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Die Munchshofener Kultur ist eine jungneolithische Kultur mit dem Kerngebiet im Donauraum Bayerns die etwa um 4500 v Chr begann und um 3900 3800 v Chr endete Sie ist ein Auslaufer der Lengyelkultur deren Kerngebiet im ostlichen Mitteleuropa liegt Die Kultur wird in eine fruhe eine klassische und ab 4250 v Chr in eine spate Phase gegliedert 1 Wegen der zunachst nur regional bekannten Funde wurde die Spatphase zeitweilig als Facies Wallerfing bezeichnet 2 Namengebend fur die Kultur waren die ersten Funde in den Jahren 1874 76 in einer Lehmgrube bei Munchshofen Gemeinde Oberschneiding im Landkreis Straubing Bogen Betrachtet man die Munchshofener Kultur im Vergleich zu den Vorgangerkulturen der Stichbandkeramik und der Oberlauterbacher Gruppe so sind gravierende Unterschiede in der Siedlungstatigkeit zu erkennen Inhaltsverzeichnis 1 Forschungsgeschichte 2 Munchshofener Keramik 3 Verbreitung 4 Siedlungen 5 Bestattungsritus 6 Erdwerke 7 Steinwerkzeuge 8 Literatur 9 Einzelnachweise 10 WeblinksForschungsgeschichte BearbeitenDer Prahistoriker Paul Reinecke beschrieb im Jahre 1900 anhand der Fundplatze Munchshofen Glonn und den Hohlen von Etterzhausen und Waltenhofen erstmals einen Munchshofener Typus Zehn Jahre spater verwies der Archaologe A Schlitz darauf dass der Gefassstil des Munchshofener Typus sein Kerngebiet in Niederbayern hat Er stellte aber folgend den Zierstil und die Gefassformen in einen fehlerhaften kulturellen Kontext Der Archaologe Walther Bremer sah erstmals 1913 in dem Munchshofener Typus eine Erweiterung bzw Fortfuhrung der bayerischen Stichbandkeramik Im Jahre 1915 bezeichnete Paul Reinecke anhand von Fussschalen den Munchshofener Typus als eine Regionalgruppe der spaten Lengyel Kultur Phase IV 3 Zehn Jahre spater erfolgte durch Oswald Menghin eine knappe Charakterisierung und Beschreibung 1927 begrundete Paul Reinecke die Bezeichnung Munchshofener Typus damit dass der Keramik Komplex Teil der uberregionalen Lengyelkultur sei und damit nur Gruppenstatus habe 4 1938 beschrieb Werner Buttler die Keramik der Munchshofener Gruppe Die umfassendste Materialvorlage erfolgte durch Lothar Suss im Jahre 1976 erfasste jedoch nur den Forschungsstand bis 1959 dem Zeitpunkt der Einreichung seiner Dissertation mit dem Titel Die Munchshofener Kultur in Bayern 5 Eine Ruckschau auf 125 Jahre Forschungsgeschichte Munchshofen gab Karl Bohm in einem Aufsatz von 1986 6 Munchshofener Keramik BearbeitenKennzeichnendes Merkmal der Munchshofener Kultur ist die flachbodige Keramik mit grosser Formen und Verzierungsvielfalt Es gibt becherformige Gefasse Pokalgefasse auch Hohlfussschalen genannt Transportgefasse Schultergefasse benannt nach einer verzierten Schulter im oberen Gefassbereich riesenhafte Vorratsgefasse Miniaturgefasse Spinnwirtel weitere Tonobjekte oft unbekannter Verwendung und Tonloffel Die Verzierungen reichen von feinstgeritzen Furchenlinien uber Rautensymbole bis hin zu Menschendarstellungen Die Keramik selbst ist haufig mit Graphit gemagert der teilweise uber weite Strecken transportiert werden musste Die Qualitat der Keramik nimmt allmahlich ab Verbreitung BearbeitenDas Verbreitungsgebiet der Munchshofener Kultur erstreckt sich vom Unterbayerischen Hugelland bis in das Bayerische Alpenvorland Im Suden und Sudosten finden sich Siedlungsplatze in den postglazialen Talboden Salzburgs und dem sich anschliessenden Linzer Raum Archaologisch konnte hier eine Vermischung mit der Lengyel Kultur nachgewiesen werden Weiter ostlich zieht sich die Besiedlung der Munchshofener Kultur uber den Bayerischen Wald