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Mystriosuchus ist eine Gattung der ausgestorbenen krokodilahnlichen Phytosauria Die Gattung ist mit mehreren Arten aus der Obertrias Europas und Gronlands bekannt MystriosuchusMystriosuchus steinbergeri Kiefer und Lebendrekonstruktion am Naturhistorischen Museum WienZeitliches AuftretenObertrias Mittleres Norium bis Rhaetium 216 bis 201 3 Mio JahreFundorteLowenstein Formation Baden Wurttemberg Deutschland Exter Formation Niedersachsen Deutschland Dachsteinkalk Steiermark Osterreich Calcare di Zorzino Formation Italien Malmros Klint Formation Gronland SystematikPhytosauriaParasuchidaeMystriosuchinaeLeptosuchomorphaMystriosuchiniMystriosuchusWissenschaftlicher NameMystriosuchusFraas 1896ArtenMystriosuchus planirostris Meyer 1863 Mystriosuchus westphali Hungerbuhler amp Hunt 2000 Mystriosuchus steinbergeri Butler et al 2019 Mystriosuchus alleroq Lopez Rojas et al 2023 Inhaltsverzeichnis 1 Forschungsgeschichte und Etymologie 2 Merkmale 3 Arten 3 1 Mystriosuchus planirostris Meyer 1863 3 2 Mystriosuchus westphali Hungerbuhler amp Hunt 2000 3 3 Mystriosuchus steinbergeri Butler et al 2019 3 4 Mystriosuchus alleroq Lopez Rojas et al 2023 4 Weitere Funde 4 1 Calcare di Zorzino Formation 4 2 Exter Formation MB R 2747 5 Systematik 6 Palokologie 7 Einzelnachweise 8 Anmerkungen 9 WeblinksForschungsgeschichte und Etymologie Bearbeiten nbsp Hermann von Meyer nbsp Fruher Rekonstruktionsversuch durch Samuel Wendell Williston 1914 Hermann von Meyer beschrieb 1863 einige Schadelfragmente und Osteoderme aus dem Stubensandstein von Aixheim Aldingen in Baden Wurttemberg als Belodon planirostris Der durch von Meyer gewahlte Artzusatz planirostris nimmt Bezug auf die im Vergleich zu den beiden anderen von ihm beschriebenen Arten der Gattung Belodon Belodon plieningeri und Belodon kapffi niedrige Schnauze 1 Eberhard Fraas stellte die Art 1896 in ihre eigene Gattung Mystriosuchus Der neue Gattungsname leitet sich ab vom altgriechischen mystrion mystrion Loffel in Kombination mit der latinisierten Form suchus fur den altgriechischen Namen Soῦxos Souchos des agyptischen Krokodilgottes Sobek und nimmt Bezug auf die Form der Oberkiefers der weit uber den Unterkiefer vorgreift und nach Ansicht von Fraas an den Schnabel eines Pelikans oder eines Lofflers erinnert 2 Bereits 1866 hatte sein Vater Oscar Fraas Belodon kapffi in eine eigene Gattung Nicrosaurus gestellt 3 womit nur noch Belodon plieningeri in der ursprunglich eingefuhrten Gattung Belodon verblieb Im Sommer des Jahres 1900 verbrachte James Howard McGregor einen Monat in Stuttgart um die Phytosaurier Fossilien am damaligen Koniglichen Naturalienkabinett SMNS zu studieren und mit ahnlichen Funden aus Nordamerika zu vergleichen Er veroffentlichte die Ergebnisse seiner Analysen 1906 bestatigte die Eigenstandigkeit der nordamerikanischen Formen und lieferte eine aktualisierte Zusammenstellung der bis dahin bekannten Mystriosuchus Belege Dabei lieferte er auch die erste Beschreibung des Exemplars SMNS 10260 das auch wesentliche Teile des postkranialen Skeletts umfasst 4 Im Rahmen der Beschreibung eines neuen Schadelfundes aus dem Stubensandstein GPIT 261 001 5 verwarf Friedrich von Huene die Gliederung in unterschiedliche Gattungen wieder und stellte alle drei Formen 1909 zunachst in die Gattung Phytosaurus 6 und 1911 in die Gattung Mystriosuchus 7 wobei er den neuen Fund jeweils der Art plieningeri zuordnete Obwohl von Huene mit dieser Artzuordnung nicht nur die Ergebnisse der Erstbeschreibung von Belodon plieningeri durch von Meyer verworfen und mit der Zuordnung