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Der Ottheinrichsbau ist ein Palastbau auf dem Heidelberger Schloss dessen Errichtung Mitte des 16 Jahrhunderts durch den namensgebenden pfalzischen Kurfursten Ottheinrich veranlasst wurde Wie das restliche Schloss wurde er 1689 und 1693 durch franzosische Truppen stark beschadigt und nach einer zwischenzeitlichen Teilrestaurierung 1764 vollstandig aufgegeben Heute gilt er als einer der bedeutendsten Bauten des Manierismus 1 oder auch der Renaissance insgesamt in Deutschland Teile des Ottheinrichsbaus beherbergen das Deutsche Apotheken Museum Fassade des Ottheinrichsbaus rechts im Bild der Okonomietrakt des Heidelberger SchlossesNordostfassade des Heidelberger Schlosses mit von links nach rechts Apothekerturm Ottheinrichsbau Glasernem Saalbau und Glockenturm Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Architektur 3 Figurenprogramm 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDer Ottheinrichsbau wurde unter Ottheinrich erbaut nachdem dieser 1556 Kurfurst geworden war und in seiner nur dreijahrigen Regierungszeit insbesondere den Protestantismus in der Kurpfalz einfuhrte und die Wissenschaft forderte Da das Schlossareal zu dieser Zeit bereits relativ eng mit Gebauden ausgefullt war musste der Ottheinrichsbau zwischen die bestehenden Palaste eingepasst werden wobei der Nordbau des nur wenig alteren Ludwigsbaus komplett abgerissen und uberbaut wurde 2 Der Architekt der durch Steinmetzarbeiten aufwandig geschmuckten Fassade auf der Hofseite ist bislang unbekannt Die wichtigste Quelle fur diese Frage ist eine Urkunde vom 7 Marz 1558 die in einer etwa 50 Jahre spater entstandenen Kopie erhalten ist und in der unter anderem ein Anthonj Bildthawer also ein Bildhauer Anthoni genannt wird Alfred Peltzer vermutete aufgrund dessen den italienischen Architekten Antonio Fazuni als Urheber 3 andere Theorien vermuten als Baumeister den Nurnberger Peter Flotner oder den Amberger Heinrich Gut 4 Als zweiter Baumeister war Caspar Vischer am Ottheinrichsbau beteiligt Die Bauskulptur der monumentalen Figuren an der Fassade und die Turgestelle im Inneren des Hauptgeschosses lassen sich dagegen dank der Urkunde von 1558 eindeutig einem Kunstler zuweisen Sie wurden ab 1558 von dem Niederlander Alexander Colin aus Mechelen und seiner Werkstatt gefertigt der anschliessend fur die Habsburger in Innsbruck arbeitete Fur den Ottheinrichsbau wurden altere Bauten teilweise verdeckt Glaserner Saalbau oder abgerissen nordliche Halfte des Ludwigsbaues Im Osten ruht der Bau auf den Fundamenten alterer Gebaude und auf der ausseren Wehrmauer Der Ubergang zum Glasernen Saalbau hat zu der Vermutung gefuhrt der spatere Ottheinrichsbau sei schon von Ottheinrichs Vorganger Friedrich II geplant gewesen da die Fassadenabschnitte des Glasernen Saalbaus die spater durch den Ottheinrichsbau verdeckt wurden von vorne herein ohne Fassadenschmuck ausgefuhrt wurden also anscheinend von Anfang an nicht dauerhaft zu sehen sein sollten 5 Als Ottheinrich 1559 starb war der Bau noch nicht vollig fertiggestellt Fruhere Abbildungen in Matthaus Merians Kurpfalzisches Skizzenbuch zeigen dass der Ottheinrichsbau vor dem Dreissigjahrigen Krieg zwei uberdimensionierte Doppelgiebel erhalten hatte die mit der horizontalen Gliederung des Baues der sich wesentlich an italienischen Vorbildern der Fruhrenaissance orientierte schlecht