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Die Mondseekultur ist eine archaologische Kultur des Jungneolithikums in Mitteleuropa die von etwa 3800 bis 3300 v Chr im Salzkammergut und angrenzenden Gebieten existierte Die Fundstellen am Mondsee und Attersee gehoren seit 2011 zum grenzubergreifenden UNESCO Welterbestatte Prahistorische Pfahlbauten um die Alpen Tasse mit FurchenstichInhaltsverzeichnis 1 Forschungsgeschichte 2 Materielle Kultur 3 Datierung 4 Verbreitung 5 Fundorte 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseForschungsgeschichte BearbeitenDie Entdeckung der Mondseekultur ist dem Archaologen Matthaus Much zu verdanken In den Jahren 1870 bis 1872 forderte dieser im Mondsee Reste von vorgeschichtlichen Pfahlbauten zutage Bei den Freilegungen dieser Fundplatze fand Much reiche Uberreste der materiellen Kultur In Zusammenarbeit mit Moriz Hoernes wurden die Siedlungen und das Fundgut in das regionale Spatneolithikum bzw Aneolithikum datiert Anlass dafur gaben Untersuchungen der Keramik und Kupferfunde Die Entdeckungen wurden allerdings erst 1927 von Leonhard Franz und Josef Weninger publiziert Der Prahistoriker Paul Reinecke war davon uberzeugt dass die Mondseekultur in Zusammenhang zur Altheimer Gruppe zu stellen sei da sich beide Gruppen in den spatneolithischen Kulturkreis einfugen Unterstutzt wurde dieser durch den Wiener Prahistoriker Richard Pittioni Ihm fiel eine Verwandtschaft zu Elementen der Trichterbecherkultur auf was ihn wiederum annehmen liess dass beide Gruppen sich aus dieser heraus entwickelten Dem entgegen stand die Meinung von Jurgen Driehaus der im Jahre 1960 die Altheimer Gruppe dem Kulturkomplex seines Nordalpinen Kreises im Jungneolithikum zuordnete Die Mondseekultur hingegen gehore nicht dazu und sei junger als die Altheimer Gruppe woraus sich die Konsequenz einer endneolithischen Zeitstellung ergabe Lediglich die Anfange uberschneiden sich mit dem Ende von Altheim im Jungneolithikum Indizien dafur sah Driehaus u a in den Furchstich und der Kerbleistenkeramiken des Salzburger Landes Seine hypothetische Datierung fand spater bei dem deutschen Prahistoriker Hermann Muller Karpe Anklang Es war Kurt Willvonseder der es sich in den Jahren 1963 bis 1968 zur Aufgabe machte die Mondseekultur in ihrem Gesamtbestand des ihm vorliegenden Materials zu erfassen und zu ordnen Angelehnt an R Pittioni nahm er seine Unterscheidung anhand der Kupferfunde vor Er unterteilte sie in vier verschiedene Formengruppen die sich periodisch folgend vom Aneolithikum bis in die Urnenfelderkultur erstreckten Bei ihm entwickelte sich die Mondseekultur in Oberosterreich aus der Munchshofener Kultur heraus und lasst Einflusse der mahrisch niederosterreichischen Trichterbecherkultur erkennen Die Verzierungstechnik des keramischen Furchenstichs gelangte in einer spateren Phase mitsamt ersten Metallimporten aus den ostlich gelegenen Gebieten in die Region des Salzkammerguts Die neuere Forschung basiert auf den Forschungen P Reineckes und R Pittionis Sie ordnet der Mondseekultur eine Zeitstellung im Jungneolithikum zu und sieht einen engen Zusammenhang zur Altheimer Gruppe Die Ablosung der Mondseekultur durch andere Keramikformen wird mit der Station Misling II am Attersee angezeigt die typisch endneolithische Gefasse verbunden mit einem entsprechenden 14C Datum um 3000 v Chr aufweist 1 Materielle Kultur BearbeitenEine Leitform der Mondseekeramik ist der verzierte und unverzierte Henkelkrug Dieser besitzt haufig eine birnenartige Form und einen langen bandformigen Henkel Manchmal ist Letzterer uber den Mundsaum des Gefasses emporgezogen Neben dem Krug sind auch Tassen und tonnenformige oder doppelkonische Henkelbecher fur die Keramik der Mondseekultur typisch Das Charakteristische sind allerdings nicht die Gefassformen Der sog Mondsee Typus zeichnet sich durch die Art und Weise des aufgetragenen Dekors und seiner Elemente aus Es finden sich geglattete hart bis massig gut gebrannte Tonuberreste Auf dieser Grundlage aufbauend besassen die Gefasse eine graue bis schwarze Farbe Auffallig in endneolithischer und fruhbronzezeitlicher Zeit sind nun die weissen Ornamentmuster der Gefasse