der Art plieningeri zur Gattung Mystriosuchus alle Grundsatze der Prioritatsregel ignoriert hatte wurde seine Nomenklatur zunachst weitgehend akzeptiert 5 Joseph Tracy Gregory und Frank Westphal losten 1969 diese Zusammenfuhrung wieder auf und unterschieden mit Mystriosuchus planirostris Nicrosaurus kapffi und Belodon plieningeri wieder drei Arten in jeweils verschiedenen Gattungen Der Schadel mit der Bezeichnung GPIT 261 001 wurde von ihnen als ungewohnlich grosses und irgendwie aberrantes Exemplar an unusually large and somewhat aberrant specimen von Mystriosuchus planirostris interpretiert 5 8 Axel Hungerbuhler und Adrian P Hunt werteten Belodon plieningeri im Jahr 2000 als nomen dubium Ein Grossteil des Belegmaterials fur das verworfene Taxon wurde als Nicrosaurus meyeri in die Gattung Nicrosaurus gestellt Gleichzeitig wurde das Exemplar GPIT 261 001 aus der Art Mystriosuchus planirostris ausgegliedert und als eigenstandige Spezies Mystriosuchus westphali beschrieben 9 Im Jahr 2019 erfolgte die Erstbeschreibung einer dritten Art Mystriosuchus steinbergeri 10 Mit Mystriosuchus alleroq wurde 2023 erstmals auch eine Art aus der Obertrias ausserhalb Europas beschrieben 11 Merkmale Bearbeiten nbsp Anatomische Schadelrekonstruktion von Mystriosuchus planirostris durch Samuel Wendell Williston 1925 In Klammern gesetzte Abkurzungen in Kleinbuchstaben beziehen sich auf die abgebildete anatomische Schadelrekonstruktion von Mystriosuchus planirostris Die Gattung Mystriosuchus umfasst mittelgrosse bis grosse Vertreter der Phytosauria mit stark verlangerter schmaler Schnauze 5 Bereits James Howard McGregor hat in seiner vergleichenden Studie wiederholt auf die Ahnlichkeit des Schadelskeletts mit jenen der rezenten Gaviale hingewiesen Der auffalligste Unterschied liegt allerdings in der Position der externen Nasenoffnungen en Diese liegen nicht wie bei den modernen Krokodilen an der Schnauzenspitze sondern wie bei allen Phytosauriern an der Basis der Schnauze unmittelbar vor den Augenhohlen orbi 4 Mystriosuchus unterscheidet sich von anderen Vertretern der Phytosauria mit Gavial ahnlich verlangerter Schnauze durch eine schmale rinnenartige Vertiefung zwischen linkem und rechtem Pramaxillare pm im vorderen Schnauzenbereich Die Knochen des Schadeldaches und des Bereiches um die externen Nasenoffnungen weisen eine deutliche und tiefe Oberflachenskulpturierung auf Der Bereich zwischen den Augenhohlen und den externen Nasenoffnungen ist nicht flach sondern im Querschnitt dorsal aufgewolbt Der posteriore Fortsatz des Schuppenbeins sq ist anteroposterior stark verkurzt Die Fenestra posttemporalis eine paarige Hinterhauptsoffnung ist nur sehr schwach ausgebildet 10 Arten BearbeitenMystriosuchus planirostris Meyer 1863 Bearbeiten Obertrias Mittleres Norium 5 nbsp Mystriosuchus planirostris am Staatlichen Museum fur Naturkunde Stuttgart SMNS Postkraniales Teilskelett SMNS 10260 der ursprunglich zu diesem Exemplar gehorende nur teilweise erhaltene Schadel 4 wurde zu Ausstellungszwecken durch den weitgehend vollstandigen Schadel SMNS 13007 ersetzt 12 nbsp Osteoderme von Mystriosuchus planirostrisFur die Typusart der Gattung Mystriosuchus wurde nie ein Holotypus festgelegt Erst 1989 legten Adrian P Hunt und Spencer G Lucas das Schadelfragment welches ursprunglich durch Hermann von Meyer in seiner Erstbeschreibung von Belodon planirostris beschrieben und abgebildet worden war als Lectotypus fest Das Originalfossil befindet sich heute unter der Inventarnummer MCZ 1018 am Museum of Comparative Zoology MCZ der Harvard University in Cambridge 13 Die Erstbeschreibung