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Als Parlamentsarmee werden solche Streitkrafte bezeichnet deren Einsatz explizit durch ein Parlament genehmigt werden muss Dieser gegenuber steht eine Prasidialarmee uber deren Einsatz wie etwa bei den Streitkraften Frankreichs das jeweilige Staatsoberhaupt entscheidet Inhaltsverzeichnis 1 Merkmal 2 Geschichte 2 1 England Grossbritannien 2 2 USA 2 3 Deutscher Bund Bundesrepublik Deutschland 3 EinzelnachweiseMerkmal BearbeitenBesonderes Merkmal einer Parlamentsarmee ist dass der Einsatz dieser Streitkrafte nur mit der Genehmigung eines Parlaments gestattet ist Dies soll den Einfluss der Regierung oder eines Monarchen auf die Streitkrafte schwachen und so dafur sorgen dass deren Einsatz durch breite demokratische Willensbildung zustande kommt 1 Geschichte BearbeitenEngland Grossbritannien Bearbeiten Der Begriff Parlamentsarmee Parliament s forces kam erstmals 1644 in England auf als unter Oliver Cromwell die New Model Army aufgestellt wurde Da die New Model Army im Gegensatz zu fruheren englischen Truppen vom Parlament gestellt ausgerustet und befehligt wurde erhielten die Streitkrafte offiziell die Bezeichnung Parlamentsarmee um sie von den Einheiten des englischen Konigs zu unterscheiden Wahrend der Stuart Restauration wurde diese Armee zwar 1660 aufgelost dennoch behielt das Parlament Englands insbesondere nach der Glorious Revolution ein deutliches Mitspracherecht beim Einsatz der Streitkrafte 1689 begrenzte das Parlament den Einfluss des Monarchen auf das Militar Es lehnte ein stehendes Heer in Friedenszeiten ab da es dem Monarchen auch als innenpolitisches Machtinstrument hatte dienen konnen Durch die Bill of Rights 1689 durfte ein stehendes Heer nur mit Zustimmung des Parlaments existieren Bis heute muss das britische Parlament daher jahrlich das Bestehen des Heeres genehmigen wobei es sich inzwischen aber um einen rein formalen Akt handelt Forderungen dem Monarchen die Kontrolle uber die Armee komplett zu entziehen konnten nicht durchgesetzt werden so dass er bis heute der alleinige Oberbefehlshaber der British Army ist Der Einfluss dieser Genehmigungsregelung in Grossbritannien ist bis heute so gross dass die British Army im Gegensatz zur Royal Navy und Royal Air Force nicht den Begriff Royal also koniglich in ihrem Namen tragt USA Bearbeiten Artikel I Abschnitt 8 der Verfassung der Vereinigten Staaten gibt dem Kongress das Recht anderen Nationen den Krieg zu erklaren Ob daraus folgt militarische Einsatze mussten grundsatzlich vom Kongress autorisiert werden ist umstritten da die Verfassung dem Prasidenten in Artikel II Abschnitt 2 den Oberbefehl uber die Streitkrafte gibt 1973 verabschiedete der Kongress die War Powers Resolution die definiert wann der Prasident das Parlament uber den Einsatz von Streitkraften zu informieren hat und wann der Kongress die Streitkrafte zuruckrufen darf Die Verfassungsmassigkeit dieser gesetzlichen Regelung ist umstritten 2008 schlug eine Kommission unter Leitung der fruheren Aussenminister James Baker und Warren Christopher eine Reform der War Powers Resolution vor 2 In Artikel I der Verfassung ist bestimmt dass der Kongress Finanzhoheit in militarischen Fragen hat Dem zufolge bestimmt der Kongress allein daruber Armeen aufzustellen und zu unterhalten die Bewilligung von Geldmitteln hierfur soll jedoch nicht fur langer als auf zwei Jahre erteilt werden Satz 12 eine Flotte zu bauen und zu unterhalten Satz 13 Reglements fur Fuhrung und Dienst der Land und Seestreitkrafte zu erlassen Satz 14 Deutscher Bund Bundesrepublik Deutschland Bearbeiten Zur Zeit des Deutschen Bundes wurde eine Kontrolle der Armee durch ein Parlament erstmals nach 1848 durch das Budgetrecht