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Befehls und Kommandogewalt ist ein Begriff aus der deutschen Wehrverfassung Inhaltsverzeichnis 1 Gegenwart 2 Geschichte 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseGegenwart BearbeitenIn Friedenszeiten hat nach Art 65a Abs 1 GG der Bundesminister der Verteidigung die Befehls und Kommandogewalt uber die Streitkrafte Die interne Bezeichnung lautet auch Inhaber der Befehls und Kommandogewalt IBuK 1 Nach 14 Abs 3 der Geschaftsordnung der Bundesregierung wird der Bundesverteidigungsminister in seiner Eigenschaft als Leiter einer Obersten Bundesbehorde des Bundesverteidigungsministeriums im Falle seiner Verhinderung durch den Staatssekretar vertreten 2 Mit Verkundung des Verteidigungsfalls geht die Befehls und Kommandogewalt auf den Bundeskanzler uber Art 115b GG In Art 65a 115b GG wird mit der Zuweisung der Befehls und Kommandogewalt eine politische Zustandigkeit der Exekutive verfassungsrechtlich geregelt 3 Eine einheitliche Begriffsdefinition gibt es nicht 4 In der rechtswissenschaftlichen Literatur wird sie auch als qualifizierte Form der Ressortleitung bezeichnet 5 Geschichte BearbeitenNach Art 63 des Gesetzes betreffend die Verfassung des Deutschen Reichs vom 16 April 1871 6 bildete die gesamte Landmacht des Reichs ein einheitliches Heer welches in Krieg und Frieden unter dem Befehl des Kaisers stand Nach Art 53 war auch die Kriegsmarine des Reichs eine einheitliche unter dem Oberbefehl des Kaisers Wahrend des Ersten Weltkriegs lag das Oberkommando bei der Obersten Heeresleitung Die Rolle des Staatsoberhaupts als Oberbefehlshaber behielt auch die Weimarer Verfassung WRV von 1919 bei Gem Art 47 WRV hatte der Reichsprasident den Oberbefehl uber die gesamte Wehrmacht des Reichs 7 In diesem Begriff des Oberbefehls war auch ein Verordnungsrecht eingeschlossen So bestimmte 11 des Wehrgesetzes vom 23 Marz 1921 8 Das militarische Verordnungsrecht wird vom Reichsprasidenten ausgeubt 9 Aufgrund dieser Ermachtigung erliess Reichsprasident Hindenburg beispielsweise die Disziplinarstrafverordnung fur das Reichsheer vom 18 Mai 1926 10 Nach dem Wehrgesetz vom 21 Mai 1935 war der Fuhrer und Reichskanzler der Oberste Befehlshaber der Wehrmacht Unter ihm ubte der Reichskriegsminister als Oberbefehlshaber der Wehrmacht die Befehlsgewalt uber die Wehrmacht aus 11 Nach der Blomberg Fritsch Krise ubernahm Adolf Hitler mit seinem Erlass vom 4 Februar 1938 die Befehlsgewalt uber die Wehrmacht unmittelbar Er schuf das Oberkommando der Wehrmacht OKW unter Wilhelm Keitel neu das den Oberkommandos der einzelnen Wehrmachtsteile Marine Luftwaffe und Heer ubergeordnet war 12 Das OKW unterstand als militarischer Stab Adolf Hitlers unmittelbar dessen Befehl Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges hatten die Alliierten auf der Potsdamer Konferenz von 1945 die komplette Demilitarisierung Deutschlands beschlossen Das Grundgesetz enthielt in seiner ursprunglichen Fassung vom 23 Mai 1949 keine Regelungen uber die Aufstellung deutscher Streitkrafte 13 Fur die neugegrundete Bundesrepublik waren keine eigenen Streitkrafte vorgesehen Die 1954 unterzeichneten Pariser Vertrage schufen dann die Voraussetzungen fur