von Mystriosuchus westphali erforderte auch eine Neubewertung der arttypischen Merkmale von Mystriosuchus planirostris Axel Hungerbuhler listet 2002 sechs Autapomorphien der Art Am auffalligsten ist die extreme Verlangerung der schmalen Schnauze 5 Der Abstand zwischen Schnauzenspitze und externer Nasenoffnung entspricht bei Mystriosuchus planirostris etwa der 2 6 fachen Lange des restlichen Schadels Bei Mystriosuchus westphali liegen die Verhaltniswerte zwischen 1 8 und 2 2 und bei Mystriosuchus steinbergeri liegt der Wert bei 1 8 10 Der Bereich zwischen den Nasenoffnungen und der Schnauze fallt steil nahezu vertikal ab 5 Bei Mystriosuchus steinbergeri ist der Ubergang weit weniger markant ausgepragt 10 und bei Mystriosuchus westphali bleibt durch einen allmahlichen Ubergang das insgesamt konvexe Profil erhalten 5 Die externen Nasenoffnungen bei Mystriosuchus planirostris weisen zwei Abschnitte auf wobei der posteriore Abschnitt dorsal ausgerichtet ist und der anteriore nach vorne Bei Mystriosuchus westphali wird die Orientierung der externen Nasenoffnungen in der Erstbeschreibung als gleichmassig anterodorsal charakterisiert 5 Im Rahmen der Erstbeschreibung von Mystriosuchus steinbergeri wird die Gultigkeit dieses Merkmals als Autapomorphie von Mystriosuchus planirostris in Zweifel gezogen Zum einen liegen bei Mystriosuchus steinbergeri ahnliche Verhaltnisse vor wie bei Mystriosuchus planirostris zum anderen wird die tatsachliche Orientierung beim Holotypus von Mystriosuchus westphali durch eine Deformation des Fossils in diesem Bereich verwischt 10 Das Supratemporalfenster weist anterior einen erhohten Rand auf der bis zum medialen Rand des Schuppenbeins reicht 5 Die Knochenspange zwischen Scheitelbein pa und Schuppenbein welche den posterioren Rand des Supratemporalfensters bildet liegt bei Mystriosuchus planirostris an seiner ventralsten Stelle mehr als 30 der Gesamtschadelhohe unterhalb der Ebene des Schadeldachs Bei Mystriosuchus steinbergeri und Mystriosuchus westphali liegt der Wert jeweils bei etwa 25 der Schadelhohe Das Foramen quadrati eine Offnung am Hinterhaupt ist relativ gross und wird durch eine runde Aussparung zwischen Os quadratum sq und Os quadratojugale qj gebildet Bei Mystriosuchus westphali ist diese Schadeloffnung wesentlich kleiner und annahernd dreieckig geformt Mystriosuchus steinbergeri zeigt hingegen ebenfalls ein annahernd kreisrundes Foramen quadrati 5 10 Neben zahlreichen einzelnen Osteodermen wie sie bereits durch von Meyer beschrieben und abgebildet worden sind 1 sind Teile der Ruckenpanzerung vom Exemplar SMNS 10260 in situ bekannt Sie besteht aus vier Langsreihen von Osteodermen die jeweils eine Doppelreihe zu beiden Seiten der Medianlinie bilden 4 12 Die einzelnen Osteoderme der Ruckenpanzerung sind annahernd ebenso lang wie breit und weisen einen unregelmassigen Umriss auf 4 Die dorsale Oberflache der Osteoderme ist grubig strahlig skulpturiert und zeigt einen parallel zur Sagittalebene verlaufenden Kiel 12 Die gemeinsamen Rander von in einer Doppelreihe nebeneinander liegenden Osteodermen konnen miteinander verzahnt und verwachsen sein Der vordere Rand der Osteoderme kann teilweise von den nachstfolgenden Osteodermen uberlagert werden In diesen Uberlappungsbereichen fehlt die Oberflachenskulpturierung 4 12 Von der Bauchseite ist nur eine Panzerung im Bereich der Kehle zwischen dem hinteren Ende der Unterkiefer und den Schlusselbeinen bekannt die bereits von Eberhard Fraas beschrieben worden sind Dieser Kehlpanzer besteht aus zahlreichen relativ kleinen unregelmassig geformten eng miteinander