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Der Rahvuskogu Nationalversammlung war 1937 die verfassungsgebende Versammlung der Republik Estland Sie arbeitete ein neues Grundgesetz aus das am 1 Januar 1938 in Kraft trat Ministerprasident und amtierender Staatsprasident Konstantin PatsJohan Laidoner der gemeinsam mit Pats im Marz 1934 putschte Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Weg in den Polizeistaat 3 Einberufung des Rahvuskogu 4 Volksabstimmung 5 Opposition 6 Wahlen zur ersten Kammer 7 Mitglieder der zweiten Kammer 8 Arbeiten des Rahvuskogu 9 Neue Verfassung 10 Literatur 11 Weblinks 12 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenIn einem unblutigen Staatsstreich hatte am 12 Marz 1934 der estnische Ministerprasidenten und amtierende Staatsprasident Konstantin Pats mit Unterstutzung des Militars unter Fuhrung von Johan Laidoner die Macht im Land ubernommen Laidoner wurde am selben Tag zum Oberkommandieren der Streitkrafte ernannt Pats wollte mit seiner Aktion einem sicher geglaubten Erfolg des rechtsextremen Bundes der Freiheitskampfer Eesti Vabadussojalaste Liit bei den fur den 3 Mai 1934 1 terminierten Parlaments und Prasidentenwahlen entgegentreten Die beiden burgerlichen Kandidaten fur das Prasidentenamt Konstantin Pats fur den Bund der Landwirte Pollumeeste Kogud sowie Johan Laidoner fur die Nationale Zentrumspartei Rahvuslik Keskerakond und den Siedlerverbands Asunike Koondis furchteten nicht zu Unrecht einen uberwaltigenden Wahlsieg von Andres Larka vom Bund der Freiheitskampfer 2 Weg in den Polizeistaat BearbeitenDie Regierung verhangte den Ausnahmezustand Verteidigungszustand fur sechs Monate und liess etwa vierhundert politische Gegner verhaften zum allergrossten Teil Mitglieder des Bundes der Freiheitskampfer Politische Treffen und Demonstrationen wurden verboten Die Mandate des Bundes der Freiheitskampfer der bei den Kommunalwahlen Ende 1933 grosse Erfolge verzeichnen konnten wurden annulliert Die Parlaments und Prasidentenwahlen wurden durch einen Erlass von Ministerprasident Pats vom 19 Marz 1934 bis zum Ende des Ausnahmezustands verschoben 3 In einer nachtraglichen Entscheidung bestatigte der Estnische Staatsgerichtshof Riigikohus Ende 1936 die Rechtmassigkeit der Verhangung des Ausnahmezustands und der Verschiebung der Wahlen 4 Ministerprasident Pats setzte die seit dem 24 Januar 1934 gultige Verfassung de facto ausser Kraft und errichtete in den folgenden Monaten einen Polizeistaat der sich vor allem auf Armee Polizei und Inlandsgeheimdienst stutzte Er liess die Staatsverwaltung nach politischen Gegner durchforsten und entliess missliebige Beamte und Richter Am 7 September 1934 wurde der Ausnahmezustand um ein weiteres Jahr verlangert dann jeweils in den Septembermonaten der Jahre 1935 1936 und 1937 um weitere zwolf Monate Das estnische Parlament Riigikogu trat nach dem 2 Oktober 1934 auf Druck der Regierung nicht mehr zusammen Estland blieb damit de facto ohne Legislative Regierungschef Pats regierte mit Erlassen die Gesetzeskraft hatten Im Herbst 1934 ernannte Pats in Absprache mit Laidoner Karl Einbund spater estnisiert in Karel Eenpalu als dritten starken Mann des Regimes zum Innenminister und stellvertretenden Ministerprasidenten Am 5 Marz 1935 erliess der Innenminister ein Verbot der politischen Betatigung der Parteien An ihre Stelle trat zwei Tage spater die neu gegrundete Vaterlandsunion Isamaaliit als parteiubergreifende Kultur Vereinigung des Regimes Gleichzeitig schuf die Regierung zwischen 1934 und 1936 funfzehn neue berufs standische Vereinigungen die ahnlich dem osterreichischen Vorbild die politischen Interessen der verschiedenen Bevolkerungsgruppen artikulieren sollten Im Marz 1935 wurde die regierungskritische Zeitung Maaleht verboten und das ebenfalls kritische Blatt Postimees von der Regierung ubernommen Im Dezember 1935 holte die Regierung zu einem neuen Schlag gegen die Mitglieder des ehemaligen Bundes der Freiheitskampfer aus und zerschlug in einer Verhaftungswelle die Bewegung vollstandig Einberufung des Rahvuskogu Bearbeiten1934 35 konsolidierte Konstantin Pats seine autoritare Herrschaft die sich auf die Zustimmung eines beachtlichen Teils der estnischen Bevolkerung stutzen konnte Gleichzeitig verbesserten sich die Weltkonjunktur sowie die wirtschaftliche Lage in Europa