harmonierten Dies war offenbar auf einen von Kurfurst Friedrich III veranlassten Planwechsel zuruckzufuhren und nicht in der ursprunglichen Bauplanung vorgesehen Unter Karl Ludwig erhielt der Ottheinrichsbau nach dem Dreissigjahrigen Krieg eine neue Bedachung die riesigen Doppelgiebel verschwanden Nachdem das Schloss wahrend des Pfalzischen Erbfolgekrieges durch die franzosischen Truppen zweifach zerstort worden war und nach einigen Teilreparaturen durch einen Blitzschlag im Jahr 1764 noch weiter beschadigt worden war gab die Kurfurstenfamilie Heidelberg als Residenz auf und der Ottheinrichsbau wurde wie der Rest des Schlosses dem Verfall uberlassen Dies anderte sich jedoch bereits ab dem fruhen 19 Jahrhundert durch das Interesse zunachst der Romantiker spater auch der Kunsthistoriker an der Ruine Als eines der architektonischen Glanzstucke des Schlosses stand der Ottheinrichsbau daher im Fokus des Tourismus der ab dem 20 Jahrhundert zu einem Anschwellen der Besucherstrome fuhrte Ab 1897 waren fur einige Jahre die archaologischen und kunstgeschichtlichen Sammlungen der Stadt Heidelberg die zu grossen Teilen auf Charles de Graimberg zuruckgingen im Ottheinrichsbau eingelagert da in der Stadt keine adaquaten Ausstellungsraume aufzutreiben waren 6 Seit 1957 befindet sich im Untergeschoss des Ottheinrichsbaus das Deutsche Apotheken Museum weitere Raume in den restlichen Etagen werden gelegentlich fur Sonderausstellungen genutzt Architektur Bearbeiten nbsp Kaisersaal im OttheinrichsbauDer Ottheinrichsbau besteht wie grosse Teile des Heidelberger Schlosses aus dem in der Region anstehenden Neckartaler Sandstein Die Architektur ist stark auf eine reprasentative Wirkung ausgerichtet und vereint oberitalienische niederlandische und franzosische Einflusse Ein hoher Sockel sorgt dafur dass sich die dreigeschossige Schaufassade zum Schlossinnenhof hin in einer erhohten Position befindet die Fassade selbst ist geschossweise und sehr regelmassig nach antiken Bauprinzipien gegliedert Bestimmendes Element sind die hohen Fenster die immer paarweise durch einen Architrav abgedeckt sind und zwischen denen sich in Nischen eingestellte grosse Statuen befinden 7 Diese 16 allegorischen Figuren symbolisieren das Regierungsprogramm des Kurfursten 8 Im Inneren ist vor allem das Erdgeschoss mit der ehemaligen Wohnung von Ottheinrich sehenswert Hier sind die ornamentierten Turgestelle von bedeutender kunstlerischer Qualitat Neben den Wohnraumen umfasst der Ottheinrichsbau einen Audienzraum sowie einen Festsaal der in Erinnerung an einen Aufenthalt des Kaisers Maximilian II 1570 auch als Kaisersaal bezeichnet wird Architekturgeschichtlich war der Ottheinrichsbau von grosser Bedeutung fur die Vermittlung der Architekturformen der italienischen Renaissance nach Deutschland 9 Figurenprogramm Bearbeiten nbsp Historische Fotografie der Fassade aus dem spaten 19 Jahrhundert nbsp Samson aus Heilbronner Sandstein am OttheinrichsbauDie Standbilder der Schaufassade die den ausseren Eindruck des Ottheinrichsbaus dominieren sind ausser den vier Portalfiguren allegorische Darstellungen und Gestalten aus dem Alten Testament und der antiken Gotterwelt Von letzteren hatte der Ottheinrichsbau noch im 18 Jahrhundert den Namen der heidnische Bau Parterre mythische Helden Josua Samson Herakles und David und romische Kaiser als Sinnbild politischer und militarischer Macht In den Dreiecksgiebeln