Die Verzierungen wurden tief eingestochen um sie mit Kalkinkrustation zu fullen 2 3 Es handelt sich hierbei um ein Gemisch aus kristallinem kohlensauren Kalk Kalkspat weisser Bergkreide aus den nahegelegenen mitterweissenbacher Kreidebruchen und abgeloschtem Kalk Um den Zusammenhalt dieses Gemenges zu sichern verwendete man gebrannte Knochenasche als Bindemittel Diese Erkenntnis basiert auf Untersuchungen des Archaologen Matthaus Much Bei den Inkrustationen bildeten umlaufende Linienbander mit hangenden oder stehenden Dreiecken z T schraffiert und rundlichen Einstempelungen haufig das Halsmuster der Objekte Ausserdem treten Punktreihen und konzentrische Kreise mit oder ohne Radialstricheln auf Im Bauchbereich verwendete man ein so genanntes Sonnenmuster Dies fand man gelegentlich auch mit schraffierten Dreiecken verziert Weiterhin sind Voluten aus Leiterband und linienbandkeramische Bogenhaken und Girlanden belegt Neben diesen Mustern zierte ein aus der Lengyel Kultur bekanntes Motiv von ineinander gesetzten Winkelhaken die Gefasse Zum Steinschmuck zahlen Steinperlen und Steinscheiben mit konischer Oberseite und v formiger Lochung auf der Unterseite 2 bis 5 cm im Durchmesser Die Steinperlen weisen unterschiedliche Formen und Grossen auf 2 bis 10 mm Es gibt olivenformige doppelkonische zylindrische ovale und scheibenformige Rohmaterial und Halbfabrikate finden sich ebenfalls im Fundmaterial Das Rohmaterial besteht aus Bergkristall Gerollen Graphit Rotel und fossiler Kohle Steingerate sind Klopf Schleif und Kochsteine Netzsenker und Reibplatten Die Kupfer und Bronzeinventare der Mondseekultur waren reich an Funden U a fand man eine Vielzahl an Schmelzschalen Gussformen und Gusstropfen was auf eine Tatigkeit der Herstellung von metallenen Werkzeugen schliessen lasst Zu den wichtigsten Funden zahlen Flachbeile des Typus Altheim und Vinca Zudem barg man Griffplattendolche Pfrieme mit vierkantigem Querschnitt kleine Spiralrosetten und ebenfalls kleine Messerklingen Letztere weisen eine konvexe Schneide auf Die Forschung geht davon aus dass die Mondseekultur in einen Zusammenhang mit der ostalpinen Kupfergewinnung zu stellen ist Diese Hypothese wird durch eine metallurgische Untersuchung der Flachbeile gestutzt Ihr Arsengehalt weist auf das nahe der Salzkammergutseen gelegene Kupferabbaugebiet des Mitterberges hin Ob die Mondseekultur allerdings an dem Abbau beteiligt war ist nicht vollstandig geklart Eine Aktivitat untertage wurde noch nicht nachgewiesen Datierung BearbeitenKalibrierte Radiokohlenstoffdaten datieren die Mondseekultur von etwa 3770 v Chr bis 2260 90 v Chr 4 5 6 Der Grund des abrupten Endes ist bisher nicht bekannt Der deutsche Geoarchaologe Alexander Binsteiner entdeckte im Jahre 2008 am Schafberg nahe See am Mondsee Hinweise auf einen vorgeschichtlichen Bergsturz 7 Dieser Bergsturz dessen Schuttung heute Mondsee und Attersee trennt Lauf der Seeache konnte die Kultur in einem Binnentsunami ausgeloscht haben Durch geschatzte 50 100 Mio Kubikmeter Blockschutt durfte der Seespiegel des Mondsee um zwei bis vier Meter gestiegen sein 8 9 Fur etwa ein Jahrtausend waren die Seeufer von Mond und Attersee wohl unbesiedelt Erst aus der Fruhbronzezeit gibt es wieder einige wenige Pfahlbauten was auf zogerliche Wiederbesiedlung schliessen lasst Hier ist die 1977 durch Elisabeth Ruttkay ergrabene Station Abtsdorf und die daraus abgeleitete Attersee Gruppe zu nennen Anhand der Keramik ist eine Einstufung in die fruhbronzezeitlichen Stufen A2 B1 nach Reinecke moglich Verbreitung BearbeitenDie Mondsee Gruppe war im ostalpinen Raum verbreitet Dabei bilden der im oberosterreichischen Salzkammergut gelegene Mond und Attersee das Kerngebiet An den Uferbereichen der Seen fand der Archaologe Matthaus Much im Jahre 1871 ca 20 Feuchtbodensiedlungen sogenannte Pfahlbauten welche durch spatere Landfunde sowohl in Ober als auch im westlichen Niederosterreich und Landkreis Salzburg erganzt wurden Strittig ist der Siedlungsfund des oberbayrischen Auhogl bei Hammerau Die jungneolithische Siedlung ist Teil eines Kulturkreises der sich aus der Mondsee und der benachbarten Altheimer Gruppe zusammensetzt Der