verzahnten und grob skulpturierten Osteodermen 2 4 12 Mystriosuchus westphali Hungerbuhler amp Hunt 2000 Bearbeiten Obertrias Mittleres Norium 5 nbsp Mystriosuchus westphali Holotypus GPIT 261 001 Der Holotypus GPIT 261 001 stammt aus dem Stubensandstein in der Umgebung von Trossingen und gelangte 1905 an das heutige Institut und Museum fur Geologie und Palaontologie der Universitat Tubingen GPIT Die Praparation des sehr gut erhaltenen weitgehend vollstandigen Schadels wurde erst 1908 abgeschlossen 6 Paratypus GPIT 261 17 7 ist ein Schnauzenfragment aus dem mittleren Bereich der Pramaxilla 5 Der auffalligste Unterschied zu den anderen Arten der Gattung ist ein sagittal orientierter Knochenkamm am Rucken der Schnauze etwa auf mittlerer Lange der Pramaxilla Die Alveolarkamme weisen im vorderen Kieferbereich eine halbzylindrische Form auf Das Schuppenbein steht anterior in Kontakt mit dem Prooticum Der posteriore Fortsatz des Schuppenbeins fehlt vollstandig Der Schuppenbeinfortsatz des Scheitelbeins weist an seinem vertikalen Rand eine lappenformige Erweiterung auf Das Supraoccipitale bildet einen Teil des Randes der Fenestrae posttemporalis die bei Mystriosuchus westphali in der Hohe zu einem Schlitz reduziert sind Ein Orbitosphenoid ist vorhanden 5 Mystriosuchus steinbergeri Butler et al 2019 Bearbeiten Obertrias Mittleres Norium 10 nbsp Mystriosuchus steinbergeri Der Paratypus Unterkiefer NHMW 1986 0024 0002 und das Oberkieferfragment NHMW 1986 0024 0004 werden am NHMW gemeinsam ausgestellt gehorten aber wohl nicht zum selben Individuum 10 Im September 1980 entdeckte der Hohlenforscher Sepp Steinberger in den Dachsteinkalken in der Nahe des Hochweiss im Toten Gebirge die fossilen Uberreste mehrerer Phytosaurier Ein Team der Abteilung fur Geologie und Palaontologie des Naturhistorischen Museums Wien NHMW barg die Funde im Juli 1982 unter Mithilfe Steinbergers und eines weiteren Mitglieds des lokalen hohlenkundlichen Vereins Die Funde wurden am NHMW prapariert und erbrachten Schadel und postkraniale Skelettelemente von mindestens vier Individuen deren Gesamtkorperlangen auf jeweils etwa 4 m rekonstruiert werden konnte 10 Die Fossilien wurden zunachst als Uberreste von Mystriosuchus planirostris identifiziert Eine detaillierte Analyse der Funde erbrachte jedoch signifikante Unterschiede zu Mystriosuchus planirostris und ermoglichte die Aufstellung der eigenstandigen Art Mystriosuchus steinbergeri Der Artzusatz steinbergeri ehrt Sepp Steinberger fur die Entdeckung der Fossilien und seine Beteiligung an deren Bergung 10 Als Holotypus der neuen Art wurde ein teilweise erhaltener Schadel NHMW 1986 0024 0001 festgelegt Paratypus wurde ein fast vollstandiger Unterkiefer NHMW 1986 0024 0002 der mit hoher Wahrscheinlichkeit vom selben Individuum stammt 10 Mystriosuchus steinbergeri unterscheidet sich von den anderen Arten durch einige abweichende Proportionen der Schadelanatomie und die relativ geringe Anzahl von Zahnen lt 40 im Oberkiefer 10 Mystriosuchus alleroq Lopez Rojas et al 2023 Bearbeiten Obertrias Mittleres Norium 11 Im Rahmen von zwei Expeditionen in der Region Jameson Land an der Ostkuste Gronlands konnten 2012 und 2016 insgesamt 150 Phytosauria Knochen und Zahne geborgen werden die sich als Uberreste von mindestens vier Individuen unterschiedlicher Grosse aber wohl ein und derselben Art zugehorig erwiesen Das gattungstypische Merkmal einer schmalen rinnenartige Vertiefung zwischen linkem und rechtem Pramaxillare erlaubte eine Zuordnung zu Mystriosuchus und die Funde wurden 2023 als neue Art Mystriosuchus alleroq beschrieben Der Artzusatz leitet