verankert Insbesondere in Preussen wurde dieses Kontrollsystem wodurch das Parlament die Ausrustung und Aufstellung der Streitkrafte beeinflussen konnte immer mehr gegen Monarch und Regierung als alleinige Befehlshaber uber die Armee eingesetzt So kam es 1862 zum Preussischen Verfassungskonflikt in dem das Parlament seinen Einfluss auf die Armee durch sein Budgetrecht zur Geltung brachte Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs und daruber hinaus in der Weimarer Verfassung war das Mitspracherecht des deutschen Parlaments auf Budget und Ausrustungsfragen beschrankt Zwar hatte der Reichstag in der Weimarer Republik das alleinige Recht einen Kriegs bzw einen Friedensschluss zu erklaren 3 Der Oberbefehl und die Bestimmung uber den Einsatz der Truppe war aber Sache des Reichsprasidenten 4 Reichsprasident Friedrich Ebert ubertrug per Verordnung vom 20 August 1919 RGBl S 1475 das Recht die Befehlsgewalt auszuuben auf den Reichswehrminister 8 Abs 2 des Reichswehrgesetzes vom 23 Marz 1921 begann mit folgenden Satzen Der Reichsprasident ist der oberste Befehlshaber der gesamten Wehrmacht Unter ihm ubt der Reichswehrminister Befehlsgewalt uber die gesamte Wehrmacht aus 5 Im Art 65a des Grundgesetzes fur die Bundesrepublik Deutschland wurde 1956 festgelegt dass der Bundesminister fur Verteidigung bzw die Bundesministerin der Verteidigung die Befehls und Kommandogewalt hat die jedoch gemass Art 115b im Verteidigungsfall auf den Bundeskanzler bzw die Bundeskanzlerin ubergeht Nach aktueller Rechtsprechung ist fur einen Einsatz des Militars ausserhalb des NATO Territoriums die Genehmigung des Parlaments erforderlich Lediglich bei Gefahr im Verzug durfen militarische Aktionen ohne Zustimmung des Parlaments gestartet werden Allerdings muss das Parlament im Nachhinein diese Aktion legitimieren Beispiel fur eine solche Aktion war z B die Evakuierung deutscher Staatsburger aus Libyen wahrend des Sturzes von Gaddafi Hier wurden allerdings die Fraktionsfuhrer vor dem tatsachlichen Einsatz benachrichtigt auch wenn dies nicht vorgeschrieben ist Gemass Art 24 GG darf die Bundeswehr ausserhalb des NATO Territoriums eingesetzt werden Seit dem Ende des Kalten Krieges beteiligt sich die Bundesrepublik Deutschland auch mit Soldaten an Auslandseinsatzen Anlasslich des Einsatzes des Deutschen Unterstutzungsverbands Somalia hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 12 Juli 1994 6 die Notwendigkeit einer konstitutiven Beteiligung des Bundestages fur jeden Einsatz bewaffneter Streitkrafte festgestellt und diese Ansicht in weiteren Entscheidungen bestatigt Das wird als Prinzip der Parlamentsarmee bezeichnet Allenfalls bei Gefahr im Verzug kann die Bundesregierung eine vorlaufige Entscheidung treffen die nachtraglich vom Parlament genehmigt werden muss Am 18 Marz 2005 hat der Deutsche Bundestag mit der Verabschiedung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes eine gesetzliche Grundlage fur die Auslandseinsatze der Bundeswehr geschaffen und damit das Prinzip der Parlamentsarmee verfestigt Dem Parlamentsbeteiligungsgesetz nach bedarf der Einsatz bewaffneter Streitkrafte der vorherigen konstitutiven rechtsbegrundenden Zustimmung des Deutschen Bundestages Nicht zustimmungspflichtig sind humanitare Hilfsdienste und Hilfeleistungen im Ausland solange Soldaten nicht in bewaffnete Unternehmungen involviert werden Bei Einsatzen mit geringerer Intensitat und Tragweite erfolgt die Mandatsverlangerung in vereinfachten Verfahren d h ohne mehrstufige parlamentarische Beratung Wenn jedoch eine Fraktion oder 5 der Abgeordneten es verlangen muss der Bundestag bei solchen Einsatzen voll befasst werden Bei Gefahr im Verzug beispielsweise bei Evakuierung oder