Fundort wird je nach Literatur unterschiedlich behandelt Fundorte BearbeitenOrte von Pfahlbauresten 4 10 und anderen Fundgattungen 11 Mondsee Mooswinkel Scharfling dort auch Funde des 5 Jtsd 12 See am Mondsee Attersee Abtsdorf II 11 und III Attersee Aufham Misling I II Litzlberg Nord und Sud Seewalchen Weyregg I 11 Hafnersee in Karnten Hafnersee Mitte 4 10 13 See am Mondsee Litzlberg Sud und Abtsdorf III gehoren zum UNESCO Welterbe und Abtsdorf I das aber bronzezeitlich 1500 1000 datiert wird Literatur BearbeitenAlexander Binsteiner Erwin M Ruprechtsberger Mondsee Kultur und Analyse der Silexartefakte von See am Mondsee In Linzer Arch Forsch Sonderheft 35 Linz 2006 S 1 88 Mondsee Gruppe In Joachim Preuss Hrsg Das Neolithikum in Mitteleuropa Kulturen Wirtschaft Umwelt Vom 6 bis 3 Jahrtausend v u Z Ubersicht zum Stand der Forschung Beier amp Beran Weissbach Band 2 Teil C Ubersicht zu den Kulturen 1998 S 75 78 u Band 1 2 Teil B Ubersichten zum Stand und zu Problemen der archaologischen Forschung 1998 S 344 350 2 Aufl 2008 Band 3 Kulturenubersicht Karten u a 1998 im Schuber 2008 CD ROM Elisabeth Ruttkay Typologie und Chronologie der Mondsee Gruppe In Das Mondseeland Geschichte u Kultur Linz 1981 S 269 294 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Mondseekultur Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Pfahlbauten Tourismusverband Ferienregion Attersee Salzkammergut mit Abb der Rekonstruktion im Heimathaus Schorfling Einzelnachweise Bearbeiten Joachim Preuss Hrsg Das Neolithikum in Mitteleuropa Kulturen Wirtschaft Umwelt Teil B Ubersichten zum Stand und zu Problemen der archaologischen Forschung 1998 S 344 350 Fritz Sauter Kurt Rosmanith Chemische Untersuchung von Inkrustationen in Mondseekeramik In Archaeologia Austriaca H 40 Wien 1967 S 1 5 Betrifft die Objekte aus Mondsee Station See Abbildung in Geschichte der Keramiker Nicht mehr online verfugbar In Homepage der Wiener Keramiker Landesinnung der selbstandigen Hafner Platten und Fliesenleger und Keramikerunternehmen in Wien archiviert vom Original am 22 Dezember 2007 abgerufen am 24 Oktober 2007 nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www kachelofen or at a b c Maximilian O Baldia Mondsee C14 Dates Nicht mehr online verfugbar comp archaeology org 2001 archiviert vom Original am 11 Dezember 2007 abgerufen am 24 Oktober 2007 englisch Scharfling Mondsee VRI 311 C14 Datierung 4940 120 BP Baldia Mondsee C14 Dates 2001 Mondseekultur 4940 4310 BP Tab 1 14 C Daten des Neolithikums und der Fruhen Bronzezeit in Osterreich In Herwig Friesinger Walter Kutschera Peter Stadler Eva Wild Absolute Chronology for Early Civilisations in Austria and Central Europe using 14C Dating with Accelerator Mass Spectrometry Homepage Projekt QAM Quantitative Methoden in der Archaologie 14C Theorie und Praxis auf winserion org Alexander Binsteiner Naturkatastrophe in den Alpen Der Untergang der Mondseekultur Archaologie online 17 Dezember 2010 abgerufen am 10 November 2018 MondSeeLand War der Otzi auf Zwischenstopp im Mondseeland Nicht mehr online verfugbar In im salzkammergut at Mondseeland 20 April 2010 archiviert vom Original am 23 April 2010 abgerufen am 8 November 2010 mit zahlr Abb nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www im salzkammergut at Matthias Schulz Pompeji der Steinzeit In Der Spiegel Nr 41 2008 S 160 162 online a b Eva Lenneis Christine Neugebauer Maresch Elisabeth Ruttkay Jungsteinzeit im Osten Osterreichs In Forschungsberichte zur Ur u Fruhgeschichte Wissenschaftliche Schriftenreihe Niederosterreich Nr 102 103 104 105 Nr 17 Niederosterreichisches Pressehaus u Verlagsgesellschaft St Polten Wien 1995 Tab 1 Die uC Daten zum Neolithikum und zur fruhen Bronzezeit in Osterreich S 210 224 S 10 univie ac at PDF a b c Elisabeth Ruttkay Archaologisches Fundmaterial aus den Stationen Abtsdorf I Abtsdorf II und Weyregg I In Bundesdenkmalamt Hrsg Fundberichte aus Osterreich Nr 21 1982 Wien 1983 ISBN 3 85028 127 2 S 19 24 BDA Holzobjekt von Scharfling Feuchtbodensiedlung steht unter DenkmalschutzNormdaten Sachbegriff GND 1174014253 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mondseekultur amp oldid 225460318