den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Westeuropaischen Union WEU und zur NATO North Atlantic Treaty Organization und ebneten den Weg zur Wiederbewaffnung 14 Das Gesetz zur Anderung des Grundgesetzes vom 19 Marz 1956 15 schuf die sog Wehrverfassung Dazu zahlt unter anderem Art 87a GG in dem es heisst Der Bund stellt Streitkrafte zur Verteidigung auf Die Befehls und Kommandogewalt hat in Friedenszeiten der Verteidigungsminister Art 65a Abs 1 GG im Verteidigungsfall geht sie auf den Bundeskanzler uber bis zur Notstandsverfassung vom 24 Juni 1968 Art 65a Abs 2 GG seither Art 115b GG 16 Dass der Verteidigungsfall eingetreten ist muss der Bundestag feststellen bis zur Notstandsverfassung vom 24 Juni 1968 Art 59a GG seither Art 115a GG Die Feststellung wird vom Bundesprasidenten im Bundesgesetzblatt verkundet Art 82 Abs 2 GG Der Bundesprasident ernennt und entlasst auch grundsatzlich die Offiziere und Unteroffiziere Art 60 Abs 1 GG Er hat ausserdem das Recht die Dienstgradbezeichnungen der Soldaten festzulegen und uber die Uniform zu bestimmen 17 sowie Orden und Ehrenzeichen zu verleihen Gesetz uber Titel Orden und Ehrenzeichen Damit ubt er den sog formellen Oberbefehl aus 18 Die Formulierung Befehls und Kommandogewalt in Art 65a GG soll klarstellen dass alle militarischen Befehls und Kommandobefugnisse ihre Spitze in der Person des Verteidigungsministers finden und dass es keine ihm entzogene besondere Kommandogewalt gibt Im Verteidigungsfall soll die Befehls und Kommandogewalt auf den Bundeskanzler ubergehen damit fur diesen Fall eine Konzentration aller Entscheidungen bei der parlamentarisch verantwortlichen Exekutive gewahrleistet bleibt Das in dem fruheren Begriff des Oberbefehls eingeschlossene Verordnungsrecht wurde aufgegeben Es bestand weitgehend Ubereinstimmung daruber dass das was zur kaiserlichen und auch zur Weimarer Zeit noch als Oberbefehl oder Kommandogewalt bezeichnet worden war in der modernen parlamentarischen Demokratie keinen Bestand mehr haben konne 19 Die Wehrverfassung lasst die alleinige Gesetzgebungskompetenz beim Deutschen Bundestag mit der schon bisher geltenden Massgabe dass nur dieser nach Art 80 die Exekutive zum Erlass von Rechtsverordnungen ermachtigen kann So ist beispielsweise die Wehrdisziplinarordnung von 1957 WDO ein Bundesgesetz das in 146 WDO das Bundesministerium der Verteidigung zum Erlass einer Verordnung zur Bestimmung der Bezuge im Sinne der WDO ermachtigt 20 Das Soldatengesetz SG ermachtigt in 93 Abs 2 Nr 1 1 Abs 3 SG das Bundesministerium der Verteidigung zum Erlass einer Rechtsverordnung zur Regelung des Vorgesetztenverhaltnisses In der Vorgesetztenverordnung ist seit 1956 geregelt welche Soldaten die Befugnis haben anderen Soldaten Befehle zu erteilen Literatur BearbeitenWilhelm Mathias Boss Die Befehls und Kommandogewalt des Grundgesetzes fur die Bundesrepublik Deutschland im Vergleich zum Oberbefehl der Reichsverfassungen von 1871 und 1919 Koln Univ Diss 1960 Friedrich August Freiherr von der Heydte Zur Problematik der Befehls und Kommandogewalt nach Art 65 a GG In Hermann Conrad u a Gedachtnisschrift Hans Peters Springer Berlin u a 1967 S 526 532 Manfred Erhardt Die Befehls und