und Bohmerwald hinaus Im Norden gibt es mit den oberfrankischen Hohlen Stempfermuhlhohle Schafersteinhohle ebenso wichtige Fundplatze wie auf dem Goldberg am Rand des Nordlinger Rieses der den westlichsten Fundplatz dieser Kultur darstellt Wie schon im vorausgehenden alteren und mittleren Neolithikum sind eine Vielzahl der Siedlungen der Munchshofener Kultur in Flussterrassen z B in Altenmarkt oder Rinkam an seichten Bachhangen z B Uttenkofen oder gar in Talern ausgegraben worden Damit liegen diese auf ehemaligen bandkeramischen und Rossener Siedlungsgebieten Es liegt somit eine durchgehende Betretung lossbedeckter Boden vor Es lassen sich aber auch Hohensiedlungen finden Zu erwahnen seien hier der oben bereits genannte Goldberg des Nordlinger Rieses der Schlossberg im Mattersee und letztendlich der Salzburger Rainberg Siedlungen BearbeitenIm Gegensatz zu ihren spat und mittelneolithischen Vorgangern liess sich bei der Munchshofener Kultur eine geringfugige Flachenausdehnung der einzelnen Siedlungen feststellen Die im Mittelneolithikum noch ublichen Langhauser werden nun von diffusen Pfostensetzungen abgelost deren Hausgrundrisse sich nur erahnen lassen Es konnten bisher keine Gebaude rekonstruiert werden Es besteht die Vermutung dass die Gebaude in Dreiecksbauweise erstellt wurden da einige Pfostensetzungen darauf hinweisen und genetische Zusammenhange zur ostlichen Lengyel Kultur bestehen Archaologen fanden innerhalb der Siedlungen drei verschiedenartige Grubentypen 7 Der erste Typ besitzt im Planum eine kreisformige Gestalt im Profil sind die Gruben zylindrisch kegelartig oder bienenkorbformig Man nimmt an dass sie als Erdkeller oder Vorratsgruben fur Getreide genutzt wurden Zu finden sind diese z B in Munchshofen und Kothingeichendorf Bei der zweiten Form handelt es sich um rechteckige Gruben mit senkrecht eingelassenen Wanden Auch sie variieren in ihrer Grosse und Form Sie werden oft als Uberreste von Grubenhausern interpretiert Zu finden sind diese beispielsweise in Enzkofen Wenn die Interpretation zutrifft bestehen einige Siedlungen aus Hofstellen Die dritte Gruppe bilden die ovalen Gruben deren Funktion als Lehmentnahmegruben erwiesen ist Der abgebaute Lehm wurde fur Hauswande und boden sowie zur Herstellung von Ofen verwendet Bestattungsritus BearbeitenWahrend der Kenntnisstand zu Munchshofener Bestattungen vor 1980 noch sehr schlecht war und bis dahin nur sechs Bestattungen bekannt waren hat sich dieses Bild inzwischen grundlegend gewandelt 8 Heute sind 54 Fundstellen mit derzeit 121 unterscheidbaren Individuen bekannt was die MK nach der Bandkeramik zur neolithischen Kultur mit den zweitmeisten belegten Bestattungen in Bayern macht 8 Neben einer einzigen belegten Brandbestattung von Mintraching Tiefbrunn gibt es insgesamt 35 Einzelbestattungen in Grabgruben Stand 2009 8 In der MK spielen auch Doppelbestattungen zum Beispiel Murr und Mehrfachbestattungen bis zu sechs Individuen eine grosse Rolle Daneben gibt es Teilbestattungen deren archaologische Nachweisbarkeit jedoch schwierig ist und nur in wenigen Fallen zweifelsfrei dokumentiert ist Sekundarbestattungen wurden von Altdorf Aich beschrieben wo zwei Kinderskelette offenbar ohne jeden anatomischen Zusammenhang in Gruben verborgen wurden 8 Als regulare Grabformen der MK gibt es sowohl linke und rechte Hockergraber als auch sog Ruckenstrecker Dabei zeigen sich verschiedene kulturelle Ahnlichkeiten zu Nachbarkulturen des Mittel und Jungneolithikums Rechte nach Suden ausgerichtete Hocker werden als Einfluss der Lengyel Kultur angesehen sie sind auch typisch fur die Rossener Kultur im