spurbar Estland wandelte sich mehr und mehr von einem Agrar zu einem Industrieland Die noch unter der Vorgangerregierung beschlossene Abwertung der estnischen Krone begunstigte die Exporte Gleichzeitig wurden die heimischen Bauern vor gunstigen Agrarimporten geschutzt Staatliche Eingriffe des autoritaren Regimes wirkten sich im Vergleich zum zuvor herrschenden weitgehend ungezugelten Kapitalismus merklich positiv auf Wirtschaftswachstums und Wohlstandssteigerung breiter Schichten der Bevolkerung aus Die volkswirtschaftliche Kehrseite waren eine rapide wachsende Auslandsverschuldung und ein Wertverlust der eigenen Wahrung Ende 1935 beschloss die nunmehr fest im Sattel sitzende Regierung das politische System wieder auf ein geordnetes staatsrechtliches Fundament zu stellen In Frage stand die Anderung der bestehenden Verfassung oder die Ausarbeitung eines neuen Grundgesetzes Die Herrschaft von Pats Laidoner und Eenpalu sollte dabei nicht in Frage gestellt werden Zum Zwecke der Propagierung einer neuen Verfassung liess Pats die Volksfront zur Schaffung des Grundgesetzes Pohiseaduse Elluviimise Rahvarinne ins Leben rufen Am 8 Januar 1936 erliess Konstantin Pats das Dekret Nr 3 5 Darin setzte er eine Volksabstimmung an Das Volk als hochster Souveran sollte uber die Frage der Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung dem Rahvuskogu Nationalversammlung entscheiden Die Grundzuge der neuen Verfassung waren in der Volksabstimmung vorgegeben die Staatsgewalt geht vom Volke aus die Republik Estland regiert ein gewahltes Staatsoberhaupt das die Regierung ernennt die Regierung arbeitet mit einer bikameralen Volksvertretung gleichgewichtig zusammen Die Nationalversammlung sollte aus zwei Kammer bestehen 6 Der ersten Kammer sollten achtzig gewahlte Volksvertreter angehoren die auf Grundlage allgemeiner freier und gleicher Wahlen bestimmt werden Die zweite Kammer bestand aus vierzig Mitgliedern Ihre Benennung oblag verschiedenen estnischen Institutionen sowie dem Regierungschef selbst Volksabstimmung BearbeitenDie Volksabstimmung uber die Einberufung des Rahvuskogu fand vom 23 bis 25 Februar 1936 statt 7 Eine freie politische Auseinandersetzung war im herrschenden Polizeistaat nicht moglich Das Ergebnis entsprach dem Willen der Regierung Am 6 Marz verkundete der Hauptwahlausschuss das Endergebnis 8 Danach hatten 629 217 abstimmungsberechtigte Burger an der Volksabstimmung teilgenommen 474 218 stimmten fur die Einberufung des Rahvuskogu 62 4 148 824 dagegen 6 175 Stimmen waren ungultig Damit war die Volksabstimmung die Konstantin Pats zur Einberufung des Rahvuskogu ermachtigte erfolgreich 9 Bemerkenswert war dass in der zweitgrossten estnischen Stadt Tartu mit der bedeutendsten Universitat des Landes die Mehrheit gegen die Nationalversammlung gestimmt hatte Opposition Bearbeiten nbsp Pats demokratischer Gegenspieler der ehemalige Regierungschef und fruhere Eigentumer der Zeitung Postimees Jaan TonissonDie Opposition boykottierte sowohl die Abstimmung als auch die anschliessenden Wahlen zur ersten Kammer des Rahvuskogu Am 30 Oktober 1936 10 schrieben die vier ehemaligen Regierungschefs Jaan Teemant Jaan Tonisson Juhan Kukk und Ants Piip ein Memorandum margukiri an Regierungschef Pats Sie forderten darin unmissverstandlich die Beschrankung der Freiheitsrechte aufzuheben 11 Sie warfen der Regierung vor Estland in einen Polizeistaat zu verwandeln Eine Ruckkehr zur Demokratie musse unverzuglich in die Wege geleitet werden Die estnische Regierung ignorierte das Schreiben vollig Nur durch die finnische Presse gelangte es dennoch in die estnische Offentlichkeit Die Verfasser boykottierten daraufhin die Volksabstimmung Ihnen schlossen sich die Nationale Zentrumspartei Rahvuslik Keskerakond der Siedlerbund Asunike Koondis und der rechte Flugel der Sozialisten an Wahlen zur ersten Kammer BearbeitenDie Wahlen zur ersten Kammer des Rahvuskogu fanden vom 12 bis 14 Dezember 1936 statt Die Wahl fand zum ersten Mal in der estnischen Verfassungsgeschichte 12 nach dem Mehrheitswahlrecht statt Hierzu wurde Estland in achtzig Wahlkreise aufgeteilt Passives Wahlrecht hatten alle estnischen Staatsburger die mindestens 25 Jahre alt waren einhundert Unterstutzerunterschriften vorlegen konnten und eine Kaution von 250 Kronen hinterlegt hatten Insgesamt stellten sich 113 Kandidaten