Kommandogewalt Begriff Rechtsnatur und Standort in der Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland Berlin 1969 Inhaltsverzeichnis Klaus Hornung Staat und Armee Studien zur Befehls und Kommandogewalt und zum politisch militarischen Verhaltnis in der Bundesrepublik Deutschland Hase amp Koehler Mainz 1975 ISBN 9783775808804 Art 65a Befehls und Kommandogewalt uber die Streitkrafte in Christoph Gropl Kay Windthorst Christian Coelln Grundgesetz Studienkommentar Munchen 4 Auflage 2020 S 602 603 ISBN 978 3 406 74026 8 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Befehlsgewalt Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Verteidigungsministerium und Minister Dossier Die Bundeswehr 2 5 phoenix abgerufen am 1 Februar 2021 Theodor Eschenburg Der Staatssekretar muss Vertreter bleiben Zum Streit um die Befehls und Kommandogewalt uber die Bundeswehr Die Zeit 11 November 1960 Friedrich August Freiherr von der Heydte Zur Problematik der Befehls und Kommandogewalt nach Art 65 a GG In Hermann Conrad u a Gedachtnisschrift Hans Peters Springer Berlin u a 1967 S 526 532 vgl Maunz Durig GG Rd Nr 18 zu Art 65 a Mangoldt Klein Starck GG S 1277 Walter Roemer Die neue Wehrverfassung JZ 1956 S 193 198 Manfred Lepper Die verfassungsrechtliche Stellung der militarischen Streitkrafte im gewaltenteilenden Rechtsstaat Bielefeld 1962 S 155 f Gunnar Geiger Die rechtlichen Rahmenbedingungen der Multinationalitat unter besonderer Berucksichtigung der Befehls und Kommandogewalt Aachen Shaker Verlag 2002 S 108 Bundes Gesetzblatt des Deutschen Bundes No 16 S 63 85 Martin Otto Oberbefehl in Rudiger Voigt Hrsg Aufbruch zur Demokratie Die Weimarer Reichsverfassung als Bauplan fur eine demokratische Republik Nomos Verlag 1 Auflage 2020 S 675 684 RGBl I S 329 so bereits fur den Kaiser und die Kriegsmarine in Art 53 des Gesetzes betreffend die Verfassung des Deutschen Reichs vom 16 April 1871 8 des Reichs Militargesetzes vgl Philipp Zorn Das Staatsrecht des Deutschen Reiches Erster Band Das Verfassungsrecht Berlin 1895 S 192 ff google books RGBl II S 265 3 Wehrgesetz vom 21 Mai 1935 verfassungen de abgerufen am 1 Februar 2021 Wehrmacht Demokratiezentrum Wien abgerufen am 31 Januar 2021 BGBl S 1 Ja zur Wehrverfassung und zum Soldatengesetz Deutscher Bundestag Textarchiv 26 Februar 2016 BGBl I S 111 vgl Siebzehntes Gesetz zur Anderung des Grundgesetzes vom 24 Juni 1968 BGBl I S 709 Anordnung des Bundesprasidenten uber die Dienstgradbezeichnungen und die Uniform der Soldaten Memento des Originals vom 5 Februar 2021 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www gesetze im internet de vom 14 Juli 1978 BGBl I S 1067 Gosta von Uexkull Der Oberbefehl Die Zeit 19 Januar 1956 Zweiter Schriftlicher Bericht des Ausschusses fur Rechtswesen und Verfassungsrecht 16 Ausschuss uber die Entwurfe eines Gesetzes zur Erganzung des Grundgesetzes BT Drs II 2150 S 4 vgl Verordnung zur Bestimmung der Bezuge im Sinne der Wehrdisziplinarordnung WDO Bezugeverordnung WDOBezV vom 17 August 2020 BGBl I S 1964Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Normdaten Sachbegriff GND 4144278 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Befehls und Kommandogewalt amp oldid 231920049