Geiselbefreiung unterrichtet die Bundesregierung die Spitzen der Fraktionen streng vertraulich Der Einsatz muss dann nachtraglich vom Parlament genehmigt werden Routineverwendungen in standigen Hauptquartieren und Staben unterliegen nicht dem Parlamentsvorbehalt Weiterhin besitzt das Parlament ein Ruckholrecht fur laufende Einsatze 7 Der Kabinettsbeschluss wird vom Auswartigen Amt unter Mitwirkung der zustandigen Resorts d h das Bundesministerium der Verteidigung das Bundesjustizministerium und das Bundesministerium der Finanzen formuliert Dieser Beschluss muss Auskunft geben zum Einsatzraum und dauer zu Fahigkeiten und Truppenobergrenzen zu den Befugnissen im Einsatz sowie zu den Kosten Nach der Formulierung geht dieser als Antrag der Bundesregierung an den Bundestag und danach in die Ausschusse die sich unter Ausschluss der Offentlichkeit beraten Der federfuhrende Auswartige Ausschuss erstellt dann auf Basis der Ausschussberatungen und Abstimmungen eine Beschlussempfehlung fur den Bundestag Das Parlament kann diesem Antrag nur zustimmen oder ablehnen Eine Veranderung kann nicht vorgenommen werden Der Bundestag vermag jedoch den Antrag zu erganzen oder einzugrenzen z B durch eine Protokollnotiz dass sich die Bundeswehr nicht an der direkten Drogenbekampfung in Afghanistan beteiligt 8 Die Abstimmung uber die Auslandseinsatze erfolgt immer namentlich Es ist keine Ausnahme dass solche Abstimmungen innerhalb von 14 Tagen stattfinden 8 Das Bundesministerium der Verteidigung berichtet wochentlich in seinen vertraulichen Unterrichtungen des Parlaments UdP den zustandigen Ausschussen uber besondere Vorkommnisse in den Einsatzgebieten Das Auswartige Amt informiert in grosseren Abstanden uber Krisenregionen in denen deutsche Truppen aktiv sind Uber Afghanistan wird alle zwei bis drei Monate umfassend berichtet Vor Mandatsverlangerungen legt die Bundesregierung bilanzierende Berichte vor 9 Beschaffungsauftrage des Verteidigungsministeriums mit einem Wert uber 25 Mio Euro unterliegen einer mehrfachen parlamentarischen Kontrolle Sie mussen zusatzlich zur Veranschlagung und Bewilligung im Haushalt und zur Beratung im Verteidigungsausschuss vor dem Vertragsabschluss gesondert durch den Haushaltsausschuss freigegeben werden Diese sogenannte 25 Millionen Euro Vorlage ehemals 50 Millionen DM Vorlage fuhrte der Haushaltsausschuss 1981 per Grundsatzbeschluss ein 10 Einzelnachweise Bearbeiten Gregor Mayntz Was bedeutet Parlamentsarmee Deutscher Bundestag 18 Juni 2008 abgerufen am 27 Marz 2010 Sie dienen nicht einem Minister oder einer Kanzlerin sie dienen dieser Republik also der parlamentarischen Demokratie Da ist erstens die Festlegung durch den Bundestag wann wie und zu welchem Zweck die Truppe eingesetzt werden darf cnn com Artikel 45 WRV Artikel 47 WRV Vgl Volltext Verlautbarung der Pressestelle des Bundesverfassungsgerichts Pressemitteilung Nr 29 1994 vom 12 Juli 1994 12 Juli 1994 abgerufen am 30 Oktober 2021 Vgl Winfried Nachtwei Bundestag Parlamentsarmee und Parteienstreit in Bernhard Chiari Magnus Pahl Hrsg Wegweiser zur Geschichte Auslandseinsatze der Bundeswehr Paderborn 2010 S 169 a b Vgl Winfried Nachtwei Bundestag Parlamentsarmee und Parteienstreit in Bernhard Chiari Magnus Pahl Hrsg Wegweiser zur Geschichte Auslandseinsatze der Bundeswehr Paderborn 2010 S 170 Vgl Winfried Nachtwei Bundestag Parlamentsarmee und Parteienstreit in Bernhard Chiari Magnus Pahl Hrsg Wegweiser zur Geschichte Auslandseinsatze der Bundeswehr Paderborn 2010 S 173 f Ulf von Krause Die Bundeswehr als Instrument deutscher Aussenpolitik Springer Wiesbaden 2013 ISBN 978 3 658 00184 1 S 53 google de Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Parlamentsarmee amp oldid 228531664