der Fenster befinden sich die Portrats beruhmter Romer die nach Vorlagen aus der Munzsammlung angefertigt wurden 1 Geschoss Tugenden eines christlichen Herrschers Starke Glaube Liebe Hoffnung und Gerechtigkeit 2 Geschoss und Dachzone Personifikationen der sieben klassischen Planeten Saturn Mars Venus Merkur Luna Sol Apollon und Jupiter die letzten beiden in der ehemaligen Dachzone Die vier Standbilder des Erdgeschosses werden durch Verse in deutscher Schrift erklart Der hertzog Josua durch Gottess macht Ein und dreissig ku nig hat umbracht Samson der starck ein Nasir Gottess war Beschirmet Israhel wol zwentzig Jar Joviss sun Herculess bin Ich genandt Durch mein herliche thaten wol bekandt David war ein Jung ling gehertzt und klug Dem frechen Goliath den kopff abschlug Den Sinn dieses Figurenprogramms als bildlicher Furstenspiegel erklarte der Heidelberger Archaologe Karl Bernhard Stark folgendermassen Wir sehen die plastischen Darstellungen der Facade des Palastes bilden zusammen einen schonen Spiegel der furstlichen Regierung Auf der Kraft der Personlichkeit auf dem Heldenthum des Volkes baut sich sicher die furstliche Gewalt auf sie hat ihr Centrum in der Uebung der christlichen Tugenden vereint mit Starke und Gerechtigkeit sie steht endlich unter dem Einfluss hoherer Potenzen einer himmlischen Leitung die sich im Lauf der Gestirne kundgibt Karl Bernhard Stark 10 Die Kombination christlicher und antik heidnischer Motive ist sorgsam gewahlt und lasst sich als Verweis auf das Selbstverstandnis Ottheinrichs als Kurfurst interpretieren Die biblischen Vorbilder verweisen auf die Frommigkeit des Herrschers der sich als Schutzherr der Kirche verstand und in seinem Land fur die Einfuhrung der Reformation sorgte Die griechisch romischen Gottheiten und Personifikationen entsprechen den Vorstellungen des Renaissance Humanismus und seinem Interesse an der klassischen Antike Sie prasentieren Ottheinrich als Mazen und Schutzherr von Kunst und Wissenschaft und setzen ihn damit auf eine Stufe mit dem romischen Kaiser Augustus der in dieser Hinsicht als nachahmenswertes Vorbild galt 11 Literatur BearbeitenSigrid Gensichen Das Heidelberger Schloss Furstliche Reprasentation in Architektur und Ausstattung In Elmar Mittler Hrsg Heidelberg Geschichte und Gestalt Winter Heidelberg 1996 ISBN 3 8253 7034 8 S 130 161 besonders S 140 144 Julian Hanschke Schloss Heidelberg Architektur und Baugeschichte Selbstverlag Karlsruhe 2015 ISBN 978 3 00 050927 8 S 250 300 Hanns Hubach Das Heidelberger Schloss als Trager furstlicher Selbstdarstellung Gedanken zur Ikonographie der Hoffassaden des Ottheinrichs und des Friedrichsbaus In Hanns Hubach Volker Sellin Hrsg Heidelberg Das Schloss Heidelberg 1995 S 19 30 Digitalisat Hanns Hubach Kurfurst Ottheinrich als Hercules Palatinus Vorbemerkungen zur Ikonographie des Figurenzyklus an der Fassade des Ottheinrichbaus im Heidelberger Schloss In Barbara Zeitelhack Hrsg Pfalzgraf Ottheinrich Politik Kunst und Wissenschaft im 16 Jahrhundert Pustet Regensburg 2002 ISBN 3 7917 1802 9 S 231 248 Digitalisat Julius Koch Fritz Seitz Hrsg Das Heidelberger Schloss Band 1 Bergstrasser Darmstadt 1891 S 69 88 Digitalisat Adolf von Oechelhauser Das Heidelberger Schloss Bau und kunstgeschichtlicher Fuhrer 6 Auflage J Horning Heidelberg 1923 S 149 172 Digitalisat Adolf von Oechelhauser Die Kunstdenkmaler des Amtsbezirks Heidelberg Kreis