Saalegebiet 8 Ebenfalls rechte aber auch linke nach Suden gerichtete Hocker sind typisch fur die zeitgleiche Gaterslebener Kultur 8 Parallelen fur die ost westlichen Ruckenstrecker gibt es dagegen mit der Grossgartacher Gruppe und der westdeutschen Rossener Kultur Daneben gibt es sog atypische Totenhaltungen die oft als Verlochungen bezeichnet wurden Denkbar sind Opferungen und rituelle Totungen schon allein weil nicht selten nur einzelne Korperteile bestattet wurden Erdwerke BearbeitenErdwerke der Munchshofener Kultur weisen in Form und Grosse eine Verwandtschaft zu ebensolchen Anlagen der Michelsberger Kultur auf Das System unterbrochener Langsgruben mit Bestattungen wurde bei der grossten bisher ausgegrabenen Anlage dem Erdwerk von Riedling Gde Oberschneiding im Jahre 2007 dokumentiert 9 Dieses Bauprinzip war zuvor nur bei einem Erdwerk von Oberhinkofen Lkr Regensburg festgestellt worden 9 Die Erdbrucken und damit vielfach durchbrochenen Walle und Graben belegen dass es sich bei dieser Art von Erdwerken nicht um Verteidigungsanlagen gehandelt haben kann Steinwerkzeuge BearbeitenIn der Munchshofener Kultur sind Steinwerkzeuge eher selten anzutreffen Wenn dann findet man Silexklingen oder Steinbeile aus Amphibolit Weiterhin kommen oft kunstvoll verarbeitete Knochenahlen Schaufeln aus Schulterblattern und weitere Knochenwerkzeuge vor Literatur BearbeitenIngo Burger Neues zur spaten Munchshofener Kultur in Bayern Archaologisches Korrespondenzblatt 34 2004 S 177 192 Ludwig Kreiner Neue Siedlungsbefunde der Munchshofener Kultur aus dem Landkreis Dingolfing Landau In K Schmotz Hrsg Vortrage des 16 Niederbayerischen Archaologentages Rahden Westf 1998 S 41 50 Martin Nadler Andrea Zeeb et al Sudbayern zwischen Linearbandkeramik und Altheim ein neuer Gliederungsvorschlag In Hans Jurgen Beier Hrsg Der Rossener Horizont in Mitteleuropa Beitr Ur u Fruhgesch Mitteleuropas 6 Wilkau Hasslau 1994 S 127 189 Erwin Neumair Murr eine bedeutende Zentralsiedlung der jungsteinzeitlichen Munchshofener Kultur Archaologie im Landkreis Freising 5 1996 S 9 89 Lothar Suss Zur Munchshofener Gruppe in Bayern In Hermann Schwabedissen Hrsg Die Anfange des Neolithikums vom Orient bis Nordeuropa Band Vb Koln Wien Bohlau 1976 S 1 121 Einzelnachweise Bearbeiten F Blaich Pilsting Wiesen Eine Fundstelle der spaten Munchshofener Kultur und ihre Beziehungen zu sudostlichen Nachbarkulturen Bayerische Vorgeschichtsblatter Bd 60 1995 S 81 132 H P Uenze Die Facies Wallerfing Eine Kulturgruppe des Jungneolithikums in Sudbayern In Arch Denkm im Lkr Deggendorf Deggendorf 1989 Paul Reinecke Eine seltsame bandkeramische Gefassform In Prahistorische Zeitschrift 7 1915 S 213 215 Paul Reinecke Der Munchshofener Typus im rechtsrheinischen Gebiet In Der Bayerische Vorgeschichtsfreund 6 1927 S 8 17 L Suss 1976 S 1 Karl Bohm 125 Jahre Munchshofen In K Schmotz Hrsg Vortrage des 20 Niederbayerischen Archaologentages Rahden Westf 2002 S 227 244 L Suss 1976 a b c d e f Daniel Meixner Ausnahme oder Regel Zum Phanomen der Munchshofener Bestattungen In K Schmotz Hrsg Vortrage des 27 Niederbayerischen Archaologentages Rahden Westf 2009 S 91 144 a b Ludwig Husty Gerhard Meixner Ein neues Munchshofener Grabenwerk in Riedling Gde Oberschneiding Lkr Straubing Bogen Erster Vorbericht zu den archaologischen Grabungen des Jahres 2007 In K Schmotz Hrsg Vortrage des 27 Niederbayerischen Archaologentages Rahden Westf 2009 S 29 63Weblinks BearbeitenDie Munchshofener Kultur Website zur Donau Archaologie Normdaten Sachbegriff GND 4295013 2 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Munchshofener Kultur amp oldid 225223324