933 stattfand Im Gegensatz zur Volksabstimmung von 1932 bestand dieses Mal keine Wahlpflicht Der Gesetzesentwurf des Parlaments wurde mit 67 3 Prozent der abgegebenen gultigen Stimmen vom Volk deutlich abgelehnt Ergebnis BearbeitenStimmen Abstimmungsberechtigt 749 961 100Abgegebene Stimmen 198 410 66 47Dafur 161 595 32 67Dagegen 333 107 67 33Ungultig 3 438 Quelle Nohlen Stover 2010 1 Folgen BearbeitenDas erneute Scheitern der vom Parlament beschlossenen Reformplane verscharfte die akute politische Krise weiter Die demokratischen Parteien waren sich in der Frage uneinig wie sie mit der Vapsid Bewegung und ihren Ideen fur eine tiefgreifende Umgestaltung des politischen Systems umgehen sollten Immer starker wurden die Stimmen laut auch den Vorschlag der Vapsid in einem Referendum dem Volk zu Abstimmung vorzulegen Die estnische mitte rechts Regierung unter Staats und Regierungschef Jaan Tonisson entschied sich zunachst fur einen harteren Kurs Mit zunehmender Agitation des Zentralbunds der estnischen Freiheitskampfer nach dem Referendum ging die Regierung immer starker gegen die rechtsextreme ausserparlamentarische Opposition vor Am 11 August 1933 wurden alle Organisationen des Bunds verboten Am selben Tag erliess die Regierung den nationalen Verteidigungszustand und fuhrte die Vorzensur ein Dies fuhrte zu starken Protesten der gesamten estnischen Presse Am 19 August 1933 beschlossen die estnischen Zeitungen einen Boykott der Regierung In dieser politisch aufgeheizten Atmosphare erreichte der Zentralbund der estnischen Freiheitskampfer dass ein drittes Referendum uber eine neue Verfassung stattfinden sollte Dieses Mal sollte der Verfassungsentwurf des Bunds zur Abstimmung gestellt werden Die Initiative war erfolgreich In einer Volksabstimmung die vom 14 bis 16 Oktober 1933 stattfand nahm das estnische Volk die neue estnische Verfassung an die weitgehend auf den Entwurfen der Vapsid beruhte Die Zustimmung lag bei 72 7 Die neue Verfassung trat am 24 Januar 1934 in Kraft Sie verscharfte die politische Krise weiter Einzelnachweise Bearbeiten Dieter Nohlen Philip Stover Hrsg Elections in Europe A data handbook Baden Baden Nomos 2010 S 574 ISBN 978 3 8329 5609 7 Wahlen und Volksabstimmungen in der Republik EstlandParlamentswahlen 1919 1920 1923 1926 1929 1932 1938 1940 1992 1995 1999 2003 2007 2011 2015 2019 2023 nbsp Prasidentschaftswahlen 1938 1992 1996 2001 2006 2011 2016 2021Europawahlen 2004 2009 2014 2019 2024Kommunalwahlen 1919 1921 1923 1927 1930 1934 1993 1996 1999 2002 2005 2009 2013 2017 2021Volksabstimmungen 1923 1932 1933 Juni 1933 Okt 1936 1991 1992 2003 indirekte Wahl Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Referendum in Estland Juni 1933 amp oldid 235913731