sich vom gronlandischen alleroq Unterkiefer ab 11 Als Holotypus wurde ein fast vollstandig erhaltener linker Unterkieferast NHMD 916731 festgelegt Paratypus ist ein teilweise erhaltenes linkes Quadratojugale NHMD 916728 11 Mystriosuchus alleroq unterscheidet sich von anderen Vertretern der Gattung durch ein L formiges Quadratojugale dessen anteriore Sutur anterodorsal ausgerichtet ist sowie eine ausgepragtere Heterodontie der Oberkieferbezahnung mit drei verschiedenen Zahnformen 11 Weitere Funde BearbeitenCalcare di Zorzino Formation Bearbeiten Obertrias Mittleres Norium 14 nbsp MCSNB 10087 aus der Calcare di Zorzino Formation nbsp MCSNB 10087 Detailansicht des SchadelsAus dem Zorzino Kalk in der Umgebung von Zogno liegen zwei Funde vor die ursprunglich als Mystriosuchus planirostris beschrieben wurden Das Belegmaterial umfasst einen isolierten Schadel MBSN 2 15 und ein weitgehend vollstandiges und artikuliertes in anatomischen Zusammenhang stehendes Skelett von rund 4 m Lange MCSNB 10087 14 Aus dem geringfugig jungeren Riva di Solto Tonstein Obertrias Oberes Norium liegt zudem ein Fund MCSNB 11341 von neun in anatomischem Zusammenhang stehenden Schwanzwirbeln eines juvenilen Phytosauriers vor der vermutlich ebenfalls der Gattung Mystriosuchus zuzuordnen ist 16 Im Rahmen der Erstbeschreibung von Mystriosuchus steinbergeri wurde die Zuordnung zu Mystriosuchus planirostris in Zweifel gezogen und eine Neubewertung der italienischen Funde angeregt 10 Trotz der noch unklaren Stellung innerhalb der Gattung Mystriosuchus bietet das Exemplar MCSNB 10087 wertvolle Einsichten in den Aufbau des postkranialen Skeletts Die Schwanzwirbelsaule ist lang und nimmt etwa 51 der Gesamtkorperlange ein Die Anzahl der Schwanzwirbel ist mit mindestens 74 weitaus grosser als bei allen anderen bekannten Phytosauriern An der Schwanzwirbelsaule lassen sich mehrere Abschnitte unterscheiden Die vordersten Schwanzwirbel weisen kraftige hohe und in seitlicher Ansicht abgerundet rechteckige vom 9 bis zum 18 Wirbel abgerundet trapezformige Dornfortsatze auf die im annahernd rechten Winkel vom Wirbelkorper abstehen Ab dem vierten Schwanzwirbel sind Chevronknochen vorhanden die annahernd dieselbe Lange aufweisen wie die Dornfortsatze Der Schwanz ist dadurch in diesem Bereich sehr hoch und seitlich abgeflacht Fussartige Verbreiterungen am distalen Ende der Chevronknochen lassen sich als Ansatzstellen fur eine kraftige hypaxiale ventral zu den Querfortsatzen gelegene Muskulatur interpretieren Vom 18 bis etwa zum 28 32 Schwanzwirbel neigen sich Dornfortsatze und Chevronknochen zunehmend zum Schwanzende hin Etwa ab dem 32 Schwanzwirbel verlaufen die nun schmalen und langen Dornfortsatze annahernd parallel zur Wirbelsaule und sind nur an ihrem distalen Ende leicht dorsal aufgebogen Sie ubergreifen ein bis zwei der nachstfolgenden Wirbelkorper wodurch die Schwanzwirbelsaule in diesem Bereich vermutlich versteift wurde Die Chevronknochen in diesem Abschnitt sind klein und erinnern in seitlicher Ansicht an ein auf dem Kopf stehendes T 14 In Zusammenhang mit dem Exemplar MCSNB 10087 wurden 19 Osteoderme gefunden die der Ruckenpanzerung zugeordnet werden konnen Hinweise auf einen Kehlpanzer wie bei Mystriosuchus planirostris liegen bei diesem Exemplar nicht vor wobei unklar ist ob die Form aus dem Zorzino Kalk keinen besessen hat oder ob er nur nicht fossil erhalten ist Die Osteoderme der Ruckenpanzerung sind wie bei Mystriosuchus planirostris in vier Reihen entlang der Korperlangsachse angeordnet und zeigen zwei unterschiedliche morphologische Typen Die Hautknochenplatten der