Heidelberg Die Kunstdenkmaler des Grossherzogtums Baden Band 8 2 Mohr Tubingen 1913 S 436 461 Digitalisat Heiko P Wacker Das Heidelberger Schloss Burg Residenz Denkmal Verlag Regionalkultur Ubstadt Weiher 2012 ISBN 978 3 89735 721 1 aktuelle historische Einordnung in die Geschichte des Schlosses Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Ottheinrichsbau Sammlung von Bildern Informationen zum Ottheinrichsbau auf der Website des Heidelberger Schlosses Informationen zum Ottheinrichsbau im Projekt kulturer be leobw de Schloss Heidelberg Heidelberg Ottheinrichsbau u ff Peggy March Video Memories of Heidelberg 1968 Einzelnachweise Bearbeiten Bernd Muller Architekturfuhrer Heidelberg Bauten um 1000 2000 Stadt Heidelberg Hrsg Edition Quadrat Mannheim 1998 ISBN 3 923003 78 1 S 46 Melanie Mertens u a Stadtkreis Heidelberg Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland Kulturdenkmale in Baden Wurttemberg Band II 5 Band 1 Jan Thorbecke Ostfildern 2013 ISBN 978 3 7995 0426 3 S 435 Alfred Peltzer Anthoni der Meister vom Ottheinrichsbau zu Heidelberg Universitatsbuchhandlung Carl Winter Heidelberg 1905 Digitalisat Zu diesen und weiteren Vorschlagen zur Identifizierung des Architekten siehe Hanns Hubach Architectus Heidelbergensis illustrissimo prinicpi Othoni Henrico Materialien zur Biographie des Steinmetzen und Architekten Heinrich Gut In Hans Ammerich Hartmut Harthausen Hrsg Kurfurst Ottheinrich und die humanistische Kultur in der Pfalz Veroffentlichungen der Pfalzischen Gesellschaft zur Forderung der Wissenschaften in Speyer Band 103 Verlag der Pfalzischen Gesellschaft zur Forderung der Wissenschaften Speyer 2008 ISBN 978 3 932155 25 3 S 151 187 Digitalisat Ablehnend zu dieser Theorie Adolf von Oechelhauser Die Kunstdenkmaler des Amtsbezirks Heidelberg Kreis Heidelberg Mohr Tubingen 1913 S 437 f Jorn Bahns Heidelberg als Museumsstadt Das Kurpfalzische Museum und andere Sammlungen In Elmar Mittler Hrsg Heidelberg Geschichte und Gestalt Winter Heidelberg 1996 ISBN 3 8253 7034 8 S 434 457 hier S 438 f Melanie Mertens u a Stadtkreis Heidelberg Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland Kulturdenkmale in Baden Wurttemberg Band II 5 Band 1 Jan Thorbecke Ostfildern 2013 ISBN 978 3 7995 0426 3 S 439 und Abbildungen auf S 438 Hanns Hubach Kurfurst Ottheinrich als Hercules Palatinus Vorbemerkungen zur Ikonographie des Figurenzyklus an der Fassade des Ottheinrichbaus im Heidelberger Schloss In Barbara Zeitelhack Hrsg Pfalzgraf Ottheinrich Politik Kunst und Wissenschaft im 16 Jahrhundert Pustet Regensburg 2002 ISBN 3 7917 1802 9 S 231 248 Melanie Mertens u a Stadtkreis Heidelberg Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland Kulturdenkmale in Baden Wurttemberg Band II 5 Band 1 Jan Thorbecke Ostfildern 2013 ISBN 978 3 7995 0426 3 S 434 Karl Bernhard Stark Das Heidelberger Schloss in seiner kunst und culturgeschichtlichen Bedeutung In Historische Zeitschrift Band 6 1861 S 94 141 hier S 122 Digitalisat Melanie Mertens u a Stadtkreis Heidelberg Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland Kulturdenkmale in Baden Wurttemberg Band II 5 Band 1 Jan Thorbecke Ostfildern 2013 ISBN 978 3 7995 0426 3 S 439 49 410972222222 8 7157222222222 Koordinaten 49 24 39 N 8 42 57 O Normdaten Geografikum GND 4274920 7 lobid OGND AKS VIAF 209006060 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ottheinrichsbau amp oldid 237171021