zur Wahl In Wahlkreisen in denen nur ein Kandidat zur Wahl stand war dieser automatisch gewahlt ohne dass es zu einer Stimmabgabe kam Dies war in funfzig Wahlkreisen der Fall Traten mehr als zwei Kandidaten in einem Wahlkreis an genugte die einfache Mehrheit der Stimmen In den Wahlkreisen in denen ein Urnengang stattfand war die Wahlbeteiligung gering Mitglieder der zweiten Kammer BearbeitenDie vierzig Mitglieder der zweiten Kammer wurden durch verschiedene Institutionen bestimmt zwei Vertreter der Richterschaft zwei Vertreter der Kommunalkorperschaften dreizehn Vertreter wirtschaftlicher oder berufsstandischer Korperschaften ein Vertreter der Kulturselbstverwaltungen der Minderheiten zwei Vertreter der Universitaten je ein Vertreter der Universitat Tartu und des Technischen Instituts Tallinn je zwei Vertreter der Kaitseliit und der Trager des Freiheitskreuzes zwei Vertreter der Kirchen der Bischof der Estnischen Evangelisch Lutherischen Kirche und der Metropolit der Estnischen Apostolisch Orthodoxen Kirche zehn Mitglieder die vom Staatsaltesten ernannt werdenDie Vertreter wurden jeweils nach den entsprechenden Vorschriften der Korperschaften bestimmt Vertreter der Deutsch Balten war Hellmuth Weiss 1900 1992 Arbeiten des Rahvuskogu Bearbeiten nbsp Juri Uluots Vorsitzender der ersten Kammer des RahvuskoguDie Nationalversammlung wurde fur den 18 Februar 1937 einberufen 13 In der ersten Sitzung fand die Vereidigung der Mitglieder statt Zum Vorsitzenden der ersten Kammer wurde Juri Uluots gewahlt zum Vorsitzenden der zweiten Kammer Mihkel Pung Mit ihrem Zusammentritt ubernahm der Rahvuskogu auch die legislativen Aufgaben des estnischen Parlaments Der Rahvuskogu hatte sechs Monate Zeit zur Ausarbeitung einer neuen Verfassung Die beiden Kammern arbeiteten getrennt voneinander Meinungsverschiedenheiten sollten im Kompromiss gelost werden Sollte dies nicht moglich sein entschied eine gemeinsame Sitzung in der die Mehrheit der Stimmen massgebend war Vorbild der neuen Verfassung sollte auf Pats Initiative vom 23 Februar 1937 14 die polnische Verfassung von 1935 Drei Tage nach ihrer Einberufung nahm der Rahvuskogu Pats Entwurf als Grundlage der Arbeiten an Grossen inhaltlichen Anteil hatte Pats Vertrauter Johannes Klesment Neue Verfassung BearbeitenIn seiner gemeinsamen Sitzung beider Kammern nahm der Rahvuskogu am 28 Juli 1937 die neue estnische Verfassung an 15 115 Mitglieder votierten fur den Entwurf drei dagegen und zwei enthielten sich der Stimme Gleichzeitig nahm der Rahvuskogu verschiedene Ausfuhrungsgesetze zur Staatsorganisation an unter anderem das Gesetz uber die Wahl des Staatsprasidenten 16 das Gesetz uber die Wahl des Riigivolikogu 17 das Gesetz uber die Bildung des Riiginoukogu 18 das Gesetz uber die Besoldung des Staatsprasidenten 19 sowie ein Gesetz mit Ubergangsbestimmungen 20 Am 13 August 1937 beendete der Rahvuskogu seine Tatigkeit Die feierliche Abschlusssitzung fand vier Tage spater statt Die neue Verfassung wurde am 17 August 1937 von Konstantin Pats unterzeichnet und am 3 September im Staatsanzeiger Riigi Teataja veroffentlicht Das neue Grundgesetz trat am 1 Januar 1938 in Kraft Literatur BearbeitenSulev Vahtre Hrsg Eesti ajalugu VI Tartu 2005 S 92 106Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Die Verfassung der Republik Estland von 1937 Zeitgenossische deutsche Ubersetzung Bilder Zeittafel Literaturverweise Jahr 1936 Bilder Zeittafel Literaturverweise Jahr 1937 Einzelnachweise Bearbeiten nlib ee Memento des Originals vom 6 August 2013 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www nlib ee Vierter Kandidat bei der Prasidentenwahl war August Rei von der Estnischen Sozialistischen Arbeiterpartei Eesti Sotsialistlik Tooliste Partei RT 1934 25 184 Riigikohus utleb Kaitseseisukord ja 1934 a valimiste edasilukkamine on kooskolas pohiseadusega Wikisource estnisch RT 1936 3 21 RT 1936 81 654 RT 1936 3 21 RT 1936 21 141 Zeitgenossischer Wochenschaubericht Estnisches Filmarchiv my tele2 ee 1 2 Vorlage Toter Link my tele2 ee Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im Mai 2019 Suche in Webarchiven nbsp Info Der Link wurde automatisch als defekt markiert Bitte prufe den Link gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis nlib ee Memento des Originals 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