beiden medialen Reihen sind abgerundet funfeckig mit einer medial orientierten Hauptkante In der Nahe dieser Hauptkante zeigen die Osteoderme einen markanten sagittal verlaufenden Kiel Die beiden lateral verlaufenden Reihen werden dagegen von annahernd elliptischen Osteodermen gebildet Der Kiel verlauft hier entlang der Hauptachse des Osteoderms parallel zur Sagittalebene 14 Exter Formation MB R 2747 Bearbeiten Obertrias Rhaetium 17 Das Exemplar mit der Inventarnummer MB R 2747 wurde bereits in den 1870er Jahren aus der Exter Formation bei Steinlah in der Nahe von Salzgitter geborgen 12 und reprasentiert den grossten Phytosaurier der bislang in Europa gefunden wurde 17 Der Fossilbeleg umfasst sowohl mehrere Fragmente des Schadels als auch postkraniale Skelettelemente und Osteoderme 17 Der Fund wurde 1923 durch Friedrich von Huene erstmals im Detail beschrieben und der Art Angistorhinopsis ruetimeyeri zugeordnet 12 Diese Art war 1911 durch von Huene selbst zunachst als Mystriosuchus ruetimeyeri auf Basis vom sehr bruchstuckhaftem Material aus dem Rhaetium von Niederschonthal bei Basel aufgestellt worden 18 Die Artzuordnung fur MB R 2747 erfolgte ausschliesslich aufgrund von Grossenvergleichen und des analogen stratigraphischen Alters beider Funde Zudem gilt der Schweizer Fossilbeleg nach heutigen Massstaben als nicht naher diagnostizierbarer Vertreter der Phytosauria und das Taxon selbst damit als nomen dubium 17 MB R 2747 umfasst hingegen ausreichend Material fur eine Diagnose und wurde 2018 erstmals in einer phylogenetischen Analyse der Phytosauria berucksichtigt 17 Eine genaue systematische Einordnung kann jedoch erst nach einer vollstandigen Neubeschreibung des Belegmaterials erfolgen 10 17 Systematik BearbeitenSystematische Stellung von Mystriosuchus innerhalb der Phytosauria Phytosauria Diandongosuchus Parasuchidae Wannia Parasuchus Ebrachosuchus Paleorhinus Mystriosuchinae Rutiodon Angistorhinus Leptosuchomorpha Leptosuchus Smilosuchus Pravusuchus Phytosaurus doughtyi Coburgosuchus Nicrosaurus Mystriosuchini Machaeroprosopus Redondasaurus Protome Mystriosuchus MB R 2747 Mystriosuchus M steinbergeri M planirostris M westphaliVorlage Klade Wartung 3 Vorlage Klade Wartung 4Vorlage Klade Wartung 3 Vorlage Klade Wartung 4 Vorlage Klade Wartung 5 Vorlage Klade Wartung 6Vorlage Klade Wartung 3stark vereinfacht nach Butler et al 2019 10 Das nebenstehende Kladogramm zeigt die Ergebnisse einer im Rahmen der Erstbeschreibung von Mystriosuchus steinbergeri durchgefuhrten phylogenetischen Analyse Die drei anerkannten Arten der Gattung Mystriosuchus bilden eine gemeinsame Klade wobei Mystriosuchus steinbergeri eine Position als Schwestertaxon zu Mystriosuchus planirostris und Mystriosuchus westphali einnimmt 10 Der Fund aus der Exter Formation MB R 2747 erweist sich als Schwestertaxon zu dieser Klade Eine Zugehorigkeit zur Gattung Mystriosuchus liegt im Bereich des Moglichen lasst sich durch die Analyse jedoch nicht direkt bestatigen Die Autoren der Analyse lassen die Moglichkeit einer vierten Mystriosuchus Art offen bevorzugen jedoch eine Beschrankung der Gattung auf die Klade mit Mystriosuchus steinbergeri Mystriosuchus planirostris und Mystriosuchus westphali 10 MB R 2747 nimmt in der gemeinsamen Klade mit Mystriosuchus eine basale Position ein obwohl das Exemplar in Bezug auf die zeitliche Verbreitung den jungsten Vertreter innerhalb dieser Klade stellt Dies kann als Hinweis auf eine ghost lineage fur diese Form moglicherweise zuruck bis in das Mittlere Norium interpretiert werden 17 Die Klade aus Mystriosuchus MB R 2747 bildet eine Polytomie mit den Gattungen Machaeroprosopus Redondasaurus und Protome die als Mystriosuchini im Rang einer Tribus zusammengefasst werden Die Gultigkeit des Taxons Redondasaurus ist dabei zweifelhaft und die Bezeichnung wird deshalb vor allem in der jungeren Fachliteratur unter Anfuhrungszeichen gesetzt Anm 1 Die Mystriosuchini werden dabei definiert als der jungste gemeinsame Vorfahre von Mystriosuchus planirostris Machaeroprosopus jablonskiae und Machaeroprosopus buceros sowie alle seine Nachfahren 10 17 Die zeitweise mit Mystriosuchus gleichgesetzte Gattung Nicrosaurus tritt erst in der nachsthoheren Klade der Leptosuchomorpha in Erscheinung Die Gattung Mystriosuchus hat keinen Anteil an der Definition der Leptosuchomorpha dafur aber wieder in der Definition der ubergeordneten Klade der Mystriosuchinae im Rang einer Unterfamilie der jungste gemeinsame Vorfahre von Mystriosuchus planirostris und Angistorhinus grandis sowie alle seine Nachfahren 17 Palokologie BearbeitenDie uberwiegende Mehrheit aller Phytosaurier Fossilien wurde in terrestrischen Sedimenten meist Ablagerungen von Flussen oder Seen gefunden Dies trifft auch auf das Belegmaterial von Mystriosuchus planirostris und Mystriosuchus westphali zu und fuhrte in Kombination mit der markanten Ahnlichkeit zu rezenten Krokodilen dazu dass Phytosaurier generell als Karnivore mit semiaquatischer Lebensweise in terrestrischen Ablagerungsraumen interpretiert wurden Die Mystriosuchus Funde aus Norditalien und Osterreich stammen hingegen aus vollmarinen Sedimenten einer Karbonatplattform Insbesondere die Funde von Mystriosuchus steinbergeri aus den Dachsteinkalken liefern starke Hinweise auf eine zumindest teilweise marine Lebensweise einiger Arten der Gattung Mystriosuchus Die Wahrscheinlichkeit dass die Kadaver von mindestens vier Individuen kilometerweit ins offene Meer gespult dann zusammen in einem Bereich von nur wenigen Quadratmetern zu Boden sanken und im Sediment eingebettet wurden ist ausserst gering 10 Als alternative Erklarungsmoglichkeit wurde eine Lebensweise analog zum rezenten Leistenkrokodil Crocodylus porosus das sowohl Susswasserhabitate besiedelt als auch weite Strecken auf dem offenen Meer schwimmend zurucklegen kann vorgeschlagen 15 Die ungewohnliche Anatomie der Schwanzwirbelsaule des Exemplars MCSNB 10087 aus dem italienischen Zorzino Kalk wird ebenfalls als Hinweis auf eine weitgehend aquatische Lebensweise gewertet 14 Die gavialartig verlangerte Schnauze der Mystriosuchus Arten lasst auf eine weitgehend piscivore Ernahrungsweise schliessen Die Analyse von Abnutzungsspuren an den Zahnen von Mystriosuchus planirostris bestatigt diese Vermutung jedoch nur teilweise sondern deutet fur diese Art stattdessen eine wesentlichen Anteil an karnivorer Ernahrung vermutlich durch Jagd auf kleinere Landwirbeltiere an 19 Einzelnachweise Bearbeiten a b H von Meyer Der Schadel des Belodon aus dem Stubensandstein des oberen Keupers In Palaeontographica Band 10 5 Lieferung 1863 S 227 246 Digitalisat a b E Fraas Die schwabischen Trias Saurier nach dem Material der Kgl Naturalien Sammlung in Stuttgart zusammengestellt Stuttgart 1896 S 16f Digitalisat O Fraas Vor der Sundfluth Eine Geschichte der Urwelt Hoffmann sche Verlags Buchhandlung Stuttgart 1866 S 209ff Leseprobe a b c d e f g J H McGregor The Phytosauria with especial reference to Mystriosuchus and Rhytidodon In Memoirs of the American Museum of Natural History Band 9 Nummer 2 1906 S 27 100 Digitalisat abrufbar a b c d e f g h i j k l m n A Hungerbuhler The Late Triassic phytosaur Mystriosuchus westphali with a revision of the genus In Palaeontology Band 45 Nummer 2 2002 S 377 418 doi 10 1111 1475 4983 00242 a b F von Huene Vorlaufige Mitteilung uber einen neuen Phytosaurus Schadel aus dem schwabischen Keuper In Centralblatt fur Mineralogie Geologie und Palaontologie Jahrgang 1909 1909 S 583 592 zobodat at PDF F von Huene Beitrage zur Kenntnis und Beurteilung der Parasuchier In Geologische und Palaeontologische Abhandlungen Neue Folge Band 10 1911 S 67 121 J T Gregory amp F Westphal Remarks on the Phytosaur Genera of the European Triassic In Journal of Paleontology Band 43 Nummer 5 1969 S 1296 1298 A Hungerbuhler amp A P Hunt Two new phytosaur species Archosauria Crurotarsi from the Upper Triassic of Southwest Germany In Neues Jahrbuch fur Geologie und Palaontologie Monatshefte Jahrgang 2000 Heft 8 2000 S 467 484 doi 10 1127 njgpm 2000 2000 467 a b c d e f g h i j k l m n o p q r s R J Butler A S Jones E Buffetaut G W Mandl T M Scheyer amp O Schultz Description and phylogenetic placement of a new marine species of phytosaur Archosauriformes Phytosauria from the Late Triassic of Austria In Zoological Journal of the Linnean Society Band 187 Nummer 1 2019 S 198 228 doi 10 1093 zoolinnean zlz014 a b c d e V Lopez Rojas L B Clemmensen J Milan O Wings N Klein amp O Mateus A new phytosaur species Archosauriformes from the Upper Triassic of Jameson Land central East Greenland In Journal of Vertebrate Paleontology Band 42 Nummer 3 2023 Artikel e2181086 doi 10 1080 02724634 2023 2181086 a b c d e f g F von Huene Neue Beitrage zur Kenntnis der Parasuchier In Jahrbuch der Preussischen Geologischen Landesanstalt Band 42 1923 S 59 160 Digitalisat A P Hunt amp S G Lucas New genotype designations for the phytosaurs Mystriosuchus and Rutiodon with a discussion of the taxonomic status of Mystriosuchus Clepsysaurus and Rutiodon In S G Lucas amp A P Hunt Hrsg Dawn of the Age of Dinosaurs in the American Southwest New Mexico Museum of Natural History Albuquerque 1989 S 340 348 Leseprobe a b c d e E Gozzi amp S Renesto A complete specimen of Mystriosuchus Reptilia Phytosauria from the Norian Late Triassic of Lombardy Northern Italy In Rivista Italiana di Paleontologia e Stratigrafia Band 109 Nummer 3 2003 S 475 498 doi 10 13130 2039 4942 5518 pdf a b S Renesto amp A Paganoni A phytosaur skull from the Norian Late Triassic of Lombardy northern Italy In Rivista Italiana di Paleontologia e Stratigrafia Band 104 Nummer 1 1998 S 115 122 Digitalisat S Renesto Remains of a juvenile phytosaur from the late Triassic of Northern Italy In Rivista Italiana di Paleontologia e Stratigrafia Band 114 Nummer 1 2008 S 155 160 Digitalisat a b c d e f g h i A S Jones amp R J Butler A new phylogenetic analysis of Phytosauria Archosauria Pseudosuchia with the application of continuous and geometric morphometric character coding In PeerJ Band 6 2018 Artikel e5901 doi 10 7717 peerj 5901 F Witzmann D Schwarz Wings O Hampe G Fritsch amp P Asbach Evidence of Spondyloarthropathy in the Spine of a Phytosaur Reptilia Archosauriformes from the Late Triassic of Halberstadt Germany in PLoS ONE Band 9 Nummer 1 2014 Artikel e85511 doi 10 1371 journal pone 0085511 J Bestwick A S Jones M A Purnell amp R J Butler Dietary constraints of phytosaurian reptiles revealed by dental microwear textural analysis In Palaeontology Band 64 Nummer 1 2021 S 119 136 doi 10 1111 pala 12515 Anmerkungen Bearbeiten Ahnliches gilt auch fur die anderen im Kladogramm unter Anfuhrungszeichen gesetzten Taxa Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Mystriosuchus